Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.02.2022, RV/7101949/2021

Ertragsteuerliche Behandlung erstatteter - im Zusammenhang mit nicht der inländischen Besteuerung unterliegender Einkünfte stehender - Sozialversicherungsbeiträge

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7101949/2021-RS1
Bei rückerstatteten Sozialversicherungsbeiträgen (Dienstnehmeranteilen) ist eine Prüfung des Veranlassungszusammenhanges mit den erzielten Einkünften unabdingbar, mit dem Ergebnis, dass exklusiv in Zusammenhang mit ausländischen, sprich ex DBA nicht der inländischen Besteuerung unterliegenden Einkünften stehende Beiträge nur bei der Festsetzung der Einkommensteuer für das übrige Einkommen des Bf. (Progressionsvorbehalt) heranzuziehen sind ().

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterRi in der Beschwerdesache ***1***, vertreten durch ***2***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2019 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Einkommensteuer für das Jahr 2019 wird in Höhe von 18,00 EUR festgesetzt.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Zunächst gelangte im Zuge der Veranlagung zur Einkommensteuer für das Jahr 2019 des Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sowie solche aus Vermietung und Verpachtung erzielenden Bf. ein aus einem Lohnzettel der ***3*** stammender Betrag von 4.315,22 Euro zum Ansatz, respektive wurde nämlich Abgabe im Ausmaß von 2.355,00 Euro festgesetzt.

Gegen den mit datierten Einkommensteuerbescheid 2019 wurde mit Schriftsatz vom eine Beschwerde nachstehenden Inhalts erhoben:

"Namens und Auftrag unseren Mandanten erheben wir das Rechtsmittel der

BESCHWERDE

gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 und gegen den Vorauszahlungsbescheid 2021, beide mit Ausfertigungsdatum , beide zugestellt am .

ad Einkommensteuerbescheid 2019:

Der Bescheid wird in dem Punkt angefochten, dass rückgezahlte Sozialversicherungsbeiträge im Zusammenhang mit ausländischen Einkünften, für die Österreich nach dem DBA CSSR, das in diesem Fall anzuwenden ist, nicht das Besteuerungsrecht zukommt, als inländische Einkünfte behandelt wurden. Der angefochtene Bescheid ist daher inhaltlich rechtswidrig.

Wir begründen die Beschwerde wie folgt:

Die im Lohnzettel L5 der ***4*** angeführten Bezüge betreffen die Rückerstattung des Dienstnehmeranteils in Zusammenhang mit den Einkünften des von uns vertretenen Steuerpflichtigen aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der ***5*** in der Slowakei. Das Besteuerungsrecht für diese Einkünfte hat gemäß Art 15 Abs. 1 DBA CSSR, das in diesem Fall anzuwenden ist, die Slowakei; gemäß Art 23 Abs. 2 DBA CSSR sind diese Einkünfte unter Progressionsvorbehalt von der österreichischen Besteuerung befreit. Der entsprechende Dienstnehmeranteil hat im Jahr 2018 nur die Progressionseinkünfte gemindert, nicht jedoch das im Jahr 2018 versteuerte Einkommen. Dieser Lohnzettel ist daher in die Veranlagung des Jahres 2019 nicht einzubeziehen. Auch gemäß dem Erkenntnis des erhöhen die rückerstatteten Sozialversicherungsbeiträge nicht den Gesamtbetrag der zu versteuernden Einkünfte, sondern sind im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen, wenn diese in Zusammenhang mit Auslandseinkünften stehen, für die Österreich kein Besteuerungsrecht zusteht.

Wir erlauben uns darauf hinzuweisen, dass die rückerstatteten Sozialversicherungsbeiträge in den Progressionseinkünften von € 19.061,51 enthalten sind:

Einnahmen 16.700,00 €

Dienstnehmeranteil zur gesetzlichen Sozialversicherung - 2.672,91 €

Rückerstattung von Beiträgen bei mehrfacher Pflichtversicherung gemäß LZ L 5 5.034,42 €

Gesamt 19.061,51 €

Im angefochtenen Bescheid sind die rückgezahlten Sozialversicherungsbeiträge im Zusammenhang mit den slowakischen Einkünften des von uns vertretenen Steuerpflichtigen daher sowohl im steuerpflichtigen Einkommen als auch in den Progressionseinünften angesetzt.

