Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.02.2022, RV/3100314/2019

Doppelte Haushaltsführung eines alleinstehenden Steuerpflichtigen im elterlichen Haushalt

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/3100314/2019-RS1
Die Absetzbarkeit von Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung (und damit Familienheimfahrten) stützt sich auf den allgemeinen Betriebsausgaben- bzw. Werbungskostenbegriff des § 4 Abs. 4 EStG 1988 und § 16 Abs. 1 EStG 1988 und nicht auf begriffliche Tatbestandsmerkmale wie „Familienwohnsitz“ oder „Hausstand“ (vgl. dazu § 4 PendlerVO, BGBl. II Nr. 276/2013 idgF). Die PendlerVO ist daher nicht in der Lage, für ledige Steuerpflichtige, die im Heimatort im elterlichen Haus wohnen, oder für Steuerpflichtige, die im Heimatort in einer Wohngemeinschaft (mit anderen Personen als einem Ehepartner oder Lebensgefährten) wohnen, die steuerliche Berücksichtigung von Familienheimfahrten und doppelter Haushaltsführung zu versagen. Die Rechtsprechung hat solche Kosten auch bei alleinstehenden Personen grundsätzlich anerkannt (zB ; ). Die in § 4 Abs. 2 zweiter Satz PendlerVO enthaltene Einschränkung ist nicht auf den Bereich der doppelten Haushaltsführung übertragbar, zumal sie Wohngemeinschaften und im Haus der Eltern wohnende Kinder generell vom Werbungskostenabzug ausschließen würde.
RV/3100314/2019-RS2
Die PendlerVO, BGBl. II Nr. 276/2013 idgF, ist (auch) zu § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 ergangen. Normativer Inhalt des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 ist nicht die Anerkennung von Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung (und damit für Familienheimfahrten), sondern einzig die betragsmäßige Beschränkung der Absetzbarkeit der Fahrtkosten für Familienheimfahrten. Bei Fehlen eines „Familienwohnsitzes“ iSd § 4 Abs. 2 zweiter Satz PendlerVO sind daher die Fahrtkosten für die im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung angefallenen Familienheimfahrten dem Grunde nach abzugsfähig.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache der Bf., vertreten durch die Kerber & Partner Wirtschaftstreuhand GmbH & Co. KG Steuerberatungsgesellschaft, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes F vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für die Jahre 2015 bis 2017, Steuernummer 123, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

1. Mit den am 3. bzw. beim Finanzamt F (elektronisch) eingereichten Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung für die Jahre 2015 bis 2017 machte die Abgabepflichtige "Kosten für Familienheimfahrten" von jeweils 3.060,00 € (für zehn Monate/Jahr, begrenzt mit dem höchsten Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988) und "Kosten für doppelte Haushaltsführung" von 1.154,10 € (im Jahr 2015) bzw. jeweils 1.200,00 € (in den Jahren 2016 und 2017) als Werbungskosten geltend.

2. Nach einem Ergänzungsersuchen vom teilte die Abgabepflichtige dem Finanzamt F mit (elektronisch eingereichtem) Schreiben vom mit, dass sie seit Herbst 2014 als Landesbedienstete des Landes Niederösterreich in Ort 1 an einer landwirtschaftlichen Fachschule tätig sei. Ihre Dienstverträge wurden dem Schreiben beigelegt.

Aufgrund der Distanz zwischen ihrem Wohnort und dem Schulstandort in Niederösterreich von 264 km sei ihr ein tägliches Pendeln nicht möglich. In Ort 2 sei sie bei ihren Eltern im Haus wohnhaft (Gemeinde 2, A-Straße). Diesbezüglich legte die Abgabepflichtige eine Meldebestätigung bei. In Niederösterreich habe sie in ihrem ersten Dienstjahr 2014/15 eine Dienstwohnung an der Schule bewohnt (Gemeinde 1, B-Straße). Aufgrund der steigenden Schülerzahlen habe sie diese Wohnung ein Jahr später aufgeben müssen und sei in eine Wohnung neben der Schule gezogen. Der "Mietvertrag" mit dem Land Niederösterreich und eine "Aufenthaltsbestätigung" des Unterkunftgebers RS für den Zeitraum September 2015 bis Juni 2017 wurden dem Schreiben ebenfalls beigelegt.

Aufgrund ihres privaten Lebensmittelpunktes in Ort 2 und ihres beruflichen Standortes in Ort 1 habe die Abgabepflichtige diese Strecke mit ihrem privaten PKW wöchentlich zurückgelegt (2 x 264 km/Woche). Aufgrund der exponierten Lage der Schule in Niederösterreich wäre eine An- und Abreise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nicht möglich gewesen. Das Fahrtenbuch für das Jahr 2015 sei von ihr in eine Word-Tabelle übernommen worden und wurde dem Schreiben als PDF-Datei beigelegt. Zudem wurden die Gutachten gemäß § 57a Abs. 4 KFG 1967 für ihren PKW für die Jahre 2015 bis 2017 beigelegt.

3. Am erließ das Finanzamt F Bescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2015 bis 2017, mit denen die beantragten Kosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten nicht anerkannt wurden. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass grundsätzlich auch ein alleinstehender Arbeitnehmer ohne Kind einen "Familienwohnsitz" haben könne. Handle es sich jedoch bei dem Wohnsitz am Arbeitsort um die erstmalige Hausstandsgründung (zB bisher im Haushalt der Eltern wohnhaft) oder um eine Wohnsitzverlegung (zB wenn die Wohnung am Arbeitsort größer sei als die Wohnung am "Familienwohnsitz"), dann lägen die Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung nicht vor. Da im gegenständlichen Fall von einer erstmaligen Hausstandsgründung bzw. Wohnsitzverlegung auszugehen sei, hätten die beantragten Aufwendungen nicht gewährt werden können.

Bei einem alleinstehenden Arbeitnehmer könnten Aufwendungen für Heimfahrten nur dann steuerlich berücksichtigt werden, wenn dieser in seinem Heimatort eine eigene Wohnung (ein eigenes Haus) besitze. Die Kosten für Fahrten zum Wohnsitz der Eltern stellten keine Werbungskosten dar.

4. Gegen diese Bescheide erhob die Abgabepflichtige durch ihre ausgewiesene steuerliche Vertretung am fristgerecht Beschwerde. Sie habe von September 2014 bis September 2018 in Ort 1/Niederösterreich an einer landwirtschaftlichen Fachschule unterrichtet. Eine Stelle in Tirol bzw. den näher gelegenen Bundesländern Salzburg oder Vorarlberg sei in diesem Zeitraum nicht frei gewesen. Sie habe sich jedes Jahr darum bemüht, gelungen sei dies erst ab dem Schuljahr 2018/19. An der Schule in Ort 1 habe sie stets nur auf ein Jahr befristete Dienstverträge erhalten, die der Abgabenbehörde bereits vorlägen. Jedes Frühjahr habe sie sich erneut um eine Weiterverwendung für ein weiteres Jahr bemühen müssen. Die Entscheidung über die Weiterverwendung habe sie kurz vor Ende des Schuljahres erfahren.

