Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.02.2022, RV/7102572/2020

Keine Wiederaufnahme des Energieabgabenvergütungsverfahrens mangels neu hervorgekommener Tatsachen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Johann Eder, Eduard-Kyrle-Straße 8, 4780 Schärding, und Mag. Kurt Caspari Stb KG, Hirnreit 173, 5771 Leogang, über die Beschwerde vom gegen den Abweisungsbescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom betreffend Antrag auf Wiederaufnahme des Energieabgabenvergütungsverfahrens für die Jahre 2011 - 2015, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Bisheriger Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf) betreibt ein Dienstleistungsunternehmen in der Güterbeförderung.

Mit undatiertem Antrag, eingebracht am , begehrte die Bf die Wiederaufnahme des Verfahrens und in eventu die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand betreffend den Abweisungsbescheid vom für die Vergütung der Energieabgaben der Jahre 2011 - 2015 ().

Der steuerliche Vertreter der Bf führte aus:

Die Bf habe für die Jahre 2011 - 2015 die Energieabgabenvergütung beantragt. Diese Anträge habe das Finanzamt mit Bescheid vom abgewiesen, da es sich bei der Bf um einen Dienstleistungsbetrieb handle. Das Bundesfinanzgericht habe der Beschwerde gegen diesen Bescheid bezüglich 2011 teilweise (betreffend Jänner 2011) Folge gegeben und die Beschwerde im Übrigen abgewiesen.

Der steuerliche Vertreter schildert europa- und verfassungsrechtliche Problematiken in Hinblick auf die durch das Budgetbegleitgesetz 2011 vorgenommene Neufassung des § 2 Abs. 1 EnAbgVergG und daraus abzuleitende Wiederaufnahmegründe gemäß § 303 Abs. 1 lit b und (in eventu) lit a BAO. Zur Begründung des (nicht verfahrensgegenständlichen) Eventualantrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beruft er sich darauf, dass nach der Zustellung des Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichts () irrtümlich keine außerordentliche Revision und keine Beschwerde an den VfGH eingebracht worden sei. Der Rechtsirrtum sei durch die Behörde veranlasst worden.

Der steuerliche Vertreter machte folgende Wiederaufnahmegründe gemäß § 303 Abs. 1 lit b BAO geltend (zusammengefasst):

- Die Tatsache einer Anwendung einer AGVO im "Gesetzwerdungsprozess" stelle sich als neue Tatsache heraus.

- Eine weitere neue Tatsache stelle sich mit dem anscheinend seitens des BMF erfundenen und vom VwGH angenommenen Inkrafttretenstag dar.

- Die Tatsache des Briefes der Kommission datiert mit und deren Nutzung im Zusammenhang mit Einzelbeihilfen/Beihilfenregelungen und Anwendung einer AGVO 651/2014 seien jedenfalls neu hervorgekommen.

- Es bestehe keine Bindung gemäß § 63 VwGG, wenn nach der Entscheidung des VwGH eine abweichende Entscheidung des EuGH ergehe (). Das Urteil des EuGH in der Rs C-493/14 mit der Nichtigerklärung der Veröffentlichung der Mitteilung vom sei als Tatsache zu berücksichtigen.

- Die Berechnung des BFG (€ 22.254,71) erweise sich als falsch, da laut Antrag der Bf vom die Vergütung für Jänner lediglich € 21.096,81 betrage.

- Nach Ansicht des steuerlichen Vertreters stehe die Energieabgabenvergütung ab jedenfalls allen Dienstleister wieder zu. Das Bundesfinanzgericht habe jedoch die Vergütung 2014 und 2015 der Bf anscheinend irrtümlich nicht zuerkannt. Diese Tatsache stelle sich als neu heraus.

Zu den Wiederaufnahmegründen gemäß § 303 Abs. 1 lit a BAO:

- Die Veröffentlichung der Mitteilung des BMF an die Europäische Kommission vom im Amtsblatt sei "erschlichen" worden.

