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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 09.02.2022, RV/7400174/2021

Wegfall der Beschwerdelegitimation des vermeintlich Haftungspflichtigen, wenn der Haftungsbescheid aufgehoben wird

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Anna Mechtler-Höger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien Referat Landes- und Gemeindeabgaben vom betreffend Glücksspielautomatenabgabe für die Monate April 2017 bis Juni 2017 beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 133 Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Begründung

Verfahrensgang:

Mit Bescheid vom wurde der Fa. ***1*** für das Halten von zwei Spielapparaten im eigenen Betrieb in Wien, für die Monate April 2017 bis Juni 2017 eine Glücksspielatomatenabgabe in Höhe von 8.400,00 Euro vorgeschrieben.

Der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid vom zur Zahl MA 6/ARL-*****, gemäß § 9 Abs. 1 BAO iVm § 80 Abs. 1 BAO als Geschäftsführer der Fa. ***1*** für den Rückstand an Glücksspielautomatenabgabe erstmalig zur Haftung herangezogen.

Innerhalb offener Frist erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom Beschwerde gegen den Bemessungsbescheid vom und führte aus, er sei bereits im Mai 2017 aus diesem Unternehmen als Geschäftsführer ausgeschieden, weshalb er auch keinen Zugang zu den relevanten Unterlagen habe und die Übermittlung einer Aktenkopie beantrage.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe von seinem ihm gemäß § 248 BAO zustehenden Recht Gebrauch gemacht und innerhalb der für die Einbringung einer Beschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch am Bescheidbeschwerde eingebracht. Wenn gleichzeitig mit der Beschwerde gegen die Inanspruchnahme zur Haftung auch der Sachbescheid angefochten würde, so sei nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zuerst über die Rechtmäßigkeit der Haftung zu entscheiden, weil davon die Beschwerdebefugnis gegen die Sachbescheide abhänge ().

Nachdem der Haftungsbescheid mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7400110/2021, behoben worden sei, fehle die Befugnis zur Einbringung einer Beschwerde gegen den Bemessungsbescheid.

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag führte der Beschwerdeführer aus, er schließe sich zwar prinzipiell der Rechtsmeinung der belangten Behörde an. Er sei jedoch durch Haftungsbescheid vom neuerlich zur Haftung herangezogen worden, weshalb er sich weiterhin als beschwerdelegitimiert erachte.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer war vom bis Geschäftsführer der Fa. ***1***. Mit Bescheid vom wurde er unter Hinweis auf § 2 Abs. 4 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz zur Haftung für die Glücksspielautomatenabgabe für die Monate April 2017 bis Juni 2017 herangezogen. Er erhob mit Schreiben vom sowohl gegen diesen Haftungsbescheid als auch gegen den zugrundeliegenden Abgabenbescheid Beschwerde. Der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid wurde mit Erkenntnis des , Folge gegeben und der angefochtene Haftungsbescheid aufgehoben. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den Abgabenbescheid als unzulässig zurückgewiesen.

Datiert mit erließ die belangte Behörde unter Hinweis auf § 2 Abs. 2 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz neuerlich einen Haftungsbescheid, der vom Beschwerdeführer ebenfalls mit Beschwerde angefochten worden ist, welcher mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7400143/2021, teilweise Folge gegeben worden ist.

Beweiswürdigung:

Dieser Sachverhalt gründet sich auf die im Akt befindlichen Unterlagen, die Daten der Finanzdatenbank und ist insoweit unstrittig.

Rechtliche Würdigung:

Gemäß § 260 Abs. 1 lit a BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262 BAO) oder mit Beschluss (§ 278 BAO) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist.

Wie bereits in der Beschwerdevorentscheidung zutreffend ausgeführt wurde, kann gemäß § 248 BAO der nach den Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Bescheidbeschwerde einbringen.

Wird gleichzeitig mit der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid wie im vorliegenden Fall auch der Sachbescheid angefochten, muss zuerst über die Rechtmäßigkeit der Haftung entschieden werden, weil davon die Beschwerdelegitimation gegen den Sachbescheid abhängt ().

Ergibt das über Beschwerde eines herangezogenen Haftenden eingeleitete Beschwerdeverfahren, dass der zur Haftung Herangezogene nicht ein "nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtiger" ist, so fehlt seine Legitimation zur Einbringung eines Rechtsmittels gegen die der Haftungsinanspruchnahme zugrundeliegenden Abgabenansprüche. § 248 BAO legitimiert nicht den zur Haftung Herangezogenen zur Beschwerde gegen den Anspruch, sondern nur den "nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtigen". Ist seine Haftungsfähigkeit als Vorfrage zu verneinen, dann ist seine Beschwerde gegen die dem vermeintlichen Haftungsverhältnis zugrundeliegenden Abgabenansprüche zurückzuweisen (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 2549).

Das Bundesfinanzgericht gab der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid vom Folge und hob den angefochtenen Bescheid auf. Damit fiel - den obigen Ausführungen folgend - die Legitimation des Beschwerdeführers, eine Beschwerde gegen den zugrundeliegenden Abgabenbescheid zu erheben, weg. Dafür, dass diese Legitimation durch die Erlassung eines neuerlichen Haftungsbescheides wiederauflebt, ist keine gesetzliche Grundlage zu erkennen.

Der Beschwerdeführer machte nach Erlassung des mit datierten neuerlichen Haftungsbescheides von seinem Recht, innerhalb der für die Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Bescheidbeschwerde einzubringen, keinen Gebrauch.

Die ursprünglich eingebrachte Beschwerde gegen den Abgabenanspruch war daher nach Aufhebung des Haftungsbescheides vom von der belangten Behörde zu Recht mangels Beschwerdelegitimation als unzulässig zurückgewiesen worden.

Es wäre am Beschwerdeführer gelegen gewesen, innerhalb der für die Beschwerde gegen den neuerlichen Haftungsbescheid vom offenstehenden Frist wiederum ein Rechtsmittel gegen den Abgabenbescheid vom einzubringen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde gegen den Abgabenbescheid wegen fehlender Beschwerdelegitimation als unzulässig zurückzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zur Frage, ob eine Beschwerde gegen den Abgabenbescheid auch nach Aufhebung und neuerlicher Erlassung eines Haftungsbescheides weiterwirkt, fehlt höchstgerichtliche Rechtsprechung. Die ordentliche Revision war daher zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 248 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 Abs. 4 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz, LGBl. Nr. 56/2005
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7400174.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at