Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.02.2022, RV/5100456/2015

Steuerfreiheit der Verwaltung von Sondervermögen in Form einer ausgelagerten elektronischen Leistungserbringung (Folgeerkenntnis nach EuGH vom 17.6.2021, Rs C-59/20, DBKAG)

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/5100456/2015-RS1
Wenn die Einräumung eines Nutzungsrechtes an einer individualisierten, in der erbrachten Form nur beim Leistungsempfänger nutzbaren Software, die ausschließlich der Durchführung von für das Risikomanagement und die Performancemessung wesentlichen Berechnungen dient, beim konkreten Leistungsempfänger ausschließlich für die Zwecke der Verwaltung von Sondervermögen erbracht wird, fallen diese ausgelagerten und auf elektronischem Weg erbrachten Verwaltungsleistungen unter die Steuerbefreiung nach § 6 Abs. 1 Z 8 lit. i UStG 1994. Dies gilt auch, wenn die Leistung nicht vollständig ausgelagert ist.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat nach Beantwortung des Ersuchens des BFG um Vorabentscheidung vom (RE/5100002/2020) durch das zu den verbundenen Rechtssachen C-58/20, K und C-59/20, DBKAG durch den Richter Dr. Ansgar Unterberger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Gernot Aigner, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Linz vom betreffend Wiederaufnahme der Umsatzsteuerverfahren für die Jahre 2009 und 2010, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide betreffend Umsatzsteuer 2009 und 2010 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden - ersatzlos - aufgehoben.

Die somit gemäß § 261 Abs. 2 zu erfolgenden Gegenstandsloserklärung der Beschwerden gegen die Jahresbescheide Umsatzsteuer 2009 und 2010 erfolgt in einem gesonderten Beschluss.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Vorbemerkung

Der Rechtsträger/Verwalter eines Investmentfonds bzw. eines Organismus zur gemeinsamen Veranlagung in Wertpapiere (OGAW) wurde nach dem in dieser die Jahre 2009 und 2010 betreffenden Beschwerdesache noch anzuwendenden InvFG 1993 als Kapitalanlagegesellschaft (KAG) bezeichnet.

Strittig ist, ob die Einräumung eines Nutzungsrechtes an einer Software, die der Durchführung von für das Risikomanagement und die Performancemessung wesentlichen Berechnungen dient, als ausgelagerte Leistung zur Verwaltung von Sondervermögen gemäß § 6 Abs. 1 Z 8 lit. i UStG 1994 (in Umsetzung des Art. 135 Abs. 1 lit. g MwStSystRl) steuerfrei ist.

Diese Frage stellt sich bereits im Zusammenhang mit den angefochtenen Bescheiden zur Wiederaufnahme der Umsatzsteuerverfahren 2009 und 2010. Da die zu dieser Frage anlässlich einer durchgeführten Betriebsprüfung hervorgekommenen Tatsachen nur dann eine Wiederaufnahme rechtfertigen, wenn diese Tatsachen auch zu einem im Spruch anders lautenden Bescheid führen. Die Bf1 (in der Folge: Beschwerdeführerin: Bf) hat die an die deutsche SC (in der Folge: SC) ausgelagerte Leistung als steuerfrei behandelt. Nach Ansicht des Finanzamtes handle es sich aber um eine steuerpflichtige Leistung, bei der die Steuerschuld nach dem Reverse Charge System (RCS) auf die Bf übergehe, wobei diese sog. RCS-Steuer aufgrund der eigenen unecht befreiten Umsätze der Bf nicht als Vorsteuer abzugsfähig sei.

Im Zusammenhang mit dieser strittigen Frage erging seitens des BFG am der Beschluss (RE/5100002/2020), dass dem EuGH die Frage, ob nach der genannten Richtlinienbestimmung auch die Einräumung eines Nutzungsrechtes an einer speziell für die Verwaltung von Sondervermögen entwickelte Spezialsoftware durch einen dritten Lizenzgeber an eine KAG unter die steuerfreie "Verwaltung von Sondervermögen" fällt, wenn diese Software ausschließlich der Erfüllung spezifischer und wesentlicher Tätigkeiten im Zusammenhang mit dieser Verwaltung von Sondervermögen dient, dabei aber auf der technischen Infrastruktur der KAG ausgeführt wird und ihre Funktion nur durch die untergeordnete Mitwirkung der KAG und unter laufender Heranziehung von durch die KAG bereitgestellten Marktdaten erfüllen kann, zur Vorabentscheidung vorgelegt wird.

Der EuGH entschied mit Urteil vom ( verbundene Rs C-58/20, K und C-59/20, DBKAG), dass die von Dritten an eine KAG erbrachte Einräumung eines Nutzungsrechtes an einer Software, die ausschließlich der Durchführung von für das Risikomanagement und die Performancemessung wesentlichen Berechnungen dient, unter die Befreiung gemäß Art 135 Abs. 1 lit. g MwStSystRl fällt, wenn sie eine enge Verbindung mit der Verwaltung von Sondervermögen aufweist und ausschließlich für die Zwecke der Verwaltung von Sondervermögen erbracht wird, auch wenn diese Leistung nicht vollständig ausgelagert ist.
Nach der für diese Rechtssache maßgeblichen Randnummern 58 und 61 des Urteiles hat das BFG -wie noch zu zeigen sein wird- insbesondere zu prüfen, ob die Einräumung des Nutzungsrechtes ausschließlich für Zwecke der Verwaltung von Sondervermögen erbracht wurde.

Wie ebenfalls noch darzustellen sein wird, hat der EuGH die weiters von der österreichischen Finanzverwaltung vorgebrachten Zweifel an der Anwendbarkeit der Befreiung sowie insbesondere auch die seitens des BFG aufgeworfenen Zweifel an der Eigenständigkeit der Leistung der SC und den Zweifeln bezüglich der Frage, wer die fraglichen Leistungen im Fall einer Lizenzeinräumung erbringt, nicht geteilt. Eine detaillierte Auseinandersetzung mit diesen Fragen erfolgt daher in diesem Erkenntnis nicht mehr.

Zur Vermeidung von Wiederholungen und mittlerweile aufgrund des EuGH Urteils weniger bedeutsamer Darstellungen im Vorverfahren wird diesbezüglich grundsätzlich auf die Ausführungen im /2020) und das in der verbundenen Rs C-58/20 (K) und C-59/20 (DBKAG) verwiesen.

In diesem Erkenntnis werden im Interesse der leichteren Verständlichkeit nur mehr die für das Verständnis erforderlichen und nach der Entscheidung des EuGH wesentlichen Umstände, Ausführungen der Parteien und rechtlichen Grundlagen dargelegt. Unstrittige Darstellungen und deren Argumentation werden nicht ausführlich angeführt. Mittlerweile vom Richter aufgrund der Ausführungen des EuGH nicht mehr vertretene Ansichten und Interpretationen werden nicht mehr ausgeführt.

Die von den Parteien in ihren Schriftsätzen, Prüf- und Vorlageberichten getroffenen umfangreichen Sachverhaltsdarstellungen werden in diesem Erkenntnis nur insoweit wiedergegeben als diese nach dem Urteil des EuGH ausschlaggebend sind und nicht ohnehin in der zwischen dem Richter und den Parteien einvernehmlich erstellten Sachverhaltsdarstellung in den Absätzen 6 bis 16 des Vorlagebeschlusses zusammenfassend festgehalten sind.

Verfahrensgang

Verwaltungsbehördliches Verfahren

Anlässlich einer im Jahr 2014 bei der Bf durchgeführten Außenprüfung für die Jahre 2006 bis 2010 wurde festgestellt, dass in den gegenständlich strittigen Jahren 2009 und 2010 nach Ansicht der Betriebsprüfung die fragliche Einräumung des Nutzungsrechtes an der Spezialsoftware unrichtig als gemäß § 6 Abs. 1 Z 8 lit. i UStG 1994 steuerfrei behandelt worden sei. Aufgrund der damit im Zusammenhang stehenden und unstrittig neu hervorgekommenen Tatsachen würden sich im Ergebnis anders lautende Bescheide ergeben, sodass auch nach der im Bericht erfolgten genauen Darstellung der Ermessensübung die Wiederaufnahme der Umsatzsteuerverfahren 2009 und 2010 gerechtfertigt sei. Hinsichtlich des im Bericht umfangreich dargestellten Sachverhaltes wird auf die Absätze 6 bis 16 des Vorlagebeschlusses verwiesen.
Festzuhalten ist aber, dass bereits im Prüfbericht die Feststellung angeführt wird, dass "bedingt durch die spezifischen Gegebenheiten einer jeden einzelnen KAG die für den Betrieb notwendigen Software-Module keine Standardlösungen seien, sondern auf die Bedürfnisse des Inverstmentfondsgeschäftes angepasste Individualsoftwarelösungen" darstellen würden. Die Bf hätte der SC auch konkrete Vorgaben für die Erstellung der Software, welche sich -neben aufsichtsrechtlichen Anforderungen- auch aus internen Vorgaben (wie zB der für die Berechnungen verwendeten spezifischen Formeln) ergeben hätten. SC hätte die Software nach den konkreten Vorgaben der Bf parametrisiert und sodann in das bestehende EDV-System der Bf implementiert.
In rechtlicher Hinsicht werden Ausführungen des EuGH zur Möglichkeit der steuerfreien Behandlung ausgelagerter Verwaltungsleistungen angeführt. Die vom EuGH aufgestellten Bedingungen für die steuerfreie Behandlung würden aber nicht erfüllt sein, da die Bf die fraglichen spezifischen Leistungen des Risikomanagements und der Performancemessung mit der lizensierten Software selber erbringe und es sich somit bei der Einräumung des Nutzungsrechtes an der Software um eine bloß materielle oder technische Unterstützungsleistung handle. Insbesondere mangle es auch an der vom EuGH geforderten Eigenständigkeit der Leistung der SC, da sich diese auf einzelne Hilfstätigkeiten beschränken und kein Komplettservice darstellen würden. Aus den angeführten Gründen sei für die Leistungen der deutschen SC eine RCS-Steuer festzusetzen, die aufgrund der Verwendung der bezogenen Leistungen für die unecht befreite eigene Verwaltung von Sondervermögen nicht abzugsfähig sei.
Weiters wurde für das Jahr 2010 im Rahmen des wiederaufgenommenen Verfahrens eine RCS-Steuer (ohne Vorsteuerabzug) für eine weitere Lizenzeinräumung iHv € 159,60 vorgeschrieben. Auf diese Umstände und Steuer wurde aber die Wiederaufnahme des Umsatzsteuerverfahrens 2010 nicht gestützt.

