Unbestimmte Dauer auch bei Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 MRG möglich
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***RI*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Gebühren 2018, Steuernummer ***StNr***, Erfassungsnummern ***ErfNrn***, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die ***Bf***, nunmehrige Beschwerdeführerin, =Bf., hat als Eigentümerin des Büro- und Geschäftsgebäudes "***Gebäude***" im Jahr 2017 diesbezüglich 3 Mietverträge abgeschlossen. Die ***VGmbH***, =V, hat als Vertreterin der Bf. hierfür jeweils die Gebühr gemäß § 33 TP 5 GebG von einer unbestimmten Vertragsdauer selbstberechnet und abgeführt.
In der Folge ist das Finanzamt für Gebühren Verkehrsteuern und Glücksspiel, nunmehr Finanzamt Österreich, =FA, zu der Auffassung gelangt, dass die Selbstberechnung der V unrichtig erfolgt sei und hat daher in allen drei Fällen die Gebühr gemäß § 201 BAO von einer bestimmten Vertragsdauer festgesetzt.
Zur Begründung führt das FA im Wesentlichen aus:
"Der gegenständliche Bestandvertrag weist zwei Komponenten der Vertragsdauer auf: Zunächst eine Begrenzung auf eine bestimmte Zeit von xxx, welche vom beidseitigen Kündigungsverzicht erfasst ist und danach bei Nichtkündigung eine Verlängerung auf unbestimmte Dauer. …Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist ein Bestandvertrag iSd. § 33 TP 5 Abs. 3 GebG als ein Vertrag auf bestimmte Dauer anzusehen, wenn nach seinem Inhalt das Vertragsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Zeit von keinem der Vertragsteile beendet werden kann oder diese Möglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle beschränkt ist. Das Unterscheidungsmerkmal zwischen Bestandverträgen mit bestimmter und solchen mit unbestimmter Dauer besteht darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht. Die Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss. Zu den Kündigungsmöglichkeiten nach § 30 MRG ist zu bemerken, dass § 30 Abs. 2 Z 4, 5, 6, 8, 10 und 12 MRG im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommen, da sie sich auf Wohnungen, ein dringendes Wohnbedürfnis uä. beziehen. Die Ziffern 14, 15 und 16 betreffen ein "Mietshaus" bzw. eine "Wohnung der Ausstattungskategorie D" und somit einen anderen Mietgegenstand. Die Ziffern 1, 2, 3 und 7 sind auf ein Fehlverhalten des Mieters abgestellt.Ist die Geltendmachung des Kündigungsgrundes von einem schuldhaften Verhalten des anderen Vertragspartners abhängig, kann keine Rede davon sein, dass die Möglichkeit einer vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses gewährleistet ist. Auch nach Erkenntnissen des BFG stellen die Kündigungsgründe des § 30 MRG nur eingeschränkte Kündigungsmöglichkeiten dar, wodurch die vereinbarte Bindung der Vertragsparteien auf eine bestimmte Zeit nicht aufgehoben werden kann. Auch der § 29 Abs. 1 Z 5 MRG und die §§ 1117 und 1118 ABGB enthalten lediglich eingeschränkte Kündigungsmöglichkeiten. Die Bestandgeberin kann den Vertrag während der bestimmten Laufzeit selbst unter Bedachtnahme auf ihre im Vertrag angeführten Kündigungsmöglichkeiten keinesfalls jederzeit aus freien Stücken einseitig beenden, sodass im gegenständlichen Fall gebührenrechtlich ein auf bestimmte + unbestimmte Dauer abgeschlossenes Bestandverhältnis vorliegt."
Beschwerden vom
Daraufhin hat die Bf., nunmehr vertreten durch die Steuerberatungs GmbH, (nach Fristverlängerungen) rechtzeitig die gegenständlichen drei Rechtsmittel mit gleichlautender Begründung erhoben. Unter Berufung auf die Gebührenrichtlinien (GebR) und die ständige Judikatur des VwGH vertritt die Bf. darin im Wesentlichen die Ansicht, dass für den Fall der Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG keine Prüfung des Gewichtes und der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Kündigungsgründe zu erfolgen habe. Die Bf. beantragt die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung sowie die Entscheidung durch den gesamten Senat.
Zur Begründung führt die Bf. aus wie folgt:
"Im konkreten Fall haben die Vertragsparteien einen befristeten Vertrag geschlossen. Dies bedeutet nicht automatisch, dass der Vertrag als auf "bestimmte Dauer" geschlossen gilt; vielmehr ist nach der Judikatur danach zu unterscheiden, in welchem Umfang bzw. für welche Zeit die Parteien an den Vertrag gebunden sind. So ist ein Bestandvertrag dann als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen anzusehen, wenn zwar ein Endtermin vereinbart wurde, jedoch zumindest ein Vertragspartner in der Lage ist, den Vertrag vor Ablauf der Vertragsdauer beliebig aufzulösen.