Ab dem Schuljahr 2015/16 sei vermehrt von Schulzusammenlegungen die Rede gewesen. Damit sei ihre Position in Ort 1 noch unsicherer geworden, da unbefristeten niederösterreichischen Kolleginnen, die durch das Schließen von Schulen auf Postensuche gewesen wären, jedenfalls der Vorzug gegenüber befristeten Kolleginnen hätte gegeben werden müssen. Eine längerfristige Planung sei aus diesen Gründen nicht möglich gewesen. Da es nicht viele landwirtschaftliche Fachschulen gebe, müssten Junglehrer als erste Stellen sehr oft weit vom Wohnort entfernte Stellen annehmen. Es sei von vornherein gewiss, dass die Stellen seitens der Schulen auf ein Jahr befristet seien und der Lehrer auch nur solange bleibe, bis eine Stelle in der Umgebung des Wohnortes frei werde.

In Ort 1 sei der Abgabepflichtigen zunächst eine kleine Dienstwohnung mit Gemeinschaftsküche im Internat (ca. 16 bis 18 m2) zur Verfügung gestanden, danach eine kleine Garconnière mit einer Miete von 120,00 € pro Monat. Beides seien möblierte Unterkünfte mit einer Nutzfläche von weit unter 55 m2 für Aufenthalte unter der Woche gewesen, aber keinesfalls geeignet für die Begründung eines dauerhaften Wohnsitzes.

Die Abgabepflichtige habe im gegenständlichen Zeitraum über ein eigenes Zimmer und somit über einen eigenen kleinen Hausstand im elterlichen Bauernhaus verfügt. Ihre Eltern würden einen Bergbauernhof mit Heumilchwirtschaft bewirtschaften, auf dem ein Großteil der Flächen nicht mit großem Gerät befahren werden könne; das Heu werde vielmehr von Hand gemacht. Es sei daher sowohl selbstverständlich als auch notwendig, dass die Kinder regelmäßig mitarbeiteten. Aufgrund ihrer umfangreichen Tätigkeiten im elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb bestimme die Abgabepflichtige den Haushalt dementsprechend mit. Wie aus den bereits übermittelten Unterlagen hervorgehe, sei sie auch tatsächlich aufgrund ihrer dortigen engen persönlichen Beziehungen und gesellschaftlichen Verpflichtungen (Landjugend, Musikkapelle) jedes Wochenende in das elterliche Bauernhaus zurückgekehrt.

Aufgrund dieser Umstände könne weder von einer erstmaligen Hausstandsgründung noch von einer Wohnsitzverlegung ausgegangen werden. Eine Wohnsitzverlegung wäre aufgrund der befristeten Stelle und der damit einhergehenden Ungewissheit ohnedies unzumutbar (Hinweis auf ; ). Die geltend gemachten Aufwendungen stellten damit einen unvermeidbaren Mehraufwand dar.

Die Abgabepflichtige beantragte, die Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung und die Familienheimfahrten entsprechend den eingereichten Steuererklärungen anzuerkennen. In eventu beantragte sie die Berücksichtigung monatlicher Familienheimfahrten (anstelle der bisher geltend gemachten, mit dem höchsten Pendlerpauschale begrenzten wöchentlichen Familienheimfahrten) mit jährlich 2.217,60 € (2 x 264 km x 10 Monate x 0,42 €/km).

5. Mit (weiterem) Ergänzungsersuchen vom teilte das Finanzamt F der Abgabepflichtigen mit, dass sie - dem bisherigen Vorbringen zufolge - im elterlichen Wohnhaus wohne. Zwecks Anerkennung der doppelten Haushaltsführung wurde sie ersucht, einen Nachweis über das Bestehen eines eigenen Hausstandes (Mietkosten, Betriebskosten usw.) zu erbringen. Lt. Melderegister scheine ihr Vater als Unterkunftgeber auf.

In Beantwortung dieses Ergänzungsersuchens teilte die Abgabepflichtige durch ihre ausgewiesene steuerliche Vertretung mit Schreiben vom erstmals mit, dass sie im gegenständlichen Zeitraum einen Lebenspartner in Ort 2 gehabt habe, bei dem sie gewohnt habe. Eine Bestätigung des EF, Gemeinde 2, C-Straße, vom wurde dem Schreiben beigelegt. Die Mitteilung der Partnerschaft habe sie in der Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom nicht für wichtig gehalten. Sie sei damals steuerlich unvertreten gewesen und habe daher die Auswirkung nicht beurteilen können. Mangels Meldung beim Lebenspartner habe sie auch keine von der Meldebehörde ausgestellte Haushaltsbestätigung vorlegen können.

Das Zimmer bei den Eltern sei ihr weiterhin zur Verfügung gestanden und von ihr erst im Sommer 2018 endgültig geräumt worden. Miete bzw. Betriebskosten würden bei Landwirten üblicherweise mit der erforderlichen Mitarbeit (Heuernte, Stallgehen, Reinigung der Zimmer am Bauernhof) gegenverrechnet werden. Diese Mitarbeit könne man mit mindestens 30 Tagen jährlich (zu je 6 Stunden) beziffern. Bei einem Stundenlohn von 15,00 € komme man dabei auf einen ansetzbaren Betrag von ca. 225,00 € pro Monat.

Die Abgabepflichtige wies auch darauf hin, dass es sich bei den Fahrten nach Ort 2 nicht um "Besuche" gehandelt habe, sondern um die Rückkehr zum Ort des Mittelpunktes der Lebensinteressen. Sie sei so gut wie jedes Wochenende nach Ort 2 gefahren und habe auch sämtliche Ferien, Feiertage usw. in Ort 2 verbracht. Es könne auch eine mehrzimmerige Wohnung nicht mit einem Zimmer im Internat oder einer winzigen Garconnière gleichgesetzt werden.

6. Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurde die Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2015 bis 2017 vom Finanzamt F als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass ein Familienwohnsitz dort liege, wo ein in (Ehe)Partnerschaft oder in Lebensgemeinschaft lebender Steuerpflichtiger oder ein alleinstehender Steuerpflichtiger seine engsten persönlichen Beziehungen (zB Familie, Freundeskreis) und einen eigenen Hausstand habe. Der Steuerpflichtige habe einen eigenen Hausstand, wenn er eine Wohnung besitze, deren Einrichtung seinen Lebensbedürfnissen entspreche. Ein eigener Hausstand liege jedenfalls nicht vor, wenn der Steuerpflichtige Räumlichkeiten innerhalb eines Wohnverbandes einer oder mehrerer Person(en), die nicht (Ehe)Partner seien oder mit denen keine Lebensgemeinschaft bestehe, mitbewohne.

Auch ein alleinstehender Steuerpflichtiger ohne Kind könne einen "Familienwohnsitz" haben. Dies sei jener Ort, an dem er seine engsten persönlichen Beziehungen (zB Eltern, Freunde) habe. Voraussetzung sei, dass der alleinstehende Steuerpflichtige an diesem Heimatort über eine eigene Wohnung verfüge. Der Besuch der Eltern sei nicht als Familienheimfahrt zu werten.

Dem Unabhängigen Finanzsenat zufolge könne von einem "eigenen Haushalt" grundsätzlich nur dann gesprochen werden, wenn dieser aus eigenem Recht (zB Eigentum des Wohnobjektes, eigener Mietvertrag, eigene Betriebskosten, eigener Hausrat) genutzt sowie selbstbestimmend geführt werde und wenn die Kosten des Haushaltes überwiegend vom Steuerpflichtigen getragen werden. Die Mithilfe in der elterlichen Landwirtschaft stehe nicht im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit der Abgabepflichtigen als Lehrerin in Niederösterreich, sondern betreffe die private Lebensführung.