Dieser Feststellung der Betriebsprüfung folgend ergingen am die nun bekämpften Wiederaufnahme- und USt-Jahresbescheide für 2009 und 2010. Den Jahresbescheiden kann entnommen werden, dass die Bf neben ihren steuerfreien Umsätzen im Zusammenhang mit der Verwaltung von Sondervermögen auch steuerpflichtige Umsätze tätigte und auch offensichtlich mit diesen Umsätzen zusammenhängende Vorsteuern abgezogen hat.

Wie auf der Beschwerde mit einem Aktenvermerk 42/2014 angeführt wurde, wurde gegen diese Bescheide innerhalb der verlängerten Rechtsmittelfrist am die Beschwerde vom eingebracht. In der Beschwerde wurde auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung verzichtet und die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Hinsichtlich des in der Beschwerde dargestellten Sachverhaltes wird wiederum auf die von beiden Parteien unbestrittene Darstellung in den Absätzen 6 bis 16 des Vorlagebeschlusses verwiesen. Rechtlich wird unter Verweis auf die einschlägige EuGH Judikatur ausführlich dargelegt, dass eine ausgelagerte Leistung dann befreit sein könne, wenn sie eine enge Verbindung zu der spezifischen und somit typischen Tätigkeit einer KAG aufweise. Jene Leistungen, die für die ordnungsgemäße Verwaltung der gemeinsamen Anlagen entscheidend und typisch seien und ein gewisses Gewicht hätten, seien wesentlich im Sinn der EuGH-Urteile. Spezifisch seien Tätigkeiten der Anlageverwaltung und die im Anhang II der OGAW-Richtlinie genannten administrativen Tätigkeiten. Hinsichtlich dem Erfordernis, dass die Tätigkeit "ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes" bilden müsse, wurde in der Beschwerde der Ansicht des Finanzamtes widersprochen, dass ein Komplettservice vorliegen müsse. Ob der EuGH dieses zuletzt genannte Kriterium überhaupt weiterhin verlange, wurde angezweifelt. Jedenfalls stehe die Tatsache, dass eine Leistung elektronisch erbracht werde, der Anwendbarkeit der Befreiung nicht entgegen. Ausführlich wird in weiterer Folge dargelegt, dass das "Risk-Management" und die "Performancemessung" typische, spezifische und wesentliche Tätigkeiten für die Verwaltung von Sondervermögen darstellen würden, zu denen eine KAG auch gesetzlich verpflichtet sei.

Verwaltungsgerichtliches Vorverfahren, Vorlagebeschluss

Die gegenständliche Beschwerde wurde dem BFG mit Bericht vom vom damals zuständigen Finanzamt vorgelegt. Im Vorlagebericht werden zunächst die Ausführungen des BP-Berichtes wiederholt. Bezüglich des geschilderten Sachverhaltes wird an dieser Stelle seitens des Richters wieder auf dessen Darstellung in den Absätzen 6 bis 16 des Vorlagebeschlusses verwiesen. Wiederholt wird auch im Vorlagebericht festgehalten, dass es sich bei der fraglichen Software um eine auf die individuellen Bedürfnisse der Bf zugeschnittene Individualsoftware handle.
Die vom Finanzamt im Vorlagebericht aufgeworfenen rechtlichen Argumente für das Nichtvorliegen einer befreiungsfähigen ausgelagerten Verwaltungsleistung wurden vom EuGH nicht aufgegriffen bzw. verworfen:

  • Aus den Verträgen ergeben sich, dass die SC lediglich für das technische Funktionieren der Software verantwortlich sei, selber aber keine Verwaltungsleistungen zu erbringen hätte. Die fraglichen Leistungen aber tatsächlich von der Bf selbst mit Hilfe der zugekauften Software und der Maßnahmen der SC zur Einschulung der Mitarbeiter der Bf iZm der Anwendung der Software erbracht worden seien. Es seien eben gerade nicht Daten an SC übertragen worden, die diese dann verarbeitet hätte. Vielmehr hätte die Bf mit Hilfe der technischen Unterstützung durch die zugekaufte Software die fraglichen Leistungen selber erbracht.

  • Auch ertragsteuerlich sei die Anschaffung der Software im Wesentlichen als Ankauf eines immateriellen Wirtschaftsgutes und nicht als Zukauf von Verwaltungsleistungen behandelt worden.

  • Es liege eine reine materielle oder technische Dienstleistung vor, welche nach EuGH nicht befreit sei.

  • Bei der hier fraglichen Befreiung handle es sich um keine generell anzuwendende Vorstufenbefreiung sondern befreite werden sollten nur solche ausgelagerten Leistungen, die wesentlich, spezifisch und hinreichend eigenständig seien. Die Einräumung eines Nutzungsrechtes an einer Software sei aber für ein Softwareunternehmen spezifisch und nicht für einen Verwalter von Fonds und habe auch keinerlei Ähnlichkeit mit den in Anlage II der OGAW-Richtlinie aufgezählten Verwaltungsleistungen.

  • Der fraglichen Leistung fehle es auch an der vom EuGH geforderten Eigenständigkeit.

Aus den mit dem Vorlagebericht übermittelten Rechnungen der SC an die Bf ergibt sich, dass die fragliche Leistung nach Ansicht der deutschen SC steuerpflichtig sei, da diese Rechnungen den Hinweis enthalten, dass das Reverse Charge System anzuwenden sei. Hinsichtlich der ebenfalls vorgelegten Verträge und sonstigen Vereinbarungen iZm der Einräumung des Nutzungsrechtes wird wieder auf die Darstellung des einvernehmlich festgestellten Sachverhaltes in den Absätzen 6 bis 16 des Vorlagebeschlusses verwiesen.

In einer ersten Kontaktaufnahme mit dem steuerlichen Vertreter der Bf im Oktober 2018 wurde vereinbart, dass seitens der Bf zunächst nachzuweisen sei, dass die tatsächliche elektronische Erbringung der Risikokontrollen und Performancemessung durch SC und nicht durch die Mitarbeiter der Bf mit Hilfe der zugekauften Individualsoftware erbracht wurden. Nach EuGH sei die bloß technische oder elektronische Unterstützung desjenigen, der die wesentlichen und spezifischen Tätigkeiten tatsächlich ausübe, nicht befreit. Ebenso fragwürdig erscheine, dass keine Laufzeit für die Leistungen der SC bzw. ein Preis für eine bestimmte Dauer der Leistungserbringung vereinbart worden sei

Dem Richter wurde daraufhin mitgeteilt, dass SC die fraglichen Leistungen tatsächlich selber erbringe und nicht nur eine unterstützende Softwarelösung zur Verfügung stelle. Die Bf würde nur bestimmte Parameter wie Faktoren der Risikoanalyse oder Werte vorgeben. Die wesentlichen Berechnungen würden dann aber selbständig ohne Eingriffsmöglichkeit der Bf von der Software getätigt. Diese Berechnungen würde die Software automatisch jeden Tag starten und so auch die erforderlichen Berichte und Abfragemöglichkeiten generieren.
Es sei zwar kein konkreter Zeitrahmen vereinbart worden. Die Laufzeit ergebe sich aber daraus, dass die Bf die Software nur so lange nützen könne als sie die laufenden Wartungskosten bezahle.

Dem Finanzamt wurde die Fragestellung und die Antwort der Bf zur Stellungnahme übermittelt. Im Zuge der Erhebungen für die Erstellung der Stellungnahme teilte die Bf dem Finanzamt mit, dass die Berechnungen selbständig ohne Mitwirkung der Bf durch die Software-Module gestartet und vorgenommen werden würden. Die Programmierung der Module sei nach den Vorgaben der Bf durch die SC erfolgt, die Bf könne aber in weiterer Folge nicht mehr in die Berechnungsmethodik eingreifen.
In der Stellungnahme des Finanzamtes vom verwies das Finanzamt zunächst auf die Ausführungen im Vorlagebericht und teilte mit, dass es keine Veranlassung gebe, von der dort vertretenen Rechtsansicht abzugehen. Weiters wird anhand bereits in früheren Verfahrensstadien dargelegter Argumente ausgeführt, dass nach dem gesamten Vertragswerk die Risikoanalyse und die Performancemessung durch die Bf unter Verwendung der lizensierten Software erbracht werde. Dies ergebe sich auch aus dem mitübermittelten Dienstleistungs- und Wartungsverträgen zwischen SC und der Bf.

In weiterer Folge wurde für den ein Erörterungstermin anberaumt. Im Vorfeld des Erörterungstermines übermittelte der steuerliche Vertreter der Bf zwei Entscheidungen aus dem Vereinigten Königreich zu einem vergleichbaren Software-Tool, aus denen sich ergebe, dass entscheidend sei, was die Software tatsächlich laufend macht und welche Leistungen durch die Software derart erbracht werden. Die Bf habe unbestritten an der Software kein Eigentum sondern lediglich ein Nutzungsrecht erworben. Aus der Entscheidung ergebe sich ebenso wie aus dem Urteil des EuGH in der Rs GfBk, dass eine Mitwirkung durch den Leistungsempfänger an der Leistungserstellung unschädlich sei.

