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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.12.2021, RV/5100239/2020

Abänderung einer verjährten abgeleiteten Abgabe nach § 295 BAO aufgrund § 209a Abs 2 BAO; keine sonstigen Änderungen mangels Vorliegen von Abgabenhinterziehung aufgrund § 209a Abs 3 BAO

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. Günter Narat über die Beschwerde vom des Beschwerdeführers ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch den mit Zustellvollmacht ausgewiesenen Dr. Christian Prodinger, Steuerberater, 1090 Wien, Liechtensteinstraße 20/12, gegen den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer 2008 zu Recht:

I)
Der Einkommensteuerbescheid 2008 wird abgeändert. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Einkommensteuer sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Spruches.

II)
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist gem. Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Am wurde vom Finanzamt beim Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz BF) aufgrund eines im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung geänderten Feststellungsbescheides 2008 bei der OG (in weiterer Folge kurz OG) ein gemäß § 295 Abs 1 BAO geänderter Einkommensteuerbescheid 2008 erlassen. Neben der Abänderung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit aus der angeführten Beteiligung wurde vom Finanzamt eine Abgabenhinterziehung angenommen, da vom BF nicht in richtiger Höhe erklärte Einkünfte für den Zeitraum 03 - 06/2008 sowie ein nicht erklärter Übergangsgewinn eine Gewinnminderung nach sich gezogen hätten und dies aufgrund der langjährigen unternehmerischen Tätigkeit als Steuerberater ein vorsätzliches Handeln darstellen würde.

Mit Schreiben vom brachte der BF eine Beschwerde gegen den gemäß § 295 Abs 1 BAO geänderten Einkommensteuerbescheid ein. Nach einem vom Finanzamt durchgeführten Mängelbehebungsverfahren wurde seitens des BF vorgebracht, dass die verlängerte Verjährungsfrist nur insoweit wirksam würde, soweit Abgaben hinterzogen worden seien. Der Gewinnanteil und der anteilige Übergangsgewinn zum für den ausscheidenden Gesellschafter seien auf Basis der Buchhaltung ermittelt worden. Dieser Gewinnanteil sei dem Kapitalkonto zuzuschreiben. Der Betrieb sei bis zur Abwicklung der Veräußerung an K durch den verbleibenden Gesellschafter (= BF) weitergeführt worden. Zur Vermeidung von Abgrenzungsdifferenzen zum sei der Gewinn für den gesamten Zeitraum, also - , einheitlich ermittelt worden. Durch den Abzug des Gewinnanteiles sowie des Übergangsgewinnes WL ergebe sich der Gewinn für den Zeitraum - . Der Übergangsgewinn zum sei bereits berücksichtigt worden (siehe Beilage zur Steuererklärung). Ein Vorwurf der Abgabenverkürzung sei somit obsolet.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde im Wesentlichen auf die Begründung zum angefochtenen Bescheid verwiesen.

Mit Schreiben vom wurde vom BF ein Vorlageantrag eingebracht, wobei hinsichtlich der Begründung auf das ergänzende Vorbringen vom zum Vorlageantrag hinsichtlich des Bescheides über die Feststellung von Einkünften 2008 bei der OG verwiesen wurde.

