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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.01.2022, RV/4100377/2019

Ist die Personalgestellung durch eine KöR an eine KöR umsatzsteuerbar?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike Nussbaumer LL.M. M.B.L. in der Rechtssache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Arnulf R.Lagler Wirtschaftstreuhand- & Steuerberatungs-Gesellschaft m.b.H., Hans-Gasser-Platz 6c, 9500 Villach, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom und bezüglich Wiederaufnahme des Verfahrens Umsatzsteuer 2009 bis 2011 und Umsatzsteuer 2009 bis 2012 (Steuernummer ***BF1StNr1*** ) beschlossen bzw. nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt:

I. BESCHLUSS
  • Die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom bezüglich Wiederaufnahme der Verfahren die Umsatzsteuer 2009-2011 betreffend wird gemäß § 256 Abs. 3 BAO als gegenstandslos erklärt.

Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.

II. ERKENNTNIS
  • Die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom bzw. die Umsatzsteuer 2009-2012 betreffend wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

  • Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Verfahrensgang

Zwischen den Parteien ist die Frage strittig, ob Einnahmen, die die beschwerdeführende Gemeinde (in der Folge kurz: Bf.) aus der Zurverfügungstellung von Reinigungskräften an die Polizei bzw. Bezirkshauptmannschaft (in der Folge kurz: BH) lukrierte, steuerbare Umsätze darstellen.

Im Zuge einer bei der Bf. im Jahr 2013 durchgeführten Außenprüfung gemäß §§ 147ff BAO unter anderem die Umsatzsteuer 2009-2011 (samt Nachschau 1-12/2012) betreffend, wurde die (hier strittige) Feststellung getroffen, dass die von der Bf. für die vorgenannten Einrichtungen besorgten und verrechneten Reinigungsarbeiten privatwirtschaftliche Tätigkeiten darstellen würden und somit dem 20-prozentigen Normalsteuersatz zu unterwerfen seien.

Die belangte Behörde schloss sich der Rechtsauffassung der Betriebsprüfung an und nahm mit Bescheiden vom die Verfahren betreffend Umsatzsteuer 2009-2011 wieder auf; mit selbem Datum wurden neue Sachbescheide unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Außenprüfung erlassen.

Nach mehrfacher Fristverlängerung erhob die steuerlich vertretene Bf. mit Eingabe vom gegen sämtliche Bescheide das Rechtsmittel der Beschwerde und monierte darin ausschließlich die Unterwerfung der Einnahmen der verrechneten Reinigungsarbeiten unter das Umsatzsteuerregime. Sowohl die Personalgestellung dem Landespolizeikommando als auch der BH gegenüber, seien dem hoheitlichen Bereich zuzurechnen; da die Bf. im Übrigen nicht von sich aus die Vertragsverhältnisse mit diesen Institutionen gesucht habe, läge ein Fall der Amtshilfe vor.

Am wurden die Beschwerden mit dem Hinweis, dass die entgeltliche Personalüberlassung nicht als eine "Tätigkeit im Rahmen der öffentlichen Gewalt" anzusehen sei, als unbegründet abgewiesen.

Dagegen richtet sich der mit datierende Antrag, die Beschwerden dem Verwaltungsgericht vorzulegen; in einem wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung begehrt.

Datierend mit erging der den Festsetzungsbescheid 12/2012 vom ersetzende Umsatzsteuerjahresbescheid 2012.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Mit Eingabe vom wurde die Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide zurückgezogen.

Am fand am Sitz der Bf. eine mündliche Verhandlung statt, im Zuge derer mehrere Zeugen einvernommen sowie ein Lokalaugenschein im strittigen Gebäude durchgeführt wurde.

