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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 04.02.2022, RV/7105990/2019

Kein Zufluss von Urlaubsvertretungsentschädigungen eines Hausbesorgers

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7105990/2019-RS1
Zugeflossen ist eine Einnahme nach § 19 Abs. 1 EStG 1988 dann, wenn der Empfänger über sie rechtlich und wirtschaftlich bzw tatsächlich verfügen kann (), sich der Zufluss also wirtschaftlich in einer Vermehrung des Vermögens des Steuerpflichtigen auswirkt (). Die Einnahme muss tatsächlich in das Vermögen des Steuerpflichtigen übergegangen sein und muss der Steuerpflichtige über die Einnahme "frei verfügen" können (). Die Verfügungsmöglichkeit muss objektiv und tatsächlich bestehen. Abgestellt wird dabei auf die rechtliche Verfügungsmöglichkeit (Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG18, § 19 Tz 10).

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende Mag. Aloisia Bergauer, die Richterin Mag. Andrea Ebner sowie die fachkundigen Laienrichter Kammerdirektor Ing. Mag. Dr. Martin Jilch und Mag. Ulrike Richter in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch ***1***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 4/5/10 vom betreffend Einkommensteuer 2013, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Anwesenheit der Schriftführerin Petra Rauherz zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer war im Streitjahr 2013 als Hausbesorger tätig und bezog daraus nichtselbstständige Einkünfte.

Entsprechend der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2013 setzte die belangte Behörde die Einkommensteuer 2013 mit Bescheid vom mit einer Gutschrift in Höhe von EUR 1.700,00 fest.

Infolge einer bei ***Y*** durchgeführten "gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben" (im Folgenden kurz: GPLA) der ***2*** wurde der belangten Behörde mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2013 Vertretungshonorare für Hausbesorgertätigkeiten erhalten habe, die nicht der Besteuerung unterworfen worden seien.

Mit Vorhalt vom ersuchte die belangte Behörde den Beschwerdeführer betreffend der im Zeitraum 2013 bis 2017 erhaltenen Vertretungshonorare um Ergänzung, warum diese nicht versteuert worden seien, obwohl sie den Betrag von EUR 730,00 pa überstiegen hätten.

In der Vorhaltbeantwortung vom führte der Beschwerdeführer aus, die Vertretungsgelder nicht erhalten zu haben, sodass - unter Verweis auf die Rechtsprechung des unabhängigen Finanzsenates vom , RV/2703-W/10 - mangels Zufluss keine steuerpflichtigen Einnahmen vorgelegen wären.

Mit Bescheid vom nahm die belangte Behörde das Verfahren betreffend die Einkommensteuer für das Jahr 2013 wieder auf und setzte mit Sachbescheid vom selben Tag die Einkommensteuer 2013 mit EUR 3.841,00 fest, woraus eine Nachforderung von insgesamt EUR 5.541,00 resultierte. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass im Zuge der bei ***Y*** durchgeführten GPLA die Urlaubs- und Krankenvertretungsgelder überprüft worden seien und dabei festgestellt worden sei, dass Dienstnehmer für die Vertretung für Hausbesorgertätigkeiten unversteuertes Entgelt erhalten hätten. Da weder zum Hauseigentümer noch zum Hausbesorger ein Dienstverhältnis begründet worden sei, habe der Beschwerdeführer als Vertreter eines Hausbesorgers Einkünfte iSd § 29 Z 3 EStG 1988 iHv EUR 11.081,71 bezogen.

Gegen den Einkommensteuerbescheid des Jahres 2013 vom richtete sich die verfahrensgegenständliche Beschwerde vom (eingelangt am ), in welcher der Beschwerdeführer unter Verweis auf die Entscheidung des unabhängigen Finanzsenates vom , RV/2703-W/10 auf den fehlenden Zahlungszufluss von Vertretungsgeldern bei Hausbesorgern hinwies. ***Y*** habe ein Formular zur Verfügung gestellt, welches standardmäßig die Formulierung "Betrag erhalten" enthalten habe. Die Wortfolge "erhalten" sei aufgrund von Unwissenheit des Beschwerdeführers nicht gestrichen worden.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab und verwies auf das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV7101206/2012.