Seitens des Finanzamtes wurde die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Eingabe vom wurde vom BF der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen. Ergänzend wurde vorgebracht, dass der BF aus den Unterlagen der Buchhaltung und auf Basis der Verträge einerseits ein Ergebnis der OG zum und anderseits des Einzelunternehmens für die Zeit von bis ermittelt habe. Dabei seien alle Berechnungen sorgfältig durchgeführt worden und es habe daher aus den Berechnungen ein Ergebnis für die OG (samt Aufteilung) und ein Ergebnis für das Einzelunternehmen resultiert, welches sodann in die Steuererklärung übernommen worden sei. Es seien zunächst die Ergebnisse zum ermittelt und davon jene Ergebnisanteile abgezogen worden, die laut E6 dem ausscheidenden Gesellschafter WL zuzuweisen waren. Die Differenz habe daher beim BF versteuert werden müssen. Es sei zum einen das (laufende) Ergebnis 01.01. - ermittelt worden, welches sich aus einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung zum ergeben habe. Des Weiteren sei - entgegen der Behauptungen der belangten Behörde - der Übergangsgewinn zum in Höhe von € 588.432,68 ermittelt worden, welcher auch offene Forderungen oder nicht abgerechnete Leistungen und unfertige Leistungen umfasst habe, die schon zum bestanden hätten und daher anteilig von WL zu versteuern gewesen seien. Dieser Gewinn sei daher vom verbleibenden Gesellschafter (=BF) nicht noch einmal zu versteuern, da es sonst zu einer doppelten Versteuerung ein und desselben Gewinnes käme und dieser Gewinn ja bereits dem ausscheidenden Gesellschafter zuzurechnen gewesen sei. Außerdem sei der Übergangsgewinn zum auch für den verbleibenden Gesellschafter (=BF) errechnet und daher in die Tangente aufgenommen worden, sodass dieser insofern in der Zeit von 01.03. - auch beim BF nicht noch einmal zu versteuern gewesen sei.

Es sei eine detaillierte, logische und folgerichtige Ermittlung aller Einkünfte erfolgt, inklusive eines Übergangsgewinnes zum und diese Ergebnisse seien auch in der Steuererklärung angesetzt worden. Ebenso sei der Veräußerungsgewinn (aus dem Verkauf des Kundenstockes und des sonstigen Anlagevermögens) zum entsprechend angesetzt (Erlös € 935.000 abzüglich Buchwert AV € 28.379,13) worden. Das gesamte restliche Ergebnis sei beim BF in die Tangente per eingerechnet worden. Richtigerweise hätten jedoch die laufenden Einkünfte 01.03. - im Einzelunternehmen angesetzt werden müssen.

Innerhalb des Veranlagungsjahres 2008 würden beim BF Einkünfte aus selbständiger Arbeit vorliegen, die zu Teilen aus der Mitunternehmerschaft (Tangente) und zu Teilen aus dem Einzelunternehmen stammen würden. In Summe ergäben daraus die Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Wenn nun allenfalls die anteiligen Einkünfte des BF aus der OG um einen bestimmten Betrag zu hoch und die Einkünfte aus dem sich per Gesamtrechtsnachfolge anschließenden Einzelunternehmen um genau diesen Betrag zu niedrig seien, folge daraus, dass der Gesamtbetrag der Einkünfte nach beiden Rechnungen gleich hoch sei.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts basiert auf folgendem Sachverhalt, der in den Akten der Abgabenbehörde sowie des Gerichtes abgebildet und soweit nicht gesondert angeführt unbestritten ist.

An der OG waren Herr ***Bf1*** und Herr WL zu jeweils 50 % beteiligt. Am übermittelte Herr WL der OG ein Kündigungsschreiben betreffend sein Ausscheiden aus der OG zum . Als Ausscheidungszeitpunkt (Stichtag auch für Abrechnungen) für das Ausscheiden von Herrn WL aus der OG wurde zwischen den Gesellschaftern in weiterer Folge der festgelegt.

Mit Kaufvertrag vom verkaufte Herr ***Bf1*** das seit bestehende Einzelunternehmen zum Stichtag an die W KG.

Von der steuerlichen Vertretung der OG (W KG) wurde am die Erklärung betreffend Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für 2008 elektronisch beim Finanzamt eingereicht. Mit Eingangsdatum wurde die Gewinnverteilung 2008 der OG mit einem ausgewiesenen Übergangsgewinn beim Finanzamt eingebracht. Der Gewinnverteilung angeschlossen wurden die Ermittlung der Sonderbetriebsausgaben und Sonderbetriebseinnahmen der Gesellschafter, die Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs 3 EStG 1988 für den Zeitraum - sowie die Ermittlung des Übergangszuschlages zum infolge Wechsel der Gewinnermittlung von § 4 Abs 3 auf § 4 Abs 1 EStG 1988.

