Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.02.2022, RV/7102979/2018

Rückforderung von Familienbeihilfe - Studienwechsel

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinRi über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom , gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum September 2016 bis September 2017, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer bezog für seinen Sohn Sohn, geb. 1994, im Zeitraum September 2016 bis September 2017 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge.

Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt vom Bf. die für den genannten Zeitraum bezogenen Beträge unter Verweis auf die Bestimmungen des § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichgesetzes 1967 (FLAG 1967) mit der Begründung zurück, dass bei einem Studienwechsel die in § 17 Studienförderungsgesetz (StudFG) 1992 angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf die Familienbeihilfe gelten. Nach § 17 StudFG liege ein günstiger Studienerfolg nicht vor, wenn die oder der Studierende das Studium öfter als zweimal gewechselt habe oder das Studium nach dem jeweils dritten fortgesetzt gemeldeten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt habe und nicht die gesamten Vorstudienzeiten für die Anspruchsdauer des nunmehr betriebenen Studiums berücksichtigt würden. Sohn habe ab September 2016 auf das Studium Finanz-, Rechnungs- u. Steuerwesen an der Fachhochschule Wien gewechselt.

Der Bf. erhob gegen den Zurückweisungsbescheid fristgerecht Beschwerde (Schreiben vom ) und brachte vor, dass das Finanzamt in der Begründung des Bescheides von einem Studienwechsel ausgegangen sei, sein Sohn habe aber lediglich zu seinem bestehenden Studium an der Wirtschaftsuniversität Wien ein fachverwandtes Parallelstudium an der Fachhochschule begonnen. Trotz der zusätzlichen Studienaufnahme an der FH sei er weiterhin als aktiver Student an der WU geführt worden. Dies könne er auch anhand von vorhandenen Rückmeldebestätigungen für den betreffenden Zeitraum nachweisen. Das zusätzliche Parallelstudium habe sich einerseits in der organisatorischen Notwendigkeit seinen Beruf und Studium gleichzeitig mit einander vereinbaren zu können begründet als auch in der Notwendigkeit Ausweichmöglichkeiten zu haben für die nicht vorhandenen Kapazitäten an der WU. Das zusätzliche Studium sei somit nicht als Studienwechseln auszulegen wie dies fehlerhaft im Bescheid angeführt worden sei, sondern sei es eine Ergänzung zu seinem derzeitigen Studium, da die wechselseitige Anrechenbarkeit der Lehrveranstaltungen gegeben sei.

Aufgrund der tatsächlichen Faktenlage bitte er um Überarbeitung des Bescheides und den tatsächlichen Bedingung Rechnung zu tragen.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit folgender Begründung ab:

"Gemäß § 2 Abs.1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben , Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden , wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Im § 2 Abs.1 lit.b FLAG 1967 wird hinsichtlich eines Studienwechsels auf die Bestimmungen des § 17 Studienforderungsgesetz (StudFG ) verwiesen .

Gemäß § 17 Abs.1 Z 2 StudFG liegt ein günstiger Studienerfolg nicht vor, wenn der Studierende das Studium nach dem jeweils dritten fortgesetzt gemeldeten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat.

Bei der Auslegung des Begriffes Studienwechsel im Sinne des § 2 Abs.1 lit. b FLAG ist aus dem Gesamtzusammenhang des FLAG auch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu berücksichtigen, wonach die Gewährung von Familienbeihilfe für volljährige Kinder nach den näheren Regelungen des § 2 Abs.1 lit. b FLAG ersichtlich darauf abstellt, dass sich das Kind einer Berufsausbildung mit dem ernstlichen und zielstrebigen Bemühen um den Ausbildungserfolg unterzieht ( mit Hinweis auf ).

Ein Studienwechsel im Sinne des FLAG liegt daher vor, wenn der Studierende ein von ihm bisher betriebenes Studium nicht mehr ernsthaft und zielstrebig betreibt, sondern neben diesem Studium oder im Anschluss an dieses Studium ein anderes Studium beginnt, das er ernsthaft und zielstrebig betreibt.

Ihr Sohn Sohn war im Bachelorstudium Wirtschafts-und Sozialwissenschaften an der WU Wien von Oktober 2013 bis Dezember 2017 inskribiert. Laut Erfolgsnachweise wurde das Studium bis Sommersemester 2016 (letzter Prüfungsantritt positiv vom , negativ am ) ernsthaft und zielstrebig betrieben und mit Dezember 2017 abgebrochen.

