Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.02.2022, RV/7100172/2019

Einheitlicher Erwerbsvorgang betreffend mehrere Grundstücke einer wirtschaftlichen Einheit, von denen nur ein Teil der Flurbereinigung dient.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***36***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Grunderwerbsteuer, ***1***, ***2***, zu Recht erkannt:

Entscheidungsgründe

Sachverhalt und Verfahrensgang

Das Finanzamt hat gegenständliche Beschwerde mit folgender Sachverhaltsdarstellung zur Entscheidung an das BFG vorgelegt:

"Aufgrund einer bei RA Herrn ***3*** (SBG-Steuernummer ***4***) durchgeführten Außenprüfung wurde der Kaufvertrag vom zwischen Herrn ***5*** als Verkäufer und Frau ***Bf1*** als Käuferin seitens der Abgabenbehörde überprüft. Mit gegenständlichem Kaufvertrag erwarb Frau ***Bf1*** die Grundstücke Nr. ***6*** inneliegend in der ***7*** sowie das Grundstück Nr. ***8*** um einen Kaufpreis von insgesamt € 65.000,00 von Herrn ***5***.

Durch Beifügung einer Ergänzungsnote (markiert durch *) wurde der Kaufpreis von den Vertragsparteien auf die Grundstücke Nr. ***9*** mit € 30.700,00 und auf das Grundstück ***10*** mit € 34.300,00 aufgeteilt.

Sämtliche o. a. Grundstücke bilden laut Einheitswertbescheid zum , AZ ***11*** eine wirtschaftliche Einheit die nach § 2 Abs. 3 GrEStG grunderwerbsteuerrechtlich als ein Grundstück anzusehen sind.

Laut Bescheid des ***12*** als Agrarbehörde vom , Zahl ***13*** war der gegenständliche Grunderwerb hinsichtlich der Grundstücke Nr. ***9*** gemäß § 45 des Flurverfassungs-Landesgesetzes unmittelbar zur Durchführung einer Flurbereinigung erforderlich. Das Grundstück ***10*** ist in diesem Bescheid nicht angeführt.

Im Rahmen der Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer wurde für einen Kaufpreisanteil von € 30.700,00 die Befreiungsbestimmung gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 GrEStG angewendet (Erfassungsnummer ***14***) und für einen Kaufpreisanteil von € 34.300,00 die Grunderwerbsteuer mit € 1.200,50 selbstberechnet (Erfassungsnummer ***15***).

Da aufgrund der Kaufpreisaufteilung im Kaufvertrag der wertmäßig überwiegende Teil des Grunderwerbes keine Flurbereinigungsmaßnahme darstellt, wurde mit Grunderwerbsteuerbescheid vom (Festsetzung gemäß § 201 BAO) die Grunderwerbsteuer für das Grundstück ***10*** (Anm.: richtig: die Grundstücke Nr. ***9***), (Erfassungsnummer ***14***) ausgehend vom anteiligen Kaufpreis in Höhe von € 30.700,00 mit einem Betrag von € 1.074,50 festgesetzt.

Am wurde fristgerecht Beschwerde gegen den Grunderwerbsteuerbescheid erhoben. Begründet wurde die Beschwerde dahingehend, dass die Wertansätze im Kaufvertrag nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen, sondern die laut Bescheid der Agrarbezirksbehörde vom von der Flurbereinigungsmaßnahme umfassten Grundstücke aufgrund einer Liegenschaftsbewertung zum wertmäßig überwiegen und in Folge auch eine Berichtigung des Kaufvertrages in Hinblick auf die Grundstücksbewertung durchgeführt wurde. Eine Ergänzung zum Kaufvertrag (datiert mit ) ist der Beschwerde angeschlossen. Dies führt lt. den Ausführungen in der Beschwerde zu neuen Tatsachen, die im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses vorhanden waren, aber ohne Verschulden der Beschwerdeführerin nicht vorgebracht wurden und somit zu einem neuen Tatsachenvorbringen i. S. d. § 270 BAO.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Dagegen wurde am fristgerecht ein Vorlageantrag eingebracht. Begründet wurde der Vorlageantrag u. a. mit dem Vorliegen von Neuerungen im Beschwerdeverfahren (neues Tatsachenvorbringen) gemäß § 270 BAO und neu hervorgekommener Tatsachen, wodurch der Neuerungstatbestand des § 303 Abs. 1 lit. b BAO erfüllt sei."

