Höhe des Sachbezugsansatzes für ein arbeitgebereigenes Kfz und Pendlerpauschale
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri***
in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***,
betreffend den Bescheid des ***FA*** vom
hinsichtlich Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017, Steuernummer ***BF1StNr1***,
zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem am Ende der Entscheidungsgründe als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen, das einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses bildet.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Der angefochtene Bescheid enthielt u. A. die Begründung, die Fragen des Finanzamtes zur privaten Nutzung des firmeneigenen Kfz seien nicht konkret beantwortet worden. Es sei daher der höchste Sachbezugswert von € 960 pro Monat in Ansatz gebracht worden.
In der dagegen eingebrachten Beschwerde führte der Beschwerdeführer aus:
Wie angefordert habe er eine Bestätigung seines Arbeitgebers vorgelegt, aus der hervorgehe, dass er ab ein firmeneigenes Kfz zur Verfügung gestellt bekommen habe. Im Jahr 2017 (Anm.: = Streitjahr) sei dies nicht der Fall gewesen. Er sei daher der Meinung gewesen, es bestehe keine Notwendigkeit, den Zulassungsschein vorzulegen und die Anschaffungskosten nachzuweisen.
Durch eine Sachbearbeiterin des Finanzamtes sei ihm telefonisch mitgeteilt worden, da er laut Einkommensteuererklärung 2017 kein Pendlerpauschale geltend gemacht habe, sei man davon ausgegangen, dass er auch schon 2017 ein Firmenfahrzeug benutzt habe. Zweifellos hätte sein Steuerberater über ein allenfalls zustehendes Pendlerpauschale Bescheid gewusst.
Er habe den Steuerberater jedoch lediglich in der Frage der Gewerkschaftsbeiträge konsultiert. Im Streitjahr habe er an 118 Tagen Bereitschaftsdienst geleistet, an diesen Tagen sei ihm ein firmeneigenes Kfz zur Verfügung gestanden, um ihm die Möglichkeit zu geben, binnen 45 Minuten vor Ort zu sein. Aus diesem Grund habe er kein Pendlerpauschale geltend gemacht.
Der Beschwerdeführer legte ein Bereitschaftsreglement ("Pikettregelung ***1*** AG") bei. Darin heißt es unter Punkt 6, Transportmittel, "Dem Pikettdienstleistenden steht für die Zeit des Dienstes ein zugewiesenes Poolfahrzeug zur Verfügung."
In der Folge erging eine abändernde Beschwerdevorentscheidung mit nachstehender Begründung:
Auch wenn das Firmenfahrzeug im Streitjahr lediglich an Tagen mit Bereitschaftsdienst zur Verfügung gestanden sei, handle es sich um einen Vorteil aus dem Dienstverhältnis. Dieser sei durch einen sogenannten Sachbezug zu versteuern. Ausgehend von einem Anschaffungspreis von netto CHF. 37.777,78 und einem Umrechnungskurs für den Schweizer Franken von € 0, 886030 ergebe sich ein monatlicher Sachbezug von CHF. 988,27, das sind € 875,63 (anstelle von € 960 laut angefochtenen Bescheid).
Der Beschwerdeführer brachte einen Antrag auf Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht ein und erläuterte:
Er habe an 118 Tagen Bereitschaftsdienst geleistet. An diesen Tagen sei ihm von der Firma ein Bereitschaftsfahrzeug zur Verfügung gestellt worden, das er zur Fahrt zwischen Wohnort und Arbeitsplatz benutzt habe. Er verwies auf das bereits vorgelegte Bereitschaftsreglement.
Er habe also das Fahrzeug beruflich verwenden müssen. Dafür werde ihm nun ein Sachbezug in Höhe von € 10.507,64 in Ansatz gebracht und besteuert.