Sachverhalt

Die Bf., eine Gemeinde im Kärntner Bezirk XY mit ca. xxx Einwohnern, war in den Streitjahren - neben der Republik Österreich bzw. später der Bundesimmobiliengesellschaft - grundbücherliche Miteigentümerin der Liegenschaft vorgetragen in der EZ xxx GB xxxxx Ort, samt dem darauf befindlichen Amts-, Kultur- und Geschäftszentrum mit der Adresse Ort Hnr.. Zur im Wohnungseigentum der Bf. stehenden "Wohnungseigentumseinheit II" zählten neben ihren eigenen Amtsräumlichkeiten bzw. dem Veranstaltungszentrum auch mehrere Geschäftslokale, die von der Bf. (bzw. der von ihr in der Zwischenzeit gegründeten Immobilien KG, FN xxxxxx) an diverse Gewerbetreibende und sonstige Dienstleister (z.B. Billa, Notar, praktischer Arzt, Zahnarzt und Vermesser) entgeltlich in Bestand gegeben wurden.

Mit Vertrag vom xx.xx.xxxx (samt Zusatzvereinbarung vom xx.xx.xxxx) vermietete die Bf. Büroräume im 2. Obergeschoss der Liegenschaft in Ort Hnr. an das Land Kärnten, dies zwecks Unterbringung der Forstaufsicht und später der Jugendwohlfahrt (in der Folge kurz als "Außenstelle der BH XY" bezeichnet). Die Reinigung dieser Räumlichkeiten erfolgte von Anbeginn an durch von der Bf. bereitgestellte MitarbeiterInnen (vornehmlich durch die seit als Reinigungskraft der Bf. tätige Frau A, geb. am xx.xx.xxxx, wobei im Falle ihrer Verhinderung von der Bf. eine Ersatzkraft zur Verfügung gestellt wurde); die BH XY brachte in den Streitjahren monatlich Euro xxx (ohne Ust) für die "Bereitstellung von Personal mit Betriebsausstattung und Reinigungsmittel" zur Anweisung (vgl. Blg./III zum VH-Protokoll vom "Dauerrechnung Nr. 001/2009 vom "), wobei nach Ansicht der Bf. die Rechtsgrundlage sowohl für die Erbringung als auch die Verrechnung dieser Leistungen in Punkt 5. des Vertrages vom xx.xx.xxxx gelegen ist.

Am kam die Bf. weiters mit dem (vormaligen) Landesgendarmeriekommando für Kärnten dahingehend überein, dass Frau Frau A den in der strittigen Liegenschaft befindlichen Gendarmerieposten - infolge Pensionierung der dort tätigen Raumpflegerin - mit Wirksamkeit zum mitreinigen wird (vgl. Präambel zum Vertrag vom ). Zu diesem Zwecke wurde gleichzeitig zwischen der Bf. und der Bediensteten Frau A mit Wirksamkeit zum die Vereinbarung getroffen, dass ihr bisheriges Teilzeitbeschäftigungsverhältnis (28 5/6 Wochenstunden, ds. 72,08 %) auf ein Vollbeschäftigungsausmaß (40 Wochenstunden, ds 100%) erhöht wird (vgl. Pkt. I. Änderung Dienstvertrag undatiert). Vereinbarungsgemäß sollte die erhöhte Arbeitszeit von 11 Stunden und 10 Minuten für die Reinigung des Gendarmeriepostens in Ort Hnr. aufgewendet werden (vgl. Präambel zum Vertrag vom ). Im Fall der Dienstverhinderung der namentlich genannten Gemeindebediensteten war die Bf. verpflichtet für eine Ersatzreinigungskraft Sorge zu tragen (vgl. Pkt. IV. Vertrag vom ). Das Landesgendarmeriekommando für Kärnten hingegen verpflichtete sich im Gegenzug dazu zur Entrichtung der infolge des Anhebens auf eine Vollzeitbeschäftigung anfallenden Mehrkosten, sohin von 27,92 % des Monatsgehaltes, in Form von (monatlichen) Akontozahlungen an die Bf.; eine Endabrechnung sollte jeweils bis zum 31. Januar jeden Jahres für das vorangegangene Bezugsjahr erfolgen (vgl. Pkt. II Vertrag vom ). Nach der Intention der vertragschließenden Parteien sollte das Landesgendarmeriekommando sohin sämtliche mit der Erhöhung der Arbeitszeit der vorgenannten Gemeindebediensteten verbundenen Kosten (Gehalt, Zulagen, Sonderzahlungen und dergleichen) zu tragen haben. Tatsächlich brachte das Landesgendarmeriekommando im Jahr 2009 monatliche Aconti iHv je Euro xxx, im Jahr 2010 iHv je Euro xxx, 2011 iHv je Euro xxx und schließlich 2012 ebenfalls solche iHv je Euro xxx an die Bf. zur Anweisung; mit Rechnungen vom , und Februar 2012 erfolgen jeweils die jährlichen Endabrechnungen unter Zugrundelegung der der Bf. für die Bedienstete Frau A entstandenen Gesamtlohnkosten abzüglich der geleisteten Anzahlung. Sämtliche Zahlungen erfolgten ohne Verrechnung der gesetzlichen Umsatzsteuer.