Die OG ermittelte trotz des Ausscheidens des vorletzten Gesellschafters mit ihren Gewinn für den Zeitraum bis zum Verkauf (des entstandenen Einzelunternehmens) einheitlich für den Gesamtzeitraum 01.01. bis gemäß § 4 Abs 3 EStG 1988. Eine gesonderte Gewinnermittlung für den Zeitraum nach Auflösung der OG (Einzelunternehmen vom bis ) erfolgte nicht. Ein Übergangszuschlag wurde infolge Wechsel der Gewinnermittlung zum ermittelt. Der Gewinn gemäß § 4 Abs 3 EStG 1988 (€ 122.094,30) und der Übergangsgewinn (€ 568.432,68), in Summe € 690.527,58, wurden auf die Gesellschafter WL (€ 584.257,53) und den BF (€ 106.270,05) mit Hinweis auf eine getroffene Vereinbarung ("lt. Vereinbarung") aufgeteilt. Nach Abzug von Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben ergab sich für WL ein Gewinnanteil von € 580.080,97 und für den BF ein Gewinnanteil von € 116.687,61.

Über den Zeitraum 2008 wurde vom Finanzamt bei der OG eine Außenprüfung betreffend Umsatzsteuer und einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung durchgeführt, wobei vom Finanzamt keine Feststellungen getroffen wurden, die zu einer Abänderung der eingereichten Erklärungen geführt hätten. Am wurde der Bescheid über die Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO der OG für 2008 erklärungsgemäß erlassen. Am wurde vom Finanzamt aufgrund eines Ausfertigungsfehlers hinsichtlich der Einkünfte aus selbständiger Arbeit eine Berichtigung des Bescheides vom gemäß § 293b BAO durchgeführt.

Die Einkommensteuererklärung für 2008 wurde vom BF am elektronisch beim Finanzamt eingereicht. Am wurde vom Finanzamt der Einkommensteuerbescheid für 2008 erlassen.

Aufgrund von Streitigkeiten der Gesellschafter, insbesondere betreffend die Berechnung und Zurechnung des Übergangsgewinnes für den ausscheidenden Gesellschafter WL, brachte dieser mit Schreiben vom eine Beschwerde gegen den Bescheid vom über die Feststellung der Einkünfte für 2008 bei der OG ein. Am wurde vom Finanzamt bei der OG eine Beschwerdevorentscheidung erlassen. Laut gesonderter Begründung seien u.a. ein Vorweggewinn und eine Kundenstockübernahme beim Gesellschafter WL nicht zu berücksichtigen. Der Übergangsgewinn sei abweichend von den Beteiligungsverhältnissen zur Gänze dem BF zuzuordnen und auf Ebene seines Einzelunternehmens per zu berücksichtigen.

Vom Finanzamt wurde am beim BF aufgrund eines entsprechend dieser Beschwerdevorentscheidung geänderten Feststellungsbescheides 2008 bei der OG ein gemäß § 295 Abs 1 BAO geänderter Einkommensteuerbescheid 2008 erlassen. Neben der Abänderung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit aus der geänderten Mitteilung hinsichtlich dieser Beteiligung wurde vom Finanzamt eine Abgabenhinterziehung beim BF angenommen, da nicht in richtiger Höhe erklärte Einkünfte für den Zeitraum bis sowie ein nicht erklärter Übergangsgewinn eine Gewinnminderung nach sich gezogen hätten und dies aufgrund seiner langjährigen unternehmerischen Tätigkeit als Steuerberater ein vorsätzliches Handeln darstellen würde. Es wurden der Übergangsgewinn und der zuvor bei der nicht mehr existenten OG erklärte Gewinn für den Zeitraum bis unter Berücksichtigung einer Berechnung des BF ermittelt und dem BF als Einzelunternehmer zugerechnet.

Festgestellt wird, dass die laufenden Einkünfte der OG sowie der Übergangsgewinn vom BF im Rahmen der Einreichung der Erklärung betreffend Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für 2008 vollständig erklärt, jedoch abweichend von der Auffassung des Gesellschafters WL und letztlich auch des Finanzamtes, zwischen den Gesellschaftern der OG aufgeteilt wurden. Der Gewinn gemäß § 4 Abs 3 EStG 1988 und der ermittelte Übergangsgewinn wurden vom BF mit Hinweis auf eine getroffene Vereinbarung anteilig auf Herrn WL und ihn selbst verteilt. Die laufenden Einkünfte des aus der Gesamtrechtsnachfolge entstandenen Einzelunternehmens für den Zeitraum bis sind in der Gewinnermittlung der OG für den Zeitraum bis enthalten.