Wir stellen daher den Antrag auf Festsetzung der Einkommensteuer 2019, ohne die rückgezahlten Sozialversicherungsbeiträge im Zusammenhang mit den slowakischen Einkünften als inländische Einkünfte zu behandeln."

In der Folge erließ die Abgabenbehörde am eine Beschwerdevorentscheidung (BVE) nachstehenden Inhaltes:

Ihre Beschwerde v. , eingebracht per , wird hinsichtlich des hervorgebrachten Beschwerdebegehrens abgewiesen.

Die ausländischen Einkünfte mit Progressionsvorbehalt wurden allerdings um den Betrag i.H.v. 5.034,42 minimiert. Auf die weitere gesonderte Bescheidbegründung wird verwiesen.

Die Erledigung weicht von Ihrem Begehren aus folgenden Gründen ab:

Gegen das BFG-Erkenntnis v. , RV/7103519/2019, ist derzeit beim VwGH eine Revision unter der Zahl Ra 2020/13/0111 anhängig. Nach Ansicht der Finanzverwaltung sind Sozialversicherungsbeiträge in Österreich steuerpflichtig: Wenn die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge an einen österreichischen Sozialversicherungsträger erfolgte, um allfällige Leistungen aus der Sozialversicherung in Österreich zu erhalten, kann auch die Rückzahlung von Beiträgen vom österreichischen Sozialversicherungsträger nur als Geldleistung mit ausschließlich inländischem Bezug angesehen werden. Bereits aus diesem Gesichtspunkt ergibt sich die Konsequenz, dass die rückgezahlten Sozialversicherungsbeiträge gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit. d EStG 1988 im vollen Umfang im Inland zu versteuern sind.

Haben Werbungskosten die Steuerprogression gemildert oder waren sie zumindest für eine Progressionsmilderung geeignet, muss ebenfalls die spätere Rückerstattung dieser Werbungskosten zur Gänze steuerpflichtig sein."

Am langte bei der Abgabenbehörde ein Vorlageantrag nachstehenden Inhalts ein:

Namens des von uns vertretenen Steuerpflichtigen stellen wir hiemit gegen die Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer 2019 vom , zugestelit am , mit gesonderter Begründung vom , zugestellt am , den Antrag, dass über die Bescheidbeschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 vom das Verwaltungsgericht entscheidet.

Entgegen der in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung vertretenen Rechtsansicht, dass die Rückzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen einen ausschließlich inländischen Bezug hätte, wurden die ursprünglich entrichteten Sozialversicherungsbeiträge auf Grund gesetzlicher Verpflichtung auf Grund eines Dienstverhältnisses im Ausland geleistet. Das Besteuerungsrecht für die Einkünfte aus diesem Dienstverhältnis ist auf Grund eines DBA Österreich nicht zugestanden.

Die Rückzahlung von Werbungskosten, die in Österreich die Steuerbemessungsgrundlage nicht gemindert haben, sondern nur im Wege der Minderung der Steuerprogression wirksam waren, kann daher nur im Wege der Erhöhung der Steuerprogression berücksichtigt werden. Die in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung vertretene Rechtsansicht, dass die Rückerstattung von Werbungskosten, die die Steuerprogression gemildert haben oder zumindest für eine Progressionsmilderung geeignet waren, zur Gänze steuerpflichtig wäre, ist logisch nicht konsistent.

Die volle Besteuerung der Rückerstattung derartiger Werbungskosten widerspricht dem Leistungsfähigkeitsprinzip und ist daher gleichheitswidrig.

Wir stellen daher wie schon in der Beschwerde vom den Antrag auf Festsetzung der Einkommensteuer 2019, ohne die rückgezahlten Sozialversicherungsbeiträge im Zusammenhang mit den slowakischen Einkünften als inländische Einkünfte zu behandeln."