Die Ausführungen im dagegen gerichtete Vorlageantrag vom (eingelangt am ) stellten im Wesentlichen eine Wiederholung der Beschwerdeausführungen dar. Zudem sei nach Ansicht des Beschwerdeführers das in der Beschwerdevorentscheidung vom zitierte Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom mit dem Beschwerdefall nicht vergleichbar.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde vom dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vor und beantragte deren Abweisung.

Am fand vor dem Bundesfinanzgericht eine mündliche Verhandlung statt, die am fortgesetzt wurde.

Das Bundesfinanzgericht forderte die vom Beschwerdeführer im Streitzeitraum vertretenen Hausbesorger am zur schriftlichen Zeugenaussage auf.

Mit Beschluss vom erteilte das Bundesfinanzgericht der belangten Behörde einen Ermittlungsauftrag zur Sachverhaltsfeststellung hinsichtlich des von der GPLA im Zuge der Lohnsteuerprüfung ermittelten Sachverhaltes.

Das Bundesfinanzgericht übermittelte den Parteien die eingelangten schriftlichen Stellungnahmen zur Wahrung des Parteiengehörs mit Beschluss vom . Die belangte Behörde replizierte mit Schriftsatz vom .

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer stand im Streitjahr 2013 in einem Dienstverhältnis mit der ***Stadt X*** - ***Y*** und bezog daraus Bruttobezüge aus nichtselbstständiger Arbeit iHv EUR 95.149,15 (Lohnzettel).

Im Zuge einer bei ***Y*** durchgeführten GPLA-Prüfung wurden Urlaubs- und Krankenvertretungsgelder, darunter auch jene des Beschwerdeführers, überprüft (Kontrollmitteilung).

Der Beschwerdeführer hat im Streitjahr 2013 die Urlaubsvertretung für näher bezeichnete Liegenschaftsobjekte für ***A*** (im Folgenden: A) übernommen und hiefür den Erhalt von Urlaubsvertreterentschädigungen unter Verwendung entsprechender Formulare unterzeichnet (unterzeichnete Urlaubsvertreterentschädigungsformulare):


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Datum
Monat
Betrag
04/2013 ( - )
EUR
2.685,20
06/2013 ( - )
EUR
1.342,60
07/2013 ( - )
EUR
1.299,27
Gesamtbetrag im Jahr 2013
EUR
5.327,07

Der Beschwerdeführer hat im Streitjahr 2013 die Urlaubsvertretung (08/2013) sowie Krankenstandsvertretung (07/2013) für näher bezeichnete Liegenschaftsobjekte für ***B*** (im Folgenden: B) übernommen und hiefür den Erhalt von Vertreterentschädigungen unter Verwendung entsprechender Formulare unterzeichnet (unterzeichnete Urlaubs- und Krankenvertreterentschädigungsformulare):


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Datum
Monat
Betrag
07/13 ( - )
EUR
2.455,46
08/2013 ( - )
EUR
3.299,64
Gesamtbetrag im Jahr 2013
EUR
5.755,10

Die Vertretenen A und B haben die Vertretung durch den Beschwerdeführer ***Y*** bekannt gegeben.

Die von ***Y*** bereitgestellten Formulare enthielten die Überschrift "ÜBERNAHME EINER URLAUBSENTSCHÄDIGUNG" bzw "ÜBERNAHME EINER KRANKENSTANDSVERTRETERENTSCHÄDIGUNG", die Personalnummer des Vertretenen, den betreffenden Monat sowie Ort und Datum und waren im Adressfeld an die vertretene Person gerichtet. Daran anschließend lautete es auszugsweise wie folgt:

"Um Überzahlungen Ihrerseits an den/die Vertreter zu vermeiden, erlauben wir uns nachstehend die gesetzlichen Obergrenzen pro Objekt für den Gesamtzeitraum [Ihres Urlaubes/Ihres Krankenstandes, Kuraufenthaltes oder Arbeitsunfalls)] bekannt zu geben:"

Elektronisch seitens ***Y*** vorausgefüllt waren daran anschließend die zu vertretenen Objekte (Objekt 1, Objekt 2 … jeweils mit Zuordnungscode), der für das jeweilige Objekt zustehende Betrag in EUR sowie der Gesamtbetrag aller Objekte in EUR.

