Keine Aussetzung der Einhebung gem. § 212a BAO im Verfahren vor dem VwGH!
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Susanne Feichtenschlager in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch ***Stb***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr vom betreffend Zurückweisung des Antrages auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Im Zuge der Beschwerdeentscheidung betreffend Kapitalertragsteuer 2011, 2012 und 2013 wurde mit Bescheid vom der Ablauf der Aussetzung der Einhebung verfügt.
Mit Schreiben vom brachte der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenen steuerlichen Vertreter den Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO "zum BFG-Erkenntnis vom , RV/5101160/2015, betreffend Ablauf der Aussetzung der Kapitalertragsteuer für die Jahre 2011, 2012 und 2013 samt Nebengebühren aufgrund der a.o. Revision beim VwGH, eingebracht am und ergänzendes Rechtsvorbringen zur außerordentlichen Revision vom " ein.
Soweit es die gegenständliche Beschwerde betrifft, wurde begründend Folgendes vorgebracht:
Bei positiver Erledigung der beim VwGH am eingebrachten a.o. Revision werde der Betrag von
150,00 € Kapitalertragsteuer 01-12/2011
10.150,00 € der Kapitalertragsteuer 01-12/2012
150,00 € der Kapitalertragsteuer 01-12/2013
203,00 € des Säumniszuschlages 2015
in Summe 10.653,00 €
auf dem Steuerkonto des Beschwerdeführers gutgeschrieben und es werde daher ersucht, den Betrag bis zur Erledigung der angefochtenen Entscheidung von der Einhebung auszusetzen.
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag auf Aussetzung der Einhebung vom zurück.
Begründend wurde ausgeführt, dass über die Bescheidbeschwerde betreffend die zugrundliegende Kapitalertragsteuer für die Jahre 2011, 2012 und 2013 samt Nebengebühren mit BFG-Erkenntnis vom , RV/5101277/2015, entschieden worden sei. Das im Aussetzungsantrag vom angeführte BFG-Erkenntnis vom , RV/5101160/2015, zu welchem eine außerordentliche Revision eingebracht worden sei, würde die Beschwerdesache ***Firma*** GmbH (Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Körperschaftsteuer 2011 und 2012 und Umsatzsteuer 2012, Körperschaftsteuer 2011 bis 2013, Umsatzsteuer 2012) betreffen.
Gemäß § 212a BAO sei die Einhebung einer Abgabe aussetzbar, wenn ihre Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängen würde. Antragsberechtigt seien Abgabepflichtige, die mit Abgabenbescheid oder Haftungsbescheid in Anspruch genommen worden seien. Revisionswerber sei die ***Firma*** GmbH und nicht der Antragsteller. Gegen die vorgeschriebene Kapitalertragsteuer sei keine Revision erhoben worden. Es bestehe auch keine mittelbare Abhängigkeit der Kapitalertragsteuer mit den der Revision zugrundeliegenden Körperschafts- und Umsatzsteuerbescheiden.
Eine Aussetzung der Einhebung könne nur bewilligt werden, solange eine Bescheidbeschwerde anhängig sei. Selbst wenn daher gegen das BFG-Erkenntnis vom , RV/5101277/2015, fristgerecht Revision erhoben worden wäre, wäre aus diesem Grund keine Aussetzung der Einhebung zulässig. Eine Revision an den VwGH stelle keine Bescheidbeschwerde dar. Die grundlegende Voraussetzung des § 212a BAO sei daher nicht erfüllt.
Es bestehe keine gesetzliche Grundlage dafür, die Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO wegen der Erhebung einer Revision vor den Höchstgerichten über den Zeitpunkt der Erlassung der jeweiligen, das Beschwerdeverfahren abschließenden Erledigung hinaus auszudehnen.
In der Bescheidbeschwerde vom , nunmehr eingebracht durch die Kanzlei ***Stb***, wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der § 212a Abs. 5 BAO verfassungswidrig sei und der Gang zum Verfassungsgerichtshof angestrebt werde. Die Bestimmung stehe mit der Leitentscheidung des Verfassungsgerichtshofes zum rechtsstaatlichen Prinzip in unlösbarem Widerspruch (VfSlg 11.196/1986).
§ 254 BAO laute: "Durch die Einbringung einer Bescheidbeschwerde wird die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides nicht gehemmt, insbesondere wird die Einhebung und zwangsweise Einbringung einer Abgabe nicht aufgehalten."