Beim Erörterungstermin vom wurden zunächst die Aussagen des EuGH in den einschlägigen Urteilen diskutiert. Sodann wurde unstrittig festgehalten, dass eine KAG nach den gesetzlichen Vorgaben im Rahmen ihrer Verwaltungsleistungen zu einer Risikoanalyse und Performancemessung verpflichtet ist. Ebenso war unstrittig, dass die fragliche Software zur Erfüllung dieser gesetzlich angeordneten Aufgaben genutzt werde. Seitens der Bf wurde auch zugestanden, dass die ertragsteuerliche Behandlung der Software (Aktivierung als immat. Wirtschaftsgut) unrichtig gewesen sei und vielmehr ein Aufwand verbucht werden hätte müssen.
Einigkeit bestand zwischen den Parteien auch darin, dass der Leistungsempfänger selber beurteilen muss, ob für eine empfangene Leistung eine Steuerschuld auf ihn übergegangen (RCS) sei. Verwiesen wurde in diesem Zusammenhang auch auf UStRl 2000, Rz 1825. Es sei daher unschädlich, wenn in den Rechnungen der SC ein Hinweis auf das RCS enthalten sei.
Im weiteren Verlauf der Erörterung wurden die bereits angeführten Argumente der Parteien wiederholt und ohne wirklichem Ergebnis diskutiert.

Vereinbarungsgemäß wurde seitens der Bf mit einem Schreiben vom die Beschwerde gegen die beiden Wiederaufnahmebescheide ergänzt. Die Wiederaufnahmen seien deshalb unzulässig, weil bei richtiger rechtlicher Würdigung die bei der Prüfung neu hervorgekommenen Tatsachen zu keine im Spruch anders lautende Umsatzsteuerbescheide 2009 und 2010 geführt hätten. Der Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung wurde mit demselben Schreiben zurückgenommen.

In einem weiteren Schreiben vom teilte der steuerliche Vertreter der Bf auf Ersuchen des Richters mit, welche Normen des im strittigen Zeitraum noch anzuwendenden InvFG 1993 die Verpflichtung zur Durchführung einer Risikoanalyse und einer Performancemessung vorschreiben. Grundsätzlich seien im Zeitpunkt der Auftragsvergabe zur Erstellung der Software bereits die im Schreiben näher angeführten europarechtlichen Grundlagen für das spätere InvFG 2011 mit den eindeutigen Bestimmungen für das Risikomanagement und die Performancemessung bekannt gewesen. Aber auch das InvFG 1993 hätte bereits vergleichbare Pflichten vorgesehen. (Anm. d. Ri.: Da diese gesetzlichen Verpflichtungen auch seitens der Amtspartei nicht bestritten werden, werden die Ausführungen stark zusammengefasst.) In § 21 InvFG 1993 hätte der Gesetzgeber eine laufende Messung, Bewertung und Überwachung der mit den Anlagepositionen verbundenen Risken vorgesehen. Auch das zulässige Gesamtrisiko sei durch diese Bestimmung iVm § 20 InvFG 1993 und ebenso das Ausfallrisiko begrenzt gewesen. Auch hätte die FMA aufgrund der im InvFG 1993 enthaltenen Verordnungsermächtigung die 3. Derivate-Risikoberechnungs- und Meldeverordnung erlassen, welche ebenfalls Vorschriften für das Risikomanagement enthalte. Für den Bereich der Performanceberechnungen hätte § 12 InvFG 1993 (iVm Anlage B) vorgeschrieben, dass im jährlichen Rechenschaftsbericht eine vergleichende Übersicht über die letzten fünf Jahre enthalten sein müsse, in der auch die Wertentwicklung in Prozent (Performance) darzustellen gewesen sei. Auch aus § 43 InvFG 1993 hätte sich iZm dem Vertrieb von Anteilen und der geforderten Darstellung der Wertentwicklung in den Prospekten eine derartige Verpflichtung ergeben. Insgesamt hatte man bei der Erstellung der Softwaretools die bereits bekannten Anforderungen der künftigen Normen im Auge gehabt, es seien aber auch die Anforderungen des InvFG 1993 durch diese Tools erfüllt worden.

Bei dem am durchgeführten Erörterungstermin wurden zwischen den Parteien die erforderlichen Abläufe für das Risikomanagement und die Performancemessung sowie die Rolle der gegenständlichen Software dabei einhellig festgestellt. Diesbezüglich wird auf die Sachverhaltsdarstellung in den Absätzen 6 bis 16 des Vorlagebeschlusses als unstrittiges Ergebnis der Erörterungen verwiesen. Einigkeit herrschte zwischen den Parteien vor dem Urteil des EuGH auch darüber, dass das Risikomanagement und die Performancemessung aufgrund der diesbezüglichen Bestimmungen des InvFG 1993 jedenfalls spezifische und wesentliche Komponenten für die Verwaltung von Sondervermögen darstellen würden. Besprochen und festgehalten wurde auch, dass im Vorfeld der Leistungserbringung die EDV-Systeme und Anforderungen an die gegenständliche Software sowie an die bereits von der Bf verwendete Software derart aufeinander abzustimmen war, dass von einer speziellen auf die Bedürfnisse der Bf zugeschnittenen Individualsoftware auszugehen war. Eine andere KAG hätte diese konkret an die Anforderungen der Bf angepasste Software nicht verwenden können. Offen blieben im Wesentlichen die folgenden Fragen: Wurden diese Komponenten an die SC ausgelagert und werden diese von SC aktiv erbracht oder stellt SC lediglich passiv eine technische Hilfsleistung zur Verfügung, mit der die Bf die fraglichen Verwaltungskomponenten selber erbringt? Falls SC als Erbringer der beiden Leistungen anzusehen ist: Liegt das vom EuGH geforderte "eigenständige Ganze" vor oder gibt es befreiungsschädliche "Verschmutzungen" durch maßgebliche Beiträge der Bf (Einspielung von zugekauften und eigenen Daten der Bf, Beiträge von Mitarbeitern der Bf; Zusammenspiel der EDV-Systeme und Programme,…) zur Erfüllung der beiden Verwaltungskomponenten?

Nach weiteren Abstimmungen zwischen den Parteien und dem Richter hinsichtlich des maßgeblichen Sachverhaltes und der Fragestellung an den EuGH erging (auch nach den im Parallelverfahren zur Rs "K" erforderlichen Verfahrensschritten) am der Beschluss des BFG (/2020), dass dem EuGH folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt wird:

Ist Art. 135 Abs.1 lit. g der RL 2006/112/EG in dem Sinne auszulegen, dass für Zwecke der in dieser Bestimmung vorgesehenen Steuerbefreiung unter den Begriff der "Verwaltung von Sondervermögen" auch die Einräumung eines Nutzungsrechtes an einer speziell für die Verwaltung von Sondervermögen entwickelten Spezialsoftware durch einen dritten Lizenzgeber an eine Kapitalanlagegesellschaft (KAG) fällt, wenn diese Spezialsoftware wie im Ausgangsverfahren ausschließlich der Erfüllung spezifischer und wesentlicher Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Verwaltung der Sondervermögen dient, dabei aber auf der technischen Infrastruktur der KAG ausgeführt wird und ihre Funktionen nur durch die untergeordnete Mitwirkung der KAG und unter laufender Heranziehung von durch die KAG bereitgestellten Marktdaten erfüllen kann?

In den Erläuterungen dazu wurde (hier vereinfachend und zusammenfassend) ausgeführt, dass es fraglich sei, wer die gegenständlichen für die Verwaltung von Sondervermögen spezifischen und wesentlichen Leistungskomponenten erbringt und ob durch die vielfältige Mitwirkung der Bf an der Erbringung der beiden Komponenten die geforderte Eigenständigkeit gegeben ist. Hinsichtlich der Darstellung des unstrittigen Sachverhaltes wird abermals auf die Ausführungen in den Absätzen 6 bis 16 des Vorlagebeschlusses verwiesen. Von besonderer Bedeutung erscheint aber (im Licht des mittlerweile ergangenen EuGH-Urteiles), dass an mehreren Stellen des Vorlagebeschlusses auch festgehalten und somit dem EuGH als Grundlage seiner Entscheidung mitgeteilt wurde, dass die fragliche Software der SC in ihrer konkreten Form ausschließlich für das Zusammenwirken mit der existierenden Software der Bf geeignet sei.

zu den verbundenen Rechtssachen C-58/20, K und C-59/20, DBKAG

Der EuGH entschied in den verbundenen Rechtssachen K und DBKAG ( und EuGH, C-59/20) über das Ersuchen des BFG und führte im Wesentlichen zu den hier maßgeblichen Fragen aus:

In Rn 16 seines Urteiles hielt der EuGH zum Sachverhalt entsprechend dem vom BFG mitgeteilten Sachverhaltes u.a. fest, dass die fragliche Software "nur für das Zusammenwirken mit der anderen Software der Bf geeignet" sei.

32 Somit fallen die von einem außenstehenden Verwalter erbrachten Verwaltungsdienstleistungen grundsätzlich unter Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie (Urteil vom , Abbey National, C-169/04, EU:C:2006:289, Rn. 69).

33 Die von einem außenstehenden Verwalter erbrachten Dienstleistungen können jedoch nur dann als steuerbefreite Umsätze im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie eingestuft werden, wenn sie ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes bilden, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen der Verwaltung von Sondervermögen erfüllen soll (Urteil vom , Blackrock Investment Management [UK], C-231/19, EU:C:2020:513, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

In den Rz 35 bis 39 führt der EuGH aus, dass, auch wenn Befreiungen grundsätzlich eng auszulegen seien, eine Auslegung der Befreiungsbestimmung, welche Kleinanlegern den Zugang zum Wertpapiermarkt eröffnen soll, nach dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität und dem Ziel der Befreiung dieser Befreiung nicht die Wirkung nehmen darf.

Zur geforderten Eigenständigkeit:

40 Daher würde eine Auslegung der Voraussetzung der "Eigenständigkeit", wonach eine für die Verwaltung von Sondervermögen spezifische und wesentliche Dienstleistung vollständig ausgelagert sein müsste, damit die in Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Steuerbefreiung greift, die praktische Wirksamkeit der Möglichkeit der Steuerbefreiung für eine solche Leistung einschränken, wenn diese von einem Dritten erbracht wird.

……….