Vorgedruckt war weiters die händische Ausfüllmöglichkeit des Vertreters mit Platzhaltern "für Objekt", "für den Zeitraum von […] bis", "Name", "Anschrift", "Betrag in EUR", "vom Hausbesorger/In erhalten" sowie "Unterschrift des Vertreters" zur Bestätigung. Sämtliche dem Gericht vorliegenden streitgegenständlichen Übernahmebestätigungen für Vertreterentschädigungen enthielten die händische Vervollständigung der Daten des Beschwerdeführers inklusive des in EUR als Vertreterentschädigung erhaltenen Betrages sowie die Unterschrift des Beschwerdeführers. Die Wortfolge "vom Hausbesorger/In erhalten" wurde in keiner der gegenständlichen Übernahmebestätigungen gestrichen.

Die vom Beschwerdeführer unterfertigten Formulare wurden von den Vertretenen A und B an ***Y*** retourniert.

Der Beschwerdeführer und die Vertretenen stehen in keinem Angehörigenverhältnis (Niederschrift mündliche Verhandlung vom ); es besteht ein freundschaftliches Verhältnis (Niederschrift mündliche Verhandlung vom ).

Für das Gericht besteht kein Zweifel, dass die Vertreterentschädigungen entsprechend dem betraglichen Ausweis seitens ***Y*** an die Vertretenen ausbezahlt und im Wege der Lohnverrechnung versteuert wurden. Beanstandungen dahingehend erfolgten im Rahmen der bei ***Y*** für die Jahre 2013 bis 2016 durchgeführten Außenprüfung der GPLA nicht (Außenprüfungsbericht vom ). Die Entschädigungen wurden mit dem Gehalt des Vertretungsmonats ausbezahlt (Lohnzettel B; Zeugenaussage ***C***).

A, B und der Beschwerdeführer waren im Streitjahr in der gleichen Wohnanlage beschäftigt. A gibt an, die Urlaubsvertretung des Beschwerdeführers von 9. März bis , von 15. Mai bis sowie vom 8. Juni bis übernommen zu haben; B hat nach seinen Angaben die Urlaubsvertretung für den Beschwerdeführer im Winter 2013 übernommen. Der Beschwerdeführer kümmert sich laut seinen Angaben selbstständig um eine geeignete Vertretung. Eine gegenseitige Vertretungsleistung erfolgt nicht gleichwertig, sondern ausschließlich nach Bedarf und Verfügbarkeit als Freundschaftsdienst. Die von A und B von ***Y*** erhaltenen Kostenersätze der Vertreterentschädigungen des Beschwerdeführers wurden im Streitjahr 2013 nicht an diesen ausbezahlt. Eine Ausbezahlung war zu keinem Zeitpunkt intendiert. Eine Aufrechnung der gegenseitigen Vertretung war explizit nicht gewollt. Vielmehr entspricht es dem Usus, dass gegenseitig auf sämtliche Kostenersatzansprüche verzichtet wird, der Erhalt der Ersatzleistung jedoch jeweils bestätigt wurde, um den Kostenersatz von ***Y*** zu erhalten.

Die Nichtweitergabe an den Vertreter einer der von ***Y*** an den Vertretenen bezahlten Entschädigung wird grundsätzlich disziplinär verfolgt. Der jahrelange unter Hausbesorgern übliche Usus, dass diese sich gegenseitig vertreten, den Erhalt von Vertreterentschädigungen bestätigen, wodurch der Vertreterkostenersatz durch ***Y*** an die Vertretenen erfolgt, obwohl tatsächlich keine Vertretungskosten entstanden sind (und dies auch tatsächlich nicht beabsichtigt war), wird von ***Y*** toleriert.

Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes.

Sowohl A als auch B haben in ihrer schriftlichen Zeugeneinvernahme dem Gericht übereinstimmend mitgeteilt, die Vertretung durch den Beschwerdeführer ***Y*** bekannt gegeben zu haben.

***Y*** übersandte den Vertretenen in der Folge die hinsichtlich des für die Vertretung zustehenden Maximalkostenersatzes vorausgefüllten Vertreterformulare, welche nach Ausfüllen der Vertretungsdaten sowie Bestätigung des Erhalts der Vertreterentschädigung binnen einem Monat dem Verrechnungsreferat zu retournieren waren. Wie sich aus dem Verwaltungsakt ergibt, wurden die gegenständlichen Vertreterformulare mit den händisch ausgefüllten Daten des Beschwerdeführers sowie dem Vertretungszeitraum und -objekt vom Beschwerdeführer unterfertigt an ***Y*** übermittelt. Diese Vorgehensweise bestätigte sich nach den Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vom . Nur so konnte auch die GPLA im Rahmen der Außenprüfung und in weiterer Folge die belangte Behörde durch Kontrollmitteilung Kenntnis der betreffenden Vertreterentschädigungen erlangen.

Entsprechend der telefonischen Auskunft der GPLA-Prüfer vom , bestätigt durch die schriftliche Stellungnahme vom sowie die dahingehend übereinstimmenden schriftlichen Zeugenaussagen von A vom und B vom und übermittelten Unterlagen, geht das Gericht davon aus, dass entsprechend den gesetzlichen Vorgaben ***Y*** den Kostenersatz für die Vertretung an die jeweiligen Vertretenen A und B im Rahmen der Gehaltszahlungen ausbezahlt hat. Eine direkte Auszahlung der Vertreterentschädigung an den Beschwerdeführer von ***Y*** ist somit jedenfalls nicht erfolgt. Die an A und B ausbezahlten Kostenersätze wurden nach übereinstimmender Auskunft von A, B, den GPLA-Prüfern sowie auch nach den übermittelten Unterlagen der Besteuerung unterzogen. Die Ausführungen in der Stellungnahme der belangten Behörde vom sind für das Bundesfinanzgericht insofern nicht nachvollziehbar, wenn sie behauptet, "die Übernahme des Vertreterentgeltes vom ***Stadt X*** wurde hingegen mit genauem Vertretungszeitraum und Betrag und Datum der Übernahme des Geldbetrages vom Berufungswerber schriftlich bestätigt", als - entgegen der Behauptungen der belangten Behörde - im Gehaltszettel 08/2013 des B ersichtlich ist, dass die Vertretenen und nicht der Beschwerdeführer den Kostenersatz von ***Y*** erhalten haben. Inwieweit die an A und B von ***Y*** ausbezahlten Vertretungskostenersätze tatsächlich lohnversteuert wurden, ist nicht verfahrensgegenständlich. Die belangte Behörde, die ihrerseits jegliche Ermittlungen unterlassen hat, ist jedoch in diesem Zusammenhang auf die Stellungnahme der betreffenden GPLA-Prüfer vom , auf den Außenprüfungsbericht vom , wie auch auf die betreffenden Gehaltszettel zu verweisen.

