§ 323e BAO: Kein überwiegend COVID-19-bedingter Abgabenrückstand
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch V, R sowie die fachkundigen Laienrichter F1 und F2 in der Beschwerdesache ***Bf1***, Adresse, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , Steuernummer x, über die Abweisung eines COVID-19-Ratenzahlungsansuchens nach der am in Anwesenheit der Vertreterin des Finanzamtes Österreich, VFA, sowie des Schriftführers S zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist eine mit Notariatsakt vom von G, errichtete Gesellschaft mit beschränkter Haftung.
Mit dem Abtretungsvertrag vom trat der bisherige alleinige Geschäftsführer und Gesellschafter G, seinen Geschäftsanteil an die X.GmbH ab.
Mit dem Abtretungsvertrag vom trat die X.GmbH ihren Geschäftsanteil an der Bf. an die nach irischem Recht zu Nummer x im Companies Registration Office registrierte X.Ltd. mit dem eingetragenen Sitz Adresse, ab (Firmenbuchabfrage FN).
Seit vertritt GF, die Bf. als alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer.
Da die Bf. nicht entsprechend dem § 5 Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG) der Registerbehörde Daten über ihre wirtschaftlichen Eigentümer meldete, verhängte das Finanzamt mit dem Bescheid vom gemäß § 111 BAO eine Zwangsstrafe in der Höhe von 1.000 €, forderte die Bf. auf, die bisher unterlassene Handlung nachzuholen und drohte die Festsetzung einer weiteren Zwangsstrafe in der Höhe von 4.000 € an.
Die Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung der Zwangsstrafe in der Höhe von 1.000 € wurde mit dem in Rechtskraft erwachsenen Erkenntnis des , als unbegründet abgewiesen.
Mit dem Bescheid vom verfügte das Finanzamt den Ablauf der Aussetzung der Einhebung der Zwangsstrafe in der Höhe von 1.000 € (Vorlagebericht des Finanzamtes Österreich vom und Buchungsabfrage des Abgabenkontos der Bf., Steuernummer x).
Da die Bf. ihrer Meldeverpflichtung nach § 5 WiEReG weiterhin nicht nachkam, verhängte das Finanzamt mit dem Bescheid vom eine Zwangsstrafe in der Höhe von 4.000 €.
Mit dem Bescheid vom verfügte das Finanzamt den Ablauf der Aussetzung der Einhebung der Zwangsstrafe in der Höhe von 4.000 €.
Im Antrag auf Vorlage der Beschwerde gegen die Festsetzung der Zwangsstrafe in der Höhe von 4.000 € wurde eine Aussetzung der Einhebung der Zwangsstrafe gemäß § 212a BAO nicht beantragt (Vorlagebericht des Finanzamtes Österreich vom , Buchungsabfrage des Abgabenkontos der Bf., Steuernummer x, Antrag auf Vorlage der Beschwerde gegen die Festsetzung der Zwangsstrafe in der Höhe von 4.000 €).
Im Schriftsatz vom führte die Bf. aus:
" ….. der auf der oben genannten Steuernummer aushaftende Abgabenbetrag ist zur Zeit unberechtigt mit dem Saldo von € 6.182,76 ausgewiesen.
Der Betrag stammt aus einem laufenden Verfahren, welches von unserem Anwalt RA rechtsfreundlich vertreten wird und beeinsprucht ist.
Aus diesem Grund ersuchen wir Sie um Ausbuchung dieses Betrages bis das Verfahren rechtsgültig abgeschlossen ist.
Aus kaufmännischer Vorsicht beantragen wir zusätzlich das Ratenzahlungsmodell "COVID-19-Ratenzahlung"
Ratenrückzahlung 36 Monate - Phase I/II, laut beiliegender Ratenberechnung - Finanz-Zahlungserleichterung sollte die Ausbuchung nicht erfolgen. …."
Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom wurde das Ansuchen auf Bewilligung einer Ratenzahlung für die Entrichtung der Abgabenschuldigkeiten gemäß § 323e Abs. 2 BAO mit der Begründung abgewiesen, der Rückstand bestehe nicht überwiegend aus Abgaben, die zwischen dem und dem fällig geworden sind.