Mit wurde die Entscheidung - ob Sachverhaltsidentität - gemäß § 271 Abs. 1 BAO bis zur Beendigung des beim Verwaltungsgerichtshof unter Ra 2020/13/0111 anhängigen Verfahrens ausgesetzt.
Der in vorgenanntem Verfahren erhobenen außerordentlichen Revision des Finanzamtes auf Erfassung rückgezahlter Sozialversicherungsbeiträge als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit. d EStG 1988 hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Ra 2020/13/0111 eine Absage erteilt und in den entscheidungsrelevanten Gründen nachstehendes ausgeführt:

"12 Einnahmen liegen gemäß § 15 Abs. 1 erster Satz EStG 1988 vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen u. a. der Einkunftsart des § 2 Abs. 3 Z 4 EStG 1988 (Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit) zufließen. Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ergeben sich nach § 2 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 15 und 16 EStG 1988).

13 Zu den Einnahmen gehört auch die Rückerstattung von Werbungskosten. Werden diese dem Steuerpflichtigen in einem späteren Jahr erstattet, so fließen ihm - grundsätzlich im Rahmen der jeweiligen Einkunftsart - Einnahmen im Sinne des § 15 EStG 1988 zu, die bei der Ermittlung der Einkünfte zu berücksichtigen sind. Dem entspricht für den umgekehrten Fall die

Bestimmung des § 16 Abs. 2 EStG 1988, wonach zu den Werbungskosten grundsätzlich auch die Erstattung (Rückzahlung) von Einnahmen zählt (vgl. , VwSlg. 8766/F; , 89/14/0178, ÖStZB 1991, 303, jeweils mwN). Durch die Rückerstattung werden die ursprünglich in zu geringer Höhe ausbezahlten Entgelte "ergänzt".

14 Rückgezahlte Pflichtbeiträge, sofern diese ganz oder teilweise auf Grund des Vorliegens von Einkünften im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 einbehalten oder zurückgezahlt wurden, werden nach § 25 Abs. 1 Z 3 lit. d EStG 1988 grundsätzlich den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ("Arbeitslohn") zugeordnet. Nach den parlamentarischen Materialien zum Abgabenänderungsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 28/1999, sollten mit Einfügung des § 25 Abs. 1 Z 3 lit. d EStG 1988 (iVm dem besonderen Lohnsteuerabzug nach § 69 Abs. 5 EStG 1988 und dem zusätzlichen Pflichtveranlagungstatbestand in § 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988) bei der steuerlichen Erfassung der rückgezahlten Pflichtbeiträge - als rückgängig gemachte Werbungskosten - administrative Erleichterungen geschaffen werden (ErlRV 1471 BlgNR 20. GP 20; vgl. ).

15 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schafft die Bestimmung des § 25 Abs. 1 Z 3 lit. d EStG 1988 nur eine Fiktion in Bezug auf die Zuordnung rückgezahlter Pflichtbeiträge zu den nichtselbständigen Einkünften auf der Einnahmenseite. Diese Fiktion vermag allerdings den Veranlassungszusammenhang mit einer bestimmten Einkunftsquelle (einerbestimmten Art von Einkünften) nicht zu durchtrennen. Daher bewirkt - auf der Ausgabenseite - die Rückzahlung der Pflichtbeiträge keine nachträgliche Umqualifizierung ihrer ursprünglichen Einstufung als Werbungskosten oder Betriebsausgaben im Zeitpunkt der Bezahlung (vgl. , VwSlg. 8844/F). Umgekehrt - auf der Einnahmenseite - sind die rückgezahlten Pflichtbeiträge, unabhängig von ihrer Einstufung als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, steuerlich jener Einkunftsquelle zuzuordnen, bei der sie ursprünglich angefallen sind. Daraus ergibt sich beispielsweise, dass Pflichtbeiträge im Zusammenhang mit steuerbefreiten Einkünften bei Rückzahlung ebenso als steuerfrei zu behandeln sind (vgl. , VwSlg. 8766/F, zu rückerstatteten Sozialversicherungsbeiträgen im Zusammenhang mit gemäß § 3 Abs. 1 Z 11 EStG 1988 steuerfreien Auslandseinkünften).