Gerade dies ist vorliegend aufgrund der Vereinbarung aller denkmöglichen Kündigungsgründe des § 30 MRG der Fall. …
Die belangte Behörde hat es rechtswidrig unter Zugrundelegung der höchstgerichtlichen Judikatur sowie der GebR verabsäumt, folgende Punkte zu prüfen bzw. zu berücksichtigen:
1. Keine Prüfung des Gewichtes und der Wahrscheinlichkeit der Kündigungsgründe, wenn § 30 Abs. 2 MRG als Ganzes vereinbart wurde:
Im vorliegenden Bestandvertrag wurde § 30 Abs. 2 MRG im vollen Umfang miteinbezogen und gerade nicht selektiv bestimmte Kündigungsgründe. Dies bedeutet nach der eindeutigen Judikatur des VwGH einen Vertrag auf unbestimmte Dauer: … Die Judikaturlinie wurde in weiterer Folge in die GebR, konkret in die Randziffer 705, übernommen. Die belangte Behörde hätte daher die Prüfung des Gewichtes und der Wahrscheinlichkeit des Eintrittes der Kündigungsgründe nicht vornehmen dürfen, weil eben gerade alle Kündigungsgründe des MRG vereinbart wurden. …
2. Keine Anlastung der gesetzlichen Kündigungsbeschränkungen, wenn das MRG anwendbar ist (Voll- und Teilanwendungsbereich):
Selbst wenn eine Prüfung des Gewichtes und der Wahrscheinlichkeit der Kündigungsgründe vorgenommen wird, so muss berücksichtigt werden, dass die Parteien das Mietrechtsgesetz (MRG) nicht frei gewählt haben, sondern vielmehr an das MRG gebunden sind (Teilanwendungsbereich). Die Kündigungsbeschränkungen können im Rahmen des § 30 Abs. 2 Z 13 MRG nicht frei vereinbart bzw. abbedungen werden. …
3. Verkennen der bestehenden Judikatur des VwGH zu unbestimmten Vertragsdauer:
… So hielt der VwGH etwa in einem Erkenntnis vom (2943/76) fest, dass der Hinweis auf sämtliche, in § 19 Abs. 2 MRG (nunmehr § 30 Abs. 2 MRG) beispielsweise angeführten Kündigungsgründe, von denen nach der Art der in Bestand gegebenen Sache zwar nicht alle, aber keinesfalls bloß einzelne als Kündigungsgrund in Betracht kommen, dennoch eine unbestimmte Vertragsdauer zur Folge hat. Vielmehr hielt es der VwGH für entscheidend, dass auf alle Kündigungsgründe des § 19 Abs. 2 MRG hingewiesen wurde. Aufgrund der vielfältigen Kündigungsmöglichkeiten wurde der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben, ohne dass der VwGH eine detaillierte Prüfung der Wahrscheinlichkeit der Realisierung der Kündigungsgründe vorgenommen hat.
Auch im Erkenntnis vom (88/15/0040) stellte der VwGH fest, dass für den Vermieter nur 5 gesetzliche Kündigungsgründe des MRG in Betracht kämen. Diese Gründe wurden mit den vertraglich vorgesehenen Kündigungsgründen verglichen. Dabei ging der VwGH davon aus, dass 4 der 5 möglichen Kündigungsgründe auch vertraglich vereinbart wurden. Dass die Kündigungsgründe jedoch teilweise allein im Einflussbereich des Mieters standen, war für die Beurteilung als Vertrag auf unbestimmte Dauer dabei nicht von Bedeutung. Vielmehr nahm der VwGH vor allem auf einen allein vom Mieter zu vertretenden Kündigungsgrund Bezug und ging von einer besonders wahrscheinlichen Realisierung dieses Grundes aus, was zur Annahme einer unbestimmten Vertragsdauer führte.
Diese Ausführungen müssen auch auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen werden. Im gegenständlichen Bestandvertrag wurden alle Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG vereinbart, was eine unbestimmte Vertragsdauer zur Folge hat. Die Tatsache, dass nicht alle in § 30 Abs. 2 MRG genannten Gründe auf den gegenständlichen Bestandvertrag anwendbar sind, oder dass die verbleibenden Gründe primär im Einflussbereich des Mieters stehen, führt im Sinne der genannten Judikatur des VwGH auch nicht dazu, dass ein Vertrag auf bestimmte Dauer abgeschlossen wurde, da gerade eben keine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle vorliegt. …
4. Vertrauen auf Gebührenrichtlinien
An dieser Stelle sei ergänzend darauf hingewiesen, dass die Vertragsparteien auf die bestehenden GebR sowie auf die Judikatur des VwGH vertraut haben und in diesem Vertrauen verletzt wurden. Der angefochtene Bescheid weicht massiv von der den GebR zugrunde gelegten Rechtsansicht ab.
5. Verfassungsrechtliche Bedenken aufgrund von:
Gleichheitsgrundsatz, Legalitätsprinzip und Verletzung des Rechts auf Unverletzlichkeit des Eigentums."
Aufgrund dieser verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 33 TP 5 GebG regt die Bf. überdies einen Normprüfungsantrag durch das Bundesfinanzgericht an.
Beschwerdevorentscheidungen
Das FA hat alle drei Beschwerden als unbegründet abgewiesen.
"Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH besteht das Unterscheidungsmerkmal zwischen Bestandverträgen mit bestimmter und solchen mit unbestimmter Dauer darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht. Die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, steht der Beurteilung des Vertrages als Vertrag mit bestimmter Dauer nicht im Wege. Die Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss (vgl. und ). Während die Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit darstellt, vermögen ausnahmsweise bestehende Kündigungsmöglichkeiten die grundsätzliche Bindung einer Vertragspartei an ein nach dem Vertragsinhalt auf bestimmte Dauer abgeschlossenes Bestandverhältnis nicht aufzuheben (vgl. , , 86/15/0102; , 88/15/0037 und , 90/15/0034).
Wenn auch die Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG allein noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten mit dem Ergebnis eines Vertrages auf bestimmte Dauer darstellt, so kann eine Gewichtung und eine Unwahrscheinlichkeit der Realisierung dieser vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe durchaus zum Ergebnis führen, von einem Vertrag auf bestimmte Dauer auszugehen (vgl. und 0112 und , Ra 2018/16/0040).
Auch aus dem Verweis auf die Rz. 705 der GebR kann die Bf. nichts für sich gewinnen. Die Rz. 705 der GebR verweist auf das Erkenntnis des . In diesem kommt der VwGH auf Grund des vereinbarten Präsentationsrechtes zum Schluss, dass von einer unbestimmten Dauer auszugehen sei. Ein solches wurde im gegenständlichen Fall jedoch nicht vereinbart.
Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat sich mehrfach mit Bestandverträgen beschäftigt, in denen Vertragsparteien zwar die Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG vereinbart haben, sich aber aus den übrigen Vertragsbestimmungen bzw. aus dem Gegenstand des konkreten Bestandvertrages ergibt, dass von den in § 30 Abs. 2 MRG genannten Kündigungsgründen nur einzelne Kündigungsgründe überhaupt in Betracht kommen können. Verträge, bei denen nur einzelne der in § 30 Abs. 2 MRG aufgezählten Kündigungsgründe verbleiben, wurden als Bestandverträge auf bestimmte Zeit beurteilt. Siehe dazu die folgenden Erkenntnisse: ; , RV/5100710/2015; , RV/7105923/2015; , RV/7100225/2012; , RV/1100501/2016 (die dagegen eingebrachte ao. Revision wurde vom , zurückgewiesen).