Sowohl für das Bundesministerium für Inneres, das Landesgendarmeriekommando für Kärnten als auch den Gendarmerieposten Ort bestand in den Streitjahren die Möglichkeit aus einem von der Bundesbeschaffung GmbH abgeschlossenen Rahmenvertrag Reinigungsdienstleistungen auch für den Standort in Ort abzurufen (vgl. E-Mail BBG vom samt Anhang "05 Allgem Bes_Vertragsbedingungen Kärnten 2007 .pdf). Erst nachdem die Gemeindebedienstete Frau A die Alterspension angetreten hatte, wurden von der (nunmehrigen) Polizeiinspektion Ort per Reinigungsdienstleistungen aus dem vorbezeichneten Rahmenvertrag geordert (vgl. Schreiben LPD Kärnten vom ).

Die Verrechnung und Erfassung der verfahrensgegenständlichen Reinigungsdienstleistungen auf Seiten der Bf. erfolgte jeweils über das Konto mit der Nr. 827000, das nach dem Kontierungsleitfaden für Gemeinden und Gemeindeverbände für "Kostenersätze für die Überlassung von Bediensteten an Dritte" zu verwenden ist. Die aus der Personalüberlassung lukrierten Entgelte wurden im Rechnungsabschluss der Bf. eigenständig ausgewiesen.

Die Reinigung der weiteren in Bestand gegebenen Geschäftsräumlichkeiten (Billa, Notar, Ärzte, etc.) am Standort Ort Hnr. erfolgte nicht durch Bedienstete der Bf., sondern oblag es den jeweiligen Mietern für die Reinigung der Mietflächen Sorge zu tragen.

Beweiswürdigung

Der vorstehende Sachverhalt gründet auf den ohnedies in Klammer genannten Beweismitteln, sowie nachfolgender Beweiswürdigung:

Die Lage und Einwohnerzahl der Bf. sind unstrittig; die Feststellungen zu den Eigentumsverhältnissen an der in Rede stehenden Liegenschaft gehen aus dem offenen Grundbuch, in das das erkennende Gericht Einsicht nahm, hervor. Die Nutzung als Amts-, Kultur- und Geschäftszentrum wurde im Zuge des gerichtlichen Lokalaugenscheines festgestellt. Dass Teile der im Wohnungseigentum der Bf. stehenden "Wohnungseigentumseinheit II" an diverse weitere Gewerbetreibende bzw. sonstige Dienstleister entgeltlich in Bestand gegeben wurden, ist einerseits zwischen den Parteien unstrittig und andererseits durch die Ausführungen der Bf. im Zuge des Lokalaugenscheins bestätigt worden (vgl. Ausführungen Herr B, VH- Protokoll Seite 2f.).

Die Feststellungen zu den Vertragsverhältnissen mit der BH XY fußen auf den diesbezüglich vom Zeugen Amtsleiter im Rahmen seiner Einvernahme vorgelegten Vereinbarungen. Dass die Reinigung dieser Räumlichkeiten ebenfalls durch Bedienstete der Bf. (hauptsächlich der Zeugin Frau A) durchgeführt wurde, ist zwischen den Streitteilen unstrittig und wurde im Übrigen auch durch die Ausführungen der Zeugen im Rahmen der mündlichen Verhandlung bestätigt (ZV Frau A, VH-Protokoll S. 4; ZV Amtsleiter, VH-Protokoll S. 6; ZV Gemeindevorstand, VH-Protokoll S. 9; ZV Ex-Bgm. VH-Protokoll S. 11). Auch das Faktum, dass die Bf. im Falle der Dienstverhinderung der Zeugin Frau A eine Ersatzreinigungskraft für die Außenstelle der BH XY zur Verfügung stellte, wurde insbesondere von der Zeugin Frau A (vgl. VH-Protokoll S. 4) bzw. dem Zeugen Amtsleiter (vgl. VH-Protokoll S. 7) dargelegt.