Das Finanzamt hat hiezu folgende Stellungnahme abgegeben:

"Zunächst verweist das Finanzamt auf die Begründung im Bescheid sowie auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung.

Ergänzend wird ausgeführt:

Wenn im Vorlageantrag vorgebracht wird, dass der Käuferin die Bonität der vertragsgegenständlichen Grundstücke erst Jahre nach Abschluss des Kaufvertrages im Zuge der Bewirtschaftung bewusst und bekannt wurde, ist dem zu entgegnen, dass die Aufteilung des Kaufpreises im Kaufvertrag einvernehmlich im Zuge der Kaufvertragserrichtung erfolgte.

Die Käuferin ist bereits Eigentümerin eines landwirtschaftlichen Betriebes. Es erscheint daher unwahrscheinlich, dass ihr als Ortsansässige die Lage, Bonität und Bewirtschaftungsqualität der Grundstücke im Zeitpunkt der Errichtung des Kaufvertrages nicht bekannt waren.

Die Abänderung der Kaufpreisaufteilung in der Ergänzung vom - also rund einen Monat nach Ergehen des Abgabenbescheides - ist nach Ansicht des Finanzamtes nicht glaubhaft, soll doch dadurch lediglich die Befreiung von der Grunderwerbsteuer bewirkt werden. Es ist der ersten Aussage hinsichtlich der Werte der einzelnen Grundstücke im Kaufvertrag mehr Bedeutung beizumessen als der Aufteilung in der Ergänzung.

Antrag des Finanzamtes: Das Finanzamt beantragt die Beschwerde als unbegründet abzuweisen."

Streitgegenständlich ist der Grunderwerbsteuerbescheid gemäß § 201 BAO vom , womit gemäß § 7 Abs. 1 Z3 GrEStG ausgehend von einem Kaufpreis von 30.700,00 Euro Grunderwerbsteuer in Höhe von 1.074,50 Euro festgesetzt wurde.

Die Bf. bzw. der Parteienvertreter (PV) wendet sich insbesondere gegen die Bewertung der Liegenschaft und behauptet die Unzulässigkeit der Neufestsetzung der Grunderwerbsteuer.

Die Grundstücke seien vom Vertragserrichter nicht besichtigt oder begangen worden. Der Vertragserrichter habe von Seiten der Käuferin/des Verkäufers keine substantielle Information zu der Lage oder Bonität der gegenständlichen kaufpreisverfangenen Liegenschaften erhalten. Die Kaufpreisteilung sei lediglich auf Basis der dem Vertragserrichter notorisch bekannten Quadratmeterpreise für landwirtschaftliche Grundstücke in dieser Gemeinde erfolgt, in welcher er ständig die Abwicklung von landwirtschaftlichen Erwerbsvorgängen durchführe. Demgemäß sei der Quadratmeterpreis der landwirtschaftlichen Grundstücke mit gerundet EUR 1,0187 für die Grundstücksnummern ***16*** im Flächenmaß von 3,0134 Hektar sowie EUR 1,0197 für das Grundstück mit der Grundstücksnummer ***17*** im Flächenmaß von 3,3637 Hektar angenommen worden. Die marginal höhere Bewertung des Grundstückes mit der Grundstücksnummer ***17*** sei im Zeitpunkt der Vertragerrichtung darauf zurückzuführen gewesen, dass dieses Grundstück in der Natur eine einzige zusammenhängende Fläche bildete, während die Grundstücke mit den Grundstücksnummern ***16*** drei unterschiedliche benachbarte Teilgrundstücke bildeten.