16 Nach den unstrittigen Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes waren im vorliegenden Revisionsfall die Sozialversicherungsbeiträge im Jahr ihrer Einbehaltung durch die ausländischen Einkünfte des Mitbeteiligten veranlasst. Da für diese Einkünfte der Republik Österreich aufgrund des anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommens kein Besteuerungsrecht zustand, wurden sie lediglich bei der Festsetzung der Einkommensteuer für das übrige Einkommen des Mitbeteiligen (Progressionsvorbehalt) herangezogen."

Mit Eingabe vom wurde das Rechtsmittel des Bf. seitens der steuerlichen Vertretung wie folgt ergänzt:

"Herr ***7*** hat im Jahr 2018 Einkünfte aus zwei sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnissen bezogen. Ein Dienstverhältnis hat mit der ***6*** GmbH bestanden, mit dem Entgelt aus diesem Dienstverhältnis hat er die Höchstbeitragsrundlage des § 45 ASVG überschritten. Das zweite Dienstverhältnis hat mit der ***8*** bestanden. Für dieses Dienstverhältnis war gemäß Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004 Österreich zuständig und hat somit ASVG-Pflicht bestanden. Es sind somit ASVG- Beiträge aufgrund des slowakischen Dienstverhältnisses angefallen. Gemäß §§ 70 ASVG, 70a ASVG und 45 AlVG besteht bei Überschreiten der Höchstbeitragsgrundlage die Möglichkeit, die Erstattung der Dienstnehmerbeiträge, soweit sie auf den Überschreitungsbetrag anfallen. Herr ***7*** hat diesen Antrag am für das Kalenderjahr 2017 und die folgenden Beitragsjahre gestellt (siehe Beilage 1).

Das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus dem slowakischen Dienstverhältnis hat gemäß Art. 15 Abs. 1 DBA CSSR die Slowakei, gemäß Art. 23 Abs. 2 DBA CSSR sind diese Einkünfte unter Progressionsvorbehalt von der österreichischen Besteuerung befreit.

Mit der österreichischen Einkommensteuererklärung 2018 wurden die Einnahmen aus dem slowakischen Dienstverhältnis in Höhe von € 27,361,00 als dem Progressionsvorbehalt unterliegende Einkünfte erklärt, weiters wurden die ASVG- Beiträge in Zusammenhang mit diesem Dienstverhältnis als die Progressionseinkünfte mindernde Werbungskosten in Höhe von € 4.957,81 (Geschätzt mit 18,12 % der ASVG-pflichtigen Einnahmen von € 27.361,00, siehe Beilage 3) sowie die Beitragsrückerstattung für das Jahr 2017 in Höhe von € 5.006,61 als progressionserhöhende Einnahmen angesetzt.

Gemäß dem Erkenntnis des VwGH Ra 2020/13/0111, vom gilt, dass bei der Rückzahlung von Pflichtbeiträgen der Veranlassungszusammenhang mit einer bestimmten Einkunftsquelle (einer bestimmten Art von Einkünften) zu beachten ist." … sind die rückgezahlten Pflichtbeiträge unabhängig von ihrer Einstufung als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit steuerlich jener Einkunftsquelle zuzuordnen, bei der sie ursprünglich angefallen sind. Daraus ergibt sich beispielsweise, das Pflichtbeiträge in Zusammenhang mit steuerbefreiten Einkünften bei Rückzahlung ebenso als steuerfrei zu behandeln sind."

Die Sozialversicherungsbeiträge in Zusammenhang mit dem slowakischen Dienstverhältnis sind daher diesem zuzuordnen. Wie oben dargestellt haben diese im Jahr 2018 auch nur die Progressionseinkünfte mindernde Werbungskosten dargestellt. Aus dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich somit, dass die Rückzahlung dieser Pflichtbeiträge als steuerfrei (mit Progressionsvorbehalt) zu behandeln sind."