Strittig kann somit im beschwerdegegenständlichen Verfahren nur sein, ob - entsprechend der unterfertigten Vertreterentschädigungsformulare - tatsächlich eine Entschädigungszahlung von den Vertretenen A und B an den Beschwerdeführer erfolgt ist. Sowohl A als auch B geben glaubhaft an, dem Beschwerdeführer keine Entschädigung für die gegenständliche Vertretungstätigkeit ausbezahlt zu haben und im Gegenzug die Urlaubsvertretung des Beschwerdeführers übernommen zu haben. Diese Aussagen erscheinen vor allem vor dem Hintergrund stimmig, dass weder A noch B entsprechend ihren Angaben sowie das Streitjahr betreffenden Steuerbescheiden Werbungskosten für angefallene Vertretungskosten geltend gemacht haben. Ebenso wenig sind den in der mündlichen Verhandlung vom vorgelegten das Streitjahr 2013 betreffenden Kontoumsätzen des Beschwerdeführers Zahlungseingänge von A, B oder zeitraumbezogene Bareingänge in entsprechender Höhe zu entnehmen. Entgegen der aktenkundigen unterfertigten Bestätigungen über die Ausbezahlung von Urlaubsvertreterentschädigungen, geht das Bundesfinanzgericht im Lichte der Beweislage davon aus, dass tatsächlich keine Ausbezahlung der betreffenden Urlaubsvertreterentschädigungen im Streitjahr 2013 an den Beschwerdeführer erfolgt ist und eine Ausbezahlung von vornherein auch nicht gewollt war. Vielmehr hat der Beschwerdeführer auch jene ihm von ***Y*** überwiesenen (und lohnversteuerten) Kostenersätze für die Vertreterentschädigungen von A und B ebenfalls einbehalten und nicht an diese weitergegeben. Diese Vorgehensweise wurde auch von ***Y*** im Rahmen der mündlichen Verhandlung am bestätigt. Demnach war es bekannter Usus unter Hausbesorgern, dass sich diese gegenseitig vertreten, den Erhalt der Vertreterentschädigung bestätigen, diese jedoch nicht erhalten. Da die Dienstleistungen tatsächlich erbracht und im Rahmen der Lohnverrechnung auch besteuert werden, wird diese Vorgehensweise nach Auskunft von ***Y*** toleriert.

Der Beschwerdeführer gibt an, die Vertretungsleistungen unentgeltlich erbracht und zu keinem Zeitpunkt eine gegenseitige Aufrechnung gewollt zu haben. Es habe sich um reine Freundschaftsdienste gehandelt. Im konkreten Einzelfall erscheint diese Aussage dem Gericht als glaubhaft. A, B und der Beschwerdeführer waren in der gleichen Wohnanlage tätig. Sie standen somit im ständigen freundschaftlichen Kontakt und für die Erbringung der Vertretungsleistung war keine zusätzliche Anfahrt oder dergleichen von Nöten. Der Beschwerdeführer bringt glaubhaft vor, den Erhalt von Vertreterentschädigungen für einen über einen Zeitraum von zwei Jahren an Krebs erkrankten Kollegen unterfertigt zu haben und zu keinem Zeitpunkt einen Ersatz - weder monetär noch im Form einer gegenseitigen Vertretung - eingefordert zu haben. Dies zeigt sich auch in der tageweisen Durchrechnung von Vertretungszeiträume etwa von A und dem Beschwerdeführer im Streitjahr 2013. Auch im Bereich anderer Arbeitsverhältnisse ist es nicht lebensfremd, dass gegenseitige Urlaubs- und Krankenvertretungen auf freundschaftlicher Basis (oder auch durch Anordnung des Dienstgebers) geleistet werden, wodurch es zur Mehrarbeit kommt, für die kein Ersatzanspruch geltend gemacht wird (oder werden kann). Im konkreten Einzelfall hat der Beschwerdeführer dem Gericht glaubhaft dargelegt, dass zwischen ihm, A und B im Streitjahr 2013 ein freundschaftliches Verhältnis bestand, sodass vor dem Hintergrund des unter Hausbesorgern gelebten Usus tatsächlich ein gegenseitiger Verzicht auf den Kostenersatz gewollt war und es keinesfalls zu einer Aufrechnung hätte kommen sollen.

Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse durfte das Bundesfinanzgericht daher in freier Beweiswürdigung von den obigen Sachverhaltsfeststellungen ausgehen.

Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Gemäß § 19 Abs 2 EStG 1988, BGBl 1988/400 in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung BGBl I 2011/112, sind Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.

§ 7 Hausbesorgergesetz, BGBl 1970/16 idF BGBl I 2010/111, lautet wie folgt:

"Entgelt

§ 7. (1) Der Hauseigentümer hat an den Hausbesorger für die nach den §§ 3 und 4 Abs. 1 zu erbringenden Dienstleistungen ein angemessenes Entgelt monatlich im nachhinein zu leisten.

(2) Ferner gebührt dem Hausbesorger ein Urlaubszuschuß in der Höhe des für den Monat Mai gebührenden Entgelts und eine Weihnachtsremuneration in der Höhe des für den Monat November gebührenden Entgelts. Der Urlaubszuschuß ist bei Antritt des Urlaubes, spätestens jedoch bis zum 30. Juni, die Weihnachtsremuneration spätestens bis zum 30. November eines jeden Jahres auszuzahlen. Beginnt oder endet das Dienstverhältnis während des Kalenderjahres, so gebühren dem Hausbesorger Urlaubszuschuß und Weihnachtsremuneration, entsprechend der in diesem Kalenderjahr zurückgelegten Dienstzeit, anteilsmäßig.

(3) Dem Hausbesorger ist eine Abrechnung, aus der die Berechnung und Höhe des monatlichen Bruttoentgeltes sowie die Abzüge zu ersehen sind, insbesondere dann auszuhändigen, wenn sich die Höhe des Brutto- oder Nettoentgelts ändert.

(4) Das Bundeseinigungsamt hat auf Antrag einer kollektivvertragsfähigen Körperschaft der Arbeitnehmer durch Mindestlohntarif die Höhe des Entgeltes gemäß Abs. 1 für die Dienstleistungen gemäß den §§ 3 und 4 Abs. 1 unter vergleichsweiser Heranziehung kollektivvertraglicher Lohnbestimmungen für im wesentlichen gleichartige Arbeitsverrichtungen zu regeln.

(5) In diesem Mindestlohntarif ist festzusetzen, welche Beträge (Entgeltanteile) zu bezahlen sind:

a) für Wohnungen und

b) für andere Räumlichkeiten

c) für das Reinigen der Gehsteige und deren Bestreuung bei Glatteis nach § 4 Abs. 1 Z 1 lit. e.

(6) Die Entgeltanteile für Wohnungen und für andere Räumlichkeiten sind nach deren Nutzflächenausmaß, der Entgeltanteil für das Reinigen der Gehsteige und deren Bestreuung bei Glatteis pro m2 der zu reinigenden Flächen, in monatlich gleicher Höhe festzusetzen."

§ 15 Hausbesorgergesetz, BGBl 1970/16 idF BGBl I 1983/81, lautet wie folgt:

"Urlaub

§ 15. (1) Dem Hausbesorger gebührt in jedem Dienstjahr ein ununterbrochener Urlaub, auf den die Vorschriften des Artikels I Abschnitt 1 des Bundesgesetzes vom betreffend die Vereinheitlichung des Urlaubsrechtes und die Einführung einer Pflegefreistellung, BGBl. Nr. 390, mit der Maßgabe anzuwenden sind, daß an Stelle des Urlaubsausmaßes von 30 Werktagen ein Urlaubsausmaß von 35 Kalendertagen und an Stelle des Urlaubsausmaßes von 36 Werktagen ein Urlaubsausmaß von 42 Kalendertagen tritt.

(2) Während des Urlaubes behält der Hausbesorger den Anspruch auf das gesamte Entgelt (§§ 7, 12 und 13)."

§ 17 Hausbesorgergesetz, BGBl 1970/16 idF BGBl I 2010/111, lautet wie folgt:

"Vertretung

§ 17. (1) Ist der Hausbesorger verhindert, seinen Obliegenheiten nachzukommen, so hat er auf seine Kosten für eine Vertretung durch eine andere geeignete Person zu sorgen. Dies gilt solange nicht, als der Hausbesorger infolge einer plötzlich auftretenden Dienstverhinderung durch Krankheit oder Unfall dieser Pflicht nicht nachzukommen vermag; hiedurch wird jedoch eine besondere Pflicht des Hauseigentümers, für einen solchen Fall im voraus vorzusorgen, nicht begründet.