Bei der Berechnung der Grunderwerbssteuer sei in der Kanzlei des Vertragserrichters der Liegenschaftserwerb in einen steuerbefreiten und steuerverfangenen Teil vorgenommen worden. Die Befreiung der Grunderwerbssteuer sei bezüglich der Grundstücksnummern ***16*** gemäß § 3 Abs 1 Z 4 GrEStG im Sinne der Flurbereinigung ausgenommen und wurde in diesem Sinne zudem von ***18*** als Agrarbehörde diese Teilausnahme per Bescheid vom rechtskräftig bestätigt. Begründend wird zum Hintergrund der Teilausnahme darauf verwiesen, dass die Beschwerdeführerin bzw. deren Ehegatte einen landwirtschaftlichen Betrieb führe und die Grundstücksnummern ***16*** unmittelbar an landwirtschaftliche Grundstücke angrenzten, welche Teil des landwirtschaftlichen Betriebes der Beschwerdeführerin seien. Unter dieser Prämisse sei die Teilung des Grundstückerwerbs erfolgt. Auf eine wertmäßige Relation der Teilgrundstücke, wie sie von Seiten der Finanzbehörde vorgenommen wurde, war im Zeitpunkt der Vertragserrichtung im April 2015 nur bedingt Rücksicht genommen worden. Dies da nur rudimentär Daten und Fakten zur Grundstücksbewertung bestanden hätten.

Im Zuge einer Überprüfung der Grunderwerbsteuer und Immobilienertragsteuer in der Kanzlei des Vertragserrichters durch die belangte Behörde sei erstmalig die wertmäßige Relation der Grundstücke in Hinblick auf diesen Kaufvertrag zur Sprache gekommen.

Durch die Kanzlei des Vertragserrichters sei in Folge eine ad-hoc Bewertung auf Basis von zur Verfügung stehenden Allgemeindaten der Grundstücke durchgeführt und in Folge eine Berichtigung des Kaufvertrages in Hinblick auf die Grundstückbewertung gemäß Vollmachtsumfang durchgeführt worden, nach den Angaben der Beschwerdeführerin sowie deren Ehegatten und unter Beziehung eines Privatsachenverständigen.

Hinsichtlich der Liegenschaftsbewertung zum führt der Parteienvertreter (PV) der Bf. aus, die Bewertungsansätze ergäben sich im Wesentlichen aufgrund der Ausführungen der Beschwerdeführerin sowie deren Ehegatten unter Annahme der notorisch ortsüblichen Preise für landwirtschaftliche Grundstücke.

Die Grundstücke mit den GST-Nr. ***19***, wiesen ein Gesamtflächenmaß von 3,0134 Hektar aus. Es handle sich um drei unmittelbar aneinandergrenzende Teilgrundstücke. Die Ausrichtung der Grundstücke erfolge in Richtung ***20***. Die Teilgrundstücke seien über asphaltierte Feldwege erreichbar. Die Boden- und Bewirtschaftungsqualität sei auch aufgrund der Lage und Bodenbeschaffenheit innerhalb der KG ***21*** mit erster (bester) Bonität zu bewerten. Die grundbücherliche Teilung der EZ ***22*** sei nur bedingt wertmindernd als Abschlag zu berücksichtigen, da die Bearbeitkeit der Teilgrundstücke hierdurch nicht beeinträchtigt sei. Subjektiv seien zudem vom Betrieb der Beschwerdeführerin diese Teilflächen leichter erreichbar. Angemessen sei ein Quadratmeterpreis von circa EUR 1,15 für diese Teilflächen. In Multiplikation der Quadratmeterzahl der Grundstücke mit den GST-Nr. ***19***, welche ein Gesamtflächenmaß von 3,0134 Hektar aufwiesen, ergebe sich ein tatsächlicher Gesamtkaufpreis von aufgerundet EUR 34.727,00 für diese Teilflächen.

Hingegen sei das Grundstück mit der Grundstücksnummer ***23*** zwar räumlich als ein einzelnes Grundstück im Flächenmaß von 3,3637 ha gestaltet, jedoch ergäben sich wesentliche wertmindernde Faktoren. Das Grundstück liege direkt an der Landstraße ***24*** in Fahrtrichtung ***25*** und werde diese Strecke vermehrt von Anrainern und Besuchern der Therme befahren. Zudem sei die Bodenqualität hierdurch beeinträchtigt, dass innerhalb des Gesamtgrundstückes Teilflächen mit steiniger/felsiger Geomechanik bestünden. Dies sei bei der mechanischen Bearbeitung des landwirtschaftlichen Grundstückes mit Maschinen spürbar. Weiters sei aus dem beigelegten GIS-Datenauszug ersichtlich, dass unmittelbar südlich an das GST-Nr. ***26*** ein Waldstück angrenze, wodurch es zu einem Schattenwurf (zum Teil ihn L-Form) komme, welcher Erträge aus der Liegenschaft partiell mindere. Zudem müssten in jenem Grundstücksteilbereich, welcher beschattet sei, weitere Maßnahmen der Pflanzenpflege gesetzt werden. Hierdurch entstünde der Beschwerdeführerin ein höherer Betriebsaufwand. Es kämen laufend Ertragsausfälle wegen Wildbiss vor.

