zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.02.2022, RV/2100777/2021

Beantragte Kosten für "doppelte Haushaltsführung" und "Familienheimfahrten" - hier keine Werbungskosten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache
Bf., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes FA vom betreffend Einkommensteuer 2017, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Laut Pachtvertrag vom verpachtete die Mutter des Beschwerdeführers (Bf.) ab ihren land- und forstwirtschaftlichen Betrieb (41,2293 ha) an den Sohn (= Bf.) auf bestimmte Zeit (bis ) um einen Pachtzins in Höhe von 20 Euro jährlich. Gemäß § 8 des Pachtvertrages ist "der Verpächter oder dessen Vertreter […] befugt, die Pachtliegenschaft, Wohnräume nur in Begleitung des Pächters zu besichtigen".

Laut Übergabsvertrag vom übergab die Mutter per den verpachteten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb an den Sohn (= Bf.). Der Bf. räumt seiner Mutter als Gegenleistung für die gegenständliche Übergabe ua. das Wohnungsrecht "an dem im ersten Stock (über der Stube) des Hauses Fx (Fx) gelegenen Schlafzimmer samt dem Recht der Mitbenützung der Küche und sonstigen Nebenräumlichkeiten (Speisekammer, WC, Bad, Keller und Dachboden) ein", und die Mutter ist ua. berechtigt, "alle übergebenen Grundstücke und Gebäude zu betreten, im übergebenen Haus stets frei und ungehindert ein- und auszugehen und in den von ihr bewohnten Räumen auch Besuche zu empfangen und diese gegebenenfalls und nach Möglichkeit zu beherbergen" (vgl. Punkt 6).

Aus den Meldezetteldaten geht hervor, dass sich der Hauptwohnsitz der Mutter des Bf. seit dem Jahr 1982 in Fx/2 (Fx/2) befindet und der Bf. dort seit jeher seinen Hauptwohnsitz hat. Der Bf. war im verfahrensgegenständlichen Zeitraum weiters bis in Wien1, (Wien1) und ab in Wien2, (Wien2) gemeldet (Nebenwohnsitze).

In der Einkommensteuererklärung 2017 wurden Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 0,00 Euro und Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 4.624,55 Euro erklärt. Im Zusammenhang mit den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (zwei Lohnzettel; demnach steuerpflichtige Einkünfte insgesamt: 18.412,17 Euro) machte der Bf. Kosten für Familienheimfahrten in Höhe von 2.754,00 Euro und Kosten für doppelte Haushaltsführung in Höhe von 9.558,58 Euro als Werbungskosten geltend.

In einem Vorhalt vom stellte die belangte Behörde dem Bf. folgende Fragen:

"- Verwenden Sie für die Fahrten zwischen "Arbeitsort" und "Familienwohnsitz" das eigene KFZ (Bekanntgabe der Anzahl der Fahrten im Kalenderjahr und Kopie des Zulassungsscheins)?
- Bei der Mitbeförderung von anderen Personen: Name der Mitbeförderten und Höhe der dafür erhaltenen Beträge
- Bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmittel oder sonstige Mitfahrgelegenheit: Anzahl der Fahrten und Nachweis der entstandenen Kosten?
- Anschrift des Familienwohnsitzes und Angabe der km-Entfernung/einfache Strecke zur Wohnmöglichkeit am Beschäftigungsort
- Haben Sie am Beschäftigungsort eine Schlafstelle/Wohnmöglichkeit/Wohnung und wie groß ist diese (Quadratmeter)?
- sonstige Wohnmöglichkeit: Adresse und Anzahl der Quadratmeter?
- Haben Sie eine unentgeltliche Schlafmöglichkeit vom Arbeitgeber (Bekanntgabe der Adresse)?
- Wie oft wurden die Heimfahrten vom Arbeitgeber steuerfrei vergütet und wie hoch sind die dafür erhaltenen Ersätze (Bestätigung des Arbeitgebers erforderlich)?
Um Nachweis der beantragten Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten wird höflich gebeten.
"

Laut Vorhaltsbeantwortung vom bewohnt der Bf. seit eine Mietwohnung in Wien2 ("doppelte Haushaltsführung ab ") und setzen sich die erklärten Kosten für doppelte Haushaltsführung im Wesentlichen aus der Wohnungsmiete (9 Monate), den Betriebskosten und der Abschreibung (AfA, GWG) betreffend Einrichtungsgegenstände, Haushaltsgeräte und Küchengegenstände zusammen. Die Familienheimfahrten seien wöchentlich (dh insgesamt 39x) erfolgt.

Im Einkommensteuerbescheid 2017 vom wurden die beantragten Werbungskosten nicht anerkannt; dies mit folgender Begründung:

"Da es sich bei dem Wohnsitz am Arbeitsort um die erstmalige Hausstandsgründung (zB bisher im Haushalt der Eltern wohnhaft) oder um eine Wohnsitzverlegung (zB wenn die Wohnung am Arbeitsort größer ist als die Wohnung am "Familienwohnsitz"), (…) liegen die Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung nicht vor. Da in gegenständlichem Fall von einer erstmaligen Hausstandsgründung bzw. Wohnsitzverlegung auszugehen ist, konnten die beantragten Aufwendungen aus den o.a. Gründen nicht gewährt werden".

