Schwarzlohnzahlungen eines Taxifahrers
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch Richterin Dr. Elisabeth Hafner als Vorsitzende, die Richterin Mag. Melanie Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Reinhard Krassnig und KR Max Stechauner in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes St. Veit Wolfsberg (nunmehr Finanzamt Österreich) vom über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2011 und 2012 sowie betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für die Jahre 2011 und 2012 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Anwesenheit der Schriftführerin Alexandra Dumpelnik zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (Bf.) war in den Jahren 2011 und 2012 als Taxifahrer beim Einzelunternehmen des ***1*** tätig. Er war im Rahmen dieses Dienstverhältnisses geringfügig beschäftigt gemeldet. Zusätzlich bezog der Bf. Pensionseinkünfte. Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2011 in Höhe von 315 Euro festgesetzt. Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2012 in Höhe von 160 Euro festgesetzt. Strittig war, ob der Bf. von seinem Dienstgeber Schwarzlohnzahlungen erhalten hat.
Im Zuge der vom Finanzamt bei ***1*** durchgeführten gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben (in der Folge kurz: GPLA-Prüfung) wurde die Feststellung getroffen, dass neben den offiziellen Lohnzahlungen in den Jahren 2011 und 2012 auch Schwarzlöhne an die Dienstnehmer ausbezahlt worden seien. Daraufhin wurden die für die Jahre 2011 und 2012 von ***1*** übermittelten Lohnzettel des Bf. vom Finanzamt berichtigt.
Aufgrund der berichtigten Lohnzetteldaten nahm die Abgabenbehörde das Verfahren betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2011 und 2012 wieder auf. Mit den Einkommensteuerbescheiden vom wurde für das Jahr 2011 eine Nachforderung in Höhe von 3.180 Euro und für das Jahr 2012 eine Nachforderung in Höhe von 3.403 Euro festgesetzt.
Der Bf. erhob fristgerecht Berufung (nunmehr Beschwerde) gegen die Wiederaufnahme- und die Einkommensteuerbescheide und gab an, die berichtigten Lohnzettel seien vom Finanzamt und nicht vom Arbeitgeber erstellt worden. Die Bescheide seien der Höhe nach unrichtig und würden hinsichtlich der bezogenen Arbeitslöhne nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmen.
Mit den Beschwerdevorentscheidungen vom wies das Finanzamt die Beschwerde ab. Begründend angeführt wurde, aufgrund einer GPLA-Prüfung sei festgestellt worden, dass der Bf. in den Beschwerdejahren bisher nicht bekannte nichtselbständige Einkünfte erzielt habe, woraufhin die Lohnzetteldaten für die Jahre 2011 und 2012 berichtigt wurden. Damit seien der Abgabenbehörde neue Tatsachen bekannt geworden, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigen würden. Die Wiederaufnahme sei unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen (§ 20 BAO) verfügt worden. Im vorliegenden Fall habe das Interesse der Behörde an der Rechtsrichtigkeit der Entscheidung das Interesse auf Rechtsbeständigkeit überwogen und seien die Auswirkungen nicht als geringfügig anzusehen gewesen.
Im Vorlageantrag vom brachte der Bf. vor, es seien keine Lohnauszahlungen durch den Dienstgeber, wie laut Prüfung festgestellt oder beschuldigt worden ist, erfolgt. Er beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat.
Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte die Abweisung als unbegründet.
Mit Vorhalt vom übermittelte das Bundesfinanzgericht dem Bf. den Vorlagebericht des Finanzamts mit der Aufforderung, eine schriftliche Gegendarstellung samt geeigneter Beweismittel für das Beschwerdevorbringen beizubringen. Dieser Aufforderung ist der Bf. mit Schreiben vom nachgekommen. Er gab an, er könne nur wiederholen, dass er exakt jene Beträge ausbezahlt bekommen habe, welche sich aus dem ihm vom Arbeitgeber übermittelten Lohnabrechnungen ergeben habe. Beweismittel wurden nicht vorgelegt.