Wie eine Einsicht in den im Rahmen der Betriebsprüfung vorgelegten (undatierten) "Dienstvertrag-Änderung" zeigt, stand Frau Frau A seit Jänner 1993 in einem aufrechten Vertragsverhältnis zur Bf..

Die festgestellten Akontozahlungen resultieren aus den im Akt erliegenden Auswertungen des Kontos 827000 durch die Bp.; die Jahresabrechnungen in Bezug auf die Reinigungsdienstleistungen des Gendarmeriepostens gehen unstrittig aus den vorliegenden im Sachverhalt ohnedies zitierten Rechnungen hervor. Dass schließlich sämtliche Zahlungen ohne in Rechnungsstellung der gesetzlichen Umsatzsteuer erfolgt sind, ist unstrittig.

Die in concreto erfolgten Verrechnungen bzw. die buchhalterische Erfassung der verfahrensgegenständlichen Leistungen basieren auf den Angaben der Bf. im Zuge der mündlichen Verhandlung (vgl. Ausführungen Herr Herr B, VH-Protokoll S. 9f).

Dass schließlich die weiteren in Bestand gegebenen Geschäftsräumlichkeiten nicht durch Bedienstete der Bf. gereinigt wurden, wurde von den Zeugen Frau A (vgl. VH-Protokoll S. 4) und Amtsleiter (vgl. VH-Protokoll S. 7) ausgeführt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 323b Abs. 1 BAO idF BGBl. I 2020/99 tritt das Finanzamt Österreich am an die Stelle des jeweils am zuständig gewesenen Finanzamtes. Partei des Verfahrens ist nunmehr das Finanzamt Österreich als belangte Behörde, deren Bezeichnung war somit im Spruch entsprechend richtig zu stellen.

Zu Spruchpunkt I. (Gegenstandsloserklärung)

Gemäß § 256 Abs. 3 BAO ist eine Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) als gegenstandslos zu erklären, wenn sie zurückgenommen wird.

Da die Bf. - wie festgestellt - ihre Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide mit Eingabe vom zurückgezogen hat, waren diese gemäß § 264 Abs. 4 lit. d BAO iVm § 256 Abs. 3 BAO als gegenstandslos zu erklären.

Die o.a. Beschwerde gilt damit durch die Beschwerdevorentscheidung vom als erledigt.

Zu Spruchpunkt II. (Abweisung)

Nach dem (nationalen österreichischen) UStG ist ein Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt; eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinne zu erzielen, fehlt (§ 2 Abs. 1 UStG 1994). Für Körperschaften öffentlichen Rechts - wie die Bf. - enthält § 2 Abs. 3 leg. cit. eine besondere Bestimmung, wonach diese nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerbliche Art (in der Folge kurz: BgA) und ihrer land-und forstwirtschaftlichen Betriebe unternehmerisch im Sinne des Umsatzsteuerregimes tätig sind. Das österreichische Umsatzsteuerrecht knüpft somit am (österreichischen) Körperschaftsteuerrecht an; liegt demnach ein körperschaftsteuerrechtlicher BgA vor, so ist auch umsatzsteuerrechtlich ein BgA und somit die grundsätzliche Steuerbarkeit zu bejahen.

Nach den Vorgaben der (unionsrechtlichen) Mehrwertsteuersystemrichtlinie (in der Folge kurz: MwStSystRL) hingegen gilt als Steuerpflichtiger, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbstständig ausübt (Art 9 Abs 1 Unterabsatz 1 MwStSystRL). Als wirtschaftliche Tätigkeiten gelten nach Abs. 2 alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden, insbesondere auch die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen. Art. 13 Abs. 1 Unterabsatz 1 MwStSystRL normiert weiters, dass Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts nicht als Steuerpflichtige gelten, soweit sie Tätigkeiten ausüben oder Umsätze bewirken, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Umsätzen Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben. Falls sie solche Tätigkeiten ausüben oder Umsätze bewirken, gelten sie - nach Unterabsatz 2 - für diese Tätigkeiten oder Umsätze jedoch als Steuerpflichtige, sofern eine Behandlung als Nichtsteuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.

