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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.02.2022, RV/2100099/2022

Tatsächliche Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten nur alternativ zum Berufsgruppenpauschale

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Fidas Graz Steuerberatung GmbH, Petersbergenstraße 7, 8042 Graz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) erzielte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum laut Aktenlage ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Als Berufsbezeichnung gibt er "Handelsvertreter" an.

In der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2018 vom machte der Bf. Kosten für Familienheimfahrten (KZ 300) in Höhe von 1.601,28 Euro und Kosten für doppelte Haushaltsführung (KZ 723) in Höhe von 850,00 Euro als Werbungskosten geltend und beantragte darüber hinaus die Berücksichtigung pauschalierter Werbungskosten gemäß § 1 Z 9 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten (in der Folge: PauschVO).

Im Einkommensteuerbescheid 2018 vom wurden lediglich die o.a. erklärten Kosten für Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung in einer Gesamthöhe von 2.451,28 Euro als Werbungskosten berücksichtigt; dies mit folgender Begründung:

Werden die Pauschbeträge (Vertreterpauschale) in Anspruch genommen, dann können daneben keine anderen Werbungskosten aus dieser Tätigkeit geltend gemacht werden. Die beantragte[n] tatsächlichen Kosten wurden zum Ansatz gebracht

Dagegen brachte die steuerliche Vertreterin des Bf. in der Beschwerde vom Folgendes vor:

Die Beschwerde richtet sich gegen die Nichtberücksichtigung der Vertreterpauschale. Es wird beantragt, die Vertreterpauschale in Höhe von EUR 2.190,00 zusätzlich zu den Werbungskosten anzusetzen (hier angesetzt als sonstige Werbungskosten). Begründung: Bei den Werbungskosten handelt es sich einerseits um Kosten der doppelten Haushaltsführung (KZ 723) mit EUR 850,00 und Familienheimfahrten (KZ 300) mit EUR 1.601,28, welche sich nicht direkt auf die Vertretertätigkeit beziehen sondern auf den Umstand, dass der Wohnort vom Beschäftigungsort so weit entfernt ist, dass eine tägliche Fahrt zum Wohnort nicht möglich ist. Sie stehen daher in keinem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der unselbständigen Tätigkeit als Vertreter und sind daher neben dem Vertreterpauschale abzuziehen. Wir ersuchen daher um zusätzliche Anerkennung des Vertreterpauschales ...

Die abweisende Beschwerdevorentscheidung vom wurde folgendermaßen begründet:

Die Vertreterpauschale kann anstatt der Werbungskostenpauschale € 132,00 berücksichtigt werden. Damit können jedoch keine anderen Werbungskosten, auch keine außerordentlichen, aus dieser Tätigkeit geltend gemacht werden. Lediglich Werbungskosten, die in keinem "wirtschaftlichen Zusammenhang" mit der Vertretertätigkeit stehen (z.B. Kosten für eine umfassende Umschulungsmaßnahme in einen anderen Beruf) könnten zusätzlich zum Pauschalbetrag berücksichtigt werden. Bei den Kosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten handelt es sich hingegen zwar um nicht berufsspezifische Werbungskosten aber um mit der Tätigkeit verbundene Aufwendungen, die auch mit der Pauschale abgegolten sind.

Dagegen brachte die steuerliche Vertreterin des Bf. im Vorlageantrag vom Folgendes vor:

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , zugestellt am (Rechtsmittelfrist verlängert bis ), wurde die Beschwerde vom unseres oben angeführten Mandanten gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 vom abgewiesen. Innerhalb offener Frist wird gem. PAR 264 BAO die Vorlage an das Bundesfinanzgericht beantragt. Betreffend Beschwerdegründe wird auf die Ausführungen der Beschwerde verwiesen. Wir möchten noch einmal darauf hinwiesen, dass es sich bei den Werbungskosten einerseits um Kosten der doppelten Haushaltsführung (KZ 723) mit EUR 850,00 und Familienheimfahrten (KZ 300) mit EUR 1.601,28 handelt, welche sich nicht direkt auf die Vertretertätigkeit beziehen sondern auf den Umstand, dass der Wohnort vom Beschäftigungsort so weit entfernt ist, dass eine tägliche Fahrt zum Wohnort nicht möglich ist. Sie stehen daher in keinem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der unselbständigen Tätigkeit als Vertreter und sind daher neben dem Vertreterpauschale abzuziehen. Wir ersuchen daher um zusätzliche Anerkennung des Vertreterpauschales ...

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Über die Beschwerde wurde Folgendes erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988, erster Satz, sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Nach dem vierten Satz dieser Bestimmung sind Werbungskosten bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.

Gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988, erster Satz, ist für Werbungskosten, die bei nichtselbständigen Einkünften erwachsen, ohne besonderen Nachweis ein Pauschbetrag von 132 Euro jährlich abzusetzen. Nach dem letzten Satz dieser Bestimmung sind ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag Werbungskosten im Sinne des Abs. 1 Z 3 mit Ausnahme der Betriebsratsumlagen, Werbungskosten im Sinne des Abs. 1 Z 4 und 5, der Pauschbetrag gemäß Abs. 1 Z 6, dem Arbeitnehmer für den Werkverkehr erwachsende Kosten (Abs. 1 Z 6 lit. i letzter Satz) und Werbungskosten im Sinne des Abs. 2. abzusetzen.

Gemäß § 17 Abs. 6 EStG 1988 können zur Ermittlung von Werbungskosten vom Bundesminister für Finanzen Durchschnittssätze für Werbungskosten im Verordnungswege für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis festgelegt werden.

Gemäß § 1 Z 9 PauschVO werden anstelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 die Werbungskosten auf die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses für Vertreter festgelegt in Höhe von 5% der Bemessungsgrundlage, höchstens 2.190 Euro jährlich.

Gemäß § 5 PauschVO können, wenn die die Pauschbeträge in Anspruch genommen werden, daneben keine anderen Werbungskosten aus dieser Tätigkeit geltend gemacht werden.

Wie oben bereits dargestellt wurde, beantragt der Bf., ein Handelsvertreter, neben tatsächlichen Werbungskosten in einer Gesamthöhe von 2.451,28 Euro auch pauschale Werbungskosten gemäß § 1 Z 9 PauschVO und wurden im angefochtenen Bescheid lediglich diese erklärten tatsächlichen Werbungskosten, nicht jedoch zusätzlich auch noch das Berufsgruppenpauschale für Vertreter in Höhe von 2.190 Euro berücksichtigt.

Strittig ist somit die Frage, ob einem nichtselbständig tätigen Handelsvertreter neben tatsächlichen Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten auch noch pauschale Werbungskosten gemäß § 1 Z 9 PauschVO zustehen.

Das Bundesfinanzgericht stützt sich bei der Beantwortung dieser Rechtsfrage auf die (Vor-)Entscheidung , in welcher folgende Rechtsauffassung vertreten wurde:

"… 3. Rechtliche Beurteilung …

Das Werbungskostenpauschale des § 17 Abs. 6 iVm der Verordnung BGBl II 2001/382, tritt an die Stelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 (vgl. Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG [21.Lfg.], § 16 Tz 219). Sind die tatsächlichen Werbungskosten höher als das Pauschale, dann sind die gesamten nachgewiesenen Werbungskosten abziehbar. Das Pauschale ist dann grundsätzlich nicht mehr zu berücksichtigen. Lediglich die in § 16 Abs. 3 letzter Satz aufgezählten Aufwendungen sind aufgrund der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung ohne Anrechnung auf das Werbungskostenpauschale abzusetzen. Diese Grundsätze sind auch auf das Pauschale gemäß § 17 Abs. 6 iVm der Verordnung anzuwenden (vgl. 2006/15/0117).

Dem Beschwerdeführer wurden seitens der belangten Behörde die beantragten höheren tatsächlichen Werbungskosten anstatt des Werbungskostenpauschales zuerkannt. Ein zusätzliches Werbungskostenpauschale stünde lediglich neben Werbungskosten, die in § 16 Abs. 3 letzter Satz EStG 1988 aufgezählt sind, zu. Bei den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Aufwendungen für Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung handelt es sich jedoch um Werbungskosten nach § 16 Abs. 1 erster Satz EStG 1988. Solche Aufwendungen können nur alternativ zum Werbungskostenpauschale berücksichtigt werden (vgl. 2006/15/0117).

Wenn die belangte Behörde daher im vorliegenden Fall dem Beschwerdeführer die höheren tatsächlichen Werbungskosten alternativ und nicht kumulativ zum besonderen Werbungskostenpauschale zuerkannt hat, so kann darin keine Rechtswidrigkeit erblickt werden.

Das Bundesfinanzgericht sieht im vorliegenden Fall keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzugehen.

Da es sich bei den Kosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten nicht um Aufwendungen ohne Anrechnung auf das Werbungskostenpauschale gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 handelt und darüber hinaus die beantragten tatsächlichen Werbungskosten in einer Gesamthöhe von 2.451,28 Euro höher sind als der mögliche Maximalbetrag des Vertreterpauschales gemäß § 1 Z 9 PauschVO in Höhe von 2.190 Euro ist die angefochtene Entscheidung im Ergebnis also nicht zu beanstanden.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung (insbes. Abweichen der Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, Fehlen einer solchen Rechtsprechung, uneinheitliche Beantwortung der zu lösenden Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) zukommt.

Somit war wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.2100099.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at