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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.02.2022, RV/7101790/2020

Doppelte Haushaltsführung: Eigenbewirtschaftete Landwirtschaft ist alleine nicht ausreichend für die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK


Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterR in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerden vom bzw. gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom bzw. betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für die Jahre 2017 und 2018, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

***Bf1*** (Beschwerdeführer, i.d.F. Bf.) erzielte in den Jahren 2017 und 2018 Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit als Installateur.
In den Erklärungen zur ArbeitnehmerInnenveranlagung dieser Jahre beantragte er die Berücksichtigung von Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten nach Polen.

In den Einkommensteuerbescheiden für 2017 vom bzw. für 2018 vom wurden lediglich Pauschbeträge für Werbungskosten berücksichtigt.
In der Begründung für den Bescheid des Jahres 2017 wurde als Voraussetzung für die Anerkennung derartiger Werbungskosten angeführt, dass bei verheirateten Personen für den Fall, dass eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung nicht vorliege, ein Zeitraum von zwei Jahren als angemessen angesehen würde und danach eine Wohnsitzverlegung zugemutet werden könne. Da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen würden und daher von einer Zumutbarkeit auszugehen sei, könnten die geltend gemachten Aufwendungen nicht als Werbungskosten Berücksichtigung finden.

Gegen diese Bescheide erhob der Bf. mit Eingaben vom bzw. Beschwerde.
Die Voraussetzungen für eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung auf Dauer würden vorliegen, da seine Ehefrau, X am Ort des Familienwohnsitzes in Polen (32-10 Adr) eine kleine Landwirtschaft (wo man ein Eigenheim mit kleinem Grundstück besitze) führe und auch ein Schulkind dort leben würde.
Dem Bf. könnten aufgrund der Entfernung zu seinem Familienwohnsitz tägliche Fahrten dorthin nicht zugemutet werden.
Es werde die Berücksichtigung von Aufwendungen für 36 Familienheimfahrten (einfache Fahrtstrecke 470 km) i.H.v. € 3.672,- (2017, 2018) sowie für die doppelte Haushaltsführung (Wohnungs- und Garagierungskosten, Energiekosten) i.H.v. € 4.743,09 (2017) bzw. € 3.963,41 (2017) beantragt.
Beigelegt wurde der Beschwerde für 2017 eine beglaubigte Übersetzung einer Bescheinigung, wonach X im Beschwerdezeitraum der Sozialversicherungspflicht der Landwirte unterlag.
In der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 wurden ergänzend ausgeführt, dass aufgrund der aufgezeigten Umstände eine Verlegung des Familienwohnsitzes aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar gewesen sei.
Zudem wurden folgende Unterlagen vorgelegt:
- Eine Bescheinigung der Kasse der Landwirtschaftlichen Sozialversicherung der Regionalabteilung V vom , wonach X im beschwerdegegenständlichen Zeitraum pflichtversichert war (samt Übersetzung);
- Eine Bescheinigung der Gemeindeverwaltung Adr 3, ausgestellt auf Ersuchen von X, wohnhaft in Adr 1 vom , wonach sich auf dem Grundstück Nr. 420/4 im Dorf Adr 2, Gemeinde Adr 3 an der Wohnadresse der Antragstellerin ein Wohnhaus befindet (samt Übersetzung).
Auf weitere im Familienbeihilfenakt befindliche Unterlagen wurde verwiesen.

Mit Ersuchen um Ergänzung, Schreiben vom wurde der Bf. (hinsichtlich der Beschwerde für 2017) um Vorlage der Belege (Fahrscheine, Fahrtenbuch, Zulassungsschein, Zahlungsbelege für die Miete…) sowie einer Aufstellung samt Erläuterung seiner beantragten Aufwendungen ersucht. Für die Ehegattin sei ein Einkommensnachweis (Formular E 9) sowie eine Bestätigung des Arbeitgebers über allfällige Zuschüsse für Familienheimfahrten bzw. Trennungsgelder vorzulegen.