Das Unionsrecht kennt sohin den Begriff des BgA nicht. Die unionsrechtliche Einordnung als privatwirtschaftlich oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erbrachter Leistung knüpft vielmehr an die jeweils erbrachte Leistung an. Aus unionsrechtlicher Sicht ist daher zunächst zu prüfen, ob die von einer Körperschaft öffentlichen Rechts erbrachten Leistungen die allgemeinen Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne des Art 9 MwStSystRL erfüllen und die Körperschaft als Steuerpflichtige zu qualifizieren ist. Aus der Systematik und dem Zweck der MwStSystRL ergibt sich, dass jede Tätigkeit wirtschaftlicher Natur grundsätzlich steuerpflichtig ist. Der Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit erstreckt sich dabei auf einen weiten Bereich (; , C-219/12; siehe auch ; , 2013/13/0083). Die Möglichkeit eine Dienstleistung als Umsatz gegen Entgelt einzustufen, setzt nur das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen dieser Leistung und einer vom Steuerpflichtigen empfangenen Gegenleistung voraus. Ein solcher unmittelbarer Zusammenhang besteht, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitig Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet (). Auch reine Kostenersätze ohne Gewinnaufschlag sind umsatzsteuerbar, solange ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt (). Nach der jüngeren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, wird daher das Vorliegen einer wirtschaftlichen Tätigkeit primär an der Frage festgemacht, ob die erzielten Einnahmen Entgelte für die erbrachte Leistung sind (; , C-520/14; Ruppe/Achatz5, UStG-Kommentar, 227). Unstrittig stellen die verfahrensgegenständlichen Zahlungen des Landes Kärnten (für die BH) bzw. des LPK Kärnten (für den Posten Ort-Name) Vergütungen für die erbrachten Reinigungsdienstleistungen dar. Das Vorliegen einer wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne der vorgenannten unionsrechtlichen Vorgaben bzw. Judikatur ist folglich - auch wenn wie hier keine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt - zu bejahen.