Ab September 2016 wird das Bachelorstudium Finanz-, Rechnungs-und Steuerwesen an der Fachhochschule Wien der WKW (laut Bestätigung des Studienerfolges für das Studienjahr 2016/17 wurden 62 SemStd. positiv abgelegt) ernsthaft und zielstrebig betrieben.

Daher musste von einem Studienwechsel mit September 2016 ausgegangen werden und ihre Beschwerde somit als unbegründet abgewiesen werden."

Der Bf. stellte am einen Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht und bringt vor, dass bei dem Bescheid wesentliche und auf das Studium an der WU Wien zutreffende organisatorische und studienspezifische Aspekt außer Acht gelassen worden seien. Wie bereits im vorangegangenen Beschwerdeschreiben handle es sich bei dem an der FH aufgenommenen Studium um ein fachgleiches Studium! Der Studienwechsel sei durch die ergriffenen organisatorischen Maßnahmen an der WU bedingt gewesen. Die WU Wien stelle eine große Anzahl an Lehrveranstaltungen, welche keine Anwesenheitspflicht erforderten, auf Lehrveranstaltungen mit Anwesenheitspflicht mit prüfungsimmanenten Charakter um! Somit sei der Prüfungsantritt nur mit einer Anmeldung zur Lehrveranstaltungen möglich! Bedauerlicherweise seien aber nicht die notwendigen Kapazitäten für die Masse an Studenten im Rahmen dieser Umorganisation geschaffen worden. Zuvor sei es möglich gewesen, Prüfungen ohne zugesicherten Platz in Lehrveranstaltungen zu absolvieren. Dadurch sei ein unglaublicher Rückstau und eine Verschärfung und Verschlechterung der Studienbedingungen entstanden. Aus diesem wesentlichen Grund sei das Studium an der FH zusätzlich aufgenommen worden. Dies aus dem Grund der gegenseitigen Anrechenbarkeit der erbrachten Studienleistungen in den beiden Studien. Weiters verweise er auf die Ausführungen in seiner Beschwerde. Er würde bitten, diese Aspekte in die Beurteilung einfließen zu lassen. Solchen außerordentlichen Umständen sollte auch Rechnung getragen werden.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Sohn des Bf. war von Oktober 2013 bis Dezember 2017 an der WU Wien mit dem Studium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (Bachelorstudium J033 561) inskribiert.

Sohn legte an der WU am eine Prüfung positiv und am eine Prüfung negativ ab. Im Wintersemester 2016/17 und im Sommersemester 2017 trat Sohn an der WU zu keiner einzigen Prüfung an.

Das Studium an der WU wurde mit Dezember 2017 abgebrochen.

Im September 2016 nahm Sohn an der FH Wien der WKWdas Bachelorstudium Finanz-, Rechnungs- und Steuerwesen (0505) auf und legte nur mehr Prüfungen an der FH ab (62 Semesterstunden positiv).

Laut Auskunft der FH Wien der WKW vom führte die Anrechnung von einzelnen Leistungen aus dem Vorstudium für einzelne Lehrveranstaltungen zu keiner Verkürzung der Studiendauer von 6 Semester.

Gesetzliche Grundlagen:

Gemäß § 2 Abs. 1 FLAG 1967 haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe,die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe.

Gemäß § 17 Abs. 1 Studienförderungsgesetz liegt ein günstiger Studienwechsel nicht vor, wenn der Studierende

  • Das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder

  • Das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder

  • Nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.

Nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 gelten


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  • Studienwechsel, bei welchen die gesamte Studienzeit des vor dem Studienwechsel betriebenen Studiums für die Anspruchsdauer des nach dem Studienwechsel betriebenen Studiums berücksichtigt wird, weil auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen Gleichwertigkeit nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gegeben ist,
  • Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden,
  • Studienwechsel, die unmittelbar nach Absolvierung der Reifeprüfung einer höheren Schule erfolgen, wenn für das während des Besuchs der höheren Schule betriebene Studium keine Studienbeihilfe bezogen wurde,
  • die Aufnahme eines Masterstudiums gemäß § 15 Abs. 3,
  • die Aufnahme eines Doktoratsstudiums gemäß § 15 Abs. 4.

(3) Ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 ist nicht mehr zu beachten, wenn die Studierenden danach so viele Semester zurückgelegt haben, wie sie in dem gemäß Abs. 1 Z 2 zu spät gewechselten Studium verbracht haben. Anerkannte Prüfungen aus dem verspätet gewechselten Vorstudium verkürzen diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden.

§ 26 Abs 1 FLAG 1967 lautet:

"Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen."

Rechtliche Beurteilung

Im vorliegenden Beschwerdefall ist strittig, ob ein sog. familienbeihilfenschädlicher Studienwechsel erfolgt ist.