Der Verfassungsgerichtshof habe diese Bestimmung mit Erkenntnis vom , G119/86, VfSlg 11.196, als verfassungswidrig aufgehoben.
Nach Wiedergabe der diesbezüglichen Kernaussage wies der Beschwerdeführer darauf hin, dass der verfügte Ablauf der Aussetzung der Einhebung (offenbar gemeint: Zurückweisung des Antrages auf Aussetzung der Einhebung) mit diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht in Einklang zu bringen sei. Der Beschwerdeführer sei wieder der Situation ausgesetzt, die den Verfassungsgerichtshof seinerzeit veranlasst habe, dem § 254 BAO als verfassungswidrig aufzuheben. Der Rechtsschutz sei in diesem Fall nicht in der vom VfGH geforderten Weise "faktisch effizient". Das Finanzamt sei jedoch an die einfach-gesetzliche Rechtslage gebunden.
Der Zahlungsaufschub bestehe angesichts des vorbereiteten Gangs zum Verfassungsgerichtshof nicht bis zur abschließenden Sachentscheidung. Er würde bereits bei der Entscheidung des BFG enden, selbst wenn sie dem Prüfstand des Verfassungsgerichtshofes nicht standhalten würde, wovon auszugehen sei. Nach der Vorgabe des VfGH habe der Zahlungsaufschub jedoch während der gesamten Dauer des Verfahrens zu bestehen.
Nach Wiedergabe der Folgeentscheidung zu § 212a BAO des VfGH (, VfSlg. 14.548) wurde in der Beschwerde zusammenfassend festgehalten, dass § 212a Abs. 5 lit. b BAO die Vorgaben des Verfassungsgerichtshofes eindeutig nicht erfüllen würde.
Es werde daher der Antrag gestellt, das Finanzamt möge die Bescheidbeschwerde ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung direkt vorlegen. Das Bundesfinanzgericht möge der Beschwerde nach durchgeführter mündlicher Verhandlung vor dem Einzelrichter vollinhaltlich stattgeben und den beantragten Zahlungsaufschub bewilligen, dies nach vorheriger Anrufung des VfGH.
Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor, beantragte eine Abweisung der Beschwerde und führte ergänzend zur Bescheidbegründung Folgendes aus: "Das in der Beschwerde angezogene VfGH-Erkenntnis vom , G 119/86, ist nach Dafürhalten der belangten Behörde für den gegenständlichen Beschwerdefall überhaupt nicht einschlägig, weil es in diesem Erkenntnis um die Frage ging, ob die Regelung des § 212 BAO in Verbindung mit der Bestimmung des § 254 BAO ausreichend ist, um im ordentlichen Rechtsmittelverfahren nach der BAO (§§ 243 ff) einen ausreichenden Rechtsschutz zu gewährleisten. Dieses Erkenntnis hat aber KEINERLEI Bedeutung für die Frage, welche Möglichkeiten dem Beschwerdeführer zur Verfügung stehen, eine Aufschiebung der Entrichtung der im Rechtsmittelverfahren abschließend festgesetzten Abgabenschuld, zu erreichen. Da es eine solche Möglichkeit durch die Regelung des § 30 Abs. 2 VwGG gibt (wenn der Beschwerdeführer gegen das Erkenntnis des GZ RV/5101277/2015, Revision erhoben hätte, was aber unterblieben ist), besteht keinerlei Anhaltspunkt die Bestimmung des § 212a BAO als verfassungswidrig aufzuheben."
Mit Schreiben vom wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer war im beschwerdegegenständlichen Zeitraum Geschäftsführer und Gesellschafter (50 %) der ***Firma*** GmbH.
Im Zuge einer abgabenrechtlichen Prüfung bei der ***Firma*** GmbH die Jahre 2011 bis 2013 betreffend anerkannte der Betriebsprüfer die im Zusammenhang mit dem Markenerwerb geltend gemachten Aufwendungen nicht und führte eine dementsprechende Vorsteuerberichtigung durch (Tz 1); weiters anerkannte er die auf den Verrechnungskonten der Gesellschafter verbuchten Gutschriften Garagierungsaufwendungen betreffend nicht (Tz 2) und ging in beiden Fällen von verdeckten Ausschüttungen aus. Entsprechend dieser Rechtsansicht schrieb das Finanzamt dem Beschwerdeführer Kapitalertragsteuer für 2011 bis 2013 vor (Bescheide vom ).