Somit ist in einem weiteren Schritt zu beurteilen, ob die in Art 13 Abs 1 MwStSystRL normierten Einschränkungen für den Hoheitsbereich vorliegen. Als Ausnahme von der allgemeinen Regel der Mehrwertsteuerpflicht jeder Tätigkeit wirtschaftlicher Natur ist diese Bestimmung jedoch eng auszulegen (; , C-174/14). Für die Tatbestandsmäßigkeit der leg. cit. bedarf es der kumulativen Erfüllung zweier Voraussetzungen (), nämlich die Ausübung von Tätigkeiten durch eine Einrichtung des öffentlichen Rechts und die Vornahme dieser Tätigkeiten im Rahmen der öffentlichen Gewalt. Nach gefestigter Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes handelt es sich bei Tätigkeiten "im Rahmen der öffentlichen Gewalt" um solche, durch die eine spezifische Aufgabe im Rahmen der öffentlichen Gewalt wahrgenommen wird (; , C-235/85). Es handelt sich hierbei um Tätigkeiten, die die Einrichtungen des öffentlichen Rechts im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Sonderregelung ausüben. Dies ist der Fall, wenn die Ausübung dieser Tätigkeit das Gebrauchen hoheitlicher Befugnisse umfasst. Zur öffentlichen Gewalt zählen somit Tätigkeiten, die durch das öffentliche Recht geregelt sind. Nicht dazu gehören Tätigkeiten, die Einrichtungen des öffentlichen Rechts unter den gleichen Bedingungen ausüben wie private Wirtschaftstreibende. Handeln sie in den Formen des Zivilrechts, liegt keine Tätigkeit im Rahmen öffentlicher Gewalt vor (; , C-446/98). Unerheblich ist, ob die Tätigkeit in Wahrnehmung von Aufgaben besteht, die aus Gründen des Gemeinwohls durch Gesetz zugewiesen und geregelt sind (). Ausschlaggebend sind die konkreten Ausübungsmodalitäten der Tätigkeiten. Soweit die hier fragliche Norm die Behandlung der Einrichtungen des öffentlichen Rechts als Nichtsteuerpflichtige davon abhängig macht, dass diese "im Rahmen der öffentlichen Gewalt" tätig werden, schließt sie eine solche Behandlung der Tätigkeiten aus, die diese Einrichtungen nicht als Rechtssubjekte des öffentlichen Rechts, sondern als Rechtssubjekte des Privatrechts ausüben. Das einzige Kriterium, das eine sichere Unterscheidung dieser beiden Arten von Tätigkeiten ermöglicht, ist folglich die nach dem nationalen Recht anwendbare rechtliche Regelung, wobei es Sache des nationalen Gerichts ist, die fragliche Tätigkeit an Hand dieses Kriteriums zu beurteilen (, , C-4/89; ). Die Abgrenzung von privatwirtschaftlichen und hoheitlichen Tätigkeiten hat somit nach innerstaatlichen Rechtsgrundsätzen zu erfolgen. Die vom Europäischen Gerichtshof verwendete Formulierung "unter den gleichen rechtlichen Bedingungen wie private Wirtschaftsteilnehmer" räumt den öffentlich-rechtlichen Einrichtungen nicht die Befugnis ein, ihre Leistungen, die der Art nach zivilrechtlicher Natur sind und demgemäß in Gestalt eines zivilrechtlichen Vertrages ausgeführt werden, als auf der Grundlage einer von ihr als solche bezeichneten öffentlich - rechtlichen Regelung erbrachte Leistungen zu behandeln. So werden insbesondere entgeltliche Leistungen der Überlassung von Gegenständen zur Nutzung oder Personalgestellungen nach den Regeln des Zivilrechts ausgetauscht (Stadie, in Rau/Dürrwächter, Kommentar dt. UStG, § 2b, Anm. 89). All diese Prämissen vorausgeschickt zeigt sich sohin für den konkreten Fall, dass - wie festgestellt - sowohl die Leistungserbringung der BH als auch der Gendarmerie gegenüber auf privatrechtlichen Verträgen basierte. Die Bf. trat sohin unter den gleichen rechtlichen Bedingungen auf, wie ein privater Reinigungsdienstleister.

Weiters ist festzuhalten, dass sich die Verfahrensbehauptung der Bf., wonach aufgrund der geographischen Randlage private Reinigungsdienstleister nicht zur Verfügung gestanden wären, im Beweisverfahren als unrichtig herausstellte: In Bezug auf den Gendarmerieposten Ort bestand auch in den Beschwerdejahren die Möglichkeit die strittigen Leistungen aus einem von der BBG geschlossenen Rahmenvertrag zu beziehen, von welcher Möglichkeit jedoch erst nach der Pensionierung der Gemeindebediensteten Frau A Gebrauch gemacht wurde. Was die BH XY anlangt, bestand der Usus, deren Räumlichkeiten mitzureinigen, bereits von Anfang an, sodass hier offensichtlich kein Versuch unternommen wurde, einen am freien Markt verfügbaren Dienstleister zu engagieren. Gegen diese Prozeßbehauptung spricht im Übrigen auch das Faktum, dass die weiteren im strittigen Anwesen untergebrachten Mieter hingegen die ihnen obliegenden Reinigungsleistungen ganz augenscheinlich am (privaten) Reinigungsmarkt beziehen konnten. Dass - wie die Bf. - vermeinte, eine Zusammenarbeit von Behörden basierend auf den Grundsätzen der Bundesverfassung erfolgt sei, überzeugt nicht, zumal - unabhängig vom Abschluss privatrechtlicher Verträge - auch weder aus dem verfassungsmäßigen Gebot der Sparsamkeit oder Wirtschaftlichkeit noch der Zweckmäßigkeit uno actu auf eine hoheitliche Tätigkeit geschlossen werden kann. Diese Vorgaben gelten nicht nur im Rahmen der Hoheits-, sondern auch der Privatwirtschaftsverwaltung (so etwa ), sodass daraus für den Standpunkt der Bf. nichts zu gewinnen ist.

