Empfängerbenennung (§ 162 BAO): Maßgeblichkeit der (auf Grundlage der Ermittlungsergebnisse im Wege der freien Beweiswürdigung zu lösenden) Sachverhaltsfrage, ob die Rechnungsaussteller die Erbringer der in Rechnung gestellten Leistungen an den Beschwerdeführer und somit die Empfänger der abgesetzten Beträge waren (fortgesetztes Verfahren)
VfGH-Beschwerde zur Zahl E 489/2023 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.; Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2023/15/0085.
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RV/2100729/2021-RS1 | Ist den Verwaltungsakten nicht zu entnehmen, dass der Prüfer die Vertreter der Beschwerdeführerin zur Empfängerbenennung nach § 162 BAO aufgefordert und auf die Rechtsfolge einer fehlenden oder mangelhaften Empfängerbenennung hingewiesen hat, so ist die Aufforderung zur Empfängerbenennung gemäß § 162 BAO im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht nachzuholen. Der Umstand, dass das Finanzamt bzw. das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung zur Feststellung gelangt sei, dass die Rechnungsaussteller nicht die Empfänger der abgesetzten Beträge sind, kann dieses Erfordernis auch dann nicht ersetzen, wenn sich die Beweiswürdigung als frei von Mängeln erweist (vgl. ). |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den ***Einzelrichter*** über die Beschwerden der ***Bf-GmbH***, ***Bf-GmbH-Adr***, vertreten durch Dr. Michael Kotschnigg, Stadlauer Straße 39/I/Top 12, 1220 Wien, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Umgebung vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Körperschaftsteuer 2008 sowie Körperschaftsteuer 2006 bis 2008 sowie 2010 zu Recht erkannt:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Zum Sachverhalt wird auf das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/2100604/2016, verwiesen.
DasBundesfinanzgerichthatim fortgesetzten Verfahren überdieBescheidbeschwerdenerwogen:
Wenn der Abgabepflichtige beantragt, dass Schulden, andere Lasten oder Aufwendungen abgesetzt werden, so kann die Abgabenbehörde verlangen, dass der Abgabepflichtige die Gläubiger oder die Empfänger der abgesetzten Beträge genau bezeichnet (§ 162 Abs. 1 BAO). Soweit der Abgabepflichtige die von der Abgabenbehörde gemäß Abs. 1 verlangten Angaben verweigert, sind die beantragten Absetzungen nicht anzuerkennen (§ 162 Abs. 2 BAO).
Nach übereinstimmender Auffassung von Lehre und Rechtsprechung ist der Abzug von Schulden und Aufwendungen mit der Namhaftmachung von Personen, die als Gläubiger oder Empfänger bezeichnet werden, noch nicht gesichert. Rechtfertigen nämlich maßgebliche Gründe die Vermutung, dass die benannten Personen nicht die Gläubiger bzw. Empfänger der abgesetzten Beträge sind, kann die Behörde den Abzug versagen ().
Empfänger im Sinn des § 162 Abs. 1 BAO ist derjenige, mit welchem der Steuerpflichtige in eine rechtliche Beziehung tritt, also der der Vertragspartner ist, der einerseits an den Steuerpflichtigen geleistet und andererseits die Gegenleistung empfangen hat. Die Antwort des Abgabepflichtigen auf ein Verlangen nach exakter Empfängerbenennung unterliegt - wie alle anderen Sachverhaltsangaben - der freien Beweiswürdigung der Abgabenbehörde. Wird ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften die Feststellung getroffen, dass die benannten Personen nicht die Gläubiger bzw. Empfänger der abgesetzten Beträge sind, hat die Behörde den Abzug zu versagen (; ).