In Entsprechung des Ersuchschreibens erläuterte der Bf. mit Antwortschreiben vom , dass er niemals ein Fahrtenbuch geführt habe und legte folgende Unterlagen vor:
- einen auf ihn lautenden Zulassungsschein (poln. Kennzeichen Kz, Audi A6);
- einen Mietvertrag über das Objekt Adr-Ö, Top 19 mit einer Wohnnutzfläche von 20m2, Mietzins mtl. € 140,-;
- Zahlungsbelege betreffend Miet-, Garagierungs- und Energiekosten;
- einen Landpachtvertrag über die Überlassung eines Bauernhofs an der Adresse Polen, Adr 4 vom für die Dauer von 10 Jahren (samt Übersetzung) an die Gattin des Bf., X;
- eine Abschrift des Kreisstandsratsamtes V vom aus dem Flurbuch, wonach der Bf. sowie seine Gattin als Gütergemeinschaft ein Grundstück Nr. 420/4 mit der Gesamtgröße von 0,15ha an der Adresse Adr 1 besitzen. Als Bodenklasse wird Ackerland angeführt. (samt Übersetzung).
- Eine als Beilage zur Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 vorgelegte Bescheinigung vom , wonach an der Adresse Adr 1 ein Wohnhaus steht.
- Eine Bescheinigung EU (E 9) betreffend X für das Jahr 2017, wonach sie in Polen keine Einkünfte, die der Besteuerung unterliegen, erzielt hat.
- Eine Bestätigung des Arbeitgebers des Bf., wonach dieser im Jahr 2017 keine Ersätze für Heimfahrtskosten bzw. Trennungsgelder oder sonstige Zuschüsse erhalten hat.

Die Beschwerden wurden mit Beschwerdevorentscheidungen vom (betreffend 2017) bzw. (betreffend 2018) als unbegründet zurückgewiesen.
Nach Darlegung der Erfordernisse für die Anerkennung von Aufwendungen für einen doppelten Wohnsitz sowie Familienheimfahrten erläutert die Behörde in den (gleichlautenden) Begründungen, dass die Ehegattin kein Einkommen erziele und die Kinder bereits erwachsen seien. Aus den Unterlagen für die gepachtete Landwirtschaft gehe hervor, dass sie für den Zeitraum von 10 Jahren gepachtet worden seien, aber noch keine Einkünfte daraus resultieren würden. Die vom Bf. seit Jahren geltend gemachten Kosten seien aufgrund der vorgelegten Unterlagen nicht mehr als beruflich veranlasst anzusehen. Eine Wohnsitzverlegung sei zumutbar.

Mit Eingaben vom (für 2017) bzw. (für 2018) brachte der Bf. einen Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde 2. Instanz ein.
Wiederholend verwies er darauf, dass eine Verlegung des Familienwohnsitzes aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar gewesen sei, da seine Ehegattin seit der Sozialversicherung der Landwirte Polens unterliege, immer selbstständig erwerbstätig und wirtschaftlich mit Polen verbunden gewesen sei.
Zudem führe seine Gattin einen Haushalt mit einem Kind in Schulausbildung, was eine zusätzliche Beschäftigung von mehr als 20 Wochenstunden bedeute.

Mit Ersuchschreiben der Behörde vom (betreffend der Beschwerde für das Jahr 2018) wurde der Bf. aufgefordert, folgende Unterlagen vorzulegen:
- Meldebestätigung des Bf. sowie seiner Familien in Polen;
- Einkommensnachweis der Gattin (E 9);
- belegmäßiger Nachweis der entstandenen Kosten im Zusammenhang mit der Wohnung am Beschäftigungsort;
- belegmäßiger Nachweis der Kosten im Zusammenhang mit den Familienheimfahrten (Fahrtenbuch, Treibstoffrechnungen, Nachweis über zurückgelegte Kilometer, Name der mitbeförderten Personen, allfällige Vergütungen durch den Arbeitgeber).