Dem Einwand der Bf., dass im Falle der Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG eine Einzelfallprüfung zu unterbleiben hat, kommt überdies keine Berechtigung zu, da es nicht im Belieben der Vertragspartner stehen kann, allein durch die unkritische Anführung der "wichtigen Gründe im Sinne des § 30 MRG" die grundsätzlich vereinbarte Bindung der Vertragsparteien im Sinne des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG aufzuheben. Es ist auf den erklärten Vertragswillen und nicht bloß auf die Erklärung abzustellen."
Bezüglich der von der Bf. vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken sei zu sagen, dass das FA bei der Vollziehung an die geltenden Gesetze gebunden sei. Die Feststellung der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes liege in der ausschließlichen Kompetenz des VfGH.
Am hat die Bf. drei Vorlageanträge gestellt, woraufhin das FA am die gegenständlichen Beschwerden dem BFG zur Entscheidung vorgelegt hat. Mit Schreiben je vom hat die Bf. auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den gesamten Senat in allen drei Fällen verzichtet.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Mietverträge
Die Bf. hat als Vermieterin hinsichtlich des auf ihrer Liegenschaft EZ XY errichteten Büro- und Geschäftsgebäudes ***Gebäude*** (=Gebäude) die folgenden drei befristeten Mietverträge geschlossen:
MV 1: Mietvertrag vom mit ***MieterinA***, Dauer 12 Jahre
MV 2: Mietvertrag vom mit ***MieterinB***, Dauer 13 Jahre
MV 3: Mietvertrag vom mit ***MieterinA***, Dauer 12 Jahre
Die Urkunden enthalten im Wesentlichen einen identen Regelungsinhalt:
1. Mietobjekt
1.4. … Das gegenständliche Vertragsverhältnis unterliegt nur soweit den Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes (MRG), als dessen Anwendung vertraglich nicht ausgeschlossen werden kann.
1.5. Das Mietobjekt wird ausschließlich zu Geschäfts- und Bürozwecken ver- und gemietet. …
2. Vertragsdauer
2.1. Das Mietverhältnis beginnt mit Übergabe und Übernahme des Mietgegenstandes an dem im Pkt. 3 dieses Vertrages genannten Zeitpunkt. Das Mietverhältnis wird auf die Dauer von xx Jahren befristet abgeschlossen. Es endet, ohne dass es einer gesonderten Kündigung bedarf, sohin spätestens am yyy.
2.2 Unbeschadet der gemäß Punkt 2.1. vereinbarten Befristung des Mietverhältnisses sind die Vertragsparteien, die Vermieterin jedoch nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gemäß § 30 MRG, jeweils berechtigt, den Mietvertrag jederzeit durch ordentliche Kündigung zum letzten Tag eines jeden Monats unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten vorzeitig zu beenden. Die Mieterin verzichtet hiermit einseitig unwiderruflich jedoch für die Dauer von
MV 1 - 7 Jahren plus Anzahl der Monate der mietfreien Zeit [ab Übergabetermin gem. 3.1.]
MV 2 - vollen 8 Jahren
MV 3 - 7 Jahren und 4 Monaten
auf die ordentliche Kündigung dieses Vertrages.
2.3. Die Vermieterin ist darüber hinaus zur sofortigen Auflösung des Mietvertrages ohne Einhaltung einer bestimmten Frist oder eines bestimmten Termins jedenfalls in den Fällen
des Punktes 11 [Anm.: vorzeitige Vertragsauflösung aus von der Mieterin zu vertretenden Gründen], sowie des § 29 Abs. 1 Z 5 MRG berechtigt. Gleichermaßen steht der Mieterin - ungeachtet des erklärten Verzichts auf die ordentliche Kündigung - bei Vorliegen einer der Voraussetzungen des § 1117 ABGB die Möglichkeit zur sofortigen Auflösung des Mietvertrages offen.
3. Übergabe und Übernahme
4. Mietzins, Betriebs- und Nebenkosten, Kosten für Wärme und Kälte
4.1. Das vereinbarte Mietentgelt besteht aus dem Hauptmietzins, den allgemeinen Betriebs- und Nebenkosten, den Kosten für Wärme und Kälte sowie der Umsatzsteuer in der jeweils gesetzlichen Höhe.
4.2. Der monatliche Hauptmietzins beträgt monatlich netto
MV 1 46.104,69 €
MV 2 12.571,07 €
MV 3 8.988,02 €
4.4. Neben dem monatlichen Hauptmietzins hat die Mieterin mit entsprechender Fälligkeit die mit dem Mietgegenstand verbundenen allgemeinen Betriebs- und Nebenkosten und die Kosten für Wärme und Kälte jeweils zuzüglich Umsatzsteuer zu bezahlen.
4.5. Unter den allgemeinen Betriebs- und Nebenkosten werden … verstanden. Dazu gehören insbesondere, jedoch nicht ausschließlich:
"4.5.1. Sämtliche die Liegenschaft betreffenden Steuern (insb. Grundsteuer) und öffentlichen Abgaben, Bewirtschaftungsentgelt für die Außenflächen, die Wasser- und Kanalisationsgebühren ... Kosten der Lüftung, Kühlung, Heizung und der Warmwasseraufbereitung. …
Weiters zählen dazu die Kosten für … (aufgezählt werden detailliert zB Rauchfangkehrung, Kanalräumung, Müllabfuhr, Licht- und Kraftstrom, Be- und Entwässerung, Straßenreinigung, Reinigung der allgemeinen Teile der Liegenschaft, Schneeräumung, Bewachung bei Tag und Nacht, Portierdienst, Beleuchtung, Pflege der Bepflanzung der Terrasse, Lift, automatische Tore, Brandmelde-/Brandschutzanlagen etc., Personal, Prämien für All-Risk-Gebäudeversicherung, Sicherheitssystem "Chip-Card Öffnungs- und Schließsystems").
Weiters gehören dazu auch die Kosten für die mit der Wartung von Allgemein- und Gemeinschaftsanlagen gemäß Stand der Technik und einer etwaigen Fernüberwachung und für die mit einem Bereitschaftsdienst beauftragten Servicefirmen.