Insgesamt sei die Bonität dieses Grundstückes ortsüblich mit einer minderen Bonität von 3/4 zu bewerten, wodurch sich ein maximaler Quadratmeterpreis von EUR 0,90 für dieses Grundstück ergebe. In Multiplikation der Quadratmeterzahl des Grundstückes mit den GST-Nr. ***10***, ein Flächenmaß von 3,3637 Hektar ergebe sich ein tatsächlicher Kaufpreis von EUR 30.273,00 für dieses Grundstück.

Als Beweis werden die Ergänzung zum Kaufvertrag vom , GIS-Auszüge sowie die Einvernahme von ***27***, p.A. der Beschwerdeführerin als Zeuge angeboten.

Rechtlich folge aus dem Vorgebrachten, dass aufgrund der nunmehr divergierenden Bewertung die Neufestsetzung der Grunderwerbssteuer in casu unzulässig sei.

Aufgrund der geänderten Bewertungslage ergebe sich, dass der, eine wirtschaftlicheEinheit bildenden Erwerbsvorgang, (Erwerb der Grundstücke durch die Beschwerdeführerin von ***5***) implizit teilbar sei. Dies ergebe sich bereits aus älteren Judikaten, in welchen für den Fall der Verwirklichung eines grundsteuerrechtlich (Anm., richtig: grunderwerbsteuerrechtlich) begünstigten Zweckes unter Beachtung des § 2 Abs 3 GrEStG nur auf einzelnen Teilflächen in einheitlicher Beurteilung des ganzen Erwerbsvorganges zu untersuchen sei, ob der begünstigte Zweck als aufgegeben oder noch aufrechterhalten anzusehen sei. Hierbei werde auf das wertmäßige Überwiegen jenes Teiles von Grundstücken einer wirtschaftlichen Einheit im Sinne des § 2 Abs 3 GrEStG abgestellt, welche den Tatbestand der Grunderwerbssteuerbefreiung im Sinne des § 3 Abs 1 Z 4 GrEStG erfüllten. Die Erfüllung des Teilbegünstigungstatbestandes der Flurbereinigung sei gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 GrEStG hinsichtlich der GST-Nr. ***19***, durch die zuständige Agrarbehörde (***18***) bestätigt worden.

Im Verfahren nach der Bundesabgabenordnung bliebe es den Parteien gemäß § 270 BAO unbefangen (Anm., gemeint vermutlich "unbenommen"), selbst im Beschwerdevorbringen ein neues Tatsachenvorbringen zu erstatten, zumal der Bescheiderlassung kein formelles Ermittlungsverfahren mit Parteienrechten des Abgabenschuldners vorgehe. De facto handle es sich sogar um neue Tatsachen die im Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses vorhanden gewesen seien, aber ohne Verschulden der Beschwerdeführerin nicht vorgebracht wurden (Neubewertung der Liegenschaft anhand des Status quo zum Erwerbszeitpunkt). Akzentuiert solle werden, dass es zudem nicht in der Gerenz des Vertragsrichters liege eine Liegenschaftsbewertung ex ante anzufordern, insofern er sich auf die Ausführungen der Kaufvertragsparteien (jeweils Landwirte) verlassen könne.

Das Finanzamt hat die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit folgender Begründung als unbegründet abgewiesen:

"Mit Kaufvertrag vom erwarb die Beschwerdeführerin die Grundstücke Nr. ***28*** sowie das Grundstück Nr. ***29*** von Herrn ***5***.

Im Kaufvertrag wurde im Punkt 2. "Kaufpreis" ein angemessener Kaufpreis in Höhe von € 65.000,00 für sämtliche erworbenen Grundstücke vereinbart. Durch Beifügung einer Ergänzungsnote (markiert durch *) wurde von den Vertragsparteien der Kaufpreis auf die Grundstücke ***30*** mit € 30.700,00 und auf das Grundstück ***10*** mit € 34.300,00 aufgeteilt. Da dieser Zusatz von den Vertragspartnern bewusst eingefügt wurde, ist davon auszugehen, dass auch die wertmäßige Aufteilung des Kaufpreises im Wissen um den realen Wert der Grundstücke vorgenommen wurde.