Dagegen erhob der Beschwerdeführer durch seinen steuerlichen Vertreter mit Schriftsatz vom Beschwerde und beantragte, den Mietaufwand der Garagen (2011 bis 2013) und die Aufwendungen für Marken- und Musterschutzrechte (2012 und 2013) der ***Firma*** GmbH anzuerkennen, verdeckte Ausschüttungen nicht anzunehmen und dementsprechend keine Kapitalertragsteuer festzusetzen. Im Zuge des Beschwerdeverfahrens wurde die Aussetzung der Einhebung der beschwerdegegenständlichen Abgaben verfügt.
Mit Erkenntnis vom , RV/5101260/2015, wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde vom als unbegründet ab. Mit Bescheid vom wurde der Ablauf der Aussetzung der Einhebung betreffend Kapitalertragsteuer 2011 bis 2013 verfügt.
Die ***Firma*** GmbH brachte ihrerseits Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Körperschaftsteuer 2011 und 2012 sowie Umsatzsteuer 2012 und Körperschaftsteuer 2011 bis 2013 und Umsatzsteuer 2012 ein.
Mit Erkenntnis vom , RV/5101160/2015, wies das Bundesfinanzgericht diese Beschwerde als unbegründet ab.
Gegen dieses Erkenntnis erhob die ***Firma*** GmbH außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof.
Mit Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenen steuerlichen Vertreter die Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO betreffend Kapitalertragsteuer 01-12/2011 iHv 150,00 €, Kapitalertragsteuer 01-12/2012 iHv 10.150,00 €, Kapitalertragsteuer 01-12/2013 iHv 150,00 €, Säumniszuschlag 2015 iHv 203,00 €, in Summe somit 10.653,00 €.
Beweiswürdigung
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus den vorgelegten Akten, den Parteienvorbringen und dem elektronischen Steuerakt.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I.
Gemäß § 262 Abs. 2 BAO hat die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung zu unterbleiben,
a) wenn dies in der Bescheidbeschwerde beantragt wird und
b) wenn die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorlegt.
§ 262 Abs. 3 BAO lautet:
"Wird in der Bescheidbeschwerde lediglich die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen, die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen oder die Rechtswidrigkeit von Staatsverträgen behauptet, so ist keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, sondern die Bescheidbeschwerde unverzüglich dem Verwaltungsgericht vorzulegen."
Der Beschwerdeführer hat in der Beschwerde vom beantragt, das Finanzamt möge die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht direkt - ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung - vorlegen.
Das Beschwerdevorbringen ist ausschließlich darauf gerichtet, dass die gesetzliche Bestimmung des § 212a Abs. 5 b BAO verfassungswidrig sei.
Es liegen demnach sowohl die Voraussetzungen nach § 262 Abs. 2 BAO als auch jene nach Abs. 3 leg.cit. für das Unterbleiben der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung vor. Das Finanzamt hat damit zu Recht keine Beschwerdevorentscheidung erlassen und die Beschwerde unverzüglich dem Bundesfinanzgericht vorgelegt.
§ 212a Abs. 1 BAO lautet:
"Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird."
§ 212a Abs. 5 BAO lautet:
"Die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung besteht in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 294). Der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich einer (eines) über die Beschwerde (Abs. 1) ergehenden
a) Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder
b) Erkenntnisses (§ 279) oder
c) anderen das Beschwerdeverfahren abschließenden Erledigung
zu verfügen. Die Verfügung des Ablaufes anlässlich des Ergehens einer Beschwerdevorentscheidung schließt eine neuerliche Antragstellung im Fall der Einbringung eines Vorlageantrages nicht aus.
Wurden dem Abgabepflichtigen für einen Abgabenbetrag sowohl Zahlungserleichterungen (§ 212) als auch eine Aussetzung der Einhebung bewilligt, so tritt bis zum Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf der Zahlungsaufschub auf Grund der Aussetzung ein."
Gemäß Art. 89 Abs. 1 B-VG steht die Prüfung der Gültigkeit gehörig kundgemachter Verordnungen, Kundmachungen über die Wiederverlautbarung eines Gesetzes (Staatsvertrages), Gesetze und Staatsverträge, soweit in den folgenden Absätzen nicht anderes bestimmt ist, den ordentlichen Gerichten nicht zu.