In Entsprechung des Vorhalts legte der Bf. folgende Unterlagen (Eingang ) vor:
- Eine Bescheinigung der Pflichtversicherung der Gattin bei der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (siehe oben, Beilage zur Beschwerde) vom ;
- Eine Bescheinigung vom über das Vorhandensein eines Einfamilienhauses an der Adresse Adr 1 (siehe oben, Beilage zur Beschwerde);
- Eine Abschrift des Kreislandsratsamtes V vom aus dem Flurbuch (siehe oben, Beilage zur Vorhaltsbeantwortung vom );
- Eine Bescheinigung EU (E 9), wonach die Gattin des Bf. im Jahr 2018 keine in Polen der Besteuerung unterliegenden Einkünfte erzielt hat;
- Belege betreffend Miet-/Garagierungs- und Energiekosten,
- Zulassungsschein Kfz;
- Personalausweis des Bf.;
- Bestätigung des Arbeitgebers vom , wonach der Bf. im Jahr 2017 vom Arbeitgeber keine Ersätze für Heimfahrtkosten, Trennungsgelder oder sonstige Zuschüsse für die Wohnung erhalten hat.
Hinsichtlich der Fahrtkosten erläuterte der Bf., dass er kein Fahrtenbuch führe und Tankbelege erst später nachgereicht werden könnten.

Mit einem Nachtrag zum Vorhalt vom (Eingang am ) legte der Bf. eine weitere, im Wesentlichen gleichlautende Bestätigung seines Arbeitgebers für das Jahr 2018, wonach ihm keine Zuschüsse gewährt worden waren, vor.

Aus dem Beihilfenakt des Bf. geht hervor, dass er für seine Tochter Y, geb. in den fraglichen Jahren Familienbeihilfe (Differenzzahlungen) bezog.
Es liegt eine Meldebescheinigung für den Hauptwohnsitz der Gemeindeverwaltung Adr 3 vom vor, wonach an der Adresse Adr 1 der Bf., seine Gattin, sowie die Kinder Y geb. und Z geb. gemeldet waren.
Dem Antrag auf Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe für 2016 liegt ein Refeprüfungszeugnis von Y vom bei.
Y begann in der Folge am ein Anglistikstudium, Dauer lt. Bestätigung der D Universitäti, Krakau, bis .

Der Vorlagebericht über die Beschwerden wurde am dem Bundesfinanzgericht vorgelegt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:


rechtliche Grundlagen:
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden, was nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit a leg.cit. auch die Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung betrifft, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 dürfen Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten), soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs)tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d angeführten Betrag übersteigen, bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden.

Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zu Grunde gelegt:
- Der Bf. war im Beschwerdezeitraum für die AG (und laut Sozialversicherungsabfrage für diese Gesellschaft seit ) tätig.
- Der Bf. ist laut Abfrage im Zentralen Melderegister seit in Österreich durchgehend hauptgemeldet und hat seinen derzeitigen Wohnsitz in Adr-Ö1 seit inne.
- Der Bf. ist in Polen an der Adresse Adr 1 gemeinsam mit seiner Gattin und seiner Tochter Y gemeldet.
- Der Bf. bezog für die Jahre 2017 und 2018 für seine Tochter Familienbeihilfe.

Doppelte Haushaltsführung
Strittig ist die Frage, ob in den Jahren Jahr 2017 und 2018 Gründe vorgelegen sind, die eine Verlegung des Wohnsitzes vom Familienwohnsitz des Bf. in eine "übliche Entfernung" vom Arbeitsort Wien unzumutbar machten.

Von einer doppelten Haushaltsführung wird gesprochen, wenn aus beruflichen Gründen zwei Wohnsitze geführt werden, und zwar einer am Familienwohnort (Familienwohnsitz) und einer am Beschäftigungsort (Berufswohnsitz). Wenn dem Steuerpflichtigen Mehraufwendungen erwachsen, weil er am Beschäftigungsort wohnen muss und die Verlegung des (Familien)wohnsitzes in eine übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann, sind diese Mehraufwendungen Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 EStG 1988.

Eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung lässt die Verlegung des Familienwohnsitzes auf längere Sicht unzumutbar erscheinen. Dabei gilt allgemein, dass die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst ist, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen.

Diese Aufwendungen gelten so lange als durch die Erwerbstätigkeit veranlasst, als dem Erwerbstätigen eine Wohnsitzverlegung in üblicher Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann. Dies bedeutet aber nicht, dass zwischen den für eine solche Unzumutbarkeit sprechenden Gründen und der Erwerbstätigkeit ein ursächlicher Zusammenhang bestehen muss. Die Unzumutbarkeit kann ihre Ursachen sowohl in der privaten Lebensführung als auch in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen oder in der Erwerbstätigkeit seines (Ehe)Partners haben. Die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen.