Aus Einsichtnahme in den Katasterauszug ergibt sich, dass das Grundstück ***10*** in unmittelbarer Nähe zum Ortsgebiet liegt. Die Lage an der Landstraße hat zur Folge, dass das Grundstück ***10*** mit schweren landwirtschaftlichen Geräten leicht zu erreichen ist. Dem Argument des Schattenwurfs kann nur eingeschränkt gefolgt werden, da zwischen Wald und Grundstück ***10*** noch ein Weg führt und somit der Wald nicht direkt angrenzt. Aus diesen Umständen kann den Argumentationen in der Beschwerde, dass das Grundstück ***10*** trotz größerer Fläche weniger Wert ist, als die kleineren Flächen, nicht gefolgt werden. Als Beweise für die Wertaufteilung liegen der Kaufvertrag, die Beschwerde, Katasterauszüge It. Beschwerde und eine Ergänzung zum Kaufvertrag vom . Die Ergänzung zum Kaufvertrag wurde somit erst nach Zustellung des Grunderwerbsteuerbescheides (datiert mit ) errichtet.

Im Rahmen der freien Beweiswürdigung und auf Grund der sich widersprechenden Wertaufteilungen wird daher den Wertangaben im ursprünglichen Kaufvertrag, die einvernehmlich von den Parteien festgestellt wurden, mehr Bedeutung beigemessen.

Die Befreiung gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 GrEStG konnte daher für den gegenständlichen Kaufvertrag nicht zur Anwendung gelangen und war deshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen."

Dagegen wurde am Vorlageantrag eingebracht.

Beweiserhebung

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die elektronisch vorgelegten Aktenteile des Finanzamtes. Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich hierauf sowie auf die vom Bundesfinanzgericht eingesehenen Unterlagen und schriftlichen Eingaben.

Rechtslage und Erwägungen

Nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 unterliegen ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen, der Grunderwerbsteuer.

Unter Grundstücken im Sinne dieses Gesetzes sind Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechtes zu verstehen (§ 2 Abs. 1 GrEStG 1987). Bezieht sich ein Rechtsvorgang auf mehrere Grundstücke, die zu einer wirtschaftlichen Einheit gehören, so werden diese Grundstücke gemäß § 2 Abs. 3 GrEStG 1987 als ein Grundstück behandelt. Bezieht sich ein Rechtsvorgang auf einen oder mehrere Teile eines Grundstückes, so werden diese Teile als ein Grundstück behandelt.

Der im § 2 Abs. 3 GrEStG 1987 gebrauchte Begriff der "wirtschaftlichen Einheit" ist ein solcher des Bewertungsgesetzes (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, § 2 Rz 63). Es sind daher auch mehrere Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechtes abgabenrechtlich als nur ein Grundstück anzusehen, sofern sie bei der Einheitswertfeststellung als eine wirtschaftliche Einheit bewertet wurden (; ; ; ; ). Was als wirtschaftliche Einheit zu gelten hat, wird also von den Lagefinanzämtern im Bewertungsverfahren bestimmt. Das Finanzamt ***31*** ist an die Feststellungen der Lagefinanzämter gebunden, wobei maßgebend der Einheitswert zum letzten dem Erwerb vorangehenden Feststellungszeitpunkt ist (). Sämtliche o. a. Grundstücke bilden laut Einheitswertbescheid zum , ***32*** eine wirtschaftliche Einheit die nach § 2 Abs. 3 GrEStG grunderwerbsteuerrechtlich als ein Grundstück anzusehen sind.

Der Erwerb eines Grundstückes im Wege des Zusammenlegungsverfahrens im Sinne des I. Hauptstückes, I. Abschnitt, und im Wege eines Flurbereinigungsverfahrens im Sinne des II. Hauptstückes des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951, BGBl. Nr. 103, in der jeweils geltenden Fassung ist auf Grund des § 3 Abs. 1 Z 4 GrEStG 1987 von der Besteuerung ausgenommen. Laut Bescheid des ***33*** als Agrarbehörde vom , ***34*** war der gegenständliche Grunderwerb hinsichtlich der Grundstücke Nr. ***9*** gemäß § 45 des Flurverfassungs-Landesgesetzes unmittelbar zur Durchführung einer Flurbereinigung erforderlich.