Hat ein ordentliches Gericht gegen die Anwendung einer Verordnung aus dem Grund der Gesetzwidrigkeit, einer Kundmachung über die Wiederverlautbarung eines Gesetzes (Staatsvertrages) aus dem Grund der Gesetzwidrigkeit, eines Gesetzes aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit oder eines Staatsvertrages aus dem Grund der Rechtswidrigkeit Bedenken, so hat es gemäß Art. 89 Abs. 2 B-VG den Antrag auf Aufhebung dieser Rechtsvorschrift beim Verfassungsgerichtshof zu stellen.
Gemäß Art. 135 Abs. 4 B-VG ist Art. 89 B-VG auf die Verwaltungsgerichte und den Verwaltungsgerichtshof sinngemäß anzuwenden.
Wenn daher das Bundesfinanzgericht Bedenken gegen eine anzuwendende Norm hat, ist es verpflichtet, einen Antrag im Sinne des Art. 89 B-VG zu stellen. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren wird seitens des Beschwerdeführers eine Verfassungswidrigkeit der Bestimmung des § 212a Abs. 5 BAO in den Raum gestellt.
Dabei wird jedoch übersehen, dass die Bestimmung des § 212a Abs. 5 BAO in diesem Verfahren nicht zur Anwendung kommt. § 212a Abs. 5 BAO legt fest, wann bzw. unter welchen Voraussetzungen der Ablauf einer zuvor bewilligten Aussetzung der Einhebung (vgl. § 212a Abs. 1 BAO) zu verfügen ist. Gegenständlich wurde zunächst im Rahmen der materiellrechtliche Beschwerdeentscheidung der Ablauf der Aussetzung der Einhebung verfügt (Bescheid vom ). In der Folge wurde neuerlich die Aussetzung der Einhebung beantragt (Antrag vom ), welche unter Bezug auf § 212a Abs. 1 BAO nicht bewilligt wurde (Zurückweisungsbescheid vom ). Die im gegenständlichen Verfahren relevante Beschwerde vom richtet sich gegen die Nichtgewährung der Aussetzung der Einhebung und nicht gegen eine Verfügung des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung. Die Aussetzung der Einhebung wurde vom Finanzamt nicht bewilligt, weil über die Beschwerde betreffend Kapitalertragsteuer und Säumniszuschlag mit Erkenntnis vom , RV/5101260/2015, bereits rechtskräftig entschieden worden war. Das bedeutet, dass die in § 212a Abs. 1 BAO normierte Voraussetzung für die Aussetzung der Einhebung, nämlich eine Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, im Zeitpunkt der Antragstellung am nicht vorlag und das Finanzamt daher zu Recht die Aussetzung der Einhebung nicht bewilligte. Gegen den Bescheid vom , mit dem der Ablauf der Aussetzung der Einhebung verfügt wurde, wurde kein Rechtsmittel ergriffen.
Abgesehen davon, dass die Verfassungswidrigkeit des § 212a Abs. 1 BAO im Beschwerdeverfahren gar nicht behauptet wurde, ist diese insofern auch nicht gegeben, als der erforderliche Rechtsschutz für den Beschwerdeführer grundsätzlich aus folgenden Gründen gesichert ist:
Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes kann Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder Revision beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht werden. Diesen außerordentlichen Rechtsmitteln kommt keine aufschiebende Wirkung zu.,§ 30 Abs. 2 VwGG lautet: "Bis zur Vorlage der Revision hat das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf nur dann einer Begründung, wenn durch sie Interessen anderer Parteien berührt werden. Wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben, ist von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei neu zu entscheiden."
§ 85 Abs. 2 VfGG lautet: "Der Verfassungsgerichtshof hat der Beschwerde auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf nur dann einer Begründung, wenn durch sie Interessen anderer Parteien berührt werden. Wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Beschwerde maßgebend waren, wesentlich geändert haben, ist von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei neu zu entscheiden."
Gemäß § 30a Abs. 3 VwGG hat das Verwaltungsgericht über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung unverzüglich mit Beschluss zu entscheiden. Diese Bestimmung ist nicht anzuwenden, wenn das Verwaltungsgericht in seinem Erkenntnis oder Beschluss ausgesprochen hat, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist (§ 30a Abs. 7 VwGG).