Gegen diesen Bescheid brachte die Bf. im Schriftsatz vom das Rechtsmittel der Beschwerde mit folgender Begründung ein:
"Am hat das Finanzamt Österreich ein Covid-19-Ratenzahlungsmodell angeboten. Dieses Modell wurde von uns am angenommen. Entgegen den Zusagen des Finanzministeriums wurde dieses Angebot per BESCHEID über die Abweisung eines COVID-19-Ratenzahlungsansuchens vom abgewiesen.
Diese Abweisung erfolgte zu Unrecht. Daher ersuchen wir um Durchführung des von uns angenommenen Angebotes vom .
Der Rückstand besteht aus Abgaben, die im Zuge eines laufenden Verfahrens ausgesetzt sind. - Bescheid über die Bewilligung einer Aussetzung der Einhebung vom sowie Buchungsmitteilung vom .
Zudem gilt für die restlichen Abgaben € 1.182,76 die Ermittlung des Überwiegens.
Weiters die von uns bereits eingeforderten Schadensforderungen als Kompensation gegenüber unserem Unternehmen.
Aus diesen Gründen beantragen wir, den Bescheid vom zurückzunehmen.
Im Falle einer positiven Entscheidung der Behörde erster Instanz wird auf eine Vorlage verzichtet.
Im Falle einer Vorlage zum UFS wird eine mündliche Verhandlung beantragt.
Gem. § 212 a BAO beantragen wir die Aussetzung der Einhebung/Einbringungsmaßnahmen, des von Ihnen fälschlicherweise als rückständige Abgabenschuldigkeit ausgewiesenen Betrages von € 6182,72 bis zur Entscheidung über diese Beschwerde."
Mit der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes Österreich vom wurde die Beschwerde abgewiesen.
Die zum Zeitpunkt der Antragstellung rückständigen Abgabenschuldigkeiten in der Höhe von 6.182,76 € setzten sich wie folgt zusammen:
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Abgabe | Fälligkeitstag | Betrag | Anmerkung |
Körperschaftsteuer 04-06/2019 | 125,00 | ||
Körperschaftsteuer 07-09/2019 | 125,00 | ||
Körperschaftsteuer 10-12/2019 | 125,00 | ||
Körperschaftsteuer 01-03/2020 | 125,00 | ||
Zwangsstrafe 01/2019 | 1.000,00 | Ablauf AE | |
Körperschaftsteuer 04-06/2020 | 125,00 | ||
Zwangsstrafe 05/2019 | 4.000,00 | Ablauf AE | |
Aussetzungszinsen 2020 | 57,76 | ||
Körperschaftsteuer 07-09/2020 | 125,00 | ||
Körperschaftsteuer 10-12/2020 | 125,00 | ||
Körperschaftsteuer 01-03/2021 | 125,00 | ||
Körperschaftsteuer 04-06/2021 | 125,00 |
Die Körperschaftsteuervorauszahlungen für die Zeiträume 04-06/2019, 07-09/2019,
10-12/2019 und 01-03/2020 in der Höhe von insgesamt 500 € seien aufgrund ihrer Fälligkeit vor dem nicht von den COVID-19-bedingten Abgabenrückständen erfasst.
Nicht als COVID-19-bedingter Rückstand zu werten seien auch Abgaben, die im Zeitraum bis auf Grund einer Zahlungsfrist zu zahlen gewesen wären und verspätet gemeldete Abgaben, die auf Grund der gesetzlichen Vorgaben bereits fällig waren.
Da die Zwangsstrafen 01 und 05/2019 in der Höhe von insgesamt 5.000 € bereits im Jahr 2019 fällig waren und lediglich auf Grund einer Zahlungsfrist erst im Zeitraum bis zu entrichten gewesen wären, seien diese nicht als COVID-19-bedingter Rückstand zu werten. Für die Zwangsstrafen sei der Ablauf der Aussetzung der Einhebung am bzw. am verfügt worden, weshalb diese für die Ermittlung des Überwiegens heranzuziehen seien.