Nach ständiger Rechtsprechung ist es jedoch nicht zulässig, den Erwerbsvorgang betreffend eine wirtschaftliche Einheit in einen steuerpflichtigen und einen steuerbefreiten Teil zu trennen (vgl. Erkenntnis des ZI. 94/16/0299). Wird der Tatbestand der Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Z 4 GrEStG nur hinsichtlich eines Teiles der eine wirtschaftliche Einheit bildenden Grundstücke erfüllt, so ist darauf abzustellen, welcher Teil überwiegt.

Hinsichtlich der Frage ob es beim Überwiegen auf das Flächenverhältnis oder auf das Wertverhältnis ankommt, hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2007/16/0019 ausgeführt:

"Die zitierten Bestimmungen des Grunderwerbsteuergesetzes stellen bei der Besteuerung auf den Wert eines Grundstückes oder auf das Entgelt für dieses Grundstück ab. Auch bei den Befreiungsbestimmungen ist nach § 3 Abs. 2 GrEStG ausdrücklich maßgeblich, dass der Wert eines Teilgrundstückes dem Bruchteil entspricht, mit dem der Miteigentümer am gesamten zu verteilenden Grundstück beteiligt ist. Aus dem Zusammenhang der Bestimmungen des GrEStG lässt sich sohin entnehmen, dass es bei der Frage des Überwiegens der Grundstücksteile, hinsichtlich welcher der Begünstigungstatbestand iSd § 3 Abs. 1 Z 4 GrEStG erfüllt ist, auf ein wertmäßiges Überwiegen ankommt."

Im Falle der Verwirklichung des begünstigten Zweckes nur für einzelne Teilflächen ist in einheitlicher Beurteilung des gesamten Erwerbsvorganges zu untersuchen, ob der begünstigte Zweck insgesamt, das heißt in Bezug auf den Wert der Grundstücke, als verwirklicht anzusehen ist. Somit ist der gesamte Erwerbsvorgang nur dann von der Grunderwerbsteuer befreit, wenn der wertmäßig überwiegende Teil des Grundstückes zur Durchführung einer Flurbereinigung erforderlich ist. Es liegt nämlich auf der Hand, dass ein Gesamterwerb von Grundstücken nicht allein deshalb von der Grunderwerbsteuer befreit ist, weil nur ein Teil davon einen begünstigten Zweck erfüllt (vgl. und , 82/16/0062).

Auch das in § 3 Abs. 1 Z 4 GrEStG verwiesene Flurverfassungs-Grundsatzgesetz fordert eine Bewertung der Grundstücke (§ 3 FlVGG), sieht bei der Neuordnung eine Bewertung der durch Grundabfindungen zu leistenden Abfindungsansprüche und einen Geldausgleich vor (§ 4 FlVGG) und stellt bei der Grundabfindung auf das Verhältnis zwischen Flächenausmaß und Wert und beim Aufbringen von Grund für gemeinsame Anlagen auf das Verhältnis der Werte der Grundabfindungen ab:

"§ 3. (1) Die Grundstücke, die der Zusammenlegung unterzogen oder die für die Zusammenlegung in Anspruch genommen werden, sind unter Mitwirkung der Zusammenlegungsgemeinschaft zu schätzen. Die Schätzung hat auf Grund übereinstimmender, den tatsächlichen Verhältnissen entsprechender Erklärungen der Parteien oder im Wege der amtlichen Ermittlung nach gleichartigen, für jedes Grundstück, unabhängig von seiner Zuordnung zu einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb und unabhängig von der Person des jeweiligen Besitzers, anzuwendenden Wertermittlungsgrundlagen zu erfolgen. (2) Vorübergehende Mehr- und Minderwerte der Grundstücke sowie bei der Bewertung nicht berücksichtigte Verhältnisse und Gegenstände sind gesondert festzustellen und in Geld auszugleichen, sofern zwischen den Parteien nichts anderes vereinbart ist."