Der Bf. beantragt Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung sowie für Familienheimfahrten und begründet die nach seiner Ansicht nach vorliegende Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung wie folgt:
1. - seine Gattin betreibt eine kleine Landwirtschaft in Polen;
2. - am Familienwohnsitz lebt ein Kind, das noch in Schulausbildung ist;
3. - die Verlegung des Wohnsitzes ist aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar, weil die Gattin der Sozialversicherung unterliegt, immer selbstständig erwerbstätig und deshalb Polen wirtschaftlich verbunden war.

In seinem Erkenntnis vom , Zl. 2003/13/0154 führt der VwGH an:
,Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, ist es Sache desjenigen Steuerpflichtigen, der die - grundsätzlich nie durch die Erwerbstätigkeit veranlasste - Beibehaltung des in unüblicher Entfernung vom Beschäftigungsort gelegenen Familienwohnsitzes als beruflich veranlasst geltend macht, der Abgabenbehörde die Gründe zu nennen, aus denen er die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung als unzumutbar ansieht, ohne dass die Abgabenbehörde in einem solchen Fall verhalten ist, nach dem Vorliegen auch noch anderer als der vom Steuerpflichtigen angegebenen Gründe für die behauptete Unzumutbarkeit zu suchen (siehe das hg. Erkenntnis vom , 97/15/0137, Slg. NF Nr. 7.390/F). Die berufliche Veranlassung von Aufwendungen, denen nach dem ersten Anschein eine nicht berufliche Veranlassung zu Grunde liegt, ist vom Steuerpflichtigen darzustellen.'

Zu den Argumenten des Bf. ist auszuführen:
ad 1) Zum Betrieb einer Landwirtschaft durch seine Gattin ist auszuführen, dass der Bf. zu dessen Nachweis eine Bestätigung über die Pflichtversicherung von X von der Kasse der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (Regionalabteilung Krakau) vom vorgelegt hat, die ihr bescheinigt, seit 2014 dort pflichtversichert (Rente, Unfall, Krankheit) zu sein.
Aus weiteren, im Verfahren vorgelegten Bescheinigungen EU (Formular E9) für die Jahre 2017 und 2018 geht hervor, dass X aus ihrer Tätigkeit in Polen keine Einkünfte erzielt hat.

Wo die Ehefrau die Landwirtschaft betrieb, geht aus den Bestätigungen nicht hervor.
Der Bf. legte u.a. einen Landpachtvertrag zwischen seiner Gattin und J vom vor, wonach er als Verpächter der X seinen in Adr 4 liegenden Bauernhof für die Dauer von 10 Jahren überläßt, wobei das zur Nutzung übergebene Grundstück die Größe von 1 Hektar nicht übersteigt (do. § 3).
Der Vertrag wurde am abgeschlossen, wobei mangels anderweitiger Vereinbarung davon auszugehen ist, dass er zu diesem Zeitpunkt in Kraft trat.

Da der Bf. seit dem Jahr 2010 bis zum Jahr 2016 durchgehend Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten beantragt (und erhalten) hat, kann die gemäß Pachtvertrag im Jahr 2018 aufgenommene Bewirtschaftung der Gattin nicht Grund für die damals festgestellte Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung gewesen sein.