Der COVID-19-bedingte Rückstand betrage in Summe 682,76 € (Körperschaftsteuervorauszahlungen 04-06/2020, 07-09/2020, 10-12/2020, 01-03/2021 und 04-06/2021 und Aussetzungszinsen).
Der Rückstand bestehe daher überwiegend aus Altrückständen, weshalb das COVID-19-Ratenzahlungsansuchen abzuweisen sei.
Im Vorlageantrag vom brachte die Bf. vor:
"…. Hinsichtlich der Begründung meines Begehrens und der beantragten Änderungen verweise ich auf meine Beschwerde vom bzw. möchte diese ergänzen wie folgt.
(ZO - 01/2019 Zahlungsfrist Fällig am € 1.000,00 Ablauf Aussetzung der Einhebung (Buchungstag )) Bei diesem Betrag handelt es sich um ein laufendes Verfahren, dessen Verfahren Ausgang noch vollkommen offen ist und die Einhebung ausgesetzt ist.
(ZO - 05/2019 Zahlungsfrist Fällig am € 4.000,00 Ablauf Aussetzung der Einhebung (Buchungstag ))
Bei diesem Betrag handelt es sich um ein laufendes Verfahren, dessen Verfahren Ausgang noch vollkommen offen ist und die Einhebung ausgesetzt ist.
Zu diesem Betrag wurde erst am eine Beschwerde an das Bundesfinanzgericht vorgelegt.
Zudem beantrage ich weitere Beweise in der mündlichen Verhandlung vorzubringen.
Ich beantrage eine mündliche Verhandlung und die Entscheidung durch den Senat.
Gemäß § 212a BAO beantrage ich die Aussetzung der Einhebung/Einbringungsmaßnahmen in Höhe des strittigen Betrages von € 6.307,76 bis zur Entscheidung über diese Beschwerde."
Zur am abgehaltenen mündlichen Verhandlung ist der Vertreter der Bf. nicht erschienen. Die Vertreterin des Finanzamtes verwies auf die Feststellungen in der Beschwerdevorentscheidung vom und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
§ 323e BAO (COVID-19-Ratenzahlungsmodell) idF BGBl I Nr. 228/2021 lautet:
(1) Abweichend von § 212 Abs. 1 besteht nach Maßgabe der Abs. 2 bis 3 die Möglichkeit zur Entrichtung eines überwiegend COVID-19-bedingten Abgabenrückstandes (Abs. 2 Z 1) in angemessenen Raten in zwei Phasen über die Dauer von längstens sechsunddreißig Monaten. Für die Berechnung der Zinsen ist § 323c Abs. 13 anzuwenden. Die gleichzeitige Gewährung einer Zahlungserleichterung gemäß § 212 ist ausgeschlossen.
(2) Für die Phase 1 des COVID-19-Ratenzahlungsmodells gilt Folgendes:
1. Gegenstand des Antrags auf Ratenzahlung sind Abgabenschuldigkeiten, die überwiegend zwischen dem und dem fällig geworden sind einschließlich die der Höhe nach bescheidmäßig festgesetzten Vorauszahlungen an Einkommen- oder Körperschaftsteuer, hinsichtlich derer die Zahlungstermine in der Phase 1 gelegen sind.
2. Der Antrag auf Ratenzahlung ist ab dem bis zum einzubringen.
3. Der Ratenzahlungszeitraum endet am .
4. Innerhalb des Ratenzahlungszeitraumes kann der Abgabepflichtige zweimal einen Antrag auf Neuverteilung der Ratenbeträge stellen.
5. Die während des Ratenzahlungszeitraumes an eine Abgabenbehörde geleisteten Zahlungen können weder nach der Insolvenzordnung - IO, RGBl. Nr. 337/1914 noch nach der Anfechtungsordnung - AnfO, RGBl. Nr. 337/1914, angefochten werden.
Abgesehen von den Voraussetzungen für die Gewährung der Ratenzahlung ist im Übrigen § 212 BAO anzuwenden.
(3) Für die Phase 2 des COVID-19-Ratenzahlungsmodells gilt Folgendes: …..