- Der steuerliche Vertreter setzt sich mit dem und der seiner Meinung nach rechtswidrigen Entscheidung , der Erklärung der Republik Österreich vom sowie der Erklärung der Europäischen Kommission vom , beide im EuGH-Verfahren C-585/17, ausführlich auseinander. Aufgrund der aufgezeigten Problematiken sei es denkbar, das Erkenntnis des VwGH und die darauf aufbauenden Erkenntnisse und Bescheide unter den "Erschleichungstatbestand" zu subsummieren.

Die Abgabenbehörde wies den Antrag gemäß § 303 BAO mit Bescheid vom ab. Die Bf nenne keine Tatsachen, die als neu hervorgekommene Tatsachen iSd § 303 Abs. 1 lit b BAO zu qualifizieren seien. Sie führe ausschließlich rechtliche Beurteilungen und vermeintliche Rechtsirrtümer an, die den Wiederaufnahmetatbestand nach übereinstimmender Auffassung in Literatur und Rechtsprechung nicht erfüllen.

Die Überprüfung des Zustandekommens von Gesetzen oder höchstgerichtlichen Entscheidungen auf Rechtmäßigkeit und Richtigkeit liege nicht im Aufgabenbereich eines Finanzamtes und ebenfalls nicht, ob das BMF - wie behauptet - durch Fehler in einem EU-Verfahren eine EU-Meinung "erschlichen habe".

Anzumerken sei, dass das Finanzamt nicht im Wege der Wiederaufnahme gemäß § 303 BAO entscheiden könne, ob ein Erkenntnis des BFG rechtens ist, das Finanzamt sei an die Rechtsmeinung des BFG gebunden.

Die im Antrag angeführte falsche Berechnung des Vergütungsbetrages für Jänner 2011 durch das BFG sei ebenfalls keine neu hervorgekommene Tatsache, da der Antrag vom dem BFG im Zeitpunkt der Entscheidung bekannt gewesen sei.

Die Bf beantrage in eventu die Wiederaufnahme gemäß § 303 Abs. 1 lit a BAO, weil sich die Behörden oder sogar Gerichte den Bescheid (gemeint dürfte das das Verfahren abschließende Erkenntnis des sein) "sonstwie erschlichen" hätten. Gegen wen sich der Erschleichungsvorwurf konkret richte, gehe nicht hervor. Ein "sonstwie Erschleichen" könne jedenfalls nur durch die Partei und nicht durch die Behörden oder Gerichte erfolgen.

In der Beschwerdevom verzichtete die Bf auf eine Beschwerdevorentscheidung und verwies darauf, dass im gegenständlichen Antrag sehr wohl neu hervorgekommene Tatsachen genannt werden. Zur falschen Berechnung des BFG wird zusätzlich angemerkt, dass das Neue die nicht dem Antrag entsprechende Berechnung des Vergütungsbetrages betreffe und sich daher als neu darstelle.

Wenn die belangte Behörde meine, ein "sonstwie Erschleichen" könne nur durch die Partei und nicht durch die Behörde oder Gerichte erfolgen, sei zu entgegnen, dass durch die vorliegenden Tatsachen bewiesen sei, dass auch Behörden und selbst Gerichte den Tatbestand des "sonstwie Erschleichens" erfüllen können. Der Tatbestand sei durch das BMF in den beiden Mitteilungen an die Europäische Kommission im Sinne einer AGVO vom bzw sowie in seiner Erklärung an den EuGH in der Rs C-585/17 und durch den VwGH in seinem Vorlageantrag an den EuGH in der Rs C-585/17 verwirklicht worden. Zur ausführlichen Darstellung werde auf die Beschwerde der Bf zur Vergütung von Energieabgaben für 2016 - 2018 und 2019 verwiesen.