Mit Telefax vom zog die steuerliche Vertretung des Bf. den im Beschwerdeschriftsatz gestellten Antrag auf Behandlung des Rechtsmittels durch den Senat sowie auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Festgestellter Sachverhalt und Streitgegenstand

Das BFG legt dem Erkenntnis nachstehenden aus der Aktenlage sowie dem Parteienvorberingen resultierenden Sachverhalt zu Grunde:

Der Bf. fungierte im streitgegenständlichen Jahr neben seiner nichtselbständigen Tätigkeit für ein österreichisches Unternehmen auch als Geschäftsführer für ein in der Slowakei domiziliertes Unternehmen. In Ansehung europarechtlicher als auch innerstattlicher Sozialversicherungsnormen wurden dem Bf. für das Jahr 2018 auch auf diese, unstrittiger Maßen nicht unter das Besteuerungsrecht Österreichs fallenden Einkünfte - in Folge via in den Folgejahren teilweise erstattungsfähiger - Sozialversicherungsbeiträge vorgeschrieben, respektive haben diese im Zuge der im Jahr 2019 erfolgten Erstattung im Ausmaß von 5.034,42 € unter der KZ 210 Eingang in einen von der ***3*** ausgestellten Lohnzettel gefunden.

Vor diesem Hintergrund besteht nun zwischen den Parteien Streit darüber, ob nämlicher Betrag als inländische Einkünfte gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 zu erfassen ist (Standpunkt des Finanzamtes), oder ob dieser - als die "ausländischen" Einkünfte erhöhend - lediglich im Rahmen des Progressionsvorbehaltes Berücksichtigung zu finden hat (Standpunkt des Bf.).

2. Rechtliche Würdigung

2.1. Rechtgrundlagen

2.2.1. Unionsrecht

Art. 13 der VO (EG) Nr. 883/2004 lautet:

(1) Eine Person, die gewöhnlich in zwei oder mehr Mitgliedstaaten eine Beschäftigung ausübt, unterliegt

a) den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats, wenn sie dort einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt oder wenn sie bei mehreren Unternehmen oder Arbeitgebern beschäftigt ist, die ihren Sitz oder Wohnsitz in verschiedenen Mitgliedstaaten haben, oder

b) den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem das Unternehmen oder der Arbeitgeber, das bzw. der sie beschäftigt, seinen Sitz oder Wohnsitz hat, sofern sie keinen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeiten in dem Wohnmitgliedstaat ausübt.

(2) Eine Person, die gewöhnlich in zwei oder mehr Mitgliedstaaten eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt

a) den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats, wenn sie dort einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt, oder

b) den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sich der Mittelpunkt ihrer Tätigkeiten befindet, wenn sie nicht in einem der Mitgliedstaaten wohnt, in denen sie einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt.

(3) Eine Person, die gewöhnlich in verschiedenen Mitgliedstaaten eine Beschäftigung und

eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sie eine Beschäftigung ausübt, oder, wenn sie eine solche Beschäftigung in zwei oder mehr Mitgliedstaaten ausübt, den nach Absatz 1 bestimmten Rechtsvorschriften.

(4) Eine Person, die in einem Mitgliedstaat als Beamter beschäftigt ist und die eine Beschäftigung und/oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, dem die sie beschäftigende Verwaltungseinheit angehört.

(5) Die in den Absätzen 1 bis 4 genannten Personen werden für die Zwecke der nach diesen Bestimmungen ermittelten Rechtsvorschriften so behandelt, als ob sie ihre gesamte Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit in dem betreffenden Mitgliedstaat ausüben und dort ihre gesamten Einkünfte erzielen würden.

2.1.2. Innerstaatliches (Sozialversicherungs-)Recht

Die §§ 70 und 70a ASVG lauten auszugsweise:

(1) Überschreitet in einem Kalenderjahr

1. bei einer die Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz begründenden Beschäftigung oder

2. bei gleichzeitiger Ausübung mehrerer die Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz begründenden Beschäftigungen die Summe aller Beitragsgrundlagen der Pflichtversicherung - einschließlich der Sonderzahlungen - die Summe der monatlichen Höchstbeitragsgrundlagen für die im Kalenderjahr liegenden Beitragsmonate der Pflichtversicherung auf Grund einer Erwerbstätigkeit, wobei sich deckende Beitragsmonate nur einmal zu zählen sind, so hat die versicherte Person Anspruch auf Beitragserstattung nach Abs. 2. Gleiches gilt für die Erstattung von Beiträgen bei gleichzeitigem Vorliegen einer oder mehrerer Pflichtversicherungen nach dem GSVG oder BSVG, wenn ausschließlich Beiträge nach dem ASVG entrichtet wurden. Monatliche Höchstbeitragsgrundlage ist der 35fache Betrag der Höchstbeitragsgrundlage nach § 45 Abs. 1.