Der Bf. hat schon im Zuge einer Vorhaltsbeantwortung vom (zu Beschwerden betreffend die Arbeitnehmerveranlagung der Jahre 2014 und 2015) auf den Umstand der Führung einer kleinen Landwirtschaft hingewiesen und als Nachweis dafür die auch im gegenständlichen Verfahren vorgelegte Abschrift aus dem Flurbuch vom (betreffend den Familienwohnsitz) samt Lageplan vorgelegt.
Die Größe des do. Grundstückes beträgt laut Flurbuch 0,15ha.
Auf einer Luftaufnahme (Quelle: google maps) ist ein Wohnhaus zu sehen, dass ca. 13-15% der Grundstücksgröße einnimmt. Daneben finden sich noch eine Einfahrt, ein Vorgarten und eine Gartenfläche, die zum größten Teil mit Wiese bedeckt ist. Im hinteren Bereich des Gartens sind Beete im Ausmaß von ca. 60m2 zu erkennen.
Auch wenn die landwirtschaftlich bestellte Fläche an der zum Wohnhaus gehörigen Liegenschaft größer als dort erkennbar gewesen sein sollte folgt daraus, dass eine Landwirtschaft in einem geringen Ausmaß betrieben wurde, die nur zur teilweisen Eigenversorgung der Familie beizutragen geeignet war.
Der Umstand, dass die Gattin des Bf. im Mai 2018 einen Pachtvertrag über die Bewirtschaftung eines Bauernhofs in der Nähe des Wohnsitzes im Ausmaß von ca. 1ha abgeschlossen hat läßt daran zweifeln, dass die zeitlich davor liegende landwirtschaftliche Betätigung in einem zur umfassenden Eigenversorgung ausreichenden Ausmaß betrieben wurde.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof ist die Frage, ob einem Arbeitnehmer zuzumuten ist, seinen Wohnsitz in den Nahebereich seiner Arbeitsstätte zu verlegen, nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen.
Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, Einkommensteuergesetz, § 16 Rz. 25 erläutern dazu: ,Das Führen einer der Eigenversorgung dienenden Landwirtschaft am Familienwohnsitz kann ebenso einen (Teil-)Aspekt der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes darstellen (; ; )'.

Im Erkenntnis des hat das Gericht dazu festgestellt:
,Zwar hat sich der VwGH in einigen Erkenntnissen auch mit der Zumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort auseinandergesetzt, wenn am Familienwohnsitz eine nur der Selbstversorgung dienende Landwirtschaft betrieben wird, doch waren in den den Erkenntnissen zugrunde liegenden Sachverhalten neben den wirtschaftlichen Gründen auch andere Faktoren (zB nicht selbsterhaltungsfähige Kinder, Hindernisse aufgrund von fremdenrechtlichen Bestimmungen) vorhanden, die eine Begründung des Familienwohnsitzes in Österreich nicht bzw. nur unter schwierigsten Bedingungen ermöglichten (vgl. ; , 2006/15/0313; ; , 2005/14/0127).'

Gerade im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass die der Selbstversorgung dienende Landwirtschaft, welche von der Gattin in Polen betrieben wird, einen nur unbeträchtlichen Anteil zum Erhalt der Lebensgrundlage der Familie beisteuert, zumal weder Einkünfte daraus erzielt werden noch die Größe der bewirtschafteten Fläche dies nahelegt.
Wenn ab Mai 2018 eine zusätzlicheLandwirtschaft von maßgeblicher Größe zugepachtet wird, so kann dies nach der o.a. Rechtsprechung nur dann dazu führen, eine Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung anzunehmen, wenn weitere beachtenswerte Umstände dafür vorliegen.

Die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung ist nicht allein durch den Umstand der nachträglichen, wenn auch wesentlichen Erweiterung der Landwirtschaft (mit Abschluß des Pachtvertrages) eingetreten, da diese für Vorjahre entscheidungswesentlich auch auf die Betreuungspflicht minderjähriger Kinder zurückzuführen war.

Ad 2) Bei dem in den Beschwerden angeführten Schulkind handelt es sich um Y, geb. .
In Polen tritt die Volljährigkeit mit Erreichen des 18. Lebensjahres oder vorheriger Heirat ein (Quelle: Wikipedia).
Die zum damaligen Zeitpunkt noch ledige Tochter Y wurde am volljährig. Ein Reifeprüfungszeugnis vom sowie die Aufnahme eines Anglizistikstudiums in Krakau ab belegen eine bei ihr anzunehmende Eigenständigkeit.

Wie der VwGH in seinem Erkenntnis vom , Ra 2016/13/0016 dargelegt hat, kann bei im gemeinsamen Haushalt am Familienwohnsitz wohnenden unterhaltsberechtigten und betreuungsbedürftigen Kindern eine (Mit)Übersiedlung der gesamten Familie aus wirtschaftlichen Gründen unzumutbar sein.

Gegenständlich ist davon auszugehen, dass die Tochter mangels angenommener eigener Einkünfte zwar unterhaltsberechtigt ist, aber keine Betreuungsbedürftigkeit mehr vorliegt.
Gemäß Lenneis, Jakom EStG14 § 16, Rz. 56 ABC der Werbungskosten Stichwort ,Doppelte Haushaltführung' mit Verweis auf Judikatur des UFS (, RV/3069-W/10) ist davon auszugehen, dass bei volljährigen Kindern (ausgenommen zB. bei Pflegebedürftigkeit des Kindes) grundsätzlich keine Ortsgebundenheit des haushaltsführenden Elternteils mehr besteht.