44 Desgleichen ist es in der Rechtssache C-59/20, um festzustellen, ob die Dienstleistungen von SC an die DBKAG wie die Einräumung des Nutzungsrechts an der SC-Software unter die in Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Steuerbefreiung fallen, Angelegenheit des vorlegenden Gerichts, zu beurteilen, ob diese Dienstleistungen als für die Tätigkeit der Verwaltung von Sondervermögen spezifisch und wesentlich anzusehen sind. Der Umstand, dass die fragliche Software nur auf der technischen Infrastruktur der betreffenden Verwaltungsgesellschaft ausgeführt werden kann und ihre Funktionen nur durch die untergeordnete Mitwirkung der Verwaltungsgesellschaft und unter laufender Heranziehung von durch die Verwaltungsgesellschaft bereitgestellten Marktdaten erfüllen kann, ist für sich genommen nicht ausschlaggebend dafür, ob solche Dienstleistungen unter diese Befreiung fallen.

Leitsatz zur Eigenständigkeit: Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass von Dritten an Sondervermögen-Verwaltungsgesellschaften erbrachte ……. Einräumung eines Nutzungsrechts an Software, die ausschließlich der Durchführung von für das Risikomanagement und die Performancemessung wesentlichen Berechnungen dient, unter die in dieser Bestimmung vorgesehene Steuerbefreiung fallen, wenn sie eine enge Verbindung mit der Verwaltung von Sondervermögen aufweisen und ausschließlich für die Zwecke der Verwaltung von Sondervermögen erbracht werden, auch wenn sie nicht vollständig ausgelagert sind.

Zur geforderten Spezifität und Wesentlichkeit

45 Als Zweites ist für die Feststellung, ob von Dritten an Sondervermögen-Verwaltungsgesellschaften erbrachte Dienstleistungen wie ……die Einräumung eines Nutzungsrechts an Software, die der Durchführung von für das Risikomanagement und die Performancemessung wesentlichen Berechnungen dient, unter die in Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Steuerbefreiung fallen, zu prüfen, ob diese Dienstleistungen für die Verwaltung von Sondervermögen spezifisch und wesentlich sind.

………

53 Zweitens hat der Gerichtshof, was die Einräumung eines Nutzungsrechts an Software betrifft, zwar in Rn. 71 des Urteils vom , Abbey National (C-169/04, EU:C:2006:289), unter Verweis auf das Urteil vom , SDC (C-2/95, EU:C:1997:278), befunden, dass rein materielle oder technische Dienstleistungen wie z. B. die Zurverfügungstellung eines Datenverarbeitungssystems nicht von der in Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Sechsten Richtlinie, der Vorgängerbestimmung von Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie, vorgesehenen Steuerbefreiung erfasst wurden (Urteil vom , Fiscale Eenheid X, C-595/13, EU:C:2015:801, Rn. 74).

54 Diese Rechtsprechung kann jedoch nicht dahin verstanden werden, dass vom Anwendungsbereich der in Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Steuerbefreiung von vornherein jede Dienstleistung auszuschließen ist, die einer Verwaltungsgesellschaft von einem Dritten über ein Datenverarbeitungssystem erbracht wird.

55 Der Gerichtshof hat nämlich in Rn. 37 des Urteils vom , SDC (C-2/95, EU:C:1997:278), klargestellt, dass die Tatsache allein, dass eine Leistung vollständig im Wege der elektronischen Datenverarbeitung ausgeführt wird, an sich der Anwendung der Steuerbefreiung auf diese Leistung nicht entgegensteht.

56 Insbesondere hat der Gerichtshof im Urteil vom , Blackrock Investment Management (UK) (C-231/19, EU:C:2020:513), obwohl es um Dienstleistungen - u. a. der Leistungs- und Risikoüberwachung - ging, die ein Dritter Fonds-Verwaltungsgesellschaften mittels einer Softwareplattform erbrachte, diese Dienstleistungen nicht von vornherein vom Anwendungsbereich der in Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Steuerbefreiung ausgeschlossen. Dass die betreffenden Dienstleistungen nicht unter diese Steuerbefreiung fallen konnten, begründete er in den Rn. 48 und 49 jenes Urteils vielmehr damit, dass sie nicht für die Verwaltung von Sondervermögen spezifisch waren, weil sie zum Zweck der Verwaltung von Anlagen unterschiedlicher Art konzipiert worden waren und gleichermaßen für die Verwaltung von Sondervermögen und für die Verwaltung anderer Fonds verwendet werden konnten.

57 Wird eine Dienstleistung wie die Einräumung eines Nutzungsrechts an Software ausschließlich für die Zwecke der Verwaltung von Sondervermögen und nicht an andere Fonds erbracht, kann sie mithin als "spezifisch" für diesen Zweck angesehen werden.

58 Aus dem Vorstehenden folgt daher, dass Dienstleistungen ….. wie die Einräumung eines Nutzungsrechts an Software, die der Durchführung von für das Risikomanagement und die Performancemessung wesentlichen Berechnungen dient, unter die in Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Steuerbefreiung fallen, wenn sie eine enge Verbindung mit der Verwaltung von Sondervermögen aufweisen undausschließlich für die Zwecke der Verwaltung von Sondervermögen erbracht werden.

59 Vorliegend ist es Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die Dienstleistungen, die den in den Ausgangsverfahren betroffenen Verwaltungsgesellschaften von K und SC erbracht werden, diese Voraussetzungen erfüllen.

61 In der Rechtssache C-59/20 geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass das vorlegende Gericht die Leistungen des Risikomanagements und der Performancemessung als für die Verwaltung von Sondervermögen spezifische Tätigkeiten betrachtet. Das vorlegende Gericht weist auch darauf hin, dass die Berechnungen der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Software eine wesentliche Grundlage für die Erfüllung der nach österreichischem Recht vorgeschriebenen Funktionen des Risikomanagements und der Performancemessung seitens der DBKAG bildeten. Der Umstand, dass diese Software etwa zur Durchführung von Berechnungen dient, die für die Verwaltungsleistungen des Risikomanagements und der Performancemessung des betreffenden Fonds wesentlich sind, könnte daher die Annahme zulassen, dass sie für die Verwaltung dieses Fonds wesentlich ist. Es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die oben in Rn. 58 genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

62 Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass von Dritten an Sondervermögen-Verwaltungsgesellschaften erbrachte Dienstleistungen wie …… die Einräumung eines Nutzungsrechts an Software, die ausschließlich der Durchführung von für das Risikomanagement und die Performancemessung wesentlichen Berechnungen dient, unter die in dieser Bestimmung vorgesehene Steuerbefreiung fallen, wenn sie eine enge Verbindung mit der Verwaltung von Sondervermögen aufweisen und ausschließlich für die Zwecke der Verwaltung von Sondervermögen erbracht werden, auch wenn sie nicht vollständig ausgelagert sind.

Durch den BFG-Richter zusammengefasst ergibt sich für die gegenständliche Sachlage: Der EuGH bezweifelte nicht, dass SC die hier strittigen Leistungen elektronisch durch die Überlassung der Software erbracht hat. Unstrittig und auch vom EuGH nicht angezweifelt besteht aufgrund der gesetzlichen Vorgaben eine enge Verbindung zwischen der Verwaltung von Sondervermögen und des dafür geleisteten Risikomanagements und der Performancemessung. Die Mitwirkung der Bf an der Erbringung der Leistung der SC hindert nicht die geforderte Eigenständigkeit der Leistung der SC. Es ist Sache des BFG zu prüfen, ob die Einräumung eines Nutzungsrechts an Software, die der Durchführung von für das Risikomanagement und die Performancemessung wesentlichen Berechnungen dient, ausschließlich für die Zwecke der Verwaltung von Sondervermögen erbracht werden.

Die angeführten Aussagen traf der EuGH in dem für ihn zu beurteilenden Einzelfall, bei dem feststand, dass die fragliche Individualsoftware der SC in ihrer konkreten konzipierten und erbrachten Form ausschließlich bei der Bf genutzt werden kann.

Fraglich war somit zunächst nur, ob die Bf auch nicht begünstigte Veranlagungsformen verwaltete. Wenn dies nicht der Fall ist, wurde die elektronische Leistung jedenfalls ausschließlich für die Zwecke der Verwaltung von Sondervermögen erbracht. Wenn die Bf auch andere nicht begünstigte Vermögen verwalten sollte, würde sich die Frage stellen, ob dies schon alleine aufgrund der hypothetischen Verwendungsmöglichkeit bei der Bf und für die gesamte Lizensierungsleistung befreiungsschädlich wäre (wie bei Blackrock) oder ob geprüft werden müsste, für welche Verwaltungsleistung die Softwarenutzung tatsächlich verwendet bzw. ausschließlich erbracht wurde.

Folgende Zweifel und Bedenken (neben den aufgeworfenen Fragen zur Eigenständigkeit der fraglichen Leistung) des vorlegenden Gerichtes, des Finanzamtes, der Kommission, der Republik Österreich sowie der Hellenischen Republik in deren Stellungnahmen hat der EuGH nicht geteilt bzw. gar nicht aufgegriffen:

  • Der Lizenznehmer (Bf) würde mit Hilfe des Nutzungsrechtes an der Software die Leistung selber erbringen.

  • Neben der grundsätzlichen Frage der Eigenständigkeit der hier zu beurteilenden Leistung könne die geforderte Eigenständigkeit auch daran scheitern, dass die Bf in vielfältiger Weise an der Leistungserbringung mitwirke.

  • Das Dulden der Nutzung sei eine bloße technische Hilfsleistung

  • Es sei lediglich die vertragsgemäße Erstellung der Software geschuldet worden, SC hätte auch nur dafür gehaftet und die Durchführung von Verwaltungsaufgaben sei nicht geschuldet worden.

  • Deshalb sei auch keine Abrechnung nach Leistungseinheiten erfolgt.

  • Die Duldung der Nutzung einer Software sei für ein Softwareunternehmen, nicht aber für die Verwaltung von Sondervermögen spezifisch.