Da dem Schreiben vom zufolge eine gemeinsame Wohnung mit dem Lebenspartner erst ab November 2016 bestanden habe, stünden die Kosten der doppelten Haushaltsführung und Familienheimfahrten im Jahr 2015 nicht zu. Im Übrigen hielt das Finanzamt F fest, dass am elterlichen Bauernhof des Lebenspartners eine Wohnung von ca. 50 m2 unentgeltlich bewohnt werde. Der Partner sei noch nicht Eigentümer der Landwirtschaft. Eine polizeiliche Meldung der Abgabepflichtigen am Wohnsitz des Partners sei nicht erfolgt. Dieser gemeinsame Wohnsitz sei erst mit Schreiben vom in Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom behauptet worden. Eine finanzielle Beteiligung an den Wohnkosten sei nicht gegeben. Auch eine fallweise Mithilfe am Bauernhof des Partners führe zu keiner wesentlichen Kostenbeteiligung an der dortigen unentgeltlichen Wohnmöglichkeit. Aufgrund eines fehlenden Doppelaufwandes für Wohnzwecke stünden die Kosten der doppelten Haushaltsführung und Familienheimfahrten auch für die Monate ab November 2016 nicht zu.

7. Am stellte die Abgabepflichtige durch ihre ausgewiesene steuerliche Vertretung fristgerecht Anträge auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht. Ein weiteres Vorbringen wurde dabei nicht erstattet.

8. Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt F die gegenständliche Beschwerde vom zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht vor.

II. Sachverhalt

1. Die Beschwerdeführerin (Bf.), geb. am Tag 1, erzielte in den Streitjahren als Lehrerin Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Ab dem Schuljahr 2014/15 war sie als Bedienstete des Landes Niederösterreich in Ort 1 an einer landwirtschaftlichen Fachschule (Fachschule Y in Gemeinde 1, B-Straße) tätig. Das Dienstverhältnis begann am und war auf die Dauer eines Schuljahres (somit bis ) befristet.

An der landwirtschaftlichen Fachschule in Ort 1 erhielt die Bf. stets nur auf ein Jahr befristete Dienstverträge, sie musste sich jedes Frühjahr um eine Weiterverwendung für ein weiteres Schuljahr bemühen. Das befristete Dienstverhältnis wurde sodann mit Schreiben des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung mehrmals verlängert (Schreiben vom : Verlängerung bis zum Ablauf des Schuljahres 2015/16, somit bis ; Schreiben vom : Verlängerung bis zum Ablauf des Schuljahres 2016/17, somit bis ; Schreiben vom : Verlängerung bis zum Ablauf des Schuljahres 2017/18, somit bis ). Die Bf. war vier Schuljahre hindurch (damit auch in den Streitjahren) an der landwirtschaftlichen Fachschule in Ort 1 im Rahmen eines Vollbeschäftigungsverhältnisses tätig, ab dem Schuljahr 2018/19 konnte sie ihre Tätigkeit als Lehrerin in Tirol ausüben.

2. Die Bf. war seit ihrer Geburt mit ihrem Hauptwohnsitz in Gemeinde 2, A-Straße/Top 1, polizeilich gemeldet, zunächst vom Tag 1 bis und sodann (nach einer kurzzeitigen, offensichtlich studienbedingten Verlegung des Hauptwohnsitzes nach Gemeinde 3, D-Straße) wiederum vom bis . Seit dem ist die Bf. mit ihrem Hauptwohnsitz in Gemeinde 2, C-Straße, polizeilich gemeldet, wo sie in Lebensgemeinschaft mit ihrem Partner EF eine ca. 50 m2 große Wohnung am landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern bewohnt.

In den Streitjahren war die Bf. somit mit ihrem Hauptwohnsitz in Gemeinde 2, A-Straße/Top 1, polizeilich gemeldet. Dabei handelte es sich um den seit Geburt bestehenden (abgeleiteten) Familienwohnsitz der Bf., wobei ihr im Haus ihrer Eltern (konkret in der Wohnung Top 1) ein Zimmer zur alleinigen Nutzung zur Verfügung stand. In den Streitjahren waren - dem Zentralen Melderegister zufolge - an der Adresse Gemeinde 2, A-Straße/Top 1, noch folgende Personen mit ihrem Hauptwohnsitz polizeilich gemeldet: AA (Mutter), geb. am Tag 2; BA, geb. am Tag 3; CA (bis HWS, danach bis NWS), geb. am Tag 4; DA, geb. am Tag 5. Die ledige Bf. war demnach an ihrem Hauptwohnsitz in Gemeinde 2, A-Straße/Top 1, in den gemeinsamen Haushalt ihrer Familie integriert. Die Bf. konnte "ihr Zimmer im elterlichen Bauernhaus" in den Streitjahren jederzeit nutzen, dieses wurde erst im Sommer 2018 endgültig ausgeräumt.

Für das Zimmer im elterlichen Wohnungsverband bezahlte die Bf. weder Miete noch Betriebskosten, auch ein "Haushaltsgeld" wurde von ihr nicht bezahlt. Demgegenüber arbeitete sie im landwirtschaftlichen Betrieb und Haushalt ihrer Eltern (einem Bergbauernhof mit Heumilchwirtschaft) regelmäßig mit, wobei sie Arbeiten wie Heuernte, Stallgehen, Reinigung der Zimmer am Bauernhof usw. verrichtete. Aufgrund ihrer umfangreichen Tätigkeiten im elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb bestimmte sie den Haushalt dementsprechend mit. Aufgrund ihrer engen persönlichen Beziehungen und gesellschaftlichen Verpflichtungen (Landjugend, Musikkapelle) kehrte sie in den Streitjahren jedes Wochenende in das elterliche Bauernhaus zurück.

3. In den Jahren ihrer beruflichen Tätigkeit in Niederösterreich stand der Bf. zunächst (im Schuljahr 2014/15) eine Dienstwohnung an der landwirtschaftlichen Fachschule in Gemeinde 1, B-Straße, zur Verfügung. Dabei handelte es sich um eine kleine Wohnung (ca. 16 bis 18 m2) mit einer Gemeinschaftsküche im Internat, wofür vom Amt der Niederösterreichischen Landesregierung ab Jänner 2015 eine "Dienstwohnungsvergütung" von 163,02 € pro Monat (exkl. USt) vorgeschrieben wurde.

Nachdem die Bf. diese Wohnung aufgrund der steigenden Schülerzahlen aufgeben musste, fand sie in der Nähe der Fachschule ab dem Schuljahr 2015/16 eine neue Wohnung. Mit der vorgelegten "Aufenthaltsbestätigung" (ohne Datum) bestätigte der Unterkunftgeber RS, dass die Bf. im Zeitraum "September 2015 bis Juni 2017" bei ihm "ein Zimmer" angemietet habe. Der Mietzeitraum umfasste (abzüglich der Monate der Sommerferien) zehn Monate pro Kalenderjahr, die Miete für diese Garconnière betrug 120,00 € pro Monat. Aufgrund der in Niederösterreich angefallenen Mietaufwendungen machte die Bf. "Kosten für doppelte Haushaltsführung" von 1.154,10 € (im Jahr 2015) bzw. jeweils 1.200,00 € (in den Jahren 2016 und 2017) als Werbungskosten geltend.