4.5.2. Schließlich gehören dazu die Kosten der Erhaltung, der Instandhaltung/-setzung und des Betriebes der Gemeinschaftsanlagen … (zB unterirdische Gemeinschaftsflächen, Lifte, Parkplätze, Ladehöfe, Grün- und Gartenanlagen, Zäune; Gas-, Wärme-, Strom- und Wasserleitungen, Sammelmüllraum, Radabstellraum in der Tiefgarage).
Nicht dazu zählen jedoch die mit der Behebung von ernsten Schäden des Hauses (z.B. Generalsanierung) und mit der Beseitigung von vom Mietgegenstand ausgehenden erheblichen Gesundheitsgefährdungen verbundenen Ausgaben.
Ernste Schäden des Hauses sind Schäden, die eine Beschädigung oder Gefährdung der Substanz des Hauses (z.B. Gefährdung durch Explosion, Wasserschäden oder Feuer) darstellen.
4.5.3. Weiters gehört zu den allgemeinen Betriebs- und Nebenkosten der Beitrag für die vom Mieter im Rahmen der Servitute … nutzbaren oberirdischen Gemeinschaftsflächen, -anlagen und -einrichtungen …
4.7. Die Mieterin nimmt zur Kenntnis, dass das Gebäude (und damit auch der einzelne Mietgegenstand) über eine gemeinsame Wärme- bzw. Kälteversorgungsanlage mit Wärme und Kälte versorgt wird. Der Liegenschaftseigentümer hat dazu einen langfristigen Contractingvertrag zu marktüblichen Preisen mit der ***KGmbH*** abgeschlossen. Die Aufteilung der Kosten für Wärme und Kälte erfolgt unter sinngemäßer Anwendung des Heizkostenabrechnungsgesetzes in der jeweils gültigen Fassung. Die Akonti für diese Kosten beruhen auf Normparametern … und unter der Annahme eines Nutzerverhaltens entsprechend dem Nachhaltigkeitskodex (Anlage .19). …"
4.8. Die in Punkt 4.5 und 4.9. genannten allgemeinen Betriebs- und Nebenkosten sind wie folgt zu tragen:
4.8.1. Die dem Haus und der Liegenschaft zuordenbaren allgemeinen Betriebs- und Nebenkosten … sind im Verhältnis der Mietfläche zur gesamten vermietbaren Mietfläche des Hauses aufzuteilen und von der Mieterin in diesem Verhältnis zu tragen.
4.8.2. Der gemäß Punkt 5.1. wertgesicherte Servitutsbeitrag ...
4.8.3. Die Kosten für den Betrieb des Sammelmüllraumes …
4.10. Auf die allgemeinen Betriebs- und Nebenkosten und die Kosten für Wärme und Kälte hat die Mieterin monatlich den erforderlichen Betrag vorschussweise zu bezahlen, den die Vermieterin aufgrund der tatsächlichen Erfordernisse jeweils festsetzt. …
4.11. Die dem Mietgegenstand direkt zuordenbaren allgemeinen Betriebs- und Nebenkosten sind von der Mieterin direkt zu tragen.
4.12. Die Abrechnung der im Laufe eines Kalenderjahres jeweils fälligen allgemeinen Betriebs- und Nebenkosten und Kosten für Wärme und Kälte erfolgt jeweils bis spätestens 30. Juni des Folgejahres. … Allfällige Guthabensbeträge der Mieterin werden von der Vermieterin auf die übernächste Vorschreibung angerechnet oder mit allenfalls bestehenden Zahlungsrückständen der Mieterin verrechnet; allfällige Nachzahlungen sind von der Mieterin binnen 4 Wochen nach Vorschreibung durch die Vermieterin zu bezahlen. Dies gilt auch für die jährliche Abrechnung der allgemeinen Betriebs- und Nebenkosten sowie der Kosten für Wärme und Kälte nach Beendigung des Mietverhältnisses, wobei allfällige Guthabensbeträge der Mieterin binnen vier Wochen nach der Abrechnung an die Mieterin auszuzahlen sind. Eine Aufrechnung von Forderungen der Mieterin gegen Forderungen der Vermieterin und die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechtes sind nicht zulässig.
4.13. Der Hauptmietzins zuzüglich der allgemeinen Betriebs- und Nebenkosten, der Kosten für Wärme und Kälte sowie der jeweiligen Umsatzsteuer ist jeweils am Ersten eines jeden Monats im Voraus, mit dreitägigem Respiro, auf ein von der Vermieterin bekanntgegebenes Konto einzuzahlen. …
11. vorzeitige Vertragsauflösung
Ungeachtet der eingegangenen Mietdauer kann die Vermieterin bei Vorliegen eines wichtigen Grundes den Vertrag nach schriftlicher Mahnung und Setzung einer angemessenen Nachfrist auflösen, insbesondere wenn:
11.1 bis 5: Zahlungsverzug, fehlende Kaution, vertragswidrige Überlassung an Dritte,
Insolvenzverfahren, erheblich nachteiliger Gebrauch
11.2. Die Mieterin ist ungeachtet der vereinbarten Vertragsdauer bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gemäß § 1117 ABGB zur vorzeitigen Auflösung des Mietverhältnisses berechtigt.
12. Beendigung des Mietverhältnisses
12.4. Kommt die Mieterin den Verpflichtungen gemäß Pkt. 12.1. und 12.3. (Anm.: Instandsetzung und Rückbau bei Beendigung des Mietverhältnisses) nicht oder nicht rechtzeitig nach, so kann die Vermieterin auf Kosten der Mieterin die Räume reinigen und ausmalen und allenfalls Ein-, Zu-, Umbauten und Installationen, Leitungen und Kabel entfernen und entsorgen lassen. …
Die V hat hierfür jeweils die Gebühr gemäß § 33 TP 5 GebG von einer unbestimmten Vertragsdauer selbstberechnet und in der folgenden Höhe abgeführt:
MV 1 21.302,15 €
MV 2 6.891,94 €
MV 3 4.908,51 €
Gebührenbescheide je vom
Nach durchgeführter Außenprüfung hat das FA mit Bescheiden gemäß § 201 BAO die Mietvertragsgebühren gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG wie folgt neu festgesetzt:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
MV 1 | MV 2 | MV 3 | |
Bruttoentgelt/Monat | 68.398,58 € | 19.144,28 € | 13.634,73 € |
x Vertragsdauer | 126 Monate | 132 Monate | 124 Monate |
- Hauptmietzinsfrei + Ausmalkosten | 55.325,69 € 30.165,00 € | 9.080,00 € | 5.748,00 € |
= Bemessungsgrundlage | 8,593.060,39 € | 2,536.124,96 € | 1,696.454,52 € |
1 % Gebühr | 85.930,60 € | 25.361,25 € | 16.964,55 € |
2. Beweiswürdigung
Zu den unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen ist das BFG durch Einsicht in die vom Finanzamt vorgelegten Aktenteile, insbesondere Mietverträge und Bescheide ErfNrn. ***ErfNrn*** gelangt.
