Festsetzung der Anspruchszinsen an Einkommensteuerbescheid gebunden
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinR in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom betreffend Anspruchszinsen (§ 205 BAO) 2017 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der Bescheid betreffend Festsetzung von Anspruchszinsen 2017 vom wird abgeändert.
Die Höhe der Bemessungsgrundlage und der Abgabenschuld sind der Beschwerdevorentscheidung betreffend Festsetzung von Anspruchszinsen 2017 vom zu entnehmen und bilden diese Beträge einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Der Beschwerdeführer (Bf.) bezog im Streitjahr 2017 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von mehreren Arbeitgebern.
Da die Abgabe einer Erklärung unterblieb erfolgte die Veranlagung mittels Schätzung.
Der Einkommensteuerbescheid für 2017 wurde vom Finanzamt am erlassen. Die Einkommensteuer wurde mit € 5.001,- festgesetzt.
Ebenfalls am wurde vom Finanzamt ein Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2017 mit einer Abgabenschuld von € 88,56 erlassen.
Der Bf. erhob fristgerecht Beschwerde sowohl gegen den Einkommensteuerbescheid 2017, als auch gegen den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2017.
Nachdem der Bf. die ihm mittels Vorhaltes gestellten Fragen zu seinen Einkünften im Jahr 2017 beantwortet hat, wurden vom Finanzamt im Juni 2020 teilweise stattgebende Beschwerdevorentscheidungen betreffend Einkommensteuer 2017 und betreffend Festsetzung von Anspruchszinsen 2017 erlassen.
Die Einkommensteuer 2017 wurde in der Beschwerdevorentscheidung mit € 3.336,- festgesetzt und die Anspruchszinsen wurden gemäß § 205 BAO in der Beschwerdevorentscheidung mit € 79,23 festgesetzt.
Der Bf. stellte keinen Vorlageantrag betreffend Einkommensteuer für 2017 und die diesbezügliche Beschwerdevorentscheidung erwuchs in Rechtskraft.
Der Bf. stellte fristgerecht betreffend die Festsetzung von Anspruchszinsen 2017 den Antrag auf Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und führte aus, dass nach seiner Ansicht die Zinsen zu Unrecht verrechnet worden seien.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Strittig ist im vorliegenden Fall ob der Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2017 zu Recht erlassen wurde.
Das Bundesfinanzgericht geht im vorliegenden Fall von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:
Der Einkommensteuerbescheid 2017 und der Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2017 wurden am erlassen.
Gegen beide Bescheide wurde vom Bf. Beschwerde erhoben.
Mit Beschwerdevorentscheidungen wurde im Juni 2020 dem Begehren des Bf. betreffend Einkommensteuer 2017 und Festsetzung der Anspruchszinsen 2017 teilweise Folge gegeben.
Die Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer 2017 erwuchs in Rechtskraft.
Betreffend die Beschwerdevorentscheidung hinsichtlich Festsetzung der Anspruchszinsen 2017 stellte der Bf. den Antrag auf Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und erklärte, dass nach seiner Ansicht die Anspruchszinsen zu Unrecht verrechnet worden seien.
Rechtliche Würdigung:
Gemäß § 205 Abs. 1 BAO sind Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen, nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen (Anspruchszinsen). Die Anspruchszinsen betragen gemäß § 205 Abs. 2 BAO zwei Prozent über dem Basiszinssatz.
Jede Nachforderung bzw. Gutschrift löst (gegebenenfalls) einen Anspruchszinsenbescheid aus. Es liegt je Differenzbetrag eine Abgabe vor. Der Zinsenbescheid ist an die im Spruch des zur Nachforderung oder Gutschrift führenden Bescheides ausgewiesene Nachforderung bzw. Gutschrift gebunden. Der Zinsenbescheid ist mit Bescheidbeschwerde anfechtbar. Wegen der Bindung ist der Zinsenbescheid allerdings nicht (mit Aussicht auf Erfolg) mit der Begründung anfechtbar, der maßgebende Einkommensteuer-(Körperschaftsteuer-)bescheid sei inhaltlich rechtswidrig. Erweist sich der genannte Stammabgabenbescheid nachträglich als rechtswidrig und wird er entsprechend abgeändert (oder aufgehoben), so wird diesem Umstand mit einem an den Abänderungsbescheid (Aufhebungsbescheid) gebundenen Zinsenbescheid Rechnung getragen (zB Gutschriftszinsen als Folge des Wegfalles einer rechtswidrigen Nachforderung). Es ergeht ein weiterer Zinsenbescheid (es erfolgt daher keine Änderung des ursprünglichen Zinsenbescheides) (, 2006/15/0332; Ritz, BAO5, § 205, Tz. 33ff).
Dem angefochtenen Anspruchszinsenbescheid für das Jahr 2017 liegt die im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 ausgewiesene Abgabennachforderung zugrunde. Der Beschwerdeführer bekämpft den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen mit der Begründung, die Verrechnung der Zinsen sei zu Unrecht erfolgt.
Wie oben bereits ausgeführt ist der Anspruchszinsenbescheid an die Höhe der im Bescheidspruch des Einkommensteuerbescheides ausgewiesenen Nachforderung gebunden. § 205 BAO beinhaltet keine Regelung, dass im Falle der nachträglichen Abänderung einer Einkommensteuernachforderung, die eine Festsetzung von Nachforderungszinsen ausgelöst hat, diese Zinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages neu zu berechnen (anzupassen) wären. Ein Zinsenbescheid setzt nämlich nicht die materielle Richtigkeit des Stammabgabenbescheides, wohl aber einen solchen Bescheid voraus. Ein solcher Bescheid ist daher auch nicht mit dem Argument anfechtbar, der Stammabgabenbescheid bzw. ein abgeänderter Bescheid wäre rechtswidrig ergangen.
Die prozessuale Bindung des - wie im vorliegenden Fall - abgeleiteten Bescheides kommt dann zum Tragen, wenn der Grundlagenbescheid (hier der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017) rechtswirksam erlassen worden ist (vergleiche Ritz, BAO5, § 252, Tz. 3). Es bedarf somit im vorliegenden Fall der Überprüfung, ob der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 rechtswirksam erlassen wurde.
Im vorliegenden Fall ergeben sich weder aus dem Beschwerdevorbringen noch aus dem Veranlagungsakt Hinweise oder Anhaltspunkte, demzufolge der Einkommensteuerbescheid 2017 nicht rechtswirksam erlassen oder die Höhe der verfahrensgegenständlichen Anspruchszinsen nicht korrekt berechnet worden wären, sodass dem angefochtenen Anspruchszinsenbescheid auch keine formalrechtlichen Hindernisse entgegenstehen. Auf Grund der Bindung des Zinsenbescheides an die im Spruch des Einkommensteuerbescheides 2017 ausgewiesene Nachforderung konnte somit der Beschwerde kein Erfolg beschieden sein.
Aus den angeführten Gründen war der Beschwerde teilweise Folge zu geben.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind der Beschwerdevorentscheidung betreffend Festsetzung von Anspruchszinsen 2017 vom zu entnehmen.
Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Das Bundesfinanzgericht orientierte sich bei den zu lösenden Rechtsfragen an der zitierten einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur betreffend die formalrechtliche Bindung der Anspruchszinsenbescheide an die Einkommensteuerbescheide, darüber hinaus hing die Entscheidung im Wesentlichen von den Umständen des Einzelfalles ab. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher unzulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 205 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7102915.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
LAAAC-29734