Die berufliche Tätigkeit in Niederösterreich führte zu keiner polizeilichen Wohnsitzmeldung, die Bf. war in den Jahren 2014 bis 2018 zu keinem Zeitpunkt an einer niederösterreichischen Adresse mit ihrem Wohnsitz (weder Haupt- noch Nebenwohnsitz) gemeldet.

4. Der Hauptwohnsitz der Bf. befand sich in den Streitjahren in Gemeinde 2, A-Straße/Top 1. Ein Routenplaner (vgl. www.google.at/maps) weist für die Fahrtstrecke von Gemeinde 1, B-Straße, nach Gemeinde 2, A-Straße/Top 1, eine gesamte Streckenlänge von 266 km und eine gesamte Fahrtzeit (mit dem PKW) von ca. 3 h 35 min aus. Dies deckt sich mit dem Vorbringen der Bf., wonach die einfache Fahrtstrecke zwischen dem Ort der Beschäftigung und dem Hauptwohnsitz 264 km betrage.

Aufgrund der Distanz zwischen dem Schulstandort in Niederösterreich und ihrem Wohnort in Tirol war der Bf. ein tägliches Pendeln nicht möglich. Sie kehrte vielmehr an jedem Wochenende mit dem eigenen PKW in das elterliche Bauernhaus zurück und machte dafür "Kosten für Familienheimfahrten" von jeweils 3.060,00 € (für zehn Monate/Jahr, begrenzt mit dem höchsten Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988) als Werbungskosten geltend. Für den Fall der Einstufung als alleinstehende Steuerpflichtige beantragte sie in der Beschwerde in eventu die Berücksichtigung monatlicher (anstelle wöchentlicher) Familienheimfahrten mit jährlich 2.217,60 € (2 x 264 km x 10 Monate x 0,42 €/km).

III. Beweiswürdigung

1. Der vorstehende Sachverhalt ergibt sich aus dem gesamten Akteninhalt, insbesondere aus dem Vorbringen der Bf. (vgl. die Stellungnahmen vom und sowie die Beschwerde vom ) und den von ihr vorgelegten Unterlagen, weiters aus der Bestätigung des (nunmehrigen) Lebenspartners EF vom , wonach die Bf. in den Streitjahren "ihr Zimmer im elterlichen Bauernhaus" nutzen konnte und dieses erst im Sommer 2018 endgültig ausgeräumt worden sei. Das Bundesfinanzgericht stützte sich überdies auf Abfragen aus dem Zentralen Melderegister zum Wohnsitz der Bf. sowie auf Abfragen im Internet (Routenplaner) zur Fahrtstrecke und Fahrtzeit zwischen Beschäftigungsort und Hauptwohnsitz. Diese Abfragen aus dem Zentralen Melderegister dokumentieren für den gegenständlichen Zeitraum den Hauptwohnsitz der Bf. sowie mehrerer Angehöriger an derselben Adresse Gemeinde 2, A-Straße/Top 1.

2. Nichtvorliegen einer Lebensgemeinschaft in den Streitjahren:

2.1. Den Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes zufolge hat sich der Familienwohnsitz der Bf. in den Streitjahren in Gemeinde 2, A-Straße/Top 1, am elterlichen Bauernhof befunden. Dort war sie mit ihrem Hauptwohnsitz gemeldet, dort wohnte sie im Verband mit ihrer Familie (Eltern, Geschwister) in einem gemeinsamen Haushalt und dort unterhielt sie auch aufgrund ihrer engen persönlichen Beziehungen und gesellschaftlichen Verpflichtungen (Landjugend, Musikkapelle) den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen.

Demgegenüber wendete die Bf. ein, dass sie - entgegen der Hauptwohnsitzmeldung - nicht erst seit dem in einer Lebensgemeinschaft mit ihrem Partner EF lebe; diese Lebensgemeinschaft habe bereits in den Streitjahren am landwirtschaftlichen Betrieb der Eltern ihres Partners in Gemeinde 2, C-Straße, bestanden, wo eine ca. 50 m2 große Wohnung bewohnt worden sei. Zur Untermauerung ihres Vorbringens legte sie eine Bestätigung des EF vom mit folgenden Inhalt vor:

"Ich gebe hiermit bekannt, dass ich offiziell seit dem mit EA in einer Partnerschaft lebe.

Seit November 2016 bewohnen wir gemeinsam eine ca. 50 m2 Wohnung am Betrieb meiner Eltern (Z-Hof, C-Straße, Gemeinde 2). Dort führen wir einen selbstständigen Haushalt. Betriebskosten und Miete wird an meine Eltern keine bezahlt; diese werden, wie bei landwirtschaftlichen Betrieben üblich, durch die erforderliche Mitarbeit im Betrieb abgegolten.

EA hat in dieser Zeit ihr Zimmer im elterlichen Bauernhaus noch weiter zur Benutzung gehabt und erst im Sommer 2018 endgültig ausgeräumt.

E und ich helfen am elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb mit und ich werde den Betrieb in den nächsten Jahren übernehmen. Zukünftig werde ich den landwirtschaftlichen Betrieb gemeinsam mit EA führen."

2.2. Für das Bundesfinanzgericht ist entscheidend, dass die Bf. erst seit dem mit ihrem Hauptwohnsitz in Gemeinde 2, C-Straße, polizeilich gemeldet ist, wo sie in einer Lebensgemeinschaft mit ihrem Partner EF lebt. Vor diesem Zeitpunkt hat eine Wohnsitzmeldung an dieser Adresse nicht bestanden (weder Haupt- noch Nebenwohnsitz), der Hauptwohnsitz der Bf. befand sich in den Streitjahren vielmehr am (abgeleiteten) Familienwohnsitz in Gemeinde 2, A-Straße/Top 1. In diesem Zusammenhang wird auf die Bestimmungen des Meldegesetzes 1991 verwiesen. Wer in einer Wohnung oder in einem Beherbergungsbetrieb Unterkunft nimmt oder eine solche Unterkunft aufgibt, ist gemäß § 2 Abs. 1 MeldeG zu melden. Wer in einer Wohnung Unterkunft nimmt, ist gemäß § 3 Abs. 1 MeldeG innerhalb von drei Tagen danach bei der Meldebehörde anzumelden. Wer die gesetzliche Meldepflicht nicht erfüllt, insbesondere, weil eine An- oder Abmeldung überhaupt unterlassen oder vorgenommen wird, obwohl keine Unterkunftsnahme erfolgt ist bzw. die Unterkunft nicht aufgegeben wurde, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 726,00 € (im Wiederholungsfall bis zu 2.180,00 €) geahndet wird (§ 22 Abs. 1 MeldeG).

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht (vgl. etwa ; , 0225; ; ), dass eine eheähnliche Gemeinschaft dann vorliegt, wenn zwei Personen in einer Lebensgemeinschaft zusammenleben und das gemeinschaftliche Zusammenleben auf Dauer angelegt ist. Bei einer Lebensgemeinschaft handelt es sich um einen eheähnlichen Zustand, der dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens entspricht. Dazu gehört im Allgemeinen eine Geschlechts-, Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft. Indizien für eine Lebensgemeinschaft sind danach zB die polizeiliche Meldung an ein und demselben Wohnort. Eine der Meldepflicht des Meldegesetzes 1991 entsprechende Wohnsitzmeldung der Bf. an der Adresse Gemeinde 2, C-Straße, hat in den Streitjahren definitiv nicht bestanden.