Der BF wollte mit der von ihm vorgenommenen Ermittlung der laufenden Einkünfte und des Übergangsgewinnes bzw. mit der Zuordnung des Übergangsgewinnes bei der OG und der damit verbundenen Auswirkungen auf die Besteuerungsgrundlagen bei der Einkommensteuer keinen Sachverhalt verwirklichen, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht.

Beweiswürdigung

Gem. § 167 Abs. 2 BAO haben die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. In Befolgung dieser Grundsätze ist der oben dargestellte Sachverhalt deshalb wie folgt zu würdigen.

Die obigen unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen hinsichtlich des Verfahrensablaufes bzw. der anlässlich der Abgabe der Erklärung betreffend Feststellung der Einkünfte gem. § 188 BAO für 2008 bei der OG und mit der Abgabe der Einkommensteuererklärung für 2008 übermittelten Beilagen sind allesamt aktenkundig.

Die Beteiligungsverhältnisse an der OG sowie die Feststellungen hinsichtlich des Ausscheidungszeitpunktes des Gesellschafters WL ergeben sich aus dem dem Bundesfinanzgericht vorliegenden Gesellschaftsvertrag und sonstigen Schriftverkehr (Kündigungsschreiben WL vom , Aktennotiz vom ).

Obwohl es für das Bundesfinanzgericht erwiesen ist, dass der BF keine Verletzung der Offenlegungs- und Wahrheitspflicht begangen hat und somit schon der objektive Tatbestand der Abgabenhinterziehung nicht vorliegt (vgl. diesbezüglich die Ausführungen zu Punkt 3.1.), ist zur von der belangten Behörde angenommenen subjektiven Tatseite der Abgabenhinterziehung und dem diesbezüglichen Verweis in der Bescheidbegründung, wonach es dem BF aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit als Steuerberater bekannt gewesen sei, dass auf Ebene seines Einzelunternehmens nicht in richtiger Höhe erklärte Einkünfte für den Zeitraum bis sowie ein nicht erklärter Übergangsgewinn eine Gewinnminderung nach sich ziehen würden, auszuführen, dass im gegenständlichen Fall auch die subjektive Tatseite nicht verwirklicht wurde.

Aufgrund von Auffassungsunterschieden zwischen den Gesellschaftern der OG wurden die Einkünfte der OG sowie der Übergangsgewinn vom BF, abweichend von der Auffassung des Gesellschafters WL und letztlich auch des Finanzamtes, zwischen den Gesellschaftern der OG aufgeteilt. Es ist nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes auszuschließen, dass der BF mit der von ihm vorgenommenen Ermittlung der Einkünfte der OG und des Übergangsgewinnes und der damit verbundenen Auswirkungen auf die Besteuerungsgrundlagen bei der Einkommensteuer einen Sachverhalt verwirklichen hätte wollen, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht, bzw. diese Verwirklichung ernstlich für möglich gehalten und sich mit ihr abgefunden hätte. Diesbezüglich ist auch auf das im Anhang zur Beschwerde vom beigefügte Schreiben des BF, wonach er bei Verfassung der Steuererklärungen einen Rechtsstandpunkt vertreten habe, welcher von der Finanzverwaltung bislang allerdings nicht geteilt worden sei, und die nochmaligen umfangreichen Ausführungen des steuerlichen Vertreters im Schreiben vom samt Beilagen zu verweisen.

Die getroffenen Sachverhaltsfeststellungen können somit gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen angenommen werden.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

Zunächst ist festzuhalten, dass das Finanzamt Österreich gem. § 323b Abs 1 BAO an die Stelle des die angefochtenen Bescheide erlassenden Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr getreten ist.