Abschließend beantragte der steuerliche Vertreter den angefochtenen Abweisungsbescheid vom aufzuheben und in eventu dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens vom stattzugeben.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf betreibt unbestritten ein Dienstleistungsunternehmen, dessen Schwerpunkt nicht in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter besteht. Die Anträge der Bf auf Vergütung von Energieabgaben für die Kalenderjahre 2011 bis 2015 hat die Abgabenbehörde abgewiesen. Im anschließenden Rechtsmittelverfahren hat auch das Bundesfinanzgericht der Bf keinen Anspruch auf Energieabgabenvergütung zuerkannt - mit Ausnahme des Monats Jänner 2011, für den eine Vergütung von 22.254,71 Euro festgesetzt wurde - und die (ordentliche) Revision nicht zugelassen (). Eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhob die Bf nicht.

Die Beschwerde betreffend Vergütung von Energieabgaben für die Kalenderjahre 2016 bis 2019 hat das Bundesfinanzgericht mangels Anspruchs auf Energieabgabenvergütung ebenfalls abgewiesen (). Der Verfassungsgerichtshof hat in der Folge die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis gerichteten Beschwerde abgelehnt ().

Strittig ist nun, ob die belangte Behörde den am eingebrachten Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 lit b und in eventu lit a BAO betreffend Energieabgabenvergütung für 2011 bis 2015 zu Recht abgewiesen hat.

Die (eingangs dargestellten) geltend gemachten Wiederaufnahmegründe sind der Bf laut Vorbringen im Wiederaufnahmeantrag erst aufgrund der Stellungnahme des nunmehr unterbevollmächtigten steuerlichen Vertreters vom bekannt geworden.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus den Akten des Verwaltungsverfahrens und steht unbestritten fest.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 2 Abs. 1 Energieabgabenvergütungsgesetz (EAVG) 1996 idF BGBl I 111/2010 besteht ein Anspruch nur für Betriebe, deren Schwerpunkt nachweislich in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter besteht und soweit sie nicht die in § 1 Abs. 3 genannten Energieträger oder Wärme (Dampf oder Warmwasser), die aus den in § 1 Abs. 3 genannten Energieträgern erzeugt wurde, liefern.

Gemäß § 303 Abs. 1 BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn
a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorkommen sind, oder
c) …
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Zum Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 lit b BAO:

Tatsachen und Beweismittel sind ein tauglicher Wiederaufnahmsgrund, wenn sie neu hervorgekommen sind, dh wenn sie im abgeschlossenen Verfahren bereits vorhanden waren, aber nicht berücksichtigt wurden; kein tauglicher Wiederaufnahmsgrund hingegen sind sie, wenn sie erst nach Erlassung des Bescheides im abgeschlossenen Verfahren neu entstanden sind (vgl zB , 2004/15/0083-0085).

Eine neue rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes ist keine Tatsache, gleichgültig, ob die neuen Beurteilungskriterien durch eine Änderung der Verwaltungspraxis oder der Rechtsprechung oder nach früherer Fehlbeurteilung oder Unkenntnis der Gesetzeslage gewonnen werden; die nachteiligen Folgen einer früheren unzutreffenden Würdigung oder Wertung des offen gelegt gewesenen Sachverhaltes oder einer fehlerhaften rechtlichen Beurteilung, gleichgültig, durch welche Umstände veranlasst, lassen sich bei unveränderter Tatsachenlage nicht nachträglich im Wege einer Wiederaufnahme beseitigen (vgl zB ; ; ; , 2010/15/0064).

Bei einem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ist das Neuhervorkommen von Tatsachen aus der Sicht des Antragstellers zu beurteilen. Nur wenn die neue Tatsache für den Antragsteller neu hervorgekommen ist und ihm somit zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch nicht bekannt war, kann sie von ihm zum Gegenstand eines Wiederaufnahmsverfahrens gemacht werden ().

Einem Urteil des EuGH zur Auslegung von Gemeinschaftsrecht kommt in einem Vorabentscheidungsverfahren die Wirkung zu, eine bereits vorher bestehende Rechtslage zu klären (vgl ,Willy Kempter KG, Rn 35). Es verschafft daher allenfalls eine neue rechtliche Erkenntnis, die zu einer anderen rechtlichen Würdigung eines verwirklichten Sachverhaltes führt, lässt aber den Sachverhalt (und auch etwa einen früheren, Tatbestandswirkung entfaltenden Bescheid) unberührt ().