Fortgesetztes verwaltungsgerichtliches Verfahren

Am erging ein Schreiben an das seitens der Finanzverwaltung neu zuständige Finanzamt für Großbetriebe (FAG) mit der Bitte um Stellungnahme zu den Ausführungen des Richters in diesem Schreiben.
Zunächst wurde darauf hingewiesen, dass nach dem Urteil die Befreiung aufgrund des Neutralitätsgrundsatzes und des Zwecks der Befreiung so weit als möglich anzuwenden sei und das Kriterium der Eigenständigkeit zumindest in diesem Fall keine Rolle mehr spiele.
Dem FAG wurde auch mitgeteilt, welche Zweifel der öst. Finanzverwaltung nach dem Urteil keine Bedeutung hätten. Insbesondere hätte der EuGH keine Zweifel geäußert, dass der Lizenzgeber die fraglichen Leistungen mit der zur Verfügung gestellten Software erbringe. Aufgrund der anerkannten Wesentlichkeit der Leistungen für die Verwaltung von Sondervermögen müsse auch davon ausgegangen werden, dass auch die geforderte enge Verbindung bestehe. Zu prüfen bleibe lediglich, ob die gegenständlichen Leistungen der Bf ausschließlich für Zwecke der begünstigten Verwaltung von Sondervermögen und nicht auch für die Verwaltung anderer Fonds erbracht worden sei. Nach der Aktenlage und den Darstellungen des steuerlichen Vertreters hätte die Bf ausschließlich OGAW und AIF (begünstigte Vermögen) und keine anderen Vermögen verwaltet. Dies könne auch den jährlichen Jahresabschlüssen der Bf entnommen werden. Da somit auch die vom EuGH geforderte Ausschließlichkeit und somit auch die Spezifität gegeben sei, wurde eine beabsichtigte Stattgabe in den Raum gestellt.

Die Stellungnahme des FAG langte (urlaubsbedingt nach mehreren Fristverlängerungen) am beim BFG ein. Darin vertrat das FAG die Ansicht, dass sich aus der Rn 56 des Urteiles in der Rs "DBKAG" und dessen Verweis auf die Rn 48f des Urteiles in der Rs Blackrock ergebe, dass die Nutzungsüberlassung der Software nur dann begünstigt sein könne, wenn die Software nach ihrer Konzeption ausschließlich nur für eine begünstigte Verwaltung von Sondervermögen genutzt werden könne und auch tatsächlich nur für diese Zwecke verwendet worden sei. Eine (auch nur hypothetisch mögliche) Verwendung für nicht begünstigte Vermögen müsse somit ausgeschlossen sein. Ob eine derartige Verwendung der Software möglich sei, können nur durch ein entsprechendes Gutachten geklärt werden.

In seiner Gegenäußerung vom dazu führte der steuerliche Vertreter der Bf sinngemäß aus, dass seiner Ansicht nach ausschließlich zu prüfe sei, ob die fraglichen Leistungen ausschließlich für die Verwaltung von begünstigtem Vermögen durch die Bf erbracht worden seien. Da die Bf gar keine Konzession für die Verwaltung anderer Sondervermögen habe (sondern nur OGAW und AIF verwalten dürfe), wäre es bei den laufenden Prüfungen durch die FMA aufgefallen, wenn die Bf unzulässigerweise auch andere Vermögen verwaltet hätte. Es bedürfe somit keines Gutachtens, zumal es nicht darum gehe, wie die Software hypothetisch eingesetzt werden könnte. Beigelegt wurde ein Ausdruck eines Ergebnisses einer Abfrage bei der FMA nach den bestehenden Konzessionen der Bf. Diese Abfrage ergab folgendes Ergebnis nach der vorgelegten Unterlage (und dessen Verifizierung durch den Richter am ):

  • § 4 Abs. 1 AIFMG: Die ***Bf1*** wurde als Alternativer Investmentfonds Manager gemäß § 6 Abs. 1 AIFMG iVm § 4 Abs. 1 AIFMG konzessioniert und ist zur Verwaltung von Alternativen Investmentfonds in Form von Spezialfonds gemäß § 163 sowie Anderen Sondervermögen gemäß § 166 InvFG 2011 berechtigt.

  • § 1 Abs. 1 Z 13 BWG: Die Verwaltung von Kapitalanlagefonds nach dem Investmentfondsgesetz - InvFG 1993, BGBl. Nr. 532/1993 Art. II (Investmentgeschäft).

Diese Information wurde am an die zuständigen Amtsvertreter des FAG weitergeleitet.

Anm. d. Ri.: Es hat sich aufgrund der Ausführungen des EuGH und der Reaktionen der Parteien folgende verbleibende strittige Frage ergeben: Ist es entscheidend für die Anwendbarkeit der Befreiung, ob die Software so konzipiert ist, dass sie hypothetisch auch für die Verwaltung nicht begünstigter Vermögen verwendet werden könnte oder ist alleine maßgeblich, für welche Vermögensverwaltung sie beim konkreten Leistungsempfänger verwendet (EuGH: "erbracht") wurde ("hypothetischer" versus "konkreter" Ansatz).

Im Zusammenhang mit der Terminfindung für einen neuerlichen Erörterungstermin wurden den Parteien vom Richter am eine Diskussionsgrundlage mit den wesentlichen bisherigen Aussagen der Parteien zu den entscheidungserheblichen Fragen übermittelt.

Der sodann für terminisierte Erörterungstermin wurde in der Folge aufgrund des mittlerweile verordneten "Lockdowns" im Einvernehmen mit den Parteien auf vertagt.

Der Richter teilte dem steuerlichen Vertreter der Bf mit, dass der Entwurf des BMF zur UStRl-Wartung 2021 sowie auch manche Beiträge in Fachzeitschriften eher den "hypothetischen Ansatz" vertreten würden.

Darauf replizierte der steuerliche Vertreter der Bf, dass es -wenn es auf die bloße hypothetische Verwendbarkeit ankäme- keine steuerfreie Auslagerung von Verwaltungsleistungen gäbe, weil hypothetisch jede Verwaltungsleistung auch an nicht begünstigte Fonds erbracht werden könnte. Dann hätten auch die Leistungen, um die es in den Rs Abbey National, ATP Pensionsservice und GfBk gegangen sei, nicht steuerfrei ausgelagert werden können. All diese ausgelagerten Leistungen seien nur deshalb begünstigt zu behandeln gewesen, weil sie beim Leistungsempfänger ein eigenständiger Teil der begünstigten Verwaltung von Sondervermögen gewesen und nicht auch für die Verwaltung anderer Fonds verwendet worden seien.
Zitiert wurden in weiterer Folge Beiträge, die in die Richtung weisen, dass es nicht auf die abstrakte Nutzungsmöglichkeit ankommen könne. Auch der Generalanwalt hätte in den Rz 64ff seiner Schlussanträge zur Rs Blackrock ausgeführt, dass die Befreiung zu versagen sei, wenn die Leistungen der IT-Plattform sowohl den Sondervermögen als auch den anderen Fonds zugutekommen (Rz 70). Der Fall läge aber anders, wenn die Dienstleistungen einem Unternehmen zugutekämen, das sich ausschließlich mit der Verwaltung von Sondervermögen beschäftigt (Rz 66). Dem Generalanwalt sei es somit nicht auf die Konzeption angekommen sondern auf die Verwendung beim konkreten Leistungsempfänger. Der EuGH hat sich dann letztlich in seinem Leitsatz (Rn 52) des Urteiles in der Rs Blackrock der Ansicht des Generalanwaltes angeschlossen und somit in der Beantwortung der Vorlagefrage festgehalten, dass es auf die tatsächliche konkrete Verwendung beim Leistungsempfänger ankomme. Dies sei dann im Ergebnis auch in Rn 56 des Urteiles zu dieser Rechtssache zum Ausdruck gebracht worden: Die Befreiung sei in der Rs Blackrock nicht anwendbar gewesen, "weil die Leistung zum Zweck der Verwaltung von Anlagen unterschiedlicher Art konzipiert worden waren und gleichermaßen für die Verwaltung von Sondervermögen und für die Verwaltung anderer Fonds verwendet werden konnte". Nach diesen Ausführungen des EuGH müssten beide Voraussetzungen zutreffen, damit die Befreiung nicht anzuwenden sei. Die Leistung sei in der Rs Blackrock eben beim Leistungsempfänger gleichermaßen (unverändert) für die Verwaltung begünstigter Vermögen und anderer Fonds verwendet worden.

In weiterer Folge betonte der steuerliche Vertreter in einem Telefonat mit dem Richter den auch im Vorlagebeschluss dargestellten unstrittig gegebenen Umstand, dass die fragliche Software für jeden Lizenznehmer an dessen EDV-Umgebung und dessen sonstigen Vorgaben derart anzupassen sei, dass die jeweils konkret lizensierte Software für einen anderen Lizenznehmer gar nicht einsetzbar wäre.

Der Richter teilte daraufhin dem FAG mit Mails vom und vom seine Rechtsansicht mit. Nach dem abermaligen Aktenstudium und Durchlesen der einschlägigen EuGH Urteile vertrete der Richter nun folgende (an dieser Stelle zusammengefasste) Ansicht: Der EuGH entscheide immer nur den angefragten Einzelfall. Hier sei dem EuGH im Vorlagebeschluss aufgrund der einvernehmlich getroffenen Sachverhaltsfeststellungen mitgeteilt worden, dass die Software in ihrer konkreten Programmierung nur bei der Bf eingesetzt werden könne. Dies sei nicht nur aufgrund der erforderlichen Anpassungen an die EDV-Umgebung der Bf sondern auch aus jenen Gründen der Fall, die das Finanzamt und das BFG ursprünglich an der Eigenständigkeit der Leistung der SC zweifeln ließen. Nun habe der EuGH die Eigenständigkeit sowie die Wesentlichkeit (und damit auch die enge Verbindung) der Nutzungsüberlassung für die Verwaltung von Sondervermögen bejaht und das BFG für den konkret angefragten Einzelfall beauftragt, zu prüfen, ob die "Einräumung des Nutzungsrechtes an der Software ausschließlich für die Zwecke der Verwaltung von Sondervermögen erbracht worden sei". Das BFG müsse nicht prüfen, ob die Software hypothetisch bei einem anderen Leistungsempfänger auch für die Verwaltung anderer Fonds eingesetzt werden könnte. Entscheidend sei somit alleine, ob die konkrete Nutzungsüberlassung ausschließlich für begünstigte Zwecke erfolgt sei. Nach den bisher unstrittigen Sachverhaltsannahmen sei das zu beurteilende Leistungspaket der SC ausschließlich für die Verwaltung von Sondervermögen bei der Bf konzipiert und sei ausschließlich für diese Zwecke erbracht und verwendet worden. Dem Urteil in der Rs Blackrock könne nicht völlig zweifelsfrei entnommen werden, ob auf die hypothetische Verwendbarkeit (so evtl Rn 48) oder auf die tatsächliche konkrete Verwendung beim Leistungsempfänger (Rn 52) abzustellen sei. In der hier maßgeblichen Vorabentscheidung habe der EuGH aber für den angefragten Sachverhalt klargestellt, dass es nur darauf ankomme, ob die fragliche Leistung "ausschließlich für die Zwecke der Verwaltung von Sondervermögen erbracht wurde". Zu prüfen sei somit alleine, ob die steuerpflichtigen Umsätze der Bf und die darauf entfallenden Vorsteuern im Zusammenhang mit der Verwaltung nicht begünstigter Fonds stehen, für die die Nutzungsüberlassung der Software eventuell auch erfolgt sein könnte.