3. Rechtsgrundlagen
Gemäß § 33 TP 5 Z 1 GebG (idF BGBl. 62/2018) unterliegen Bestandverträge (§§ 1090 ff. ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, im allgemeinen einer Gebühr von 1 v.H nach dem Wert.
Gemäß § 33 TP 5 Abs. 3 GebG sind bei unbestimmter Vertragsdauer die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes. Ist die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht.
§ 30 MRG idF BGBl. 161/2001 bestimmt Folgendes:
"§ 30 (1) Der Vermieter kann nur aus wichtigen Gründen den Mietvertrag kündigen.
(2) Als ein wichtiger Grund ist es insbesondere anzusehen, wenn
1. der Mieter trotz einer nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgten Mahnung mit der Bezahlung des Mietzinses über die übliche oder ihm bisher zugestandene Frist hinaus, mindestens aber acht Tage im Rückstand ist;
2. der Mieter, dessen vereinbarter Mietzins ganz oder teilweise in eigenen Dienstleistungen besteht, die bedungenen Dienste vertragswidrig verweigert;
3. der Mieter vom Mietgegenstand einen erheblich nachteiligen Gebrauch macht, namentlich den Mietgegenstand in arger Weise vernachlässigt oder durch sein rücksichtsloses, anstößiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten den Mitbewohnern das Zusammenwohnen verleidet oder sich gegenüber dem Vermieter oder einer im Haus wohnenden Person einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen das Eigentum, die Sittlichkeit oder die körperliche Sicherheit schuldig macht, sofern es sich nicht um Fälle handelt, die nach den Umständen als geringfügig zu bezeichnen sind; dem Verhalten des Mieters steht, soweit er es unterließ, die ihm mögliche Abhilfe zu schaffen, das Verhalten seines Ehegatten und der anderen mit ihm zusammenwohnenden Familienangehörigen sowie der von ihm sonst in die gemieteten Räume aufgenommenen Personen gleich;
4. der Mieter den Mietgegenstand mit oder ohne Beistellung von Einrichtungsgegenständen ganz weitergegeben hat und ihn offenbar in naher Zeit nicht für sich oder die eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs. 3) dringend benötigt oder, wenngleich auch nur teilweise, durch Überlassung an einen Dritten gegen eine im Vergleich zu dem von ihm zu entrichtenden Mietzins und etwaigen eigenen Leistungen an den Dritten unverhältnismäßig hohe Gegenleistung verwertet. Die teilweise Weitergabe einer Wohnung kommt einer gänzlichen Weitergabe gleich, wenn die nicht weitergegebenen Teile der Wohnung nicht zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen regelmäßig verwendet werden;
5. die vermieteten Wohnräume nach dem Tod des bisherigen Mieters nicht mehr einem dringenden Wohnbedürfnis eintrittsberechtigter Personen (§ 14 Abs. 3) dienen;
6. die vermietete Wohnung nicht zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs. 3) regelmäßig verwendet wird, es sei denn, daß der Mieter zu Kur- oder Unterrichtszwecken oder aus beruflichen Gründen abwesend ist;
7. die vermieteten Räumlichkeiten nicht zu der im Vertrag bedungenen oder einer gleichwertigen geschäftlichen Betätigung regelmäßig verwendet werden, es sei denn, daß der Mieter nur vorübergehend wegen Urlaubs, Krankheit oder Kuraufenthalts abwesend ist;
8. der Vermieter die gemieteten Wohnräume für sich selbst oder für Verwandte in absteigender Linie dringend benötigt und ihm oder der Person, für die der Mietgegenstand benötigt wird, aus der Aufrechterhaltung des Mietvertrags ein unverhältnismäßig größerer Nachteil erwüchse als dem Mieter aus der Kündigung; die Abwägung der beiderseitigen Interessen entfällt, wenn es sich um eine vom Wohnungseigentümer nach Wohnungseigentumsbegründung vermietete Eigentumswohnung handelt;
9. der Vermieter den Mietgegenstand für sich selbst oder für Verwandte in gerader Linie dringend benötigt und dem Mieter Ersatz beschaffen wird;
10. der Vermieter den Mietgegenstand, der schon vor der Kündigung zur Unterbringung von Arbeitern oder sonstigen Angestellten des eigenen Betriebes bestimmt war, für diesen Zweck dringend benötigt;
11. ein dem Bund, einem Bundesland oder einer Gemeinde gehöriger Mietgegenstand auf eine Art verwendet werden soll, die in höherem Maß den Interessen der Verwaltung dient als die gegenwärtige Verwendung, und dem Mieter Ersatz beschafft wird;
12. bei Untermietverhältnissen durch die Fortsetzung der Untermiete wichtige Interessen des Untervermieters verletzt würden, namentlich wenn der Untervermieter den Mietgegenstand für sich selbst oder für nahe Angehörige dringend benötigt oder wenn ihm nach den Umständen die Aufrechterhaltung der Wohnungsgemeinschaft mit dem Untermieter billigerweise nicht zugemutet werden kann;
13. ein im Mietvertrag schriftlich als Kündigungsgrund vereinbarter Umstand eintritt, der in Bezug auf die Kündigung oder die Auflösung des Mietverhältnisses für den Vermieter (Untervermieter), für seine nahen Angehörigen (§ 14 Abs. 3) oder für das Unternehmen, für das der Vermieter (Untervermieter) allein oder in Gemeinschaft mit anderen Personen vertretungsbefugt ist, als wichtig und bedeutsam anzusehen ist;
14. die ordnungsgemäße Erhaltung des Miethauses, in dem sich der Mietgegenstand befindet, aus den Hauptmietzinsen einschließlich der zur Deckung eines erhöhten Erhaltungsaufwandes zulässigen erhöhten Hauptmietzinse weder derzeit, noch auf Dauer sichergestellt werden kann, die baubehördliche Bewilligung zur Abtragung des Miethauses erteilt worden ist und dem Mieter Ersatz beschafft wird;
15. ein Miethaus ganz oder in dem Teil, in dem sich der Mietgegenstand befindet, abgetragen oder umgebaut werden soll, mit dem Abbruch (Umbau) die Errichtung eines neuen (geänderten) Baues sichergestellt ist, die Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag des Bauwerbers mit Bescheid erkannt hat, daß selbst unter Berücksichtigung schutzwürdiger Interessen der bisherigen Mieter der geplante Neubau (Umbau) aus Verkehrsrücksichten, zu Assanierungszwecken, zur Vermehrung der Wohnungen, die zur Beseitigung oder Milderung eines im Ortsgebiet bestehenden quantitativen Wohnungsbedarfes oder eines qualitativen Wohnfehlbestandes geeignet sind, oder aus anderen Gründen im öffentlichen Interesse liegt und dem Mieter Ersatz beschafft wird;
16. der Hauptmieter einer Wohnung der Ausstattungskategorie "D" weder bereit ist, eine vom Vermieter im Sinn des § 4 Abs. 4 angebotene Standardverbesserung zuzulassen, noch die angebotene Standardverbesserung selbst durchzuführen, und dem Mieter Ersatz beschafft wird.