(2) In den Fällen der Dienstverhinderung wegen Krankheit oder Unfall (§ 14), des Urlaubes (§ 15) und der Bildungsfreistellung gemäß § 118 ArbVG hat der Hauseigentümer dem Hausbesorger die Kosten für die Vertretung bis zum Höchstausmaß des dem Hausbesorger sonst für diesen Zeitraum gebührenden durchschnittlichen Monatsbruttoentgelts zu ersetzen.

(3) Für die Dauer der Beschäftigungsverbote gemäß §§ 3 bis 5 Abs. 1 MSchG und der Karenz nach dem MSchG oder VKG, der Freistellung nach § 117 ArbVG und der erweiterten Bildungsfreistellung nach § 119 ArbVG hat der Hauseigentümer auf seine Kosten für eine Vertretung zu sorgen. Der Anspruch des Hausbesorgers auf Beibehaltung der Dienstwohnung bleibt unberührt. Vereinbarungen mit dem Hausbesorger über Tätigkeiten, die mit der Dienstwohnung in unmittelbarem Zusammenhang stehen, sind für Zeiten des Karenzurlaubes, der Freistellung nach § 117 ArbVG und der erweiterten Bildungsfreistellung nach § 119 ArbVG zulässig."

Gemäß § 7 Hausbesorgergesetz besteht für die Tätigkeit als Hausbesorger ein Entgeltanspruch. Zudem hat ein Hausbesorger nach § 15 Hausbesorgergesetz einen Urlaubsanspruch unter Fortzahlung des Entgelts. Bei Inanspruchnahme des Urlaubs, hat ein Hausbesorger auf seine Kosten für die Vertretung durch eine andere geeignete Person zu sorgen (§ 17 Abs. 1 leg cit), wobei dem Hausbesorger die Kosten für die Vertretung vom Hauseigentümer zu ersetzen sind (§ 17 Abs 2. leg cit). Der Beschwerdeführer hatte daher in jedem Fall einen Anspruch auf entgeltliche Vergütung seiner Vertretungstätigkeit.

Der Beschwerdeführer bestreitet in der Beschwerde vom sowie im Vorlageantrag vom den Zufluss der Einnahmen lediglich mit dem Verweis auf eine Entscheidung des unabhängigen Finanzsenates vom , RV/2703/-W/10. Dieser Entscheidung lag ein Sachverhalt der Hausbesorgervertretung zwischen nahen Angehörigen zugrunde, bei dem die Entschädigungszahlung an die Vertreterin nicht durch die Hausverwaltung direkt vorgenommen worden war. Damit unterscheidet sich dieser Sachverhalt in den entscheidenden Punkten vom Beschwerdegegenständlichen, sodass aus dem bloßen Verweis auf die Entscheidung des unabhängigen Finanzsenates hinsichtlich des Erhalts der Vertretungsentschädigungen nichts gewonnen werden kann.

Mit Unterfertigung der Vertreterentschädigungsformulare hat der Beschwerdeführer - entsprechend dem vorherrschenden Usus - bestätigt, eine Entschädigung für die Vertretungsleistung von A und B erhalten zu haben, wodurch der Kostenersatz durch ***Y*** an A und B rechtlich gerechtfertigt wurde. Wären A und B nämlich tatsächlich keine Vertretungskosten entstanden, hätte dies auch keinen Kostenersatz seitens ***Y*** zur Folge gehabt. Wie das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung festgestellt hat, wurden von A und B tatsächlich keine Vertreterentschädigungen an den Beschwerdeführer im Streitjahr 2013 ausbezahlt. Ein Werbungskostenabzug für Vertretungskosten wurde dementsprechend weder von A, B noch vom Beschwerdeführer geltend gemacht. Eine tatsächliche Ausbezahlung der Entschädigungen war streitgegenständlich auch zu keinem Zeitpunkt intendiert.