Aufgrund Pensionierung des bisher zuständigen Richters wurde die gegenständliche Beschwerdesache im Februar 2021 vom Geschäftsverteilungsausschuss der Gerichtsabteilung 5014 zur Erledigung zugeteilt. Am fand vor dem erkennenden Senat eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Bf. und des Vertreters des Finanzamtes statt.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
In den Beschwerdejahren bezog der Bf. neben seinen Pensionseinkünften auch Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus der Tätigkeit als Taxifahrer. Vom Dienstgeber ***1*** wurden Lohnzettel mit folgenden Bruttobezügen aus geringfügige Beschäftigung an die Finanzverwaltung übermittelt:
Kalenderjahr 2011
Bezugsauszahlende Stelle: ***1***
Bruttobezüge: 670 Euro
Bezugszeitraum: 01.01. bis
Kalenderjahr 2012
Bezugsauszahlende Stelle: ***1***
Bruttobezüge: 700 Euro
Bezugszeitraum: 01.01. bis
Die Abgabenbehörde führte im Jahr 2013 Prüfungsmaßnahmen beim Dienstgeber des Bf. durch. Im Zuge dieser Prüfungsmaßnahmen in Verbindung mit finanzstrafrechtlichen Ermittlungen fanden Hausdurchsuchungen statt, bei denen diverse Unterlagen vorgefunden wurden. Auszugsweise wird dazu im GPLA-Bericht vom über das Ergebnis der Außenprüfung bei ***1*** Folgendes festgehalten:
1) Auswertung der im Zuge der Hausdurchsuchung vorgefundenen Unterlagen :
a) Vorgefunden wurden zwei "Kalenderbüchl" mit Eintragungen für den Zeitraum von Jänner 2011 bis Mitte November 2012. Die handschriftlichen Eintragungen, getrennt nach Monaten, stellen sich wie folgt dar:
- Name des Fahrers
- wöchentliche Eintragungen - aufgegliedert in mehreren Teilbeträgen, wobei die höheren Beträge It. Erhebung der GPLA Löhne für ausgeführte Taxifahrten und die geringeren Beträge Provisionen für diverse Fahrten, wie Krankentransporte darstellen.
Diese wöchentlichen Eintragungen decken sich nämlich mit den Angaben auf weiteren Vorgefundenen handschriftlichen Aufzeichnungen, welche von den Taxilenkern geführt wurden. Beispielhaft wird angeführt: ***2*** - Abrechnungen vom Jänner 2011, April 2011, Sep. 2011, Okt. 2011.
Aufgrund dieser Eintragungen im Kalenderbüchl und den Aufzeichnungen, geführt von den Taxilenkern, lässt sich nachvollziehen, dass von den, jeweils von den Taxifahrern kassierten Erlösen, eine "Provision" in Höhe von 35 % bzw. 40 % (***3***) als Lohn von diesen einbehalten und nur der Restbetrag von 65 % bzw. 60 % an den Abgabepflichtigen abgeliefert werden musste.
b) Weiters wurden Aufzeichnungen auf dem Computer des Abgabepflichtigen vorgefunden. Diese Aufzeichnungen, geführt in Form einer Excel-Tabelle, beinhalten folgende Angaben:
- als Überschrift der Tabelle wird angeführt: Nebenkosten und der Name des jeweiligen Taxilenkers - Angabe des Monates mit den wöchentlichen Eintragungen aufgesplittet in die Spalten "Lohn" - "Prov." und "Umsatz"
- zu den jeweiligen betragsmäßigen Eintragungen sind diverse Vermerke über Auszahlungsbeträge, Vorschüsse etc. vorhanden.
Diese Aufzeichnungen decken sich mit jenen, welche in den handschriftlich geführten "Kalenderbüchln" eingetragen sind und sind Indiz dafür, dass die angeführte Abrechnungsweise - Einbehalt von 35 % bzw. 40 % vom kassierten Barumsatz als Lohn - auch für diese Taxilenker zutrifft.