(3) Eine Vereinbarung, wonach dem Vermieter das Kündigungsrecht unbeschränkt oder in einem weiteren als dem vorstehend bestimmten Maß zustehen soll, ist rechtsunwirksam. Überdies kann der Vermieter, der das Miethaus durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben hat, aus dem Grund des Abs. 2 Z 8 nur kündigen, wenn zwischen dem Zeitpunkt der Erwerbung und dem Kündigungstermin mindestens zehn Jahre liegen. Ein Miteigentümer kann die Kündigungsgründe des Abs. 2 Z 8 bis 11 überdies nur geltend machen, wenn er wenigstens Eigentümer zur Hälfte ist."
Gemäß § 1117 ABGB ist der Bestandnehmer berechtigt, auch vor Verlauf der bedungenen Zeit von dem Vertrag ohne Kündigung abzustehen, wenn das Bestandstück in einem Zustand übergeben oder ohne seine Schuld in einen Zustand geraten ist, der es zu dem bedungenen Gebrauch untauglich macht, oder wenn ein beträchtlicher Teil durch Zufall auf eine längere Zeit entzogen oder unbrauchbar wird. Aus dem Grunde der Gesundheitsschädlichkeit gemieteter Wohnräume steht dieses Recht dem Mieter auch dann zu, wenn er im Vertrage darauf verzichtet oder die Beschaffenheit der Räume beim Vertragsabschluss gekannt hat.
Nach § 1118 ABGB kann der Bestandgeber die frühere Aufhebung des Vertrages fordern, wenn der Bestandnehmer von der Sache einen erheblichen nachteiligen Gebrauch macht, wenn er mit der Bezahlung des Zinses säumig ist, oder wenn ein vermietetes Gebäude neu aufgeführt werden muss.
Nach § 29 Abs. 1 Z 5 MRG wird der Mietvertrag aufgelöst, wenn der Vermieter wegen erheblich nachteiligen Gebrauches des Mietgegenstandes oder wegen Säumnis bei der Bezahlung des Mietzinses nach § 1118 des ABGB die frühere Aufhebung des Vertrages fordert.
4. Rechtliche Erwägungen
Zweifelsfrei haben die Vertragsparteien Bestandverträge iSd. § 33 TP 5 Abs. 1 GebG geschlossen, auch die Bemessungsgrundlagen und deren Ermittlung sind unbestritten geblieben; einziger Streitpunkt im gegenständlichen Verfahren ist die bei Berechnung der Gebühr anzuwendende Vertragsdauer, insbesondere ob bei Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 MRG ein Vertrag auf bestimmte oder unbestimmte Dauer anzunehmen und ob diesfalls eine Einzelfallprüfung vorzunehmen sei.
Ein Bestandverhältnis, das zwar der Form nach auf eine bestimmte Zeit eingegangen ist, aber dennoch vor Ablauf dieser Zeit von jedem der beiden Vertragsteile oder auch nur von einem beliebig aufgelöst werden kann, ist in seiner Dauer unbestimmt (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern Band I Stempel- und Rechtsgebühren § 33 TP 5 Rz. 142).
Nach dem eindeutigen Urkundeninhalt haben die Vertragsparteien jeweils einen befristeten Mietvertrag geschlossen, wobei die Mieterin einen Kündigungsverzicht für eine bestimmte Dauer abgegeben hat. Die Bf. als Vermieterin hat während der gesamten Vertragsdauer das Recht
1. einer ordentlichen Kündigung aus einem wichtigen Grund gemäß § 30 MRG und
2. einer vorzeitigen Vertragsauflösung aus bestimmten Gründen (Punkte 2.2. und 11.).
Hinsichtlich der zu lösenden, zentralen Streitfrage der Vertragsdauer bringt die Beschwerde primär vor, dass der auf bestimmte Zeit abgeschlossene Mietvertrag als ein solcher auf unbestimmte Zeit anzusehen sei, weil die Bf. aufgrund der Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 MRG in der Lage sei, den Vertrag vor Ablauf der Vertragsdauer beliebig aufzulösen. Dies bedeute nach der eindeutigen Judikatur des VwGH einen Vertrag auf unbestimmte Dauer. Das FA hätte daher die Prüfung des Gewichtes und der Wahrscheinlichkeit des Eintrittes der Kündigungsgründe gar nicht vornehmen dürfen.
Diesbezüglich kann auf das erst jüngst in einem vergleichbaren Fall ergangene Erkenntnis des , verwiesen werden, das sich eingehend und unter Zitierung zahlreicher Judikatur gerade mit der Frage beschäftigt hat, ob allein die Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG durch die Vermieterin genügt, damit ein auf bestimmte Zeit abgeschlossener Vertrag zu einem auf unbestimmte Dauer wird.