Verwertet die Abgabenbehörde ein ihr vorliegendes Beweismittel nicht und wird verabsäumt, dagegen zu berufen, dann führt auch die Rüge der Verfahrensmängel zu keiner Wiederaufnahme; es wäre dies eine unzulässige Umgehung der eingetretenen Rechtskraft (, ÖStZB 1989, 162).

Sind im abgeschlossenen Verfahren nach der Behauptung des Abgabepflichtigen Ermittlungs- und Feststellungsmängel unterlaufen, kann die - erforderliche - Beschwerde vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts nicht durch einen Wiederaufnahmsantrag ersetzt werden (, ÖStZB 2004, 29).

Für den gegenständlichen Wiederaufnahmeantrag gemäß § 303 Abs. 1 lit b BAO bedeutet diese Judikatur folgendes:

- Bei Anwendung der angegebenen Rechtssätze des Verwaltungsgerichtshofes sind die Einwendungen der Bf nicht als taugliche Wiederaufnahmsgründe zu beurteilen. Es handelt sich vielmehr um neue rechtliche Beurteilungen des Sachverhaltes.

- Soweit die geltend gemachten Umstände bereits im Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts () erörtert wurden, handelt es sich keinesfalls um neu hervorgekommene Tatsachen, also solche die der Bf erst nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens bekannt geworden sind.

- Was den Vorwurf der falschen Berechnung des Vergütungsbetrages für Jänner 2011 im Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts betrifft, räumt die Bf ein, dass der bereits im Antrag auf Energieabgabenvergütung 2011 genannte Betrag für Jänner 2011 nicht neu hervorgekommen ist. Neu sei aber die nicht dem Antrag entsprechende Berechnung des Vergütungsbetrages.

Dem ist entgegenzuhalten, dass eine allenfalls unzutreffende Wertung des offengelegt gewesenen Sachverhaltes sich in Hinblick auf die zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung nicht im Wege einer Wiederaufnahme beseitigen lässt. Die Beurteilung von bereits durch die Bf bekanntgegebenen Beträgen durch das Bundesfinanzgericht ist keine neue Tatsache. Es bedarf auch keiner weiteren Erläuterung, dass der Spruch des Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichts selbst, mit dem das Verfahren betreffend Energieabgabenvergütung 2011 - 2015 abgeschlossen wurde, keine nach Abschluss dieses Verfahrens neu hervorgekommene Tatsache sein kann.

- Bezüglich des Vorwurfs der "anscheinend irrtümlichen" Nichtanerkennung des Anspruchs auf Energieabgabenvergütung für 2014 und 2015 ist darauf zu verweisen, dass in dieser rechtlichen Würdigung des Bundesfinanzgerichts keine neue Tatsache zu sehen ist.

- Eine von der Bf aus welchen Gründen auch immer unterlassene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder (außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof kann nicht durch einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ersetzt werden.

- Die Kenntnis der von der Bf geltend gemachten Umstände hätte überdies keinen im Spruch anders lautenden Bescheid bzw kein anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt. Die Ablehnung der Vergütung von Energieabgaben für Dienstleistungsbetriebe ab 2/2011 entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ebenso wie jener des Verfassungsgerichtshofes.

Dazu ist auf das Erkenntnis , betreffend die von der Bf beantragte Energieabgabenvergütung für die Folgejahre 2016 bis 2019 zu verweisen. Bereits in diesem Erkenntnis setzte sich das Bundesfinanzgericht mit den auch im vorliegenden Verfahren vorgebrachten verfassungs- und europarechtlichen Bedenken sowie der höchstgerichtlichen Rechtsprechung () auseinander.