Nachvollziehbare Aufzeichnungen sind beispielsweise vorhanden für ***4*** (Zeitraum 2011 und 2012), ***5*** (Zeitraum 2011 und 2012) sowie ***2*** (April, Mai, Juni und Juli 2012).
c) Weitere Aufzeichnungen - Vordrucke (mit Computer verfasst) mit handschriftlichen Eintragungen der Taxilenker - wurden vorgefunden, die sich wie folgt darstellen:
- Überschrift: Taxi-Enterprise -
Km-Abfahrt -
Km-Ankunft -
KM Gesamt -
DATUM -
Kennzeichen -
Name -
Strecke von bzw. Strecke bis
- KM
- Preis/€
- Sonstiges
Zu diesen Positionen sind handschriftliche Eintragungen von den Taxilenkern vorhanden. Die Summe der einzelnen Eintragungen zur Position "Preis/€" ist handschriftlich auf dem Vordruck vermerkt.
Nach Abschluss der GPLA-Prüfungen wurden die Lohnzettel für die Jahre 2011 und 2012 vom Finanzamt berichtigt.
Vom Prüfer wurden anhand der aufgefundenen Kalenderbüchl und vorgefundenen handschriftlichen Aufzeichnungen des Bf., welcher der einzige Dienstnehmer mit dem Vornamen ***6*** war, folgende Bruttobezüge für den Bf. ermittelt:
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Kalenderjahr 2011 Jänner Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember | 742,00 904,00 682,00 949,00 516,00 468,00 832,00 779,00 916,00 829,00 682,00 1.263,00 | Euro Euro Euro Euro Euro Euro Euro Euro Euro Euro Euro Euro |
Summe | 9.562,00 | Euro |
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Kalenderjahr 2012 Jänner Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November | 1.064,00 937,00 614,00 727,00 760,00 756,00 766,00 1.462,00 787,00 869,00 209,00 | Euro Euro Euro Euro Euro Euro Euro Euro Euro Euro Euro |
Summe | 8.951,00 | Euro |
Es wurden nur Aufzeichnungen bis Mitte November 2012 (= 10,5 Monate) aufgefunden, daher wurden der Betrag von 8.951 Euro auf 12 Monate hochgerechnet (Anm.: 8.951/10,5*12), sodass sich insgesamt Bezüge in der Höhe von 10.229,71 ergaben.
Aufgrund der finanzstrafrechtlichen Ermittlungen wurden gerichtliche Finanzstrafverfahren gegen ***1*** und die ***8***, deren faktischer Machthaber ***1*** war, geführt. Mit Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom ***7*** wurden sowohl ***1*** als auch die ***8*** wegen der Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung verurteilt. Das Gericht stellte dazu in seinen Entscheidungsgründen auszugsweise fest (Seite 6 des Urteils):
Der Erstangeklagte (Anm.: ***1***) entwarf für seine Dienstnehmer ein eigenes Abrechnungsmodell. Er beschäftigte im Deliktszeitraum insgesamt rund 65 Personen, welche überwiegend bloß geringfügig bzw. teilzeitbeschäftigt angemeldet waren. Mit seinen Dienstnehmern vereinbarte er einen besonderen Abrechnungsmodus hinsichtlich ihrer Löhne, nämlich behielten sämtliche Taxifahrer eine Provision von 35 bis 40% pro Tageslosung am Ende der Schicht ein und lieferten nur die Differenz an den Erstangeklagten ab. Durch die einbehaltene Provision erhielten einerseits die Taxifahrer Schwarzlohn und andererseits deklarierte der Erstangeklagte bloß den ihm übergebenen Rest als Barumsatz.
Im Gerichtsverfahren wurden mehrere Taxifahrer als Zeugen einvernommen, unter anderem ***2***, wobei das Gericht seinen Angaben nicht folgen konnte (Seite 13 des Urteils). Das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt ist in Rechtskraft erwachsen.
Aufgrund der berichtigten Lohnzettel wurden die Verfahren betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2011 und 2012 wiederaufgenommen und neue Einkommensteuerbescheide erlassen. In den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden wurden folgende Bruttobezüge angesetzt:
Kalenderjahr 2011
Bezugsauszahlende Stelle: ***1***
Bruttobezüge: 9.562 Euro
Bezugszeitraum: 01.01. bis
Kalenderjahr 2012
Bezugsauszahlende Stelle: ***1***
Bruttobezüge: 10.229,71 Euro
Bezugszeitraum: 01.01. bis
Die Schwarzlohnzahlungen sind dem Bf. nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes in der vom Finanzamt ermittelten Höhe zugeflossen.