Das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers am Bereitschaftsdienst dränge den Vorteil des Arbeitnehmers zurück. Das Fahrzeug werde nur benutzt um bei einem Ereignisfall innerhalb der geforderten Zeit vor Ort sein zu können. Ein geldwerter Vorteil für Fahrten zwischen Wohnort und Arbeitsstätte sei nicht zu erfassen, wenn ein Arbeitnehmer ein Firmenfahrzeug ausschließlich an den Tagen für seine Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutze, an denen es erforderlich werden könne, dienstliche Fahrten vom Wohnort aus anzutreten.
Die Privatnutzung für die Fahrten zwischen Wohnort und Arbeitsstätte ergebe sich lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen. Es sei zudem fragwürdig, wieso für 118 Tage Bereitschaftsdienst der volle Sachbezug berechnet werde. Bei insgesamt ca. 260 Arbeitstagen seien 118 Tage lediglich 45 % der gesamten jährlichen Arbeitstage. Der Arbeitsweg betrage pro einfache Wegstrecke 11 km, das seien pro Tag 22 km. Bei 118 Tagen, an denen Bereitschaftsdienst geleistet wurde, würde sich daher eine private Kilometerleistung von 2.596 km ergeben. Es müsste dafür ein reduzierter Sachbezug angesetzt werden.
Er verwies auf die Fachliteratur, wonach, wenn der Dienstnehmer das Firmen-Kfz nur sehr selten für Privatfahrten verwende, ein Sachbezug auf Basis der privat gefahrenen Kilometer angesetzt werden könne. Für Fahrten ohne Chauffeur werde pro privat gefahrenem Kilometer ein Ansatz von € 0,67 veranschlagt. Multipliziere man die von ihm gefahrenen privaten Kilometer (Wohnung-Arbeitsplatz und zurück), nämlich 2.596 mit 0,67, so ergebe sich ein Sachbezugswert von € 1.739,32 jährlich. Dies sei weniger als die Hälfte des halben Sachbezugswertes.
Zudem würde ihm für die restlichen Arbeitstage ein Pendlerpauschale zustehen.
Ermittlungen durch die Richterin
Die Richterin des Bundesfinanzgerichtes wandte sich mit einem Vorhalt wie nachstehend an den Beschwerdeführer:
"Das von Ihnen eingereichte Bereitschaftsreglement ist allgemeiner Natur und nicht speziell auf Ihren Fall bezogen.
1. Reichen Sie daher bitte eine Bestätigung Ihres Arbeitgebers ein, aus der hervorgeht, an welchen Tagen Sie Bereitschaftsdienst hatten (wie also die von Ihnen angegebenen 118 Bereitschaftsdiensttage im Streitjahr gelagert waren).
2. War es Ihnen an diesen Tagen erlaubt, über die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte hinaus das Arbeitgeber-Kfz auch privat zu nutzen? Auch dazu wird eine Bestätigung des Arbeitgebers erbeten.
3. Zur Frage eines allenfalls für Lohnzahlungszeiträume im Streitjahr zustehenden Pendlerpauschales ist auszuführen: Das sogenannte "kleine Pendlerpauschale" wird dann gewährt, wenn die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mindestens 20 km beträgt und die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar ist. Das "große Pendlerpauschale" gebührt dann, wenn die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar ist. In Ihrem Vorlageantrag beantragen Sie "für die restlichen Arbeitstage ein Pendlerpauschale". Da die Entfernung zwischen Ihrer Wohnung und Ihrer Arbeitsstätte lediglich 11 km beträgt, scheinen Sie auf das große Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z. 6 lit. d EStG 1988 abzuzielen. Legen Sie daher dar, worauf sich in Ihrem Fall die Unzumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels im Sinne der Kriterien nach § 2 Pendler-VO stützt (kein Massenbeförderungsmittel vorhanden, gesundheitliche Gründe mit Nachweis durch Behindertenpass, Unzumutbarkeit aufgrund der Länge der Fahrzeit)."