Obwohl im Flurbereinigungsverfahren die Teilung des Erwerbsvorganges in einen als Flurbereinigungsmaßnahme anerkannten und einen als solchen nicht anerkannten Teil zulässig ist (vgl. ), konnte im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die im Bereich der Grunderwerbsteuer keine Trennung eines einheitlich vereinbarten Rechtsvorganges vorsieht, dennoch nichts gewonnen werden.

Das ***18*** hat mit Bescheid vom u.a. festgestellt, dass nur die Grundstücke Nr. ***9*** der Flurbereinigung dienen.

Für ein wertmäßiges Überwiegen der zur Flurbereinigung erforderlichen Grundstücksfläche spricht nicht nur die ursprüngliche Aufteilung des Kaufpreises im Kaufvertrag, sondern auch die Tatsache, dass der vorliegende Grunderwerb nur hinsichtlich der Grundstücke Nr. ***9*** gemäß § 45 des Flurverfassungs - Landesgesetzes, LGBI. Nr. 40/1970 i.d.g.F. unmittelbar zur Durchführung der Flurbereinigung erforderlich waren. Der Vermerk "hins. GSt.Nr. ***9***" ist handschriftlich eingefügt, das Grundstück Nr. ***10*** wurde somit ausgenommen. Dennoch wurde laut Bescheidbegründung dem Standpunkt der Parteien vollinhaltlich Rechnung getragen, weshalb die Begründung gemäß § 58 (2) AVG entfiel.

Weiters kann, wie das Finanzamt zutreffend ausführt, davon ausgegangen werden, dass der Käuferin als Eigentümerin eines landwirtschaftlichen Betriebes die Lage, Bonität und Bewirtschaftungsqualität der Grundstücke im Zeitpunkt der Errichtung des Kaufvertrages wohl bekannt waren. Wie der PV in seiner Beschwerde selbst vorbringt, seien die Kaufvertragsparteien jeweils Landwirte gewesen und habe er sich deshalb auf die Ausführungen der Kaufvertragsparteien verlassen können.

Punkt 3.4 des gegenständlichen Kaufvertrages vom lautet:

"Die Vertragsparteien erklären den wahren Wert des Vertragsgegenstandes zu kennen und sich in voller Kenntnis desselben zu den vereinbarten Leistungen und Gegenleistungen einverstanden zu erklären;..."

Am wurde die Selbstberechnung durchgeführt.

Am wurde die Grunderwerbsteuer gemäß § 201 Abs. 2 Z 3 BAO festgesetzt, da nur der wertmäßig geringere Teil des Grunderwerbes zur Durchführung einer Flurbereinigungsmaßnahme erforderlich war.

Am wurde eine Ergänzung zum Kaufvertrag vom errichtet, worin die Kaufpreisaufteilung "umgedreht" wird und auf die Grundstücke ***9*** nunmehr ein Kaufpreis von 34.727 Euro (vorher 30.700 Euro) entfallen soll, auf das Grundstück ***10*** nunmehr 30.273 Euro (vorher 34.300 Euro). In Summe ergibt sich damit der unveränderte Kaufpreis in Höhe von 65.000,00 Euro, lediglich entfällt jetzt der wertmäßig geringfügig höhere Teil auf die für die Flurbereinigung notwendigen Grundstücke.

Mit Schriftsatz vom wurde unter Vorlage der Ergänzung zum Kaufvertrag Beschwerde eingebracht und dargelegt, warum eine andere Bewertung vorzunehmen sei und die begünstigten Flächen jetzt wertmäßig überwiegen würden.

Der Hektarsatz ist für die beiden betroffenen Einlagezahlen ***35*** identisch 1.060,80 €. Der Ertragswert ergibt sich aus der Fläche mal dem Hektarsatz. Demzufolge beträgt der Ertragswert für die Grundstücke ***9*** im Ausmaß von insgesamt 3,0134 ha, welche der Flurbereinigung dienen, 3.196,6147 € und der Ertragswert für das Grundstück ***10*** im Ausmaß von 3,3637 ha beträgt 3.568,2129 €, also etwas mehr, was ein weiteres Indiz dafür ist, dass der Kaufpreis ursprünglich dem Wert der Grundstücke entsprechend richtig aufgeteilt worden ist. Am Gesamtkaufpreis ändert sich nichts.