Beweiswürdigung
Die Feststellung zu den von ***1*** ursprünglich übermittelten Lohnzetteln, in denen die Bezüge aus geringfügiger Beschäftigung ausgewiesen waren, ergibt sich aus der Einsichtnahme in den elektronischen Veranlagungsakt des Bf. (Abgabeninformationssystem des Bundes).
Abgesehen vom Beschwerdevorbringen, in welchem die Schwarzlohnzahlungen bestritten wurden, ist auf die weitere Einlassung des Bf. in der mündlichen Verhandlung vom zu verweisen. Der Bf. führte aus, er habe erst mit 65 Jahren den Taxiführerschein gemacht. Er habe ***1*** gesagt, er könne nur am Samstag fahren. Welche Aufzeichnungen sein Dienstgeber gemacht habe, wisse er nicht. Diese Aufzeichnungen seien jedenfalls nicht richtig.
Der Bf. gab weiters an, ***1*** habe ihn nicht laufend bezahlt. Er habe immer bitten und betteln müssen, um überhaupt die 600 Euro pro Jahr bzw. 50 Euro pro Monat zu bekommen. Auf die Frage, warum er immer den gleichen Betrag erhalten habe, antwortete der Bf., das erkläre sich daraus, dass er sein Geld immer habe einfordern müssen. Er habe die ihm zustehenden ausständigen Beträge aber auch nicht von den einkassierten Fahrtgeldern einbehalten, sondern diese immer zur Gänze an ***1*** abgeliefert. Weil ***1*** so gebettelt habe, sei er auch bis zum Jahr 2017 weiter für ihn gefahren.
Im vorliegenden Fall ist richtig, dass es keine konkreten Unterlagen gibt, die unzweifelhaft dokumentieren, dass dem Bf. für seine Taxifahrten die vom Finanzamt ermittelten Beträge für die Kalenderjahre 2011 und 2012 zugeflossen sind.
Dennoch gelangte der erkennende Senat zur Auffassung, dass dem Bf. in den Jahren 2011 und 2012 die vom Finanzamt ermittelten Beträge zuzurechnen sind.
Die Angaben des Bf. sind für das Bundesfinanzgericht nicht mit dem tatsächlichen Geschehen in Einklang zu bringen. Wenn der Bf. wie angegeben jeweils am Samstag Taxi gefahren wäre, hätte er bei einem Monatslohn von 50 Euro für jeden Samstag einen Betrag 12,50 Euro erhalten. Auch die Behauptung, er habe trotz ausstehender Lohnzahlungen die gesamten einkassierten Fahrtgelder an seinen Dienstgeber abgeliefert, erscheint dem Senat als nicht lebensnah. Zudem war der Bf. nach Vorschreibung der Einkommensteuernachforderungen weiterhin für ***1*** als Taxifahrer tätig und stellte diese Tätigkeit erst im Jahr 2017 ein.
Die Höhe der dem Bf. vom Finanzamt als Schwarzlöhne zugerechneten Beträge ergibt sich aus den im Akt aufliegenden Unterlagen aus den GPLA-Prüfungen, insbesondere aus den bei der Hausdurchsuchung vorgefundenen Kalenderbüchl sowie den handschriftlichen Aufzeichnungen. In den Kalenderbüchl sind beinahe für jede Woche des Jahres für den Bf. bestimmte Beträge ausgewiesen. Die Beträge im Kalenderbüchl sind - den Zeugenaussagen und den bei den Dienstgebern gefundenen Unterlagen folgend - die Provision der einzelnen Fahrer in Höhe von 35% des jeweiligen Umsatzes.
Diese Auffassung wird auch das im Akt erliegende Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom ***7*** gestützt. Laut diesem Urteil hat es bei ***1*** und der ***8*** das vom Finanzamt festgestellte Abrechnungsmodell gegeben, bei dem Schwarzlohnzahlungen an die insgesamt 65 Dienstnehmer erfolgt sind. Gegenteilige Zeugenaussagen wurden vom Landesgericht als unglaubwürdig beurteilt.