Zugeflossen ist eine Einnahme nach § 19 Abs. 1 EStG 1988 dann, wenn der Empfänger über sie rechtlich und wirtschaftlich bzw tatsächlich verfügen kann (), sich der Zufluss also wirtschaftlich in einer Vermehrung des Vermögens des Steuerpflichtigen auswirkt (). Die Einnahme muss tatsächlich in das Vermögen des Steuerpflichtigen übergegangen sein und muss der Steuerpflichtige über die Einnahme "frei verfügen" können (). Die Verfügungsmöglichkeit muss objektiv und tatsächlich bestehen. Abgestellt wird dabei auf die rechtliche Verfügungsmöglichkeit (Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG18, § 19 Tz 10).

Keinen Zufluss begründet ein bloß obligatorischer Anspruch; maßgebend ist die Geldbewegung. Wird jedoch eine Forderung mit einer Gegenforderung verrechnet, gilt der Forderungsbetrag mit der Gutschrift als zugeflossen (Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG18, § 19 Tz 20). Voraussetzung für eine Aufrechnung ist jedoch die zivilrechtliche Wirksamkeit einer solchen. Im Beschwerdefall war nach dem im freier Beweiswürdigung festgestellten Sachverhalt aber gerade eine solche nicht intendiert. Vielmehr war entgegen des Grundsatzes, dass sich Fremde nichts zu schenken pflegen, ein freundschaftlicher Verzicht auf die Ausbezahlung (trotz Bestätigung des Erhalts der Vertreterentschädigung) Usus unter den Hausbesorgern. Ein Verzicht - wie im Beschwerdefall - ohne jegliche Verwendungswidmung begründet jedoch keinen Zufluss (Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG18, § 19 Tz 30).

Vor dem Hintergrund der rechtlichen Ausführungen geht das Bundesfinanzgericht entsprechend der in freier Beweiswürdigung getroffenen Sachverhaltsfeststellungen davon aus, dass dem Beschwerdeführer weder von A noch von B im Streitjahr 2013 Vertreterentschädigungen ausbezahlt wurden, über die er rechtlich und wirtschaftlich verfügen hätte können. Der bloße Umstand, dass der Beschwerdeführer den Erhalt der Zahlungen mit Unterschrift bestätigt hat, ist - entgegen der Ansicht des Finanzamts - für die steuerliche Beurteilung nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt nicht maßgebend. Im Jahr 2013 ist folglich kein Zufluss der streitgegenständlichen Vertreterentschädigungen beim Beschwerdeführer erfolgt, der einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen gewesen wäre.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes weicht nicht vom klaren Wortlaut des § 19 EStG ab und steht im Einklang mit der dazu vom Verwaltungsgerichtshof ergangenen Judikatur. Darüber hinaus waren die in freier Beweiswürdigung vorgenommenen Feststellungen des maßgeblichen Sachverhaltes entscheidungswesentlich (vgl zB ). Die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nach Art 133 Abs. 4 B-VG liegen somit nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 117 ArbVG, Arbeitsverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 22/1974
§ 119 ArbVG, Arbeitsverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 22/1974
VKG, Väter-Karenzgesetz, BGBl. Nr. 651/1989
§ 17a VfGG, Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, BGBl. Nr. 85/1953
§ 24a VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
§ 19 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
MSchG, Mutterschutzgesetz 1979, BGBl. Nr. 221/1979
§ 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 29 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 19 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 7 Hausbesorgergesetz, BGBl. Nr. 16/1970
§ 15 Hausbesorgergesetz, BGBl. Nr. 16/1970
Urlaubsgesetz, BGBl. Nr. 390/1976
§ 17 Hausbesorgergesetz, BGBl. Nr. 16/1970
§ 118 ArbVG, Arbeitsverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 22/1974
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7105990.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at