2.2. Rechtliche Beurteilung

In Ansehung der Sachverhaltsdarstellung laut Punkt 1 und der in Punkt 2.1. angeführten Rechtsvorschriften ist eingangs festzuhalten, dass nach dem Dafürhalten des Verwaltungsgerichtes ob des Vorliegens zweier Dienstverhältnisse weder an der Mehrfachvorschreibung von Sozialversicherungsbeiträgen durch die Republik Österreich, nach an der Erstattungsfähigkeit derselben Zweifel obwalten.

Betreffend die ertragsteuerlichen Behandlung der Erstattungsbeträge gelangte das BFG in Anbetracht der Ausführungen in dem zu nämlicher Sachverhaltskonstellation ergangenen - an ober Stelle explizit dargelegten - Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2020/13/0111, zur Überzeugung, dass sowohl die vom Bf. erfolgte "Erhöhung" der ausländischen Einkünfte um den Betrag von 5.034,42 € rechtens erfolgt ist, als auch korrespondierend damit dem Antrag auf Außerachtlassung nämlichen, rein in Zusammenhang mit den, nicht dem Besteuerungsrecht Österreichs unterfallenden Einkünften fallenden Betrages bei den "inländischen" Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Berechtigung zukommt.

Demzufolge war seitens des BFG - wie es unter Punkt 3 näher auszuführen gilt -, im Rahmen der Festsetzung der Einkommensteuer 2019 dieser Betrag, bzw. exakter ausgerückt der von der Abgabenbehörde zum Ansatz gebrachte Betrag von 4.315,22 € (KZ 245 des LZ) vom Einkommen laut angefochtenem Bescheid in Abzug zu bringen.

3. Neuberechnung der Einkommensteuer 2019

Einkommen laut Bescheid 225.061,68

Abzüglich KZ 245 ***3*** - 4.315,22

Einkommen laut BFG 220.746,46

Ausländische Einkünfte 19.061,51

Bemessungsgrundlage für den Durchschnittssteuersatz 239.807,97

0% für die ersten 11.000 0,00

25% für die weiteren 7.000 1.750,00

35% für die weiteren 13.000 4.550,00

42% für die weiteren 29.000 12.180,00

48% für die weiteren 30.000 14.400,00

50% für die restlichen 149.807,97 74.903,99

Durchschnittssteuersatz (107.783,98/239.807,95 x 100) 44,95%

Durchschnittsteuersatz 44,95% von 220.746,46 99.225,53

Abzüglich Verkehrsabsetzbetrag - 400,00

Steuer nach Abzug der Absetzbeträge 98.825,53

Steuer sonstige Bezüge Basis laut BFG: 36.658,19 abzüglich 719,20 (LZ ***3***) = 35.938,99

0% für die ersten 620,00 0,00

6% für die nächsten 24.380,00 1.462,80

27% für die restlichen 10.938,99 2.953,53

Einkommensteuer 103.241,86

Anrechenbare Lohnsteuer 103.223,37

Rundung gemäß § 39 Abs. 3 EStG 1988 0,49

Festgesetzte Einkommensteuer laut BFG18,00

Zusammenfassend war wie im Spruch zu befinden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt nicht vor da das BFG im Erkenntnis der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2020/13/0111 folgt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 13 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 15 Abs. 1 DBA SK (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Slowakische Republik (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 34/1979
Art. 23 Abs. 2 DBA SK (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Slowakische Republik (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 34/1979
§ 70 ASVG, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955
§ 70a ASVG, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955
§ 25 Abs. 1 Z 3 lit. d EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7101949.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at