Wenn im Vorlageantrag vorgebracht wird, dass der Käuferin die Bonität der vertragsgegenständlichen Grundstücke erst Jahre nach Abschluss des Kaufvertrages im Zuge der Bewirtschaftung bewusst und bekannt wurde, weil die Käuferin an den Verkäufer herangetreten wäre ohne die zu erwerbenden Liegenschaften in vitae bestellt (bspw. aufgrund eines Pachtverhältnisses) oder im Detail besichtigt zu haben (Bodenproben etc.) und ihr die verminderte Ertragsfähigkeit, sohin die schlechte Boden- und Bewirtschaftungsqualität nicht bekannt gewesen wäre so ist dem zu entgegnen, dass sie allenfalls Vorsorge treffen hätte können und zB besagte Bodenproben nehmen, zumal es sich nicht um eine fachunkundige Person handelt.

Es wurde auch keine Herabsetzung des Kaufpreises hinsichtlich des vermeintlich "qualitativ schlechteren" Grundstückes ***10*** vorgenommen (Hinweis § 17 GrEStG), sondern gegengleich eine Aufwertung der Grundstücke ***9***, sodass der Kaufpreis insgesamt gleichblieb, sich die Wertigkeit aber zugunsten der für die Flurbereinigung notwendigen Grundstücke verschob.

Insoweit die Bf. § 270 BAO ins Treffen führt ist zu sagen, dass auf neue Tatsachen, Beweise oder Anträge bei den Entscheidungen im Beschwerdeverfahren Bedacht zu nehmen ist, wenn sie vor Wirksamkeit der Entscheidung vorgebracht werden. In gegenständlichem Fall wurde in Berücksichtigung dessen eine Abwägung der Beweise vorgenommen. Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sogfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Von Parteien beantragte Beweise sind gemäß § 183 Abs. 3 BAO aufzunehmen, soweit nicht eine Beweiserhebung gemäß § 167 Abs. 1 zu entfallen hat. Von der Aufnahme beantragter Beweise ist ua. abzusehen, wenn die unter Beweis zu stellenden Tatsachen als richtig anerkannt werden oder unerheblich sind (vgl. ).

Im Hinblick darauf, dass

  • die Aufteilung des Kaufpreises im Kaufvertrag einvernehmlich im Zuge der Kaufvertragserrichtung erfolgte

  • die Vertragsparteien erklärten den wahren Wert des Vertragsgegenstandes zu kennen

  • und sich in voller Kenntnis desselben zu den vereinbarten Leistungen und Gegenleistungen einverstanden erklärten

  • die Käuferin ortsansässig und bereits Eigentümerin eines landwirtschaftlichen Betriebes war

  • die ursprüngliche Aufteilung des Kaufpreises den Wertverhältnissen nach den Ertragswerten lt. EW-Bescheid entspricht

  • die Abänderung der Kaufpreisaufteilung in der Ergänzung vom erst dreieinhalb Jahre nach Kaufvertragsabschluss innerhalb der aufrechten Rechtsmittelfrist unmittelbar nach Ergehen des Abgabenbescheides erfolgt ist,

ist in freier Beweiswürdigung davon auszugehen, dass die ursprüngliche Wertbeimessung den Verkehrswerten entspricht.

Im Übrigen wird auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung sowie die Stellungnahme des Finanzamtes im Vorlagebericht verwiesen.

Da im gegenständlichen Fall der überwiegende Teil des Grunderwerbes keine Flurbereinigungsmaßnahme darstellt, unterliegt der gesamte Erwerbsvorgang der Grunderwerbsteuer, da nur der wertmäßig geringere Teil der Grundstücke zur Durchführung einer Flurbereinigungsmaßnahme erforderlich war (vgl. Erkenntnisse des ZI. 2007/16/0019 und 2007/16/0020).

Die getroffenen Feststellungen gründen sich auf die Aktenlage.

In vorliegendem Fall konnte die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben, da das gefertigte Gericht auch bei Durchführung der mündlichen Verhandlung zu keinem anderen Ergebnis gelangen hätte können.

Die Beschwerde war daher aus den vorgenannten Gründen als unbegründet abzuweisen.

IV. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzung liegt im Beschwerdefall nicht vor, da keine Rechtsfrage strittig ist, sondern der vorliegende Sachverhalt in freier Beweiswürdigung ermittelt wurde. Gegen dieses Erkenntnis ist daher keine (ordentliche) Revision zulässig.

Wien, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7100172.2019

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