2.3. Im Zuge der Durchführung der Arbeitnehmerveranlagungen für die Jahre 2015 bis 2017 wurde die Bf. vom Finanzamt F mit Ergänzungsersuchen vom ua. konkret mit folgender Fragestellung konfrontiert:

"Bestand in den Jahren 2015 - 2017 eine Partnerschaft? Wenn ja, ist eine Haushaltsbestätigung, ausgestellt von der Meldebehörde, beizubringen."

In Beantwortung dieses Ergänzungsersuchens reichte die Bf. am eine Stellungnahme ein, mit der das allfällige Bestehen einer Lebensgemeinschaft mit EF mit keinem Wort erwähnt wurde. Sie teilte dem Finanzamt F vielmehr Folgendes mit:

"In Ort 2 bin ich bei meinen Eltern im Haus wohnhaft (A-Straße, Gemeinde 2). Eine Meldebestätigung liegt dem Ansuchen bei."

Diese Stellungnahme ist für das Bundesfinanzgericht ein weiteres gewichtiges Indiz dafür, dass im Streitzeitraum eine Lebensgemeinschaft mit EF (noch) nicht bestanden hat.

Die steuerliche Vertretung der Bf. argumentierte damit, dass die Bf. die Mitteilung der Partnerschaft in der Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom nicht für wichtig gehalten habe. Sie sei damals steuerlich unvertreten gewesen und habe daher die steuerlichen Auswirkungen nicht beurteilen können. Diese Argumentationslinie kann vom Bundesfinanzgericht nicht nachvollzogen werden, zumal die Fragestellung des Finanzamtes F im Ergänzungsersuchen vom nichts an Deutlichkeit zu wünschen übrig lässt und die Entscheidungsfrage nach dem Vorliegen einer Partnerschaft von der Bf. - im Falle des Bestehens einer solchen - eindeutig mit "ja" hätte beantwortet werden können.

Im Übrigen wurde selbst in der Beschwerde vom - die von der steuerlichen Vertretung der Bf. eingebracht wurde - das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft mit keinem Wort erwähnt, obwohl das Finanzamt F in den Bescheidbegründungen vom konkret von der Bf. als alleinstehender Steuerpflichtigen gesprochen hat. Im Gegenteil: Im Rahmen eines Eventualantrages ("in eventu") beantragte die steuerliche Vertretung die Berücksichtigung monatlicher (anstelle wöchentlicher) Familienheimfahrten, was - der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgend - einer Einstufung der Bf. als alleinstehende Steuerpflichtige geschuldet war.

In diesem Zusammenhang ist weiters festzuhalten, dass die Bf. in den am 3. bzw. eingereichten Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung für die Jahre 2015 bis 2017 ihren Wohnsitz mit "Gemeinde 2, A-Straße/Top 1" bekannt gegeben hat. Auch die Erledigungen des Finanzamtes F (Ergänzungsersuchen vom und , Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2015 bis 2017 vom , Beschwerdevorentscheidungen vom ) wurden an diese Adresse gerichtet und der Bf. wirksam zugestellt. Die vorgelegte "Aufenthaltsbestätigung" des Unterkunftgebers RS weist als Wohnadresse der Bf. "A-Straße, Gemeinde 2" aus, desgleichen die für die Jahre 2015 bis 2017 für den PKW der Bf. vorgelegten Gutachten gemäß § 57a Abs. 4 KFG 1967.

2.4. Erstmals im Schreiben der steuerlichen Vertretung vom wurde - in Beantwortung eines (weiteren) Ergänzungsersuchens des Finanzamtes F - der Einwand erhoben, dass die Bf. im gegenständlichen Zeitraum einen Lebenspartner in Ort 2 gehabt habe, bei dem sie gewohnt habe. Diesbezüglich wurde auf die beigelegte Bestätigung des EF vom verwiesen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes widerspricht es weder den Denkgesetzen noch dem menschlichen Erfahrungsgut, dass die zu Beginn eines Verfahrens gemachten Angaben der Wahrheit näher kommen (vgl. zB , 0017). Einer abgabenrechtlich günstigeren Darstellung, die erst im Zuge eines längeren Verfahrens gegeben wird, kann daher nur verminderte Glaubwürdigkeit beigemessen werden ().

Vor dem Hintergrund der Faktenlage (vgl. die - bis zum - fehlende polizeiliche Meldung der Bf. an der Adresse Gemeinde 2, C-Straße, weiters die im Veranlagungs- und zu Beginn des Beschwerdeverfahrens gemachten konkreten Angaben zum Familienwohnsitz der Bf.) stellen sich die Ausführungen des EF in der Bestätigung vom als - unbewiesene - Schutzbehauptung dar. Die Bestätigung des EF ist ohnehin differenziert zu betrachten. So sei eine gemeinsame Wohnung mit der Bf. an seinem elterlichen Hof erst "seit November 2016" bewohnt worden. Für den Streitzeitraum bis Oktober 2016 lässt sich dadurch für die Bf. nichts gewinnen. Zudem wurde von ihm eingeräumt, dass der Bf. ihr Zimmer im elterlichen Bauernhaus weiterhin zur Verfügung gestanden sei und dieses von ihr "erst im Sommer 2018 endgültig ausgeräumt" worden sei, somit erst nach Ablauf des Streitzeitraumes. Dies lässt den Schluss zu, dass die Bf. das Zimmer im Haus ihrer Eltern zumindest bis zum Sommer 2018 auch tatsächlich benützt und dort ihren (abgeleiteten) Familienwohnsitz unterhalten hat.

2.5. Die Bf. war in den Streitjahren weder verheiratet noch lebte sie - den Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes zufolge - in einer Lebensgemeinschaft (eheähnlichen Gemeinschaft), die - wie die Ehe - durch ein Zusammenspiel der Elemente Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft gekennzeichnet ist. Die Bf. und ihr (nunmehriger) Lebenspartner EF waren an getrennten Wohnsitzen gemeldet, wobei das Bundesfinanzgericht nicht in Abrede stellt, dass bereits damals eine freundschaftliche Beziehung zwischen den beiden Personen bestanden haben mag. In diesem Zusammenhang ist auch zu bedenken, dass sich die Bf. aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit in Niederösterreich ohnehin nur an den Wochenenden in Ort 2 aufgehalten hat.

Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Gemäß § 269 Abs. 1 BAO in der Fassung FVwGG 2012, BGBl. I Nr. 14/2013, haben die Verwaltungsgerichte im Beschwerdeverfahren die Obliegenheiten und Befugnisse, die den Abgabenbehörden auferlegt und eingeräumt sind.

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet, dass alle Beweismittel grundsätzlich gleichwertig sind und es keine Beweisregeln gibt. Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (zB ; ; ).

Für die weitere Betrachtung ist die Bf. somit bei der Beurteilung einer auf Dauer angelegten beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung als alleinstehende Steuerpflichtige zu erfassen; dies mit der Konsequenz, dass - sofern eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung überhaupt anzuerkennen ist - lediglich monatliche (und nicht wöchentliche) Familienheimfahrten als Werbungskosten berücksichtigt werden könnten (vgl. ; ; ; ).