Außer in den Fällen des § 278 BAO hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen (§ 279 Abs. 1 BAO).

§ 209a Abs 2 BAO lautet auszugsweise:

"Hängt eine Abgabenfestsetzung unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Beschwerde oder eines in Abgabenvorschriften vorgesehenen Antrages (§ 85) ab, so steht der Abgabenfestsetzung der Eintritt der Verjährung nicht entgegen, wenn die Beschwerde oder der Antrag vor diesem Zeitpunkt eingebracht wird."

Eine Abgabenfestsetzung hängt von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde (iSd § 209a Abs 2) beispielsweise ab, wenn die Beschwerde gegen einen Grundlagenbescheid (zB Feststellungsbescheid gem. § 188) gerichtet ist (vgl. zB Stoll, BAO, 2208; ; , Ra 2016/13/0027). Wird sie vor Eintritt der Verjährung (der "abgeleiteten" Abgabe) eingebracht, so steht der Umstand, dass sie erst nach Verjährungseintritt meritorisch erledigt wird, der Anpassung "abgeleiteter" Abgabenbescheide nicht entgegen (vgl. Ritz, BAO6, § 209a, Rz 6).

Bei Änderungen gem. § 295 Abs 1 bzw. Abs 2 BAO kann der Bescheid grundsätzlich nach jeder Richtung abgeändert werden (zB ; , 98/14/0118; , 97/13/0204). Gemäß § 209a Abs 3 BAO darf jedoch in einem an die Stelle eines früheren Bescheides tretenden Abgabenbescheid, soweit für einen Teil der festzusetzenden Abgabe bereits Verjährung eingetreten ist, vom früheren Bescheid nicht abgewichen werden, sofern nicht Abs. 1 oder 2 anzuwenden ist.

§ 209a Abs 3 BAO stellt sicher, dass dann, wenn für eine Abgabe die Verjährung zum Teil eingetreten ist, sie aber wegen der längeren Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben zum Teil noch offen ist, bei der Abgabenfestsetzung nur der noch nicht verjährte Teil abgeändert werden darf. Der bereits verjährte Teil der Abgabe darf zwar nochmals festgesetzt werden, aber nur in unveränderter Höhe (vgl. ErläutRV 451 BlgNR 22. GP 32).

Ob eine Abgabe hinterzogen ist, ist eine Vorfrage (hA zB , 0084; , 2009/13/0159; , 2009/16/0076 bis 0078; , Ra 2016/13/0007). Nicht erforderlich ist daher für die Annahme der zehn Jahre betragenden Verjährungsfrist ein rechtskräftiger Schuldausspruch im Finanzstrafverfahren (; , 96/17/0453; , 99/16/0110) oder die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens (; , 89/14/0149; , 98/16/0391; , 2002/14/0154). Die Beurteilung der Vorfrage hat in der Begründung des Bescheides (bzw. Beschlusses oder Erkenntnisses) zu erfolgen. Aus der Begründung muss sich somit ergeben, auf Grund welcher Ermittlungsergebnisse sowie auf Grund welcher Überlegungen zur Beweiswürdigung und zur rechtlichen Beurteilung die Annahme der Hinterziehung gerechtfertigt ist (; , 96/17/0453). Die längere Verjährungsfrist betrifft nur den vorsätzlich verkürzten Teil (arg "soweit").

Der Abgabenhinterziehung macht sich nach § 33 Abs 1 FinStrG schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt. Nach § 8 Abs 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet. Fahrlässig handelt hingegen, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht. Fahrlässig handelt auch, wer es für möglich hält, dass er einen solchen Sachverhalt verwirkliche, ihn aber nicht herbeiführen will (§ 8 Abs 2 FinStrG). Nach § 9 FinStrG wird dem Täter weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit zugerechnet, wenn ihm bei einer Tat ein entschuldbarer Irrtum unterlief, der ihn das Vergehen oder das darin liegende Unrecht nicht erkennen ließ; ist der Irrtum unentschuldbar, so ist dem Täter grobe Fahrlässigkeit zuzurechnen. Dem Täter wird Fahrlässigkeit auch dann nicht zugerechnet, wenn ihm bei der Tat eine entschuldbare Fehlleistung unterlief.