In Beantwortung des Vorhalts reichte der Beschwerdeführer eine Bestätigung seines Arbeitgebers über die insgesamt 118 Tage, an denen er im Streitjahr Bereitschaftsdienst geleistet hatte, ein.
Unter der tabellarischen Terminaufstellung ist seitens des Arbeitgebers vermerkt: "Das Pikettfahrzeug stand im Jahr 2017für die Fahrt zwischen Arbeitsstätte und Wohnort zur Verfügung, um bei einem Einsatz in der geforderten Zeit vor Ort sein zu können".
Zu Pkt. 3) des Vorhalts führte der Beschwerdeführer wie folgt aus:
"Ich arbeite als Haustechniker für die ***1*** AG. Ich betreue da die gesamte komplexe Haustechnik, wie auch externe und interne Veranstaltungen. Im Jahr 2017 fanden sehr viele (glaube weit über 200) Veranstaltungen statt. Da kommt es täglich vor, dass der Dienstbeginn und das Dienstende variiert. Das reicht von in der Früh um 4:30 Uhr bis teilweise spät in die Nacht. Je nachdem, wann eine Veranstaltung beginnt und endet. Dann muss oft noch auf- und abgebaut werden. Auch technische Probleme kommen immer wieder vor, sodass man oft die gewünschte öffentliche Verkehrsverbindung verpasst. Bei einem geregelten Bürojob kann man sehr wohl auf die öffentlichen Verkehrsmittel zugreifen, aber nicht als Haustechniker mit ungeregelten Arbeitszeiten".
Betreffend Punkt 3) richtete die Richterin einen weiteren Vorhalt mit folgendem Text an den Beschwerdeführer:
"In Ihrer Vorhaltsbeantwortung haben Sie zu Punkt 3) betreffend Pendlerpauschale ausgeführt, im Streitzeitraum überwiegend unregelmäßige Dienstzeiten gehabt zu haben, die etwa von morgens 4:30 Uhr bis spät in die Nacht reichten. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sei für Sie daher unmöglich gewesen.
Reichen Sie insofern bitte eine Bestätigung Ihres Arbeitgebers darüber ein, dass für Sie im Streitjahr außer an den 118 Tagen mit Bereitschaftsdienst - an denen Ihnen ohnehin ein arbeitgebereigenes Kfz zur Verfügung stand - die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen außerhalb des Fahrplanes liegender Arbeitsbeginn- und Endzeiten unmöglich war."
Im Zuge eines daran anschließenden Schriftenwechsels reichte der Beschwerdeführer eine Bestätigung seines Arbeitgebers ein, wonach er als Gesamtverantwortlicher für die Infrastruktur und Sicherheit des Gebäudes ***2*** auch außerhalb des Pikettdienstes unvorhergesehene und außerhalb der üblichen Arbeitszeit liegende Einsätze habe. Das sei auch im Streitjahr 2017 so gewesen, insbesondere im Zusammenhang mit der Betreuung von Veranstaltungen, die teilweise früh begonnen und bis spät abends gedauert hätten. Zeiterfassung lägen diesbezüglich nicht vor, über allfällige Dokumentationen müsste der Beschwerdeführer selbst verfügen.
Nochmals zu solchen Dokumentationen befragt, reichte der Beschwerdeführer schließlich ein Konvolut von E-Mails aus dem Streitjahr ein, die zu später Stunde gesendet worden waren. Er fügte an, er wisse nicht, ob dies ausreiche, da ja E-Mails auch von Zuhause aus gesendet werden könnten.
Zusätzlich legte er Veranstaltungspläne aus dem Streitjahr vor, die in kalendarischer Übersicht Meetings, Seminare, Aufsichtsratssitzungen, Vorträge, Workshops, Konzerte, Ausstellungseröffnungen etc. für die Zeiträume Juli bis September 2017, August bis Oktober 2017 und Oktober bis Dezember 2017 ausweisen.