3. Streit besteht nun darüber, ob die Beschäftigung der Bf. an der landwirtschaftlichen Fachschule in Ort 1 zu einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung führte, insbesondere, ob die Aufwendungen für die Unterkünfte am Beschäftigungsort und für Familienheimfahrten als Werbungskosten abgesetzt werden können.

IV. Rechtslage

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten eines Arbeitnehmers sind Aufwendungen oder Ausgaben, die beruflich veranlasst sind. Eine berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen oder Ausgaben

  • objektiv im Zusammenhang mit einer nichtselbständigen Tätigkeit stehen und

  • subjektiv zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen geleistet werden oder den Steuerpflichtigen unfreiwillig treffen und

  • nicht unter ein steuerliches Abzugsverbot fallen.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden die Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten), soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 angeführten Betrag übersteigen.

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 beträgt das Pendlerpauschale abweichend von lit. c bei mehr als 60 km 3.672,00 € jährlich (306,00 € monatlich), wenn dem Arbeitnehmer die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar ist.

V. Erwägungen

1. Unterhält der Steuerpflichtige neben seinem primären Wohnsitz (Familienwohnsitz) einen zweiten Wohnsitz am Ort der Erwerbstätigkeit, dann sind die Aufwendungen für den zweiten Wohnsitz als Werbungskosten abzugsfähig, wenn der zweite Wohnsitz (Doppelwohnsitz) beruflich bedingt ist (vgl. grundsätzlich ). Die Begründung und Beibehaltung eines eigenen Haushaltes im Bereich des Beschäftigungsortes bei gleichzeitiger Beibehaltung des primären Wohnsitzes (Familienwohnsitzes) ist als beruflich veranlasst anzusehen, wenn der Beschäftigungsort so weit vom primären Wohnsitz entfernt ist, dass dem Steuerpflichtigen eine tägliche Rückkehr nicht zumutbar ist und wenn dem Steuerpflichtigen zudem auch die Verlegung des primären Wohnsitzes an den Beschäftigungsort nicht zugemutet werden kann (und der primäre Wohnsitz/Familienwohnsitz außerhalb des Beschäftigungsortes beibehalten wird).

Die Beibehaltung des Familienwohnsitzes ist aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, nicht durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen. Der Grund, warum Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung dennoch als Werbungskosten bei den aus der Erwerbstätigkeit erzielten Einkünften Berücksichtigung finden, liegt darin, dass derartige Aufwendungen so lange als durch die Erwerbstätigkeit veranlasst gelten, als dem Erwerbstätigen sowohl die tägliche Rückkehr ("Heimfahrt") wie auch eine Wohnsitzverlegung in eine übliche Entfernung zum Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann. Die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung kann ihre Ursachen sowohl in der privaten Lebensführung, als auch in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen oder in einer Erwerbstätigkeit seines (Ehe)Partners haben (vgl. ; vgl. auch Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21, § 16 Tz 201).

Die Begründung eines eigenen Haushaltes am Beschäftigungsort bei gleichzeitiger Beibehaltung des primären Wohnsitzes/Familienwohnsitzes (doppelte Haushaltsführung) ist somit beruflich veranlasst, wenn der primäre Wohnsitz/Familienwohnsitz

• vom Beschäftigungsort des Steuerpflichtigen so weit entfernt ist, dass ihm eine tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann, und entweder

• die Beibehaltung des primären Wohnsitzes/Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes nicht privat veranlasst ist oder

• die Verlegung des primären Wohnsitzes/Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort nicht zugemutet werden kann.

2. Auch ein alleinstehender Steuerpflichtiger ohne Kind iSd § 106 Abs. 1 EStG 1988 kann einen primären Wohnsitz bzw. "Familienwohnsitz" haben. Dies ist jener Ort, an dem er seine engsten persönlichen Beziehungen (zB Eltern, Freunde) hat. Voraussetzung ist, dass der alleinstehende Steuerpflichtige an diesem Heimatort über einen Wohnsitz verfügt (zB auch im Haus der Eltern); der bloße Besuch der Eltern ist nicht als Familienheimfahrt zu werten. Begründet ein alleinstehender Steuerpflichtiger am Beschäftigungsort einen Wohnsitz, ist allerdings besonders zu prüfen, ob nicht entweder von einer erstmaligen Hausstandsgründung oder von einer Wohnsitzverlegung auszugehen ist (vgl. ; ; vgl. auch Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21, § 16 Tz 201/6). In solchen Fällen stehen ab der ersten Wohnsitzbegründung bzw. -verlegung keine Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung zu.

3. Das Finanzamt F argumentierte damit, dass zwar auch eine alleinstehende Person ohne Kind einen "Familienwohnsitz" am Ort ihrer engsten persönlichen Beziehungen haben könne; das setze aber voraus, dass die alleinstehende Person dort einen eigenen "Hausstand" habe. Damit zog das Finanzamt die Definition des "Hausstandes" in § 4 Abs. 2 zweiter Satz Pendlerverordnung heran und wendete die darin enthaltenen Voraussetzungen - ohne die Pendlerverordnung explizit zu erwähnen - unmittelbar an.

Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Kriterien zur Ermittlung des Pendlerpauschales und des Pendlereuros, zur Einrichtung eines Pendlerrechners und zum Vorliegen eines Familienwohnsitzes (Pendlerverordnung), BGBl. II Nr. 276/2013 idF BGBl. II Nr. 154/2014 und BGBl. II Nr. 324/2019, ist zu den Bestimmungen des § 16 Abs. 1 Z 6, § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e und § 33 Abs. 5 EStG 1988 erlassen worden. Gemäß § 4 Abs. 1 der ab gültigen Pendlerverordnung liegt ein Familienwohnsitz (§ 16 Abs. 1 Z 6 lit. f und § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988) dort, wo ein in (Ehe)Partnerschaft oder in Lebensgemeinschaft lebender Steuerpflichtiger oder ein alleinstehender Steuerpflichtiger seine engsten persönlichen Beziehungen (zB Familie, Freundeskreis) und einen eigenen Hausstand (Abs. 2) hat. § 4 Abs. 1 Pendlerverordnung stellt für das Vorliegen eines Familienwohnsitzes zwingend auf einen eigenen Hausstand ab.

Gemäß § 4 Abs. 2 Pendlerverordnung hat der Steuerpflichtige einen eigenen Hausstand, wenn er eine Wohnung besitzt, deren Einrichtung seinen Lebensbedürfnissen entspricht. Ein eigener Hausstand liegt jedenfalls nicht vor, wenn der Steuerpflichtige Räumlichkeiten innerhalb eines Wohnverbandes einer oder mehrerer Person(en), die nicht (Ehe)Partner sind oder mit denen eine Lebensgemeinschaft besteht, mitbewohnt.

4. Die Pendlerverordnung ist nicht in der Lage, für ledige Steuerpflichtige, die im Heimatort im elterlichen Haus wohnen, oder für Steuerpflichtige, die im Heimatort in einer Wohngemeinschaft (mit anderen Personen als einem Ehepartner oder Lebensgefährten) wohnen, die steuerliche Berücksichtigung von Familienheimfahrten und doppelter Haushaltsführung zu versagen. Die in § 4 Abs. 2 zweiter Satz Pendlerverordnung enthaltene Einschränkung ist nicht auf den Bereich der doppelten Haushaltsführung übertragbar, zumal sie Wohngemeinschaften und im Haus der Eltern wohnende Kinder generell vom Werbungskostenabzug ausschließen würde. Werbungskosten aus dem Titel der doppelten Haushaltsführung hängen in rechtlicher Hinsicht nicht davon ab, ob Erfordernisse des § 4 Pendlerverordnung erfüllt sind.

Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu doppelter Haushaltsführung und Familienheimfahrten baut ausschließlich auf dem allgemeinen Betriebsausgaben- bzw. Werbungskostenbegriff des § 4 Abs. 4 EStG 1988 und § 16 Abs. 1 EStG 1988 auf und nicht auf begrifflichen Tatbestandsmerkmalen wie "Familienwohnsitz" oder "Hausstand". Die - noch dazu nicht zu § 4 Abs. 4 EStG 1988 oder § 16 Abs. 1 EStG 1988 ergangene - Pendlerverordnung hat also überhaupt keinen Bezug zur Abziehbarkeit der in Rede stehenden Aufwendungen dem Grunde nach (vgl. ; vgl. auch Zorn/Engelmann in Doralt/Mayr/Kirchmayr/Zorn, EStG19, § 4 Tz 350 ff; Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21, § 16 Tz 201/5; Zorn, "VwGH: Familienheimfahrten ohne Pendlerverordnung", in RdW 2021, 287).

5. Die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes anerkennt Kosten der doppelten Haushaltsführung auch bei (ledigen) Steuerpflichtigen im elterlichen Haushalt an (vgl. Zorn/Engelmann in Doralt/Mayr/Kirchmayr/Zorn, EStG19, § 4 Tz 351, 352, mit Hinweis auf die VwGH-Rechtsprechung). Bei einem alleinstehenden Steuerpflichtigen kann der Primärwohnsitz am Heimatort vorliegen, wenn er etwa mit den Eltern das elterliche Haus unentgeltlich mitbewohnt (, zu einem unverheirateten Mann, der am Beschäftigungsort ein Fremdenzimmer benützte). Ein Zimmer im Haushalt der Eltern ist somit ausreichend. Allenfalls ist zusätzlich erforderlich, dass der Steuerpflichtige den (elterlichen) Haushalt "mitbestimmt" und somit nicht in einen "fremden" Haushalt eingegliedert ist ().

Über die Qualität des Familienwohnsitzes hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass das Fehlen eines "eigenen Hausstands" im Heimatort kein absolutes Hindernis für die Berücksichtigung der strittigen Aufwendungen ist (nochmals , mit Hinweis auf ). Maßgeblich ist vielmehr der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit einer Wohnsitzverlegung, wobei der Eignung der Wohnmöglichkeit am Beschäftigungsort, dem Wohnbedürfnis Rechnung zu tragen, maßgebliche Bedeutung beigemessen wird (wiederum , mit Verweis auf ; ; ).

Der Familienwohnsitz (Primärwohnung) muss samt Einrichtung den Lebensbedürfnissen des Steuerpflichtigen entsprechen (was auch beim Mitbewohnen der elterlichen Wohnung der Fall ist).

6. Auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen ist für den Streitfall von einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung auszugehen. An ihrem Familienwohnsitz in Gemeinde 2, A-Straße/Top 1, stand der Bf. im Haus ihrer Eltern ein Zimmer zur alleinigen Nutzung zur Verfügung. Sie konnte ihr Zimmer im elterlichen Bauernhaus in den Streitjahren jederzeit nutzen, dieses wurde erst im Sommer 2018 endgültig ausgeräumt. Die übrigen Räumlichkeiten wurden von der Bf. innerhalb eines aus mehreren Familienmitgliedern (Eltern, Geschwister) bestehenden Wohnverbandes mitbewohnt. Die Bf. arbeitete im landwirtschaftlichen Betrieb und Haushalt ihrer Eltern regelmäßig mit, wobei sie Arbeiten wie Heuernte, Stallgehen, Reinigung der Zimmer am Bauernhof usw. verrichtete. Aufgrund ihrer umfangreichen Tätigkeiten im elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb bestimmte sie den Haushalt dementsprechend mit, sie war nicht bloß in einen fremden Haushalt eingegliedert.

In Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit in Niederösterreich bewohnte die Bf. zwei kleine Wohnungen, zunächst eine Dienstwohnung am Ort der Berufsausübung (ca. 16 bis 18 m2) mit einer Gemeinschaftsküche im Internat, sodann eine Garconnière in der Nähe der landwirtschaftlichen Fachschule. Die Anforderungen an den Wohnsitz am Beschäftigungsort sind gering, bereits ein Zimmer in Untermiete kann den Anspruch auf Ersatz der Kosten für doppelte Haushaltsführung vermitteln (, mwN). Die Wohnungen in Niederösterreich waren den beruflichen Bedürfnissen der Bf. entsprechend und keineswegs unangemessen gewählt.

Unbestritten ist weiters, dass der Beschäftigungsort in Niederösterreich so weit vom primären Wohnsitz (Familienwohnsitz) der Bf. in Ort 2 entfernt war, dass ihr eine tägliche Rückkehr nicht zumutbar war: Die Fahrtstrecke beträgt 266 km (bzw. 264 km lt. Bf.), die gesamte Fahrtzeit (mit dem PKW) ca. 3 h 35 min. Die Bf. kehrte an jedem Wochenende mit dem eigenen PKW in das elterliche Bauernhaus zurück.

7. Das Bundesfinanzgericht geht weiters davon aus, dass der Bf. auch die Verlegung des primären Wohnsitzes (Familienwohnsitzes) in eine übliche Entfernung zum Beschäftigungsort nicht zugemutet werden konnte. Die Unzumutbarkeit der Verlegung des primären Wohnsitzes (Familienwohnsitzes) ist gegeben, wenn von vornherein mit Gewissheit anzunehmen ist, dass die auswärtige Tätigkeit mit bis zu vier bis fünf Jahren befristet ist (vgl. ; ; vgl. auch Pülzl, SWK 16/2002, 466). Angesichts einer absehbaren befristeten Entsendung an einen anderen Beschäftigungsort ist es dem (auch alleinstehenden) Steuerpflichtigen nicht zumutbar, den gewählten Familienwohnsitz aufzugeben (). Diese Rechtsansicht wird auch von der Finanzverwaltung vertreten (vgl. LStR 2002 Rz 345).

Im Erkenntnis vom , 88/14/0081, hat der Verwaltungsgerichtshof für den Fall eines Wirtschaftstreuhänder-Berufsanwärters, der in einem Untermietzimmer am Tätigkeitsort wohnte, zu Recht erkannt, dass die zunächst für vier Jahre geplante, aber doch nur vorübergehende Berufsausübung außerhalb des bisherigen Wohnsitzes und die beabsichtigte ständige Berufsausübung nach Beendigung der Ausbildungszeit am Ort des Familienwohnsitzes, für welche bereits Vorbereitungen getroffen worden seien, gegen die Zumutbarkeit der Wohnsitzverlegung sprächen.