Die Abgabenbehörde hat zur Begründung der Verfahrenswiederaufnahme und der Abgabenfestsetzungen die Aussage des damaligen Geschäftsführers der Beschwerdeführerin (***D***), die rechnungsausstellenden Firmen nicht gekannt zu haben (obwohl er "zu 99 Prozent" auf den Baustellen präsent gewesen sei und ihm die Verhältnisse vor Ort bestens bekannt gewesen seien), herangezogen (siehe Seite 5 vorletzter und letzter Absatz der Beilage zur Niederschrift über die Schlussbesprechung vom ) und den in Rechnung gestellten Beträgen unter Hinweis auf die "Empfängerbenennung" (siehe Seite 3 der Beilage zum Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung) den Betriebsausgabenabzug versagt.
Im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren zur GZ. RV/2010604/2016 hatte die Beschwerdeführerin mit ihrem gesamten (auch ausdrücklich auf § 162 BAO Bezug nehmenden) Vorbringen zu verstehen gegeben, dass sie dabei bleibe, dass die in Rechnung gestellten Leistungen von den Rechnungsausstellern erbracht worden sind und diese auch Empfänger der in Rechnung gestellten Beträge waren. Aufgrund dessen wurde die Beschwerdeführerin vom Bundesfinanzgericht bei der Erörterung der Sach- und Rechtslage am zum Nachweis aufgefordert, dass die Rechnungsaussteller tatsächlich eine Leistung erbracht hätten und tatsächlich Empfänger der Rechnungsbeträge gewesen seien (siehe Niederschrift).
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , Ra 2020/15/0019, das die Bescheidbeschwerden abweisende Erkenntnis des , wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit mit der Begründung aufgehoben, den Verwaltungsakten sei nicht zu entnehmen, dass der Prüfer die Vertreter der Beschwerdeführerin zur Empfängerbenennung nach § 162 BAO aufgefordert und auf die Rechtsfolge einer fehlenden oder mangelhaften Empfängerbenennung hingewiesen habe. Die Aufforderung zur Empfängerbenennung gemäß § 162 BAO sei auch im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht nicht nachgeholt worden (Rz. 21). Der Umstand, dass das Finanzamt bzw. das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung zur Feststellung gelangt sei, dass die gegenständlichen Rechnungsaussteller nicht die Empfänger der abgesetzten Beträge seien, könne dieses Erfordernis auch dann nicht ersetzen, wenn sich die Beweiswürdigung als frei von Mängeln erweise (Rz. 23).
Das Bundesfinanzgericht hat die Beschwerdeführerin im fortgesetzten Verfahren mit Schreiben vom gemäß § 162 BAO aufgefordert, die Empfänger der aufgrund der gegenständlichen Rechnungen abgesetzten Beträge genau zu bezeichnen, und darauf hingewiesen, dass die beantragten Absetzungen nicht anzuerkennen sind, soweit die verlangten Angaben verweigert werden.
Die Beschwerdeführerin hat - im Sinne ihres Vorbringens im Verfahren zu GZ. RV/2100604/2016 - mit Schreiben ihres steuerlichen Vertreters vom die gegenständlichen Rechnungsaussteller als Leistungserbringer und Zahlungsempfänger benannt (siehe Seite 1 und Seite 7). Neues Sachvorbringen hat die Beschwerdeführerin nicht getätigt.
Das Bundesfinanzgericht geht weiterhin davon aus, dass die Rechnungsaussteller nicht die Erbringer der in Rechnung gestellten Leistungen an die Beschwerdeführerin und somit nicht die Empfänger der abgesetzten Beträge waren. Zur Begründung wird vollinhaltlich auf das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/2100604/2016, verwiesen.
Die Beschwerden waren daher nach Ausräumung der vom Verwaltungsgerichtshof festgestellten inhaltlichen Rechtswidrigkeit mangels neuen Sachvorbringens unter Zugrundelegung der in der mündlichen Verhandlung am vorgetragenen Sache und der dort berichteten Ergebnisse bereits durchgeführter Beweisaufnahmen sowie des dort von Seiten der Beschwerdeführerin mündlich Vorgebrachten erneut als unbegründet abzuweisen.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da diese Voraussetzung im Hinblick auf die oben wiedergegebene Rechtsprechung nicht vorliegt, war auszusprechen, dass die Revision nicht zulässig ist.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 162 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 162 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.2100729.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at