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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.12.2021, RV/7103047/2021

Abweisung von Anträgen auf Aussetzung der Einhebung von Glücksspielabgabe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse Rauhofer in der Beschwerdesache ***6***, ***Bf1-Adr*** als Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren der ***2*** s.r.o., ***3***, Tschechien, mit Zweigniederlassung in ***1***, über die Beschwerden
1. vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Abweisung der Anträge gemäß § 212a BAO vom auf Aussetzung der Glücksspielabgabe 03/2018 - 07/2020 und vom auf Aussetzung der Glücksspielabgabe 08/2020
2. vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Abweisung des Antrages gemäß § 212a BAO vom auf Aussetzung der Glücksspielabgabe 03/2018 - 08/2020
3. vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Abweisung des Antrages gemäß § 212a BAO vom auf Aussetzung von Aussetzungszinsen,
alle zur Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensablauf

Festsetzung von Glücksspielabgabe

Mit Bescheiden gemäß § 201 Abs. 3 Z 1 BAO jeweils vom hat das (damalige) Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel, nunmehr Finanzamt Österreich (kurz FA) gegenüber der ***2*** s.r.o. (kurz Bf.) Glücksspielabgabe gemäß § 57 Abs. 3 GSpG für den Zeitraum 03/2018 - 08/2019 festgesetzt.

Am erfolgte die Festsetzung der Glücksspielabgabe mit Bescheiden gemäß § 201 Abs. 3 Z 1 BAO für den Zeitraum 09/2019 - 07/2020 (exkl. 04/2020) gegenüber der Bf.

Gegen diese Bescheide vom und hat die Bf. am das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde eingebracht.

Am nahm das FA die Festsetzung der Glücksspielabgabe mit Bescheid gem. § 201 Abs. 3 Z 1 BAO für den Zeitraum 08/2020 gegenüber der Bf. vor.

Gegen diesen Bescheid wurde am das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde von der Bf. eingebracht.

Mit Beschwerdevorentscheidungen jeweils vom wurden die Bescheidbeschwerden vom und vom FA als unbegründet abgewiesen.

Anträge auf Aussetzung der Einhebung - Abweisungsbescheide (hier gegenständliche Verfahren):

Anträge vom und vom

Gleichzeitig mit den Beschwerden vom und vom gegen die oben angeführten Festsetzungsbescheide betreffend Glücksspielabgabe hat die Bf. Anträge auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO gestellt.

Mit Bescheid vom wurden die Aussetzungsanträge gemäß § 212a BAO vom FA mit der Begründung, dass die zugrundeliegenden Beschwerden mit Beschwerdevorentscheidungen vom jeweils erledigt wurden, abgewiesen.

Gegen diesen Abweisungsbescheid vom wurde mit Schreiben vom (eingebracht am ) das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde erhoben.

Diese Beschwerde wurde vom FA mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen.

Am wurde der Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht gestellt.

Die Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid vom wurde dem BFG am zur Entscheidung vorgelegt und dort unter der Gz. RV/7102182/2021 protokolliert.

Anträge vom

Das FA wertete die Beschwerde vom , eingebracht am auch als neuen Aussetzungsantrag und wies diesen neuerlichen Antrag auf Aussetzung der Einhebung mit Bescheid vom ab.

Weiters beantragte die Bf. mit Schreiben vom die Einhebung der Aussetzungszinsen für den Zeitraum bis bis zur Erledigung des gleichzeitig eingebrachten Vorlageantrages betreffend die Glücksspielabgabe - Festsetzung gern. § 201 BAO betreffend den Zeitraum 3/2018 bis 8/2020 auszusetzen.

Beide Anträge wurden vom Finanzamt mit Bescheiden vom unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung mit der Begründung, dass die Beschwerden nach Lage des Falles wenig erfolgsversprechend seien gemäß § 212a Abs. 2 lit. a BAO abgewiesen.

Dagegen wurde fristgerecht Beschwerden erhoben.

Die Beschwerden wurden am mit Beschwerdevorentscheidungen abgewiesen.