Auch laut Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, Einkommensteuergesetz § 16 Rz. 25
ist eine Betreuungsbedürftigkeit grundsätzlich nur bis zur Volljährigkeit der Kinder anzunehmen (vgl UFS Linz , RV/0106-L/05; ; ).

Das BFG schließt sich dieser Auffassung an und geht davon aus, dass eine Übersiedlung der Gattin des Bf. zumutbar wäre.
Damit wird auch hinsichtlich dieses Einwandes eine für die Abzugsfähigkeit als Werbungskosten erforderliche Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung des Bf. nicht aufzeigt.

Ad 3) Der Bf. führt schließlich in seiner Beschwerde weiter aus, dass die Verlegung des Wohnsitzes aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar ist, weil die Gattin der Sozialversicherung unterliegt, immer selbstständig erwerbstätig und deshalb Polen wirtschaftlich verbunden war.
Dazu ist anzuführen, dass es sich bei der nachgewiesenen Versicherung um eine solche bei der Kasse der landwirtschaftlichen Sozialversicherung handelt, ein Aspekt, der bereits unter Punkt 1) (s. oben) näher behandelt wurde.
Eine selbstständige Erwerbstätigkeit der Gattin des Bf. würde dann zu einer auf Dauer angelegten doppelten, nicht privat veranlaßten Haushaltsführung führen, wenn sie Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit erzielt und diese nicht bloß ein untergeordnetes Ausmaß - bezogen auf das Familieneinkommen - aufweisen (vgl. u.a. Zl. 96/15/0006). Aus den Bestätigungen (E 9) geht aber hervor, dass die Gattin des Bf. im Beschwerdezeitraum keine Einkünfte erzielt hat.
Da keine Einkünfte vorliegen, war dieses Argument zur Anerkennung der beantragten Kosten nicht geeignet.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass keine ausreichenden Gründe vorlagen, die die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung aufzuzeigen vermochten und die Beschwerde in diesem Punkt abzuweisen war.
Wie das Finanzamt in seinen Beschwerdevorentscheidungen ausgeführt hat, ist die Gattin des Bf. nicht gezwungen ihren Familienwohnsitz zu verlegen, die Möglichkeit dessen ist aber als ausreichend zu beurteilen, die vom Bf. beantragten Kosten als Privatausgaben anzusehen.

Familienheimfahrten
Aufwendungen für Familienheimfahrten sind unter denselben Voraussetzungen anzuerkennen oder nicht anzuerkennen wie jene der doppelten Haushaltsführung (vgl. Doralt, EStG13, § 16 Rz 220 Familienheimfahrten sowie Rz 200/14; Lenneis, Jakom EStG14 § 16, Rz. 56 ABC der Werbungskosten Stichwort ,Doppelte Haushaltführung' lit i).

Da keine Gründe, die für die Anerkennung der Kosten der doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten vorlagen, waren auch die beantragten Kosten für Familienheimfahrten nicht anzuerkennen.

Ergänzend wird festgestellt, dass der Bf. auch nach Vorhalten des Finanzamtes mit Ausnahme seines Zulassungsscheines keine Belege (Fahrtenbücher, Tankrechnungen) zum Nachweis der ihm entstandenen Kosten vorzulegen vermochte.
Selbst wenn seiner Beschwerde betreffend die doppelte Haushaltsführung Erfolg beschieden gewesen wäre, war nicht auszuschließen, dass er solche Fahrten nicht im angegebenen Umfang unternommen hat bzw., dass ihm Kosten nicht entstanden sind, weil er etwa eine kostenlose Mitfahrgelegenheit genutzt hat (vgl. ; ).
Die beantragten Kosten für Familienheimfahrten wären daher auch aus diesem Grund nicht zu berücksichtigen gewesen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Mit der Entscheidung wurde der ergangenen Rechtsprechung des VwGH gefolgt (vgl. die oben benannten Erkenntnisse des VwGH) weshalb eine Revision als nicht zulässig zu erklären war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7101790.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at