Als Zwischenergebnis ist sohin festzuhalten, dass die Bf. nicht im Rahmen der öffentlichen Gewalt tätig wurde, sodass eine - nach den unionsrechtlichen Vorgaben - der Mehrwertsteuer unterliegende Ausführung einer Dienstleistung zu bejahen ist.

Nur der Ordnung halber sei auch noch kurz auf die nationale Rechtslage einzugehen, wonach die Bf. nur im Rahmen ihrer BgAs steuerbare Umsätze tätigen kann: Zu dem in § 2 Abs. 1 KStG 1988 normierten Tatbestandsmerkmal des BgA iVm einer entgeltlichen Personalgestellung einer Körperschaft öffentlichen Rechts an einen ausgegliederten Rechtsträger vertritt der VwGH die Ansicht, dass von den Merkmalen eines BgA in der Regel (nur) jenes der wirtschaftlich selbstständigen Einrichtungen strittig sein könne ( 89; , 98/14/0062). Der Umstand, dass eine Körperschaft öffentlichen Rechts die Kosten für das überlassene Personal aus einem auf längeren Zeitraum hin angelegten Vertrag laufend exakt ermittelt und dem Vertragspartner diese Kosten eigens, in im Wesentlichen monatlichen Abrechnungen kontinuierlich in Rechnung gestellt hat und somit eigene Verrechnungskreise für die Abrechnung des Vertrages bestanden haben, spricht - so die höchstgerichtliche Judikatur weiter - für die Eigenständigkeit der Vertragserfüllung, die Trennung von einer hoheitlichen Tätigkeit der Körperschaft, und sohin für das Vorliegen einer wirtschaftlich selbstständigen Einrichtung (,2012/15/0089; ,2 1010/15/0192; ,2007/15/0101). All diese vom VwGH für die Bejahung eines BgA sprechenden Voraussetzungen liegen auch im gegenständlichen Fall vor: Die Verträge sind - wie das Beweisverfahren ergab - auf längere Zeit angelegt worden, die Kosten wurden laufend exakt ermittelt und monatliche Aconti geleistet; es bestanden eigene Verrechnungskreise, die Einnahmen wurden auch im Jahresabschluss gesondert ausgewiesen. Daraus folgt sohin, dass die von der Bf. auf privatrechtlicher Grundlage durchgeführte Personalgestellung die gesetzlichen Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 UStG 1994 iVm § 2 KStG 1988 erfüllen und somit einen BgA begründen. Die Bf. übt diese Tätigkeit unter den gleichen Bedingungen aus, wie ein privater Wirtschaftsteilnehmer, der eigenes Personal an einen Dritte gegen Entgelt überlässt. Die Bf. handelt sohin auch nach innerstaatlichem Recht im Rahmen ihres BgA umsatzsteuerlich als Unternehmerin und hat sohin steuerbare Leistungen am Markt erbracht.

Insgesamt sind die verfahrensgegenständlichen Reinigungsdienstleistungen als umsatzsteuerbare und auch -pflichtige Einnahmen zu qualifizieren, weshalb der Beschwerde insgesamt der Erfolg zu versagen war.

Zu den Revisionsaussprüchen

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Bezüglich der Gegenstandsloserklärung ist darauf zu verweisen, dass sich diese schon aus dem Gesetzestext ergibt. In der Sache selbst liegt sowohl - wie zitiert - höchstgerichtliche nationale als auch europarechtliche Judikatur vor, weshalb insgesamt die Revision nicht zuzulassen war.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 256 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 2 Abs. 3 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 2 Abs. 1 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
Art. 9 RL 2006/112/EG, ABl. Nr. L 347 vom S. 1
Art. 13 Abs. 1 RL 2006/112/EG, ABl. Nr. L 347 vom S. 1
Schlagworte
Personalgestellung auf privatrechtlicher Grundlage
Personalgestellung Gemeinde an Polizei und Bezirkshauptmannschaft
Reinigung durch Gemeindebedienstete bei Polizei und BH
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.4100377.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at