Aus den in Art. 133 Abs. 4 B-VG umschriebenen Revisionsgründen ergibt sich, dass mit dem Revisionsmodell im Verfahren vor dem VwGH nicht mehr primär auf Sicherung von Einzelfallgerechtigkeit, sondern auf die Schaffung objektiver Rechtsrichtigkeit und Rechtssicherheit abgezielt wird (vgl. dazu Helmreich in Holoubek/Lang [Hrsg.], Das Verfahren vor dem VwGH [2015] 195f). Unter diesen Aspekten wäre es nicht nachvollziehbar, einer im Abgabenverfahren auf Grundlage des § 212a BAO zuerkannten Aussetzung der Einhebung über das Ergehen einer abschließenden Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes hinaus generell Gültigkeit zu verschaffen, wenn dieses zunächst einen Ausspruch über die Zulässigkeit des Revision (§ 25a Abs. 1 VwGG) zu treffen hat und über deren tatsächliche Zulässigkeit letztlich der VwGH befindet. Demzufolge sind auch die Voraussetzungen für den vorläufigen Rechtsschutz in einem Revisionsverfahren unter Berücksichtigung der diesbezüglichen verwaltungs- bzw. höchstgerichtlichen Verfügungen zu beurteilen, weshalb dies nach Maßgabe der oben dargestellten gesetzlichen Bestimmungen dem Bundesfinanzgericht bzw. letztlich den Höchstgerichten obliegt.
Aufgrund des dargestellten Systems hinsichtlich der Zuerkennung aufschiebender Wirkung in höchstgerichtlichen Verfahren besteht für eine Abgabenbehörde keine Notwendigkeit, für eine Abgabe nach rechtskräftiger Beendigung eine Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a Abs. 1 BAO zu verfügen.
Das Bundesfinanzgericht hat aus den dargestellten Gründen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Anwendung des in diesem Verfahren anzuwendenden § 212a Abs. 1 BAO und damit keine Veranlassung, einen entsprechenden Antrag an den Verfassungsgerichtshof im Sinne des Art. 89 iVm Art. 135 Abs. 4 B-VG zu stellen. Seitens des Beschwerdeführers wurden keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 212a Abs. 1 BAO vorgebracht.
Im Rechtssatz zum Erkenntnis vom , 98/13/0044, führte der Verwaltungsgerichtshof Folgendes aus: "Die unter den besonderen Tatbestandsvoraussetzungen des § 212a BAO (vgl insb Abs 2) vom Gesetz ermöglichte Aussetzung der Einhebung erstreckt sich nach dem keine andere Deutung zulassenden Wortlaut des § 212a Abs 5 BAO ausschließlich auf das Verwaltungsverfahren. Dieses endet spätestens mit dem Ergehen der Berufungsentscheidung auch dann, wenn diese Berufungsentscheidung in der Folge vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes angefochten wird. Eine solche Anfechtung hat nämlich auf die Rechtskraft der angefochtenen Entscheidung keinen Einfluss; die Voraussetzungen der Erwirkung eines Vollzugsaufschubes auf Grund einer an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes gerichteten Beschwerde richten sich ausschließlich nach den Gesetzen, die das Verfahren vor diesen Gerichtshöfen regeln (§ 85 Abs 2 VerfGG und § 30 Abs 2 VwGG)."
Vor diesem rechtlichen Hintergrund (§ 85 Abs. 2 VerfGG und § 30 Abs. 2 VwGG bewirken, dass das Gericht in Zusammenhang mit § 212a BAO keine verfassungsrechtlichen Bedenken hegt) war der beschwerdegegenständliche Antrag auf Aussetzung der Einhebung vom von der belangten Behörde aufgrund der zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits erledigten Bescheidbeschwerde (somit mangels Abhängigkeit der Einhebung der Abgaben von der Erledigung einer Beschwerde) zu Recht zurückgewiesen worden, weshalb die gegenständliche Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Hinsichtlich der Anwendung der einfachgesetzlichen Bestimmung des § 212a Abs. 1 BAO folgt die gegenständliche Entscheidung der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung. Die Revision ist somit gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Linz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 262 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 262 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 212a Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 212a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.5100610.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at