II. Sachverhalt
Der Beschwerdeführer war im Streitjahr als Haustechniker für die ***1*** AG in der Schweiz tätig.
Er betreute die gesamte Haustechnik im ***2***, wie auch externe und interne Veranstaltungen.
Für 118 Tagen, an denen er Bereitschaftsdienst hatte, stellte ihm sein Arbeitgeber ein Poolfahrzeug zur Verfügung, um die Strecke zwischen Wohn- und Arbeitsort schnellstmöglich zurücklegen zu können.
Der Beschwerdeführer führte kein Fahrtenbuch.
Seine Arbeitszeiten waren unregelmäßig.
Die Feststellungen zum Sachverhalt gründen sich auf unstrittigen Akteninhalt.
III. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Gesetzliche Grundlagen und rechtliche Beurteilung
1.1. Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)
Gemäß § 15 Abs. 1 EStG 1988 liegen Einnahmen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 Z. 4-7 zufließen ….
Gemäß Abs. 2 Z. 1 leg cit. sind geldwerte Vorteile (Wohnung, Heizung, Beleuchtung, Kleidung, Kost, Waren, Überlassung von Kraftfahrzeugen zur Privatnutzung und sonstige Sachbezüge) mit den um übliche Preisnachlässe verminderten üblichen Endpreisen des Abgabeortes anzusetzen.
Gemäß Abs. 2 Z. 2 leg. cit. wird der Bundesminister für Finanzen ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz die Höhe geldwerter Vorteile mit Verordnung festzulegen sowie in der Verordnung für die Zurverfügungstellung von Kraftfahrzeugen, Krafträdern und Fahrrädern im Interesse ökologischer Zielsetzungen Ermäßigungen und Befreiungen vorzusehen.
Entsprechend der Verordnung über die bundeseinheitliche Bewertung bestimmter Sachbezüge ab 2002 (BGBl II 2001/416, zuletzt geändert durch BGBl II 2015/395) gilt:
§ 4 (1) Besteht für den Arbeitnehmer die Möglichkeit, ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für nicht beruflich veranlasste Fahrten einschließlich Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu benützen, gilt Folgendes:
1. Es ist ein Sachbezug von 2 % der tatsächlichen Anschaffungskosten des Kraftfahrzeuges (einschließlich Umsatzsteuer und Normverbrauchsabgabe), max. € 960 monatlich, anzusetzen…..
(2) Beträgt die monatliche Fahrtstrecke für Fahrten im Sinne des Abs. 1 im Jahr nachweislich nicht mehr als 500 km, ist ein Sachbezug im Ausmaß des halben Sachbezugswertes gemäß Abs. 1 anzusetzen. Unterschiedliche Fahrtstrecken in den einzelnen Lohnzahlungszeiträumen sind dabei unbeachtlich.
(3) Ergibt sich für ein Fahrzeug mit einem Sachbezug
1. von 2 % (Abs. 1 Z. 1) bei Ansatz von € 0,67 (Fahrzeugbenützung ohne Chauffeur) …
….pro Kilometer Fahrtstrecke im Sinne des Abs. 1 ein um mehr als 50 % geringerer Sachbezugswert als nach Abs. 2 ist der geringere Sachbezugswert anzusetzen. Voraussetzung ist, dass sämtliche Fahrten lückenlos in einem Fahrtenbuch aufgezeichnet werden.
Gemäß § 16 Abs. 1 Z. 6 EStG 1988 sind Werbungskosten u. a. Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt: a) Diese Ausgaben sind durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 Z. 1 EStG 1988) abgegolten. Nach Maßgabe der lit. b bis j steht zusätzlich ein Pendlerpauschale sowie nach Maßgabe des § 33 Abs. 5 Z. 4 ein Pendlereuro zu. Mit dem Verkehrsabsetzbetrag, dem Pendlerpauschale und dem Pendlereuro sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten.
b) Wird dem Arbeitnehmer ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung gestellt, steht kein Pendlerpauschale zu.