Tatbestandsvoraussetzung für eine (dem BF allenfalls anzulastende) Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG, ist die (zumindest bedingt vorsätzliche) Verletzung einer abgabenrechtlich bestehenden, sich hier aus §§ 119, 133 f BAO und den §§ 42 ff EStG 1988 bzw. allenfalls aus weiteren abgabenrechtlichen Bestimmungen ergebenden, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht. Eine derartige, auch dann, wenn die Abgabenbehörde aus anderen Erklärungen bzw. aus Eigenem die Steuer richtig festsetzen kann (vgl. ) bestehende Pflicht zur unaufgeforderten Offenlegung aller abgabenrechtlich bedeutsamen Umstände bzw. Tatsachen, gegebenenfalls auch über die standardisierten Formularangaben hinausgehend (vgl. etwa Ritz, BAO 6 , § 119 TZ 1 ff) besteht freilich nur insofern, als der Abgabepflichtige durch eine für seine (abgabenrechtliche) Situation zutreffende Bestimmungen des Steuerrechts zu einer entsprechenden Eigeninitiative im Hinblick auf eine vollständige und wahrheitsgemäße Darlegung des abgabenrechtlich erheblichen Sachverhaltes innerhalb der dafür geltenden Grenzen der Geeignetheit, Möglichkeit, Notwendigkeit, Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit (vgl. Ritz, aaO, TZ 4, mwH), beispielsweise im Rahmen von einzureichenden bzw. eingereichten Erklärungen gemäß § 42 EStG 1988, auch verpflichtet ist [vgl. auch Köck in Köck/Judmaier/Kalcher/Schmitt, FinStrG Band 15 (2018) § 33 TZ 27/Seite 807 f].

Vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen bedeutet, der Abgabenbehörde, gegebenenfalls nicht nur anhand der Vordrucksangaben (der Abgabenerklärungen), sondern auch durch geeignete Ergänzungen, Beilagen und Zusätze, nicht nur ein richtiges und vollständiges, sondern auch ein klares Bild aller für die Abgabenberechnung maßgeblichen Umständen zu verschaffen (vgl. z. B. Stoll, BAO, 1355, bzw. , ).

Bestehen Zweifel, ob ein konkretes Geschehen angesichts eines bestimmten Steuertatbestandes rechtsbedeutsam ist und bestehen somit Zweifel im Tat- und nicht im Rechtsfragenbereich, so ist dem § 119 BAO dann korrekt entsprochen, wenn der Sachverhalt in seiner tatsächlichen Dimension aufgezeigt wird (). Die Abgabenbehörde muss also durch den vom Verpflichteten offen gelegten Sachverhalt in die Lage versetzt werden, die betreffende Abgabe gesetzeskonform festzusetzen bzw. die Richtigkeit dessen Angaben anhand der gemachten Erklärungsangaben zu überprüfen.

Die Beurteilung, ob Abgaben hinterzogen sind, setzt eindeutige, ausdrückliche und nachprüfbare bescheidmäßige Feststellungen über die Abgabenhinterziehung voraus (zB ; , 2007/15/0292; , 2009/16/0032), und zwar auch dann, wenn im Verwaltungsverfahren noch keine Verjährungseinrede erhoben wurde. Die maßgebenden Hinterziehungskriterien der Straftatbestände sind von der Abgabenbehörde nachzuweisen (; , 99/13/0036).

Dabei ist vor allem in Rechnung zu stellen, dass eine Abgabenhinterziehung nicht schon bei einer objektiven Abgabenverkürzung vorliegt, sondern Vorsatz als Schuldform erfordert, und eine Abgabenhinterziehung somit erst als erwiesen gelten kann, wenn - in nachprüfbarer Weise - auch der Vorsatz feststeht. Vorsätzlich handelt, wer ein Tatbild mit Wissen und Wollen verwirklicht. Vorsätzliches Handeln beruht nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zwar auf einem nach außen nicht erkennbaren Willensvorgang, ist aber aus dem nach außen in Erscheinung tretenden Verhalten des Täters zu erschließen, wobei sich die diesbezüglichen Schlussfolgerungen als Ausfluss der freien Beweiswürdigung erweisen (vgl. zuletzt , mwN).