Am wurde der Antrag auf Vorlage der Beschwerden an das Bundesfinanzgericht gestellt. Es wurden Entscheidungen durch einen Senat und die Durchführung von mündlichen Verhandlungen beantragt.

Am wurden die Beschwerden gegen die Abweisungsbescheide vom dem BFG zur Entscheidung vorgelegt und dort unter der Gz. RV/7103047/2021 und RV/7103059/2021 protokolliert.

Im Vorlagebericht wies das FA darauf hin, dass die Steuerberatungskanzlei keine Vertretungs-/Zustellvollmacht mehr habe, da sie sich am ihre Vertretung-/Zustellbevollmächtige für die Beschwerdeführerin in der Grunddatenverwaltung (GDV) beendet habe.

Mit Schriftsatz vom gab Rechtsanwalt ***6*** dem BFG bekannt, dass mit Beschluss des Landesgeríchtes ***4*** vom ***7***.2021, ***5*** über das Vermögen der ***2*** s.r.o., CZ-***3***, mit Zweigniederlassung in ***1***, das Insolvenzverfahren eröffnet und ***6*** zum Insolvenzverwalter bestellt wurde.

Gleichzeitig wurden die Anträge gemäß § 274 Abs. 1 lit. 1 BAO auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung sowie auf Entscheidung durch den Senat gemäß § 272 Abs. 2 lit. a BAO zurückgezogen und unter Aufrechterhaltung der bisher gestellten Anträge sowie unter Berücksichtigung der dargelegten Begründung ersucht in der Sache zu entscheiden und das Erkenntnis an den lnsolvenzveıwalter zuzustellen.

Am teilte das FA dem BFG mit, dass es bereits das Erkenntnis betreffend die Festsetzung der Glücksspielabgabe erhalten habe und übermittelte dazu das Erkenntnis RV/7100226, mit dem sämtliche Beschwerden betreffend Glücksspielabgabe vom BFG als unbegründet abgewiesen wurden sowie einen Auszug aus der Insolvenzdatenbank.

Beweiserhebung durch das BFG

Vom BFG wurde Beweis erhoben durch Einsicht in die vom FA elektronisch vorgelegten Aktenteile und ergibt sich daraus der oben dargestellte Verfahrensablauf.

Weiters wurde Beweis erhoben durch Einsicht ins Firmenbuch sowie in die Insolvenzdatenbank und ergibt sich daraus Folgendes:

Mit Beschluss des Landesgerichtes ***4*** vom ***7***.2021, ***5***, wurde über das Vermögen der ***2*** s.r.o, CZ-***3***, Tschechische Republik, mit inländischer Zweigniederlassung in ***1***, das Insolvenzverfahren eröffnet und ***6*** zum Insolvenzverwalter bestellt.

Am erfolgte die Bekanntmachung, dass die Zweigniederlassung von ***2*** s.r.o. in ***1*** bereits im Konkursverfahrenseröffnungszeitpunkt geschlossen war und geschlossen bleibt.

Vom Insolvenzverwalter ***6*** wurde am angezeigt, dass die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um die Masseforderungen zu erfüllen (Masseunzulänglichkeit).

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 212a der Bundesabgabenordnung (kurz BAO) lautet auszugsweise wie folgt:

"(1) Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.

(2) Die Aussetzung der Einhebung ist nicht zu bewilligen,

a) soweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint, oder

b) soweit mit der Bescheidbeschwerde ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweicht, oder

c) wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist.

(3) Anträge auf Aussetzung der Einhebung können bis zur Entscheidung über die Bescheidbeschwerde (Abs. 1) gestellt werden. Sie haben die Darstellung der Ermittlung des gemäß Abs. 1 für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbetrages zu enthalten. Weicht der vom Abgabepflichtigen ermittelte Abgabenbetrag von dem sich aus Abs. 1 ergebenden nicht wesentlich ab, so steht dies der Bewilligung der Aussetzung im beantragten Ausmaß nicht entgegen.

(4) Die für Anträge auf Aussetzung der Einhebung geltenden Vorschriften sind auf Bescheidbeschwerden gegen die Abweisung derartiger Anträge und auf solche Beschwerden betreffende Vorlageanträge (§ 264) sinngemäß anzuwenden.