Gemäß § 16 Abs. 1 Z. 6 lit. j wird der Bundesminister für Finanzen ermächtigt, Kriterien zur Festlegung der Entfernung und der Zumutbarkeit der Benützung eines Massenverkehrsmittels mit Verordnung festzulegen.
Gemäß § 2 Abs. 1 der Verordnung über die Kriterien zur Ermittlung des Pendlerpauschales und des Pendlereuros, zur Einrichtung eines Pendlerrechners und zum Vorliegen eines Familienwohnsitzes (Pendlerverordnung), BGBl II Nr. 276/2013, zuletzt geändert durch BGBl II Nr. 154/2014, ist die Zumutbarkeit bzw. Unzumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels nach Z. 1 und Z. 2 zu beurteilen. Dabei sind die Verhältnisse gemäß § 1 zugrunde zu legen. Umstände, die die Zumutbarkeit bzw. Unzumutbarkeit begründen, müssen jeweils überwiegend im Kalendermonat vorliegen.
1. Unzumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels liegt vor, wenn, a) zumindest für die Hälfte der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte oder zwischen Arbeitsstätte und Wohnung nach Maßgabe des § 1 kein Massenbeförderungsmittel zur Verfügung steht oder b) der Steuerpflichtige über einen gültigen Ausweis gemäß § 29b der Straßenverkehrsordnung 1960 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 39/2013 verfügt oder c) die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung oder wegen Blindheit für den Steuerpflichtigen im Behindertenpass… eingetragen ist.
Strittig ist:
A) In welcher Höhe ist ein Sachbezug für jene Zeiträume, in denen dem Beschwerdeführer ein arbeitgebereigenes Kfz zur Verfügung stand, in Ansatz zu bringen? B) Steht dem Beschwerdeführer für die über A) hinausgehenden Zeiträume wegen Unzumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels iSd § 2 Abs. 1 Z. 1 lit. a der Pendlerverordnung ein großes Pendlerpauschale zu?
Nicht strittig ist die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die rund 11 km beträgt.
Außer Streit steht zwischen den Parteien des Verfahrens inzwischen auch, dass für einen Arbeitnehmer, der ein arbeitgebereigenes Kfz für seine Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benützen darf, grundsätzlich ein Sachbezug in Ansatz zu bringen ist.
ad A) Sachbezug: Der generellen - den Beschwerdeführer und andere betreffenden - Pikettvereinbarung ist zu entnehmen, dass der Arbeitgeber dem Pikettdienstleistenden für die Zeit des Dienstes ein zugewiesenes Poolfahrzeug zur Verfügung stellt. Der speziell den Beschwerdeführer betreffenden tabellarischen Aufstellung jener Tage, an denen er im Streitjahr Pikettdienst leistete, ist von Seiten des Arbeitgebers die Erklärung beigefügt, dass das Fahrzeug für die Fahrt "zwischen Arbeitsstätte und Wohnort" im Sinne eines "rechtzeitigen Einsatzes" zur Verfügung stand.
In Zusammenschau mit Frage 2) des Vorhaltes I der Richterin kann diese Aussage so verstanden werden, dass eine Privatnutzung über die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte hinaus nicht gestattet war.
Bei einer Kilometerleistung von 2x11x118 ergibt sich daher, dass zweifellos eine monatliche Fahrtstrecke von nicht mehr als 500 km zurückgelegt wurde, was einen Ansatz des halben Sachbezugswertes gemäß § 4 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 der Sachbezugswerteverordnung rechtfertigt.