Darin führt das Gericht aus:
"Ob ein Bestandvertrag auf bestimmte oder unbestimmte Dauer abgeschlossen wurde, orientiert sich nicht nur nach der Bezeichnung, sondern nach dem gesamten Vertragsinhalt, vor allem nach den Auflösungsmöglichkeiten (Kündigungsvereinbarungen) (; ; ; 114, 454/77; ; ; ; Twardosz, GebG § 33 TP 5 Rz 31 und 32). Bei der Vergebührung kommt es auf den gesamten Inhalt des konkreten einzelnen Mietvertrages an. Eine Einzelfallprüfung ist schon deshalb geboten, weil auf den erklärten Vertragswillen abzustellen ist (; ). …
Werden "alle Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG" vereinbart, spricht dies auf den ersten Blick für eine jederzeitige Kündigungsmöglichkeit und damit eine unbestimmte Dauer. Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH, ob Bestandverträge auf unbestimmte Zeit, bei denen der Mieter für eine bestimmte Zeit auf die Kündigung verzichtet und der Vermieter "aus allen Gründen des § 30 Abs. 2 MRG" kündigen kann, gebührenrechtlich als auf bestimmte + unbestimmter Dauer oder auf unbestimmte Dauer abgeschlossen gelten, kommt es darauf an, ob sich tatsächlich alle (dann unbestimmte Dauer) oder tatsächlich nur einige Kündigungsgründe (dann bestimmte Dauer) realisieren können. (z.B. ; ; ; ; ; ; ; ). Ob die eingeräumten Kündigungsgründe gemäß § 30 Abs. 2 MRG so umfassend sind, dass keine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit vorliegt und man daher von einer Vertragsdauer auf unbestimmte Zeit auszugehen hat, ist von Fall zu Fall verschieden zu beantworten ( unter Verweis auf ). …
Bei der Vergebührung kommt es aber auf den gesamten Inhalt des konkreten einzelnen Mietvertrages an. Bei der schriftlichen Bestandvertragsvereinbarung aller denkmöglichen Kündigungsgründe gemäß § 30 MRG für die Vermieterin, geht das Urkundenprinzip nicht so weit, dass allein der Verweis auf § 30 Abs. 2 MRG genügt, um gebührenrechtlich von einem Bestandvertrag auf unbestimmte Dauer auszugehen. Das Urkundenprinzip schränkt die Besteuerung nur auf "Text und Unterschrift" ein, greift aber nicht in den Inhalt des Textes, den Steuergegenstand "Rechtsgeschäft" ein (§ 17 Abs. 1 GebG).
Eine Einzelfallprüfung, "wie verhält sich der individuelle Bestandvertragsinhalt zu den einzelnen Ziffern des § 30 Abs. 2 MRG" ist schon deshalb geboten, weil auf den erklärten Vertragswillen abzustellen ist und nicht bloß auf die Erklärung. (; ; ; ; , RV/7101471/2019, RV/7101473/2019; ).
Zur bestimmten Vertragsdauer kann es auch bei Vereinbarung sämtlicher Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG kommen, wenn Gewichtung und Unwahrscheinlichkeit zu einer bestimmten Vertragsdauer führen (Zurückweisungsbeschluss zu ; Zurückweisungsbeschluss zu ; Zurückweisungsbeschluss zu ; ; ; ; ; ; ; [Zurückweisungsbeschluss ]; ; ; RV/7104194/2015 RV/7103760/2015 RV/7103761/2015; ; ; ; )."
Demgemäß ist ein Bestandverhältnis auf unbestimmte Dauer immer dann auszuschließen, wenn aus der vertraglichen Vereinbarung der Wille der Parteien hervorleuchtet, das Bestandverhältnis durch eine bestimmte Zeit hindurch aufrechtzuerhalten, wobei die Möglichkeit den Vertrag aus einzelnen, bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, dieser Beurteilung nicht entgegensteht.
Ob die Vertragsdauer bestimmt oder unbestimmt ist, wird somit nicht nach der Form, sondern nach dem Inhalt des Vertrages beurteilt und hängt einerseits davon ab, wie umfassend die Kündigungsrechte sind, andererseits aber auch davon, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Kündigungsrecht ausgeübt werden kann.
Demnach kommt es für die Frage, ob Bestandverträge, bei denen der Vermieter aus allen Gründen des § 30 MRG kündigen kann, gebührenrechtlich als auf bestimmte Dauer oder auf unbestimmte Dauer abgeschlossen gelten, entgegen der Ansicht der Bf. sehr wohl darauf an, ob sich tatsächlich alle oder nur einige Kündigungsgründe realisieren können, sodass eine Prüfung des Gewichtes und der Wahrscheinlichkeit des Eintrittes der Kündigungsgründe auch bei einer solchen Vertragsgestaltung vorgenommen werden muss.
Wenn die Bf. vermeint, das FA hätte die bestehende Judikatur des VwGH in dieser Hinsicht verkannt, so ist entgegenzuhalten, dass das oben zitierte Erkenntnis des BFG auf zahlreichen neueren höchstgerichtlichen Entscheidungen zu diesem Thema gründet, welche die geltende Auffassung des VwGH wiedergeben und damit die Rechtsauffassung des FA stützen. Überdies kann angemerkt werden, dass der VwGH in seiner ständigen Rechtsprechung immer schon auf den Willen der Parteien abgestellt hat (vgl. zB ).
Vor allem soll an dieser Stelle besonders darauf hingewiesen werden, dass sämtliche in gleichgelagerten Fällen zu diesem Thema zuletzt gegen Entscheidungen des BFG eingebrachten außerordentlichen Revisionen vom VwGH zurückgewiesen wurden (, ; , ; , ; , ; , ; , ).
Ebenso wurde die gegen , eingebrachte ordentliche Revision zurückgewiesen ().
Soweit sich die Bf. darauf beruft, dass sie auf die GebR vertraut habe, ist anzumerken:
Der VwGH schützt in der Regel kein Vertrauen in die Richtigkeit von Erlässen (zB ; , 95/14/0035; , 94/13/0045; , 99/15/0199; , 2007/15/0253), sondern nur in die Richtigkeit von hier nicht gegebenen Rechtsauskünften im Einzelfall durch die zuständige Abgabenbehörde. (z.B. ; , 2008/15/0054). Außerdem ist auch das BFG selbst nicht an Erlässe und so auch nicht an den Inhalt der GebR gebunden.