Bezogen auf den vorliegenden Beschwerdefall war die Bf. vier Schuljahre hindurch (von September 2014 bis September 2018) an der landwirtschaftlichen Fachschule in Ort 1 als Lehrerin tätig. An dieser Fachschule erhielt sie stets nur auf ein Jahr befristete Dienstverträge, wobei sie sich jedes Frühjahr um eine Weiterverwendung für ein weiteres Schuljahr bemühen musste; das befristete Dienstverhältnis wurde sodann mehrmals um ein weiteres Jahr verlängert. Sie hat sich in dieser Zeit - ihrem glaubhaften Vorbringen zufolge - auch jährlich darum bemüht, eine Stelle in Tirol bzw. einem näher gelegenen Bundesland zu erlangen, um näher an ihrem Familienwohnsitz unterrichten zu können. Eine solche sei jedoch nicht frei gewesen, weshalb es ihr erst ab dem Schuljahr 2018/19 gelungen sei, ihre Tätigkeit als Lehrerin in Tirol auszuüben.

Wie die Bf. auch versicherte, sei ihre Position in Ort 1 ab dem Schuljahr 2015/16 infolge vermehrter Schulzusammenlegungen noch unsicherer geworden. Sie habe jederzeit mit einer Abberufung rechnen müssen, zumal unbefristet angestelltes Lehrpersonal bei diesen Postenbesetzungen bevorzugt worden sei. Eine längerfristige Planung sei aus diesen Gründen nicht möglich gewesen.

8. Wenn dem Arbeitnehmer Mehraufwendungen erwachsen, weil er am Beschäftigungsort wohnen muss und die Verlegung des Familienwohnsitzes in eine übliche Entfernung zum Ort der Erwerbstätigkeit nicht zumutbar ist, sind diese Mehraufwendungen Werbungskosten im Sinn des § 16 Abs. 1 EStG 1988 (vgl. ; ).

Bei einem steuerlich anerkannten Doppelwohnsitz sind Aufwendungen für Familienheimfahrten insoweit abzugsfähig, als sie innerhalb angemessener Zeiträume, also in angemessener Frequenz, erfolgen. Bei einem alleinstehenden Steuerpflichtigen werden, soweit nicht besondere Umstände vorliegen, idR monatliche Heimfahrten anerkannt. Diese Anzahl reicht auch, "um im angemessenen Umfang am Heimatwohnsitz nach dem Rechten zu sehen und das Erforderliche zur Erhaltung und Verwaltung des Objektes beizutragen" (; ; ; ; ). Der Steuerpflichtige muss über einen eigenen Hausstand verfügen, ein Zimmer bei den Eltern reicht jedoch - wie bereits ausführlich dargelegt - aus ().

9. Die Pendlerverordnung ist - soweit hier von Bedeutung - (auch) zu § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 ergangen. Normativer Inhalt des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 ist aber nicht die Anerkennung von Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung (und damit für Familienheimfahrten), sondern einzig die betragsmäßige Beschränkung der Absetzbarkeit der Fahrtkosten für Familienheimfahrten. Die Pendlerverordnung darf nicht über den Regelungsinhalt des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 hinausgehen. (Entsprechend dem Legalitätsprinzip darf die Durchführungsverordnung nur eine bestehende gesetzliche Regelung präzisieren. Der Verordnungsinhalt muss vom Gesetz gedeckt, dh. inhaltlich vorbestimmt sein.)

Wäre aber § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 auf den (ledigen) Steuerpflichtigen mit "Primärwohnung" im elterlichen Haushalt (mangels eines "Familienwohnsitzes" iSd § 4 Abs. 2 zweiter Satz Pendlerverordnung) nicht anwendbar, unterlägen dessen Fahrtkosten keiner Betragsbeschränkung. Systemgerecht ist es allerdings, die Betragsbeschränkung auch in einem solchen Fall zur Anwendung zu bringen. In diesem Sinne betont der Verwaltungsgerichtshof (): "Auch wenn der Verwaltungsgerichtshof Fahrten eines alleinstehenden Steuerpflichtigen zwischen seinem Hauptwohnsitz und der Wohnung am Berufsort als beruflich veranlasst anerkannt hat, findet sich für diese Fahrten in der Rechtsprechung nicht einheitlich die Bezeichnung ,Familienheimfahrten'. Es bestehen aber dennoch keine Zweifel, dass auch für die steuerliche Berücksichtigung dieser Fahrten die Betragsbeschränkung des § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. e EStG idF BGBl. Nr 201/1996 zur Anwendung kommt (siehe Doralt/Kofler, EStG11, § 20 Tz 194/11)."

Der steuerliche Abzug von Kosten für Vorgänge, die als Familienheimfahrten/doppelte Haushaltsführung oder auch anders benannt werden können, gründet sich auf das objektive Nettoprinzip durch die Normierung der allgemeinen Betriebsausgaben und Werbungskosten und hängt nicht an Begrifflichkeiten, wie zB "Familienwohnsitz". Zudem ist es nicht erkennbar, dass die Intention der Pendlerverordnung darin gelegen wäre, bestimmte Lebensformen (Wohngemeinschaften, Mehr-Generationen-Haushalte) gegenüber anderen zu diskriminieren.

Trotz Fehlens eines "Familienwohnsitzes" iSd § 4 Abs. 2 zweiter Satz Pendlerverordnung sind im Streitfall die Fahrtkosten für die im Rahmen der beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung angefallenen Familienheimfahrten abzugsfähig. § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 bewirkt lediglich eine betragsmäßige Beschränkung des Abzuges der Fahrtkosten (siehe Zorn/Engelmann in Doralt/Mayr/Kirchmayr/Zorn, EStG19, § 4 Tz 357; Zorn, "VwGH: Familienheimfahrten ohne Pendlerverordnung", in RdW 2021, 287).

10. Die Kosten der Bf. für (monatliche) Familienheimfahrten sind anzuerkennen. Dem Eventualantrag in der Beschwerde vom folgend bemessen sich diese Kosten mit jährlich 2.217,60 € (2 x 264 km x 10 Monate x 0,42 €/km). Die betragsmäßige Beschränkung des Abzuges der Fahrtkosten gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 kommt somit im Streitfall ohnehin nicht zum Tragen; diese hätte (für zehn Monate/Jahr, begrenzt mit dem höchsten Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988) jährlich 3.060,00 € betragen. Die Aufwendungen für die Unterkünfte in Niederösterreich sind - wie beantragt - mit 1.154,10 € (im Jahr 2015) bzw. jeweils 1.200,00 € (in den Jahren 2016 und 2017) als Werbungskosten anzuerkennen.

Der Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2015 bis 2017 ist gemäß § 279 BAO teilweise Folge zu geben.

Die Berechnung der Einkommensteuer für die Jahre 2015 bis 2017 ist den beiliegenden Berechnungsblättern zu entnehmen, die insoweit einen Bestandteil dieses Erkenntnisses bilden.

VI. Zulässigkeit einer Revision

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Hinblick auf die Anerkennung von Kosten der doppelten Haushaltsführung (und damit Kosten der Familienheimfahrten) bei alleinstehenden Steuerpflichtigen im elterlichen Haushalt konnte sich das Bundesfinanzgericht auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen. Zur Frage allerdings, ob § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 im Geltungsbereich der Pendlerverordnung, BGBl. II Nr. 276/2013 idgF, lediglich eine betragsmäßige Beschränkung des Abzuges der Fahrtkosten für Familienheimfahrten bewirkt oder bei Fehlen eines "Familienwohnsitzes" iSd § 4 Abs. 2 zweiter Satz Pendlerverordnung die Abzugsfähigkeit von Fahrtkosten grundsätzlich ausschließt, fehlt eine höchstgerichtliche Rechtsprechung. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher zulässig.

Innsbruck, am

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