Der Bf. bringt vor, dass sein Sohn nicht das Studium gewechselt habe, sondern das "zusätzliche Parallelstudium in der organisatorischen Notwendigkeit, seinen Beruf und das Studium gleichzeitig miteinander zu vereinbaren, begründet gewesen sei. Ein weiterer Grund sei in der Notwendigkeit, Ausweichmöglichkeiten zu haben und in den nicht vorhandenen Kapazitäten an der WU gelegen gewesen. Der Besuch der FH sei eine Ergänzung zu seinem derzeitigen Studium gewesen, da die wechselseitige Anrechenbarkeit der Lehrveranstaltungen gegeben sei. Sein Sohn sei trotz der zusätzlichen Studienaufnahme an der FH weiterhin als aktiver Student an der WU geführt worden.

Nach der Aktenlage steht fest, dass der Sohn des Bf. von Oktober 2013 bis Dezember 2017 an der WU Wien in der Studienrichtung Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (Bachelorstudium J033 561) inskribiert war. Sohn legte an der WU am eine Prüfung positiv und am eine Prüfung negativ ab. Im Wintersemester 2016/17 und im Sommersemester 2017 trat Sohn an der WU zu keiner einzigen Prüfung an. Das Studium an der WU wurde mit Dezember 2017 abgebrochen. Bereits im September 2016 nahm Sohn an der FH Wien der WKWdas Bachelorstudium Finanz-, Rechnungs- und Steuerwesen (0505) auf und legte ab diesem Zeitpunkt nur mehr Prüfungen an der FH ab (62 Semesterstunden positiv).

An der WU wurden von Sohn die letzten beiden Prüfungen am (positiv) und am (negativ) abgelegt.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, liegt ein Studienwechsel dann vor, wenn der Studierende das von ihm begonnene und bisher betriebene, aber noch nicht abgeschlossene Studium nicht weiter fortsetzt und an dessen Stelle ein anderes tritt (von § 1 Abs. 1 StudFG erfasstes) Studium beginnt) (, vgl. auch ).

Dass der Sohn des Bf. das Studium an der WU erst im Dezember 2017 beendet und im September 2017 aus den vom Bf. angeführten Gründen an der FH das Studium begonnen hat, schließt einen Studienwechsel nicht aus.

Auch der Umstand, dass dem Sohn des Bf. im Rahmen der Studienrichtung an der FH Wien der WKW (Bachelorstudium Finanz-, Rechnungs- und Steuerwesen (0505) einzelne Leistungen aus dem Vorstudium für einzelne Lehrveranstaltungen und Prüfungen angerechnet wurden, ist bei Vorliegen eines Studienwechsels iSd § 17 Abs. 1 StudFG nicht von Bedeutung. Lediglich eine Einrechnung der gesamten Vorstudienzeiten in die neue Studienrichtung würde nicht zum Verlust des Anspruches auf Familienbeihilfe führen, weil diesfalls iSd § 17 Abs. 2 Z 1 StudFG kein Studienwechsel vorliegt. Dass eine solche Berücksichtigung von Vorstudienzeiten erfolgt sei, wurde nicht vorgebracht.

Die vom Bf. ins Treffen geführten Gründe, die vor Abbruch des an der WU begonnenen Studiums (Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Bachelorstudium J033 561) zur Aufnahme des Studiums an der FH (Bachelorstudium Finanz-, Rechnungs- und Steuerwesen, 0505) geführt haben, können der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.

Dass der Sohn des Bf. einen Wechsel des Studiums für zweckmäßiger oder seinen persönlichen Vorstellungen angemessener gehalten hat, bedeutet nicht, dass er zum Studienwechsel gezwungen gewesen wäre, weil aus den Ausführungen des Bf. nicht hervorgeht, dass es seinem Sohn aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen unmöglich gewesen wäre, das Studium an der WU weiter zu betreiben ().

In Anbetracht vorstehender Ausführungen ist daher das Finanzamt auf Grund der Tatsache, dass der Sohn des Bf. das im Oktober 2013 an der WU begonnene Studium im Dezember 2017 ohne Abschluss abgebrochen und noch vor Abbruch - im September 2016 - an der FH der WKWmit dem Bachelorstudium Finanz-, Rechnungs- und Steuerwesen (0505) begonnen hat und ab diesem Zeitpunkt nur mehr Prüfungen an der FH abgelegt hat, zu Recht davon ausgegangen, dass ein (beihilfenschädlicher) Studienwechsel iSd § 17 Abs. 1 Z. 2 StudFG vorliegt.

Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzung liegt im Beschwerdefall nicht vor, da die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt.

Wien, am

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