Gegenstand des Verfahrens ist der von der Bf. gemäß § 323 Abs. 2 Z 2 BAO am eingebrachte Antrag auf Ratenzahlung.
Gesetzliche Voraussetzung für die Anwendung des § 323e BAO (COVID-19-Ratenzahlungsmodell) ist das Vorliegen eines überwiegend COVID-19-bedingten Abgabenrückstandes.
Dass ein solcher bei der Bf. nicht vorliegt, wurde bereits in der Beschwerdevorentscheidung vom Finanzamt dargelegt:
Von den im Zeitpunkt der Antragstellung aushaftenden Abgabenschuldigkeiten in der Höhe von insgesamt 6.182,76 € sind die Körperschaftsteuer-Vorauszahlungen für die Zeiträume
04-06/2019, 07-09/2019, 10-12/2019 und 01-03/2020 in der Höhe von insgesamt 500 € aufgrund ihrer Fälligkeit vor dem (§ 323 Abs. 2 Z 1 BAO) sowie die Zwangsstrafen 01/2019 und 05/2019 in der Höhe von insgesamt 5.000 € aufgrund der Tatsache, dass ihre Fälligkeit ebenfalls im Jahr 2019 eingetreten ist und sie nur aufgrund einer Zahlungsfrist im Zeitraum bis zu entrichten gewesen wären, nicht als COVID-19-bedingte Abgabenschuldigkeiten anzusehen.
Der COVID-19-bedingte Abgabenrückstand beträgt daher 682,76 € (Körperschaftsteuer-Vorauszahlungen für die Zeiträume 04-06/2020, 07-09/2020, 10-12/2020, 01-03/2021 und
04-06/2021 in der Höhe von insgesamt 625 € sowie Aussetzungszinsen 2020 in der Höhe von 57,76 €, siehe Buchungsabfrage des Abgabenkontos der Bf., StNr. x).
Den im Vorlageantrag vom dagegen vorgebrachten Einwendungen kann der Senat nicht beipflichten:
Das Verfahren betreffend die am festgesetzte Zwangsstrafe über 1.000 € (Fälligkeitstag ) wurde mit dem Erkenntnis des , rechtskräftig beendet (Abweisung der Beschwerde) und hinsichtlich der beantragten Aussetzung der Einhebung der Zwangsstrafe mit dem Bescheid des Finanzamtes vom der Ablauf der Aussetzung der Einhebung verfügt.
Die Aussetzung der Einhebung der Zwangsstrafe von 1.000 € war daher bereits im Zeitpunkt des Ansuchens auf Bewilligung einer COVID-19-Ratenzahlung am nicht mehr aufrecht.
Die Höhe der Zwangsstrafe von 1.000 € übersteigt bereits den COVID-19-bedingten Rückstand am Abgabenkonto in der Höhe von 682,76 €, weshalb die gesetzliche Voraussetzung eines überwiegend COVID-19-bedingten Abgabenrückstandes selbst im Fall der Nichtberücksichtigung der Zwangsstrafe über 4.000 € nicht vorliegt.
Die dem BFG zur Entscheidung vorgelegte Beschwerde gegen die Festsetzung der Zwangsstrafe von 4.000 € ist derzeit unerledigt. Die Einhebung Zwangsstrafe ist jedoch ebenfalls nicht ausgesetzt, weil nach der Aktenlage das Finanzamt den Ablauf der Aussetzung der Einhebung mit dem Bescheid vom verfügt hat und ein weiteres Ansuchen nach § 212a BAO nicht eingebracht wurde (siehe Vorlageantrag vom ).
Die im Vorlageantrag vom beantragte Aussetzung der Einhebung des strittigen Betrages in der Höhe von 6.307,76 € wurde mit dem Bescheid des Finanzamtes Österreich vom rechtskräftig abgewiesen.
Mangels Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ist daher die Abweisung des gegenständlichen Ansuchens durch das Finanzamt rechtsrichtig erfolgt und war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor. Die Entscheidung ergibt sich aus den eindeutigen gesetzlichen Bestimmungen des § 323e BAO.
Beilage für die Parteien: Niederschrift vom
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 323e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.2100691.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at