Außerdem hat bereits das FA in seiner BVE dargetan, dass sich die von der Bf. ins Treffen geführte Rz. 705 der GebR auf ein Judikat bezieht, in dem der VwGH - nach Vornahme der Einzelfallprüfung - entschieden hat, dass aufgrund des eingeräumten Präsentationsrechtes (und nicht aufgrund der Anführung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG) ein auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Bestandvertrag vorliegt.
Nicht zuletzt ist die Unterscheidung, ob das MRG von Gesetzes wegen oder vertraglich zur Anwendung kommt, für die alleine ausschlaggebende gebührenrechtliche Frage, welche zeitliche Bindung nach dem beurkundeten Willen der Vertragsteile beabsichtigt ist, irrelevant. Die Kündigungsbeschränkungen des § 30 MRG sind überdies als Mieterschutzbestimmungen konzipiert, welche durch vertragliche Erweiterungen zwar nicht umgangen werden können (Abs. 3), dem Vermieter muss allerdings eine freiwillige Beschränkung möglich sein.
Verfassungsrechtliche Bedenken
Eingangs sei erwähnt, dass der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen die Entscheidung , eingebrachten Beschwerde, mit der die Ungleichbehandlung zwischen befristeter und unbefristeter Geschäftsraummiete beanstandet wurde, abgelehnt hat (vgl. und E 1740/2017). Der VfGH verwies auf seine ständige Rechtsprechung (VfSlg. 7239/1973 und 10.714/1985) und führte aus, dass die behauptete Rechtsverletzung vor dem Hintergrund seiner Rechtsprechung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.
Weiters hat der Gerichtshof bereits die Behandlung einer Beschwerde wegen benachteiligender Vergebührung von Geschäftsraummieten gegenüber von Wohnraummieten abgelehnt (zu , ). In der Sukzessivbeschwerde, bei der an den VwGH die Anregung herangetragen wurde, eine Gesetzesprüfung beim VfGH zu beantragen, äußerte auch der VwGH keine verfassungsrechtlichen Bedenken und lehnte die Beantragung einer Normenkontrolle ab ().
Dies wohl mit Rücksicht auf den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, der mit der Befreiung offenbar das Ziel verfolgte, die teilweise finanziell angespannten Wohnungsmieter zu entlasten. Es handelt sich daher um eine zulässige, politisch motivierte Steuergesetzgebung.
Die zitierten Ablehnungsbeschlüsse sind zwar keine "Sachentscheidungen", jedoch können sie als ein starkes Indiz für die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit gewertet werden. Im Übrigen teilt das BFG auch die von der Bf. geäußerten Bedenken, es sei das Äquivalenzprinzip und das Eigentumsrecht verletzt, nicht.
Von Seiten des BFG kann daher dem Vorbringen der Bf., die Norm des § 33 TP 5 GebG sei verfassungswidrig, nicht gefolgt werden, sodass von der Stellung eines Normenprüfungsantrages abgesehen wird. Die Bf. wird auf die Möglichkeit der Erhebung einer entsprechenden Erkenntnisbeschwerde an den Verfassungsgerichtshof verwiesen.
Es gilt somit nach den eben dargestellten rechtlichen Voraussetzungen für den Gegenstandsfall abzuwägen, wie hoch nach dem Gesamtbild der Vertragsgestaltung die Wahrscheinlichkeit einer vorzeitigen Kündigung ist.
Wie schon das FA dargetan hat, kommen insbesondere die folgenden Kündigungsgründe in concreto nicht in Betracht:
Da gemäß Punkt 1.5. der hier zu beurteilenden Mietverträge die Objekte ausschließlich zu Geschäfts- und Bürozwecken ver- und gemietet werden, sind alle Kündigungsgründe, welche auf Wohnraum abstellen, irrelevant (Z 4-6, 8, 10, 12).
Vertragsverletzungen des Mieters stellen ebenfalls keine jederzeitige Kündigungsmöglichkeit des Vermieters dar (Z 1-3, 7).
Der Mietgegenstand ist weder abbruchreif noch substandard, sodass die Realisierung der Kündigungsgründe Z 14-16 sehr unwahrscheinlich ist.
Ergänzend sei noch angemerkt, juristische Personen können zwar grundsätzlich den Kündigungsgrund des Eigenbedarfes (Z 9) geltend machen, doch nur unter der Voraussetzung, dass sie die von ihr vermieteten Räumlichkeiten zur Erfüllung ihres Zweckes dringend benötigt. Da die Bf. ihren Geschäftszweck (Errichtung, Vermietung und Verwaltung der Gebäude ***Geb***) durch die gegenständlichen Vermietungen erreicht hat, kommt auch dieser Kündigungsgrund nicht in Frage.
Der Mietgegenstand gehört auch keiner Gebietskörperschaft, sodass Z 11 hinfällig ist.
Z 13 sieht bloß die Möglichkeit der Vereinbarung von weiteren Kündigungsgründen vor. Dies wären zB die in Vertragspunkt 11. angeführten Gründe, welche jedoch ebenfalls ausschließlich in der Sphäre der Mieter liegen.
Nicht zuletzt kommt den angeführten §§ 1117 und 1118 des ABGB kein Gewicht in der Frage der Bindung der Vertragsparteien auf bestimmte Zeit zu (zB ).
Zusammenfassend ist daher davon auszugehen, dass der Bf. kein schrankenloses Kündigungsrecht zusteht, sondern die ihr als Vermieterin zuzuordnenden Kündigungsgründe nicht von so umfassender Natur sind, dass die Wahrscheinlichkeit einer frühzeitigen Auflösung des Mietvertrages gegeben wäre. Aufgrund der unwiderruflichen Kündigungsverzichte der Mieter ergeben sich daher die vom FA angenommenen Zeiten (beidseitiger Kündigungsverzicht = bestimmte Dauer + unbestimmte Dauer), welche der Gebührenbemessung zugrunde gelegt wurden.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im gegenständlichen Fall das Erkenntnis auf die zahlreich angeführte, ständige Rechtsprechung des VwGH Bedacht genommen hat, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 33 TP 5 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 33 TP 5 Abs. 3 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 30 MRG, Mietrechtsgesetz, BGBl. Nr. 520/1981 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7100208.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at