Der steuerliche Vertreter der Bf teilte in Beantwortung der auch ihm übermittelten angeführten Fragestellung mit (und legte auch diesbezügliche Nachweise vor), dass es sich bei den geringen steuerpflichtigen Umsätzen um die Weiterverrechnung von Druckkosten für Fondsreports handle und die Vorsteuern aus Personalkosten (Kantinenumsätze) stammen würden. Es habe keine Verwaltung nicht begünstigter Fonds gegeben und dies sei der Bf auch konzessionsrechtlich gar nicht erlaubt gewesen.

Die Nachweise hinsichtlich der pflichtigen Umsätze und der Vorsteuern wurden dem FAG mit Mail vom übermittelt und in weiterer Folge telefonisch mit dem Amtsvertreter abgeklärt, dass sachverhaltsmäßig davon auszugehen sei, dass die Bf aufgrund ihrer Konzessionen und der tatsächlich im fraglichen Zeitraum getätigten Umsätze ausschließlich begünstigtes Sondervermögen steuerfrei verwaltete. Der Amtsvertreter nahm -eine Revision nicht ausschließend- zur Kenntnis, dass nach Ansicht des Richters somit feststehe, dass nach der Sachlage in dem hier zu beurteilenden Einzelfall die Nutzungsüberlassung der gegenständigen Software ausschließlich für Zwecke der begünstigten Verwaltung von Sondervermögen erbracht worden sei. Da nach Ansicht des Richters nach dem Auftrag des EuGH zumindest in diesem Fall nicht auf die hypothetische Verwendbarkeit sondern auf den Zweck, für den die Leistung konkret erbracht wurde, abzustellen sei, werde der Beschwerde stattzugeben sein.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Entscheidungsrelevanter Sachverhalt

Zunächst ist festzuhalten, dass seitens das Finanzamtes in der ausführlichen Begründung der Wiederaufnahme der USt-Verfahren diese alleine auf die neu hervorgekommenen Tatsachen im Zusammenhang mit den steuerfrei behandelten Leistungen der SC gestützt hatte. Aufgrund dieser neu hervorgekommenen Tatsachen hätten sich die anders lautenden Bescheide ergeben (RCS-Steuerschuld ohne Vorsteuerabzug).

In der Folge wird dargelegt, dass die neu hervorgekommenen Tatsachen bei richtiger rechtlicher Beurteilung der ausgelagerten Leistung als steuerfreie Verwaltungsleistung zu keinen anders lautenden Bescheiden geführt hätten und somit eine Wiederaufnahme der Umsatzsteuerverfahren nicht rechtfertigen können.

In der Sache ist -wie bereits mehrmals angeführt- der für den Vorlagebeschluss einvernehmlich ermittelte Sachverhalt den Absätzen 6 bis 16 des Beschlusses zu entnehmen. Zusammenfassend und unter Berücksichtigung der mittlerweile getroffenen Beurteilungen des EuGH wird festgehalten, dass die in Deutschland ansässige SC der Bf durch die Einräumung eines unbefristeten Nutzungsrechtes an einer speziell auf die Anforderungen der Bf zugeschnittenen Software auf elektronische Weise Leistungen (im Zusammenhang mit den gesetzlich vorgeschriebenen Verwaltungskomponenten Risikomanagement und Performancemessung) für die Verwaltung von Sondervermögen durch die Bf erbrachte. Diese Software ist speziell auf die individuelle EDV-Umgebung und die Anforderungen der Bf angepasst und könnte in ihrer konkret programmierten Form von anderen Lizenznehmern nicht genutzt werden. Über Schnittstellen zu anderen Modulen der Bf werden für die Berechnungen der Software erforderliche Daten in die Software der SC eingespielt. Anhand der Berechnungen der Software und deren Ergebnissen erstellt die Bf selber die gesetzlich vorgeschriebenen Berichte an die Behörden. Die Software der SC stellt auf diese Art sicher, dass die Bf ihren gesetzlichen Verpflichtungen und den Markterfordernissen im Zusammenhang mit dem Risikomanagement und der Performancemessung nachkommen kann.
Die gegenständliche Software wurde von der Bf ausschließlich für Zwecke der steuerfreien Verwaltung von begünstigtem Vermögen verwendet. Aufgrund der bestehenden Konzessionen durften auch nur bestimmte Fonds iSd InvFG verwaltet werden. Die geringen steuerpflichtigen Umsätze der Bf betraf die Weiterverrechnung bestimmter Druckkosten.
SC fakturierte ihre Leistungen an die Bf als eine im Bestimmungsland Österreich steuerbare und steuerpflichtige Leistung, bei der die Steuerschuld gemäß § 19 UStG 1994 auf den Leistungsempfänger übergeht (Reverse-Charge-System, RCS), ohne Umsatzsteuer mit einem Hinweis auf das RCS. Die Bf behandelte diese Eingangsleistungen dagegen als eine nach der Judikatur des EuGH ausgelagerte steuerfreie Leistungskomponente der steuerfreien Verwaltung von Sondervermögen, weshalb die Bf auch keine RCS-Steuer abführte.

Entscheidend ist die Feststellung, dass die fragliche Software in diesem Fall aufgrund ihrer gesamten konkreten auf die Bf zugeschnittenen und individualisierten Funktionen ausschließlich für die Bf und bei dieser wiederum ausschließlich für die steuerfreie Verwaltung von Sondervermögen erbracht wurde.

Beweiswürdigung

Soweit der dargelegte Sachverhalt unstrittig ist, findet er auch jedenfalls in den von den Parteien vorgelegten Unterlagen und somit im Akteninhalt Deckung.

Die konzessionsrechtliche Situation der Bf ergibt sich zudem aus getätigten FMA-Abfragen und die Ausführungen zu den getätigten Umsätzen der Bf beruhen auf vorgelegten Buchhaltungsunterlagen, Steuererklärungen, auf den Prüfungsergebnissen der Finanzverwaltung und sind die Umstände letztlich auch nicht bestritten. Es kann daher mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Nutzungsüberlassung an der SC-Software ausschließlich für Zwecke der befreiten Verwaltung von Sondervermögen erfolgte.

Dass im Vorfeld der Leistungserbringung die Software an die EDV-Systeme sowie an die bereits von der Bf verwendete Software derart aufeinander abzustimmen war, dass von einer speziellen auf die Bedürfnisse der Bf zugeschnittenen Individualsoftware auszugehen war, war auch einhelliges Ergebnis beim Erörterungstermin vom . Eine andere KAG hätte diese konkret an die Anforderungen der Bf angepasste Software daher nicht verwenden können.
Auch im Betriebsprüfungs- und im Vorlagebericht wurde festgehalten, dass SC die Software nach den konkreten Vorgaben der Bf parametrisiert und sodann in das bestehende EDV-System der Bf implementiert habe.
Dass die Software ausschließlich für die steuerfreie Verwaltung von Sondervermögen verwendet wurde, ergibt sich aus den der Bf erteilten Konzessionen und den vorgelegten Buchhaltungsunterlagen und Rechnungen.

Der dargelegte Sachverhalt wurde auch von der Amtspartei nicht bestritten. Diese vertrat nur in rechtlicher Hinsicht den Standpunkt, dass auf die hypothetische Verwendbarkeit abzustellen sei und die Leistung der SC steuerpflichtig sein müsse, wenn eine mögliche Verwendung der Software für eine nicht begünstigte Vermögensverwaltung nicht ausgeschlossen werden könne.

Rechtsgrundlagen

Zum Verfahrensrecht

§ 303 Abs. 1 lit. b BAO: Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn
……
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind,
…..
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

§ 261 Abs. 2 BAO: Wird einer Bescheidbeschwerde gegen einen gemäß § 299 Abs. 1 oder § 300 Abs. 1 aufhebenden Bescheid oder gegen einen die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheid (§ 307 Abs. 1) entsprochen, so ist eine gegen den den aufgehobenen Bescheid ersetzenden Bescheid (§ 299 Abs. 2 bzw. § 300 Abs. 3) oder eine gegen die Sachentscheidung (§ 307 Abs. 1) gerichtete Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) als gegenstandslos zu erklären.

§ 307 Abs. 3 BAO: Durch die Aufhebung des die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden hat.
Nach der Judikatur des VwGH zu dieser Bestimmung (siehe Ritz, BAO6, § 307 Tz 8) scheidet der infolge einer Wiederaufnahme ergangene Sachbescheid somit ex lege aus dem Rechtsbestand aus.

Unionsrecht

Die maßgeblichen Bestimmungen der MwStSystRl (RL 2006/112/EG) lauten:

Artikel 44 MwStSystRl: Als Ort einer Dienstleistung an einen Steuerpflichtigen, der als solcher handelt, gilt der Ort, an dem dieser Steuerpflichtige den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat.

Artikel 135 Abs. 1 lit. g MwStSystRl: Die Mitgliedstaaten befreien folgende Umsätze von der Steuer:

……….

g) die Verwaltung von durch die Mitgliedstaaten als solche definierten Sondervermögen;

Artikel 196 MwStSystRl: Die Mehrwertsteuer schuldet der Steuerpflichtige oder die nicht steuerpflichtige juristische Person mit einer Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer, für den/die eine Dienstleistung nach Artikel 44 erbracht wird, wenn die Dienstleistung von einem nicht in diesem Mitgliedstaat ansässigen Steuerpflichtigen erbracht wird.