Dem Bundesfinanzgericht wurde vom GPLA-Prüfer am eine Aufstellung sämtlicher Dienstnehmer des ***1*** und der ***8*** und übermittelt. Aus dieser Aufstellung ergibt sich, dass in den Beschwerdejahren nur ein einziger Dienstnehmer mit dem Vornamen ***6*** beschäftigt war. Die bei der Hausdurchsuchung vorgefundenen Beträge im Kalenderbüchl betreffend "***6***" sind daher ohne Zweifel dem Bf. zuzuordnen.
Im Hinblick auf die Beweislage war daher das Vorbringen des Bf., keine Schwarzlohnzahlungen erhalten zu haben, nicht glaubwürdig.
Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Das Finanzamt stützte die Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 Abs. 4 BAO (idF BGBl. Nr. 194/1961 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 97/2002; außer Kraft getreten am ) auf die im Rahmen einer GPLA-Prüfung ***1*** getroffene Feststellung, dass der Bf. in den Jahren 2011 und 2012 Schwarzlohnzahlungen erhalten habe. Aufgrund dieser dem Finanzamt bisher nicht bekannter Schwarzlohnzahlungen wurden berichtigte Lohnzettel für den Bf. erstellt, die im wiederaufgenommenen Verfahren die geänderten Einkommensteuerfestsetzungen ergaben.
Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie gemäß § 184 Abs. 1 BAO diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
Zu schätzen ist gemäß § 184 Abs. 2 BAO insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.
Dem Wesen nach ist die Schätzung ein Beweisverfahren, bei dem der Sachverhalt unter Zuhilfenahme mittelbarer Beweise (indirekte Beweisführung) ermittelt wird. Ziel der Schätzung ist, diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, welche die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben. Jeder Schätzung ist eine gewisse Ungenauigkeit immanent; wer zur Schätzung Anlass gibt und bei der Ermittlung der materiellen Wahrheit nicht entsprechend mitwirkt, muss die mit jeder Schätzung verbundene Ungewissheit hinnehmen.
Die Schätzung des Finanzamtes erfolgte ausgehend von den vorgefundenen Unterlagen, insbesondere den Kalenderbüchl und handschriftlichen Aufzeichnungen. Das Bundesfinanzgericht geht nach diesen Unterlagen und Beweismitteln davon aus, dass dem Bf. in den Kalenderjahren 2011 und 2012 die vom Finanzamt ermittelten Beträge zuzurechnen sind.
Angesichts dessen erweist sich auch die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2011 und 2012 als gerechtfertigt. Gemäß dem (in der nunmehr anzuwendenden Fassung des die Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen regelnden) § 303 Abs. 1 lit. b BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, und die Kenntnis dieser Umstände, allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens, einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Die im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Einkommensteuerbescheide lauten infolge höherer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit anders als die Erstbescheide. Die festgesetzten Einkommensteuernachforderungen basieren auf der neu hervorgekommenen Tatsache, dass der Bf. im Jahr 2011 Bruttobezüge von 9.562 Euro und im Jahr 2012 Bruttobezüge in Höhe von 10.229,71 Euro aus seiner Tätigkeit als Taxifahrer für ***1*** erhalten hat. In den Erstbescheiden waren aufgrund der vom Dienstgeber übermittelten Lohnzettel lediglich Bruttobezüge von 670 Euro für das Jahr 2011 und von 700 Euro für das Jahr 2012 bekannt gegeben worden.
Die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Einkommensteuer erfolgte daher, auch unter Bedachtnahme auf die vom Finanzamt vorgenommene Interessensabwägung, zu Recht.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das Bundesfinanzgericht hat in freier Beweiswürdigung festgestellt, dass dem Bf. die gegenständlichen Schwarzlohnzahlungen zugeflossen sind. Die Frage der Besteuerung ist somit eine auf Beweisen und Indizien gründende Frage des Sachverhaltes und keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.
Klagenfurt am Wörthersee, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.4100303.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
ECLI Nummer:
ECLI:AT:BFG:2021:RV.4100303.2014
Fundstelle(n):
TAAAC-29834