(5) Die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung besteht in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 294). Der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich einer (eines) über die Beschwerde (Abs. 1) ergehenden

a) Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder

b) Erkenntnisses (§ 279) oder

c) anderen das Beschwerdeverfahren abschließenden Erledigung

zu verfügen. Die Verfügung des Ablaufes anlässlich des Ergehens einer Beschwerdevorentscheidung schließt eine neuerliche Antragstellung im Fall der Einbringung eines Vorlageantrages nicht aus.

…"

Aus § 212a Abs. 5 lit. a BAO ergibt sich eindeutig, dass auch bei der Abweisung einer Beschwerde durch das Finanzamt mittels Beschwerdevorentscheidung, im Falle eines noch unerledigten Antrages auf Aussetzung der Antrag abzuweisen ist. Die Pflicht, anlässlich der Beschwerdevorentscheidung den Ablauf zu verfügen, erlischt nicht, wenn zwischenzeitig ein Vorlageantrag gestellt und ein neuerlicher Aussetzungsantrag eingebracht wird ().

Es wurde deshalb der Antrag der Bf. vom auf Aussetzung der Einhebung mit dem Bescheid vom zu Recht vom Finanzamt abgewiesen.

§ 212a Abs. 5 BAO, letzter Satz sieht ausdrücklich die Zulässigkeit eines neuerlichen Antrages auf Aussetzung der Einhebung für den Fall der Einbringung eines Antrages auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht vor. Als solch einen neuerlichen Antrag wurden vom FA die Eingabe der Bf. vom gewertet.

Weiters beantragte die Bf. am die Einhebung der Aussetzungszinsen für den Zeitraum bis bis zur Erledigung des gleichzeitig eingebrachten Vorlageantrages betreffend die Glücksspielabgabe - Festsetzung gern. § 201 BAO betreffend den Zeitraum 3/2018 bis 8/2020 auszusetzen.

Beide Anträge wurden vom Finanzamt mit Bescheiden vom unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung und der Begründung, dass die Beschwerden nach Lage des Falles wenig erfolgsversprechend seien, gemäß § 212a Abs. 2 lit. a BAO abgewiesen.

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass die Ausführungen des Finanzamtes zu den Erfolgsaussichten der Beschwerden zutreffend sind. Sowohl die Glücksspielabgabenpflicht von Wetten auf virtuelle Hunderennen und als auch von virtuellen Walzenspielen wurde durch die Rechtsprechung des VwGH bereits umfassend geklärt (vgl ; , Ro 2015/16/0019; , Ra 2018/09/0087; , Ra 2016/17/0163).

Dazu kommt, dass das Verwaltungsgericht grundsätzlich von der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung auszugehen hat (vgl. u.a. ), weshalb auch Veränderungen des Sachverhalts zu berücksichtigen sind.

Daher ist bei der nunmehrigen Entscheidung zu berücksichtigen, dass zwischenzeitig über das Vermögen der Bf. ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde und ist daher von einer Gefährdung der Einbringlichkeit auszugehen, die der Genehmigung der Aussetzung der Einhebung entgegensteht.

Weiters wurde mittlerweile mit Erkenntnis vom , RV/7100226/2021 über die Beschwerde betreffend Glücksspielabgabe auch vom Bundesfinanzgericht abgesprochen. Aus § 212a Abs. 5 BAO dritter Satz folgt nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom , 91/15/0011, dass kein Bescheid mehr erlassen werden darf, mit dem die Einhebung der Abgabe ausgesetzt wird, sobald im Verfahren über die Festsetzung der Abgabe bereits eine Entscheidung ergangen ist. Es kommt somit eine Abänderung des angefochtenen Bescheides in der Weise, dass nunmehr die Aussetzung der Einhebung bewilligt wird, auch aus diesem Grund nicht mehr in Betracht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die im vorliegenden Fall relevanten Rechtsfragen sind bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von der die gegenständliche Entscheidung nicht abweicht, geklärt. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist somit nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7103047.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at