Hinsichtlich der unstrittig gegebenen unionsrechtlichen und national gesetzlichen Verpflichtung für eine KAG zur Erbringung eines Risikomanagements und der Performancemessung siehe Absatz 28 des Vorlagebeschlusses.

Hinsichtlich der wesentlichen Aussagen des EuGH zu dieser Rechtssache wird auf die Darstellung des Urteiles vom in der Rs DBKAG oben verwiesen. Hier sollen lediglich die für die Entscheidung in dieser Rechtssache maßgeblichen Stellen wiedergegeben werden:
Rn 56: Insbesondere hat der Gerichtshof im Urteil vom , Blackrock Investment Management (UK) (C-231/19, EU:C:2020:513), obwohl es um Dienstleistungen - u. a. der Leistungs- und Risikoüberwachung - ging, die ein Dritter Fonds-Verwaltungsgesellschaften mittels einer Softwareplattform erbrachte, diese Dienstleistungen nicht von vornherein vom Anwendungsbereich der in Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Steuerbefreiung ausgeschlossen. Dass die betreffenden Dienstleistungen nicht unter diese Steuerbefreiung fallen konnten, begründete er in den Rn. 48 und 49 jenes Urteils vielmehr damit, dass sie nicht für die Verwaltung von Sondervermögen spezifisch waren, weil sie zum Zweck der Verwaltung von Anlagen unterschiedlicher Art konzipiert worden waren und gleichermaßen für die Verwaltung von Sondervermögen und für die Verwaltung anderer Fonds verwendet werden konnten.
57 Wird eine Dienstleistung wie die Einräumung eines Nutzungsrechts an Software ausschließlich für die Zwecke der Verwaltung von Sondervermögen und nicht an andere Fonds erbracht, kann sie mithin als "spezifisch" für diesen Zweck angesehen werden.
61 In der Rechtssache C-59/20 geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass das vorlegende Gericht die Leistungen des Risikomanagements und der Performancemessung als für die Verwaltung von Sondervermögen spezifische Tätigkeiten betrachtet. Das vorlegende Gericht weist auch darauf hin, dass die Berechnungen der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Software eine wesentliche Grundlage für die Erfüllung der nach österreichischem Recht vorgeschriebenen Funktionen des Risikomanagements und der Performancemessung seitens der DBKAG bildeten. Der Umstand, dass diese Software etwa zur Durchführung von Berechnungen dient, die für die Verwaltungsleistungen des Risikomanagements und der Performancemessung des betreffenden Fonds wesentlich sind, könnte daher die Annahme zulassen, dass sie für die Verwaltung dieses Fonds wesentlich ist. Es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die oben in Rn. 58 genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
Rn 61 iVm 58: Die Leistung ist steuerfrei, "wenn sie eine enge Verbindung mit der Verwaltung von Sondervermögen aufweist und ausschließlich für die Zwecke der Verwaltung von Sondervermögen erbracht wird."

Aufgrund der maßgeblichen Bedeutung des Urteiles des C-231/19, Rs Blackrock, werden hier die wesentlich erscheinenden Aussagen des EuGH und des Generalanwaltes angeführt:
48 Im vorliegenden Fall nehmen die Parteien des Ausgangsverfahrens übereinstimmend an, dass die in Rede stehende Dienstleistung zum Zweck der Verwaltung von Anlagen unterschiedlicher Art konzipiert worden sei und insbesondere gleichermaßen für die Verwaltung von Sondervermögen und die Verwaltung anderer Fonds verwendet werden könne. Deshalb kann diese Dienstleistung nicht als für die Verwaltung von Sondervermögen spezifisch angesehen werden.
49 Eine Dienstleistung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende erfüllt daher nicht die Voraussetzungen für die in Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Steuerbefreiung.
52 Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen ist, dass eine einheitliche Verwaltungsdienstleistung, die durch eine Softwareplattform eines außenstehenden Anbieters an eine Fondsverwaltungsgesellschaft erbracht wird, die sowohl Sondervermögen als auch andere Fonds verwaltet, nicht unter die in dieser Bestimmung vorgesehene Steuerbefreiung fällt.

Der Generalanwalt führte in seinem Schlussantrag vom zur Rs Blackrock u.a. aus:
In Rn 68: Ich bin mir darüber im Klaren, dass der Fall anders läge, wenn die Aladdin-Dienstleistungen einem Unternehmen zugutekämen, das sich ausschließlich mit der Verwaltung von Sondervermögen beschäftigt. ……..
………..
Und dann in Rn 70: Unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen besteht der Zweck der in Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112 vorgesehenen Steuerbefreiung meiner Meinung nach nicht darin, diese Befreiung Verwaltungstätigkeiten zu gewähren, die durch eine IT-Plattform erbracht werden, die sowohl den Sondervermögen als auch den anderen Fonds zugutekommt.

Nationales Recht

Die maßgeblichen Bestimmungen des Umsatzsteuergesetzes 1994 (UStG 1994, BGBl Nr 663/1994 idF BGBl I Nr. 24/2007) lauten in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung:

Hinsichtlich des Leistungsortes ist die Generalklausel des UStG 1994 für Leistungen an Unternehmer (B2B) anzuwenden:

§ 3a Abs. 6 UStG 1994 Eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 1 und 2 ausgeführt wird, wird vorbehaltlich der Abs. 8 bis 16 und Art. 3a an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung an die Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, ist stattdessen der Ort der Betriebsstätte maßgebend.

Zur Befreiung: § 6 Abs. 1 Z 8 lit. i UStG 1994

§ 6 Abs. 1 Von den unter § 1 Abs. 1 Z 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:

……

Z 8 lit. i) die Verwaltung von Sondervermögen nach dem Investmentfondsgesetz, BGBl. Nr. 532/1993, und dem Immobilien-Investmentfondsgesetz, BGBl. I Nr. 80/2003, und die Verwaltung von Beteiligungen im Rahmen des Kapitalfinanzierungsgeschäftes (§ 1 Abs. 1 Z 15 des Bankwesengesetzes, BGBl. Nr. 532/1993) durch Unternehmer, die eine Konzession für dieses Geschäft besitzen, sowie die Verwaltung von durch die anderen Mitgliedstaaten als solche definierten Sondervermögen. (Anm.: abgestellt wurde auf das InvFG 1993)

Zum Übergang der Steuerschuld (Reverse Charge):

§ 19 Abs. 1 UStG 1994: Steuerschuldner ist in den Fällen des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 der Unternehmer, in den Fällen des § 11 Abs. 14 der Aussteller der Rechnung.

Bei sonstigen Leistungen (ausgenommen die entgeltliche Duldung der Benützung von Bundesstraßen) und bei Werklieferungen wird die Steuer vom Empfänger der Leistung geschuldet, wenn
der leistende Unternehmer im Inland weder einen Wohnsitz (Sitz) noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder eine an der Leistungserbringung beteiligte Betriebsstätte hat und
der Leistungsempfänger Unternehmer im Sinne des § 3a Abs. 5 Z 1 und 2 UStG 1994 ist oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist, die Nichtunternehmer im Sinne des § 3a Abs. 5 Z 3 UStG 1994 ist.
Der leistende Unternehmer haftet für diese Steuer.

§ 20 Abs. 1 UStG 1994 Bei der Berechnung der Steuer ist in den Fällen des § 1 Abs 1 Z 1 und 2 von der Summe der Umsätze auszugehen, für welche die Steuerschuld im Laufe eines Veranlagungszeitraumes entstanden ist. Dem ermittelten Betrag sind die nach § 11 Abs 12 und 14, die nach § 16 Abs 2 und die gemäß § 19 Abs 1 zweiter Satz, Abs 1a, Abs 1b, Abs 1c, Abs 1d und Abs 1e geschuldeten Beträge hinzuzurechnen. Veranlagungszeitraum ist das Kalenderjahr.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe Wiederaufnahme Umsatzsteuerverfahren 2009 und 2010)

Nach § 303 Abs. 1 lit. b BAO rechtfertigt das nicht bestrittene Hervorkommen neuer Tatsachen nur dann eine Wiederaufnahme eines Abgabenverfahrens, wenn die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Wie zu zeigen sein wird, führen die durch die Betriebsprüfung neu hervorgekommenen Tatsachen zu keinem im Spruch anders lautenden Bescheid, weil die Leistungen der SC von der Bf richtigerweise als steuerfrei beurteilt wurden. Hinsichtlich der nicht bekämpften Feststellung für das Jahr 2010, die zu einer RCS-Steuer-Vorschreibung iHv € 159,60 geführt hat (bzw. hätte) wurde nicht dargestellt, ob auch hier neue Tatsachen hervorgekommen seien. Abgesehen davon dass es dem BFG nicht möglich ist, eine Wiederaufnahme auf eine neue Begründung zu stützen, würde der sich ergebende Betrag nach Ansicht des Richters auch im Rahmen der Ausübung des Ermessens letztlich zu keiner Wiederaufnahme führen.

Zur Beurteilung der Steuerfreiheit von Leistungen bei Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger:

Wie schon in Abs. 40 des Vorlagebeschlusses dargestellt, ergibt sich aus § 19 UStG 1994 iVm § 20 UStG 1994, dass der Leistungsempfänger entscheiden kann bzw. muss, ob eine Steuerschuld entstanden ist, die auf ihn übergeht, und er nicht an die Angaben in der Rechnung des leistenden Unternehmers gebunden ist. Diese Ansicht vertritt die Finanzverwaltung zB auch im Fall der Versagung des Vorsteuerabzuges einer trotz Übergangs der Steuerschuld in der Rechnung ausgewiesenen Umsatzsteuer oder, wenn gar keine Rechnung ausgestellt wurde oder in der Rechnung nicht auf die Steuerschuld des Leistungsempfängers hingewiesen wurde (siehe Rz 2602 UStRl 2000). Dies muss nach Ansicht des Richters auch dann gelten, wenn nach Ansicht des Leistungsempfängers zu Unrecht auf ein RCS in der Rechnung hingewiesen wurde.