Die Verlängerung der Verjährungsfrist nach § 207 Abs 2 Satz 2 BAO setzt eine Hinterziehung von Abgaben voraus, die Hinterziehung verlangt nach § 33 Abs 1 FinStrG Vorsatz. Eine (allenfalls auch grob) fahrlässige Abgabenverkürzung (§ 34 FinStrG) bewirkt keine Verlängerung der Verjährungsfrist.

Der bedingte Vorsatz liegt nur dann vor, wenn der Täter die Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet. Der Täter muss also einerseits den Eintritt des verpönten Erfolges als naheliegend ansehen (vgl. hiezu auch RIS-Justiz RS0088985) und anderseits bereit sein, diesen Erfolgseintritt in Kauf zu nehmen (vgl. ).

Aus den unter Punkt 2 getroffenen Feststellungen ergibt sich zweifelsfrei, dass der BF mit der Abgabe der Erklärung betreffend Feststellung der Einkünfte gem. § 188 BAO für 2008 durch die steuerliche Vertretung der OG (samt angeschlossener Beilagen) und mit der Abgabe der Einkommensteuererklärung für 2008 keine Verletzung der Offenlegungs- und Wahrheitspflicht begangen hat.

Die Sachverhaltsfeststellungen des Finanzamtes vermögen somit die Annahme der Verwirklichung des Tatbildes der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG schon in objektiver Hinsicht nicht zu tragen.

Abgesehen davon hat der BF mit der von ihm gesetzten Verhaltungsweise die Verwirklichung einer Abgabenhinterziehung auch nicht ernstlich für möglich gehalten und sich mit ihr abgefunden.

Aus den dem Bundesfinanzgericht vorliegenden Unterlagen bzw. dem wechselseitigen Vorbringen der Parteien ergibt sich zweifelsfrei, dass die Festsetzungsverjährung betreffend Einkommensteuer 2008 mit (Verlängerung um 1 Jahr durch Erlassung des Einkommensteuerbescheides 2008 im Jahr 2012) eingetreten ist.

Der Bescheid betreffend die Feststellung der Einkünfte gem. § 188 BAO für 2008 wurde am erlassen. Am wurde vom Finanzamt aufgrund eines Ausfertigungsfehlers hinsichtlich der Einkünfte aus selbständiger Arbeit eine Berichtigung des Bescheides vom gem. § 293b BAO durchgeführt. Die Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde am eingebracht. Die Beschwerdevorentscheidung betreffend Feststellung der Einkünfte gem. § 188 BAO für 2008 wurde am erlassen.

Da die Beschwerde somit vor Eintritt der Verjährung der "abgeleiteten" Abgabe (= Einkommensteuer 2008) eingebracht worden ist, steht der Umstand, dass sie erst nach Verjährungseintritt meritorisch erledigt wird, der Anpassung "abgeleiteter" Abgabenbescheide nicht entgegen.

Gem. § 209a Abs 2 BAO ist der Einkommensteuerbescheid 2008 des BF aufgrund der bescheidmäßigen Feststellungen (Beschwerdevorentscheidung) bei der OG gem. § 295 BAO zu ändern und die Einkünfte des BF aus dieser Beteiligung sind insofern abzuändern, als diese nunmehr in Höhe von € 13.331,11 anzusetzen sind. Aufgrund der nicht vorliegenden Abgabenhinterziehung darf aber gem. § 209a Abs 3 BAO wegen der bereits eingetretenen Verjährung vom früheren Bescheid (Einkommensteuerbescheid 2008 vom ) sonst nicht abgewichen werden.

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG).

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).

Dies trifft nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu, wenn die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind (vgl. mit vielen weiteren Nachweisen).

Auf Grund der oben angeführten gesetzlichen Bestimmungen ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar aus dem Gesetz und sind auch durch die zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung geklärt. Damit liegt hier kein Grund vor, eine Revision zuzulassen.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Linz, am

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