Der vom Beschwerdeführer angesprochene, geringst-mögliche Sachbezugsansatz gemäß § 4 Abs. 3, letzter Satz, Sachbezugswerteverordnung, würde demgegenüber die lückenlose Aufzeichnung sämtlicher Fahrten in einem Fahrtenbuch voraussetzen. Dem steht im Streitfall die Tatsache entgegen, dass ein Fahrtenbuch nicht geführt wurde. § 4 Abs. 3 normiert zwingendes Recht, dessen Anwendung nicht im Ermessen der Abgabenbehörde oder des Bundesfinanzgerichtes liegt (vgl. ).
Der in § 4 Abs. 2 der Sachbezugswerteverordnung für den Hälfteansatz geforderte Nachweis, dass die Privatfahrten im Jahresdurchschnitt nicht mehr als 500 km monatlich betrugen, kann hingegen mit einem ordnungsgemäß geführten Fahrtenbuch oder mit anderen Beweismitteln erbracht werden. Diesen Beweis erachtet das Bundesfinanzgericht gegenständlich durch die eingereichte Tabelle über die Pikettdiensttage sowie die Arbeitgeberbestätigung über die eingeschränkte Fahrzeugnutzung als erbracht.
Der Sachbezug gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit Abs. 2 der Sachbezugswerteverordnung errechnet sich daher wie folgt:
Bei einem Anschaffungspreis von netto CHF 37.777,78 (Umrechnungskurs laut Steuerberater 0,927816) zzgl. 9 % NoVa zzgl. 20% USt ergibt sich eine Bemessungsgrundlage von € 45.846. Der auf dieser Grundlage zu ermittelnde, 2%-ige Sachbezug beträgt € 916,92 pro Monat, das ist ein Jahressachbezug von € 11.003,15. Der halbe - im Streitfall in Ansatz zu bringende - Sachbezug beläuft sich somit auf € 5.502.
ad B) Pendlerpauschale (außerhalb der Pikettdiensttage): Es ist dem Beschwerdeführer mit den von ihm eingereichten Unterlagen nicht gelungen nachzuweisen, dass die Umstände, die für ihn eine überwiegende Unzumutbarkeit der Benützung von Massenbeförderungsmittel pro Kalendermonat begründeten, im Streitjahr vorlagen (§ 2 Abs. 1 Z. 1 lit. a Pendlerverordnung).
Wenn es auch durchaus glaubhaft ist, dass er unregelmäßige Arbeitszeiten hatte, kann allein aus dem nicht abgeleitet werden, dass der Arbeitsbeginn und das Arbeitsende für ihn überwiegend außerhalb der Betriebszeiten öffentlicher Verkehrsmittel lagen. Zu dem von ihm vorgelegten, dienstlichen E-Mail-Verkehr zu später Stunde hat er zutreffend selbst angemerkt, dass ein solcher auch von Zuhause aus abgewickelt werden kann. Die Kalenderübersicht für den Zeitraum Juli bis Dezember des Streitjahres zeigt lediglich auf, an welchen Tagen welchen Monats welche Veranstaltung stattfand, nicht aber, inwieweit der Beschwerdeführer daran beteiligt war bzw. wann er an diesen Veranstaltungstagen seinen Dienst antrat und/oder beendete.
Ein Pendlerpauschale konnte dem Beschwerdeführer daher nicht zuerkannt werden.
Insgesamt war wie im Spruch zu entscheiden.
1.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gegenstand der Beschwerdebeurteilung waren einerseits einer Revision nicht zugängliche Sachverhaltsfragen, andererseits - soweit der geringst-mögliche Sachbezugswert gemäß § 4 Abs. 3 der Sachbezugswerteverordnung in Frage stand - klar aus dem Gesetzeswortlaut ableitbare Tatbestandsvoraussetzungen.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 15 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 33 Abs. 5 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 2 Abs. 1 Z 1 lit. a Pendlerverordnung, BGBl. II Nr. 276/2013 § 4 Abs. 3 Z 1 Sachbezugswerteverordnung, BGBl. II Nr. 416/2001 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.1100288.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
SAAAC-29804