Zumindest formal hielt der EuGH in Rn 33 seines Urteiles an seinen Anforderungen für eine steuerfreie Erbringung einer ausgelagerten Verwaltungsleistung fest: Die von einem außenstehenden Verwalter erbrachten Dienstleistungen können jedoch nur dann als steuerbefreite Umsätze im Sinne des Art. 135 Abs. 1 lit. g MwStSystRl eingestuft werden, wenn sie ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes bilden, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen der Verwaltung von Sondervermögen erfüllen soll.

Nachdem durch den EuGH geklärt wurde, dass der Lizenzgeber als Leistungserbringer anzusehen ist und der EuGH auch die erforderliche Eigenständigkeit der Leistung bejaht hat, ist in diesem Fall letztlich alleine die Frage strittig, ob nach den Ausführungen des EuGH in den zwei oben geschilderten Urteilen eine hypothetische Verwendungsmöglichkeit der Software für die nicht befreite Anlagen-Verwaltung die Spezifität der Leistung für die Verwaltung von Sondervermögen ausschließt und somit befreiungsschädlich ist oder, ob nur auf die konkrete Verwendung beim jeweiligen Leistungsempfänger abzustellen ist.

Zunächst betrifft diese Frage nach Ansicht des Richters nur Fälle der elektronischen Leistungserbringung in Form der Einräumung eines Nutzungsrechtes an einer Software, weil der EuGH in den Rn 53 bis 57 ausführt, unter welchen Voraussetzungen in solchen Fällen keine rein materielle oder technische Dienstleistung vorliegt, die nicht befreit sein könnte. Dabei kommt der EuGH in Rn 57 zu dem Ergebnis, dass derartige Leistungen als spezifisch für die Verwaltung von Sondervermögen angesehen werden können, wenn sie ausschließlich für derartige Zwecke erbracht werden.

Hinsichtlich des tatsächlichen Leistungserbringers im Fall der Einräumung eines Nutzungsrechtes an einer Software hegte der EuGH keinerlei Zweifel, dass der Lizenzgeber in diesen Fällen Leistungen auf elektronischem Weg erbringt.

Hinsichtlich der Beurteilung der Wesentlichkeit der Leistungen der SC für die Verwaltung von Sondervermögen hat der EuGH dem BFG nicht widersprochen (Rn 61). Diese Leistungen sind somit als wesentliche Grundlage für die Erfüllung der nach österreichischem Recht vorgesehenen Verpflichtungen für eine KAG zur Durchführung eines Risikomanagements und der Performancemessung anzusehen.

Die geforderte Eigenständigkeit ist trotz der Zurverfügungstellung der technischen Infrastruktur durch die Bf, der untergeordneten Mitwirkung der Bf an der Leistungserstellung und der laufend durch die Bf bereitgestellten Marktdaten erfüllt.

Die geforderte enge Verbindung wird aufgrund der gesetzlichen Verpflichtungen zur Durchführung der fraglichen Leistungen und der bejahten Wesentlichkeit wohl auch zu bejahen sein. Nach Ansicht des Richters betrifft die in diesem Zusammenhang angeordnete Prüfung auch eher die Rs "K". Dies ergibt sich aus einem Zusammenspiel der Rn 57, 58 und 61, wonach das BFG in dieser Rs im Ergebnis zu prüfen hat, ob die von SC elektronisch erbrachten Leistungen ausschließlich für Zwecke der Verwaltung von Sondervermögen erbracht wurden und "mithin als spezifisch für diesen Zweck angesehen werden können" (Rn 57).

Hinsichtlich der durch den EuGH nicht aufgegriffenen oder verworfenen Bedenken des BFG, der Finanzverwaltung und in den beim EuGH eingereichten Stellungnahmen siehe oben.

Fraglich und strittig bleibt nach den unterschiedlichen Auffassungen der Parteien -wie bereits dargelegt- allein, ob die vom EuGH geforderte Verwendung nach der hypothetischen Verwendungsmöglichkeit oder nach der konkreten Verwendung beim jeweiligen Leistungsempfänger im Einzelfall zu prüfen ist.

Der Richter kommt in diesem zu entscheidenden Fall aus mehreren Gründen zu dem Ergebnis, dass auf die Verwendung beim konkreten Leistungsempfänger abzustellen ist. Deshalb muss auch der Anregung der Amtspartei (ein Beweisantrag wurde nicht gestellt) zur Bestellung eins Sachverständigen zur Abklärung der Frage, ob die Software hypothetisch auch für die Verwaltung von nicht begünstigtem Vermögen verwendet werden könnte, nicht nachgekommen werden.

  • Ganz allgemein könnte man aufgrund des Urteiles in der Rs Blackrock noch Zweifel hegen. Hier stellt der EuGH in den Rn 48f nach dem Wortlaut eventuell noch auf eine generelle Konzeption und Verwendungsmöglichkeit ab, kommt dann aber in seiner Antwort auf die Vorlagefrage in Rn 52 zu dem Ergebnis, dass die Befreiung nicht anzuwenden ist, wenn die Leistung an eine KAG "erbracht" wird, die sowohl Sondervermögen als auch andere Fonds verwaltet. Auffallend ist, dass die bloße Verwaltung anderer Vermögen ausreichend ist und eine tatsächliche Nutzung dafür für den Ausschluss der Befreiung gar nicht erforderlich wäre. Insofern würde die hypothetische Nutzbarkeit beim konkreten Leistungsempfänger ausreichen.
    Hier könnte man somit noch der Meinung sein, dass in Rn 48f die allgemein anzuwendenden Überlegungen des EuGH festgehalten sind, die eben insbesondere dann gelten sollen, wenn der konkrete Leistungsempfänger die Leistung für beide Arten von Verwaltungen verwenden kann. Dies könnte aber auch für Fälle der hypothetischen Verwendbarkeit bei anderen KAGs gelten.
    Relativiert wird dieser Denkansatz aber schon durch die oben dargestellten Ausführungen des Generalanwaltes in seinem Schlussantrag zur Rs BlackRock, in der der Generalanwalt eindeutig darstellt, dass die Befreiung zu gewähren wäre, wenn der Leistungsempfänger ausschließlich begünstigtes Vermögen verwalten würde.
    Es ist auch dem steuerlichen Vertreter der Bf zuzustimmen, dass im Fall der Abstellung auf die hypothetische Verwendbarkeit kaum noch eine ausgelagerte Verwaltungsleistung befreit sein könnte, weil eben nahezu jede derartige Leistung auch für die Verwaltung eines nicht begünstigten Vermögens verwendet werden könnte. Dies würde auch dem vom EuGH schon wiederholt judizierten Zweck der Befreiungsbestimmung widersprechen und dem Grundsatz zuwider laufen, dass Befreiungsbestimmungen als Ausnahmebestimmungen zwar eng auszulegen seien, eine Auslegung die Befreiung aber nicht unanwendbar machen darf.

  • Bei dem hier gegebenen Sachverhalt mit der aufgrund ihrer vielfältigen Individualisierung ausschließlichen Nutzbarkeit der Software beim konkreten Leistungsempfänger Bf hat der EuGH in mehreren Rn eindeutig entschieden, dass darauf abzustellen ist, für welche Zwecke die Leistung konkret "erbracht" wird.
    Überdies müsste man vermutlich in diesem Fall selbst bei Vertretung des hypothetischen Ansatzes zu dem Ergebnis kommen, dass in diesem Fall die konkret konzipierte Software aufgrund ihrer individualisierten Programmierung von einem anderen hypothetischen Lizenznehmer in dieser Form gar nicht genutzt werden könnte. Es wäre somit in jedem Fall auf die alleinige Verwendung bei der Bf abzustellen und diese hat in diesem Fall die Software ausschließlich für die Verwaltung von begünstigten Vermögen verwendet. Die Bf verwaltete auch keine anderen Vermögen, sodass sowohl die Anforderungen des EuGH in der Rs Blackrock als auch in der Rs DBKAG jedenfalls erfüllt sind.

  • Man könnte die Ausführungen des EuGH in der Rs DBKAG (Bf) auch als allgemeine Fortentwicklung der Rechtsprechung zu dieser Frage ansehen. Fest steht aber, dass jedenfalls bei der hier gegebenen Sachverhaltskonstellation, bei der die Leistung der SC aufgrund ihrer speziellen Adaptierungen ausschließlich für Zwecke der Verwaltung von Sondervermögen bei der Bf erbracht wurde, die Befreiung anzuwenden ist.

Da bei dem hier zu entscheidenden Sachverhalt jedenfalls auch eine hypothetische Verwendung der für die Bf individualisierten Software sowohl bei anderen Verwaltungsgesellschaften als auch bei der Bf selbst ausgeschlossen war, wurde die Einräumung der Nutzung der Software durch den ausländischen Dritten jedenfalls ausschließlich für Zwecke der Verwaltung von Sondervermögen erbracht und somit steuerfrei. Es ist deshalb auch keine Steuerschuld auf die Bf übergegangen.

Im Ergebnis waren die Wiederaufnahmebescheide 2009 und 2010 somit ersatzlos aufzuheben, weil sich aufgrund der Steuerfreiheit der fraglichen Leistungen aufgrund der neu hervorgekommenen Tatsachen kein im Spruch anders lautender Bescheid ergab.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Eine Revision ist nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn ein Erkenntnis von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Es handelt sich zwar um eine Erkenntnis, welches für einen Einzelfall auf der Grundlage einer EuGH-Vorabentscheidung ergangen ist, dennoch ist die Rechtsfrage, ob die geforderte Ausschließlichkeit nach dem hypothetischen oder dem konkreten Ansatz zu lösen ist, und ob dabei entscheidend auch auf die exklusiver Einsetzbarkeit einer Software beim konkreten Leistungsempfänger abzustellen ist, von grundsätzlicher Bedeutung, zu der es noch keine Rechtsprechung des VwGH gibt, weshalb die Revision zuzulassen war.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 6 Abs. 1 Z 8 lit. i UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Art. 135 Abs. 1 Buchstabe g RL 2006/112/EG, ABl. Nr. L 347 vom S. 1
Verweise


/2020
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.5100456.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at