In jenem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof zu Recht erkannt, dass die Einschränkung des Energieabgabenvergütungsanspruches auf Betriebe, deren Schwerpunkt in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter liegt, durch das Budgetbegleitgesetz mit wirksam in Kraft getreten ist. Dem Bundesfinanzgericht kommt angesichts seiner Stellung im Gefüge der Rechtsordnung nicht die Kompetenz zu, Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes einer Prüfung zu unterziehen (siehe Art. 133 Abs. 4 B-VG).

Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der Beschwerde der Bf gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts () unter Verweis auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ( ua.) mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg abgelehnt ().

Selbst wenn man also - dem Vorbringen der Bf folgend - eine neu hervorgekommene Tatsache erkennen sollte, hätte dies im gegenständlichen Verfahren betreffend Energieabgabenvergütung 2011 bis 2015 vor dem Hintergrund der angeführten höchstgerichtliche Rechtsprechung zu keinem anders lautenden Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts führen können.

- Aus all diesen Erwägungen besteht kein Anspruch der Bf gemäß § 303 Abs. 1 lit b BAO auf Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens betreffend Energieabgabenvergütung 2011 - 2015.

Zum Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 lit a BAO:

Der Tatbestand des Erschleichens ist erfüllt, wenn die Partei vor der Behörde objektiv unrichtige Angaben von wesentlicher Bedeutung mit Irreführungsabsicht macht und diese unrichtigen Angaben dem Bescheid zu Grunde gelegt werden; das Verschweigen wesentlicher Umstände ist dem Vorbringen unrichtiger Angaben gleichzusetzen (, 0003; ; ).

Der im § 303 Abs 1 lit a BAO angeführte Tatbestand "sonstwie erschlichen" setzt nicht die Strafbarkeit des Verhaltens voraus().

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes kann eine Erschleichung nur von der Partei oder ihrem Vertreter vorgenommen werden, da im Tatbestand "Erschleichen" ein "Sichzuwenden" liegt, wofür jedenfalls die Behörde bzw ein Verwaltungsgericht oder ein Dritter nicht in Betracht kommt ().

Von Stoll, BAO, 2918, wird ebenfalls verneint, dass Dritte einen Bescheid erschleichen können.

Für den gegenständlichen Eventualantrag auf Wiederaufnahme gemäß § 303 Abs. 1 lit a BAO bedeuten diese Grundsätze folgendes:

- Der steuerliche Vertreter macht geltend, die Veröffentlichung der "vorsätzlich falschen Mitteilung" des BMF an die Europäische Kommission vom im Amtsblatt sei "erschlichen" worden. Darüber hinaus habe der Verwaltungsgerichtshof in seinem Vorlagebeschluss vom , Ro 2016/15/0041, an den EuGH in der Rs C-585/17 den Tatbestand des Erschleichens verwirklicht.

Da der Tatbestand des Erschleichens nur von der Partei erfüllt werden kann, sind die behaupteten Wiederaufnahmegründe von vorne herein auszuschließen.

- Darüber hinaus müssen auch für den Tatbestand des Erschleichens die geltend gemachten Wiederaufnahmegründe geeignet sein, einen anders lautenden Bescheid herbeizuführen. Dies ist hier angesichts der höchstgerichtlichen Judikatur nicht der Fall, wobei auf die entsprechenden Ausführungen zur Wiederaufnahme gemäß § 303 Abs. 1 lit b BAO verwiesen wird. Soweit die Bf hinsichtlich Erschleichungstatbestand auf ihr Vorbringen im Verfahren betreffend Energieabgabenvergütung für 2016 - 2019 Bezug nimmt, so hat der VfGH die Bedenken der Bf nicht geteilt und hat die Behandlung ihrer VfGH-Beschwerde abgelehnt. Die Argumente der Bf sind auch im vorliegenden Verfahren nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.

- Es besteht daher auch kein Anspruch der Bf gemäß § 303 Abs. 1 lit a BAO auf Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens betreffend Energieabgabenvergütung 2011 - 2015.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen dieses Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Erkenntnis weicht nicht von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zB. ) ab.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 Abs. 1 Energieabgabenvergütungsgesetz, BGBl. Nr. 201/1996
Verweise


ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7102572.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at