Dagegen richtet sich die Beschwerde vom , welche im Wesentlichen begründet wurde wie folgt:

"(…) ist gegenzuhalten, dass unser Mandant am den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb in [Fx] gepachtet hat. Als Betriebsführer ist er nicht im Haushalt der Eltern (bzw. seiner Mutter - da sein Vater bereits verstorben ist) wohnhaft. Er verfügt am Betriebsstandort über einen eigenen Haushalt mit der Anschrift [Fx/2]. Dadurch wäre auch an Hand der Anschrift ein von seiner Mutter unterschiedlicher Haushalt und somit eine unterschiedliche Haushaltsführung erkennbar. Unser Mandant hat am land- und forstwirtschaftlichen Betriebssitz seinen Hauptwohnsitz beibehalten. Es ist auch festzustellen, dass die Wohnung am Hauptwohnsitz in F [F] wesentlich größer ist als die Wohnung in Wien [W] am Nebenwohnsitz. RZ 345 LStR führt auch aus, dass dann, wenn am Familienwohnsitz eine eigene - wenn auch kleine und nur der eigenen Selbstversorgung dienende - Landwirtschaft bewirtschaftet [wird] (…), eine Übersiedelung unzumutbar sei. Weiters ist anzuführen, dass unser Mandant als nichtselbständig Tätiger nicht vollbeschäftigt tätig ist, sondern im Jahr 2017 lediglich teilzeitbeschäftigt war. Wir stellen daher den Antrag, die Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten wie beantragt anzuerkennen und die Einkommensteuer 2017 wie seinerzeit eingereicht zu veranlagen".

Darüber sprach die belangte Behörde mit abweisender Beschwerdevorentscheidung vom ab; dies mit folgender Begründung:

"Sachverhalt: Der Pflichtige beantragt in der Beschwerde vom für das Veranlagungsjahr 2017 die doppelte Haushaltsführung ab April sowie analog dazu die Familienheimfahrten. Die steuerliche Vertretung führt dazu in der Beschwerde aus, dass im gegenständlichen Fall nicht von einer erstmaligen Haushaltsgründung oder Wohnsitzverlegung, wie im Erstbescheid durch die Abgabenbehörde angeführt, auszugehen ist. Begründet wird dies dadurch, dass ein getrennter Haushalt von der Mutter unter eigener Anschrift vorliegt. Des Weiteren wird angeführt, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen in am Hauptwohnsitz in [Fx/2] ist.
Die Auskunft des zentralen Melderegisters ergab, dass der Pflichtige seit seiner Geburt bis dato in [Fx/2] seinen Hauptwohnsitz hat. Im Februar 2006 meldete er in [Wien1] einen Nebenwohnsitz im Zuge des Studiums an. Im April 2017 meldete er diesen Nebenwohnsitz ab und begründete einen neuen Nebenwohnsitz in [Wien2].
Laut ha vorliegenden Informationen hat der Pflichtige seit Jänner 2014 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit bei der
X [X] und Einkünfte aus selbstständiger Arbeit als freiberuflicher Vortragender für diese (…).
Seit Jänner 2015 liegt ein Pachtvertrag für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb (Eigentümerin Mutter (…)) in [Fx] vor. Es bestehen daher im Veranlagungsjahr in [W] Einkünfte aus nichtselbstständiger und selbständiger Arbeit und Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in [F].
Laut Auskunft des zentralen Melderegisters befindet sich der Hauptwohnsitz der Mutter (…) seit Februar 1982 bis dato ebenfalls unter der Adresse [Fx/2]. Nebenwohnsitze sind keine angemeldet.
Laut Übergabevertrag wurde die Land- und Forstwirtschaft mit dazugehörigem Hofgebäude mit von der Mutter (…) an den Pflichtigen übergeben. Zuvor bestand laut [der] steuerlichen Vertretung ab nur ein Pachtvertrag über den Land- und forstwirtschaftlichen Betrieb. Dem Übergabevertrag ist des Weiteren zu entnehmen, dass der Mutter ein Wohnrecht an dem im ersten Stock gelegenen Schlafzimmer samt dem Recht der Mitbenützung der Küche und sonstigen Nebenräumlichkeiten (Speisekammer, WC, Bad, Keller und Dachboden) eingeräumt wurde.

Rechtliche Grundlagen: Bei mehreren Wohnsitzen vereinigt jeweils einer die stärksten persönlichen Beziehungen auf sich; demnach gibt es nur einen Mittelpunkt der Lebensverhältnisse (). Zusammenfassend gesagt liegt der Mittelpunkt der Lebensinteressen dort, wo eine Person die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen unterhält. ( RV/4100308/2013).
Der Steuerpflichtige hat einen eigenen Hausstand, wenn er eine Wohnung besitzt, deren Einrichtung seinen Lebensbedürfnissen entspricht. Ein eigener Hausstand liegt jedenfalls nicht vor, wenn der Steuerpflichtige Räumlichkeiten innerhalb eines Wohnverbandes einer oder mehrerer Personen, die nicht (Ehe)Partner sind oder mit denen keine Lebensgemeinschaft besteht, mitbewohnt.
Von einem "eigenen Haushalt" kann grundsätzlich nur dann gesprochen werden, wenn dieser aus eigenem Recht (zB Eigentum des Wohnobjektes, eigener Mietvertrag) genutzt sowie selbstbestimmend geführt wird und wenn die Kosten des Haushaltes (eigene Betriebskosten, eigener Hausrat) überwiegend vom Stpfl. getragen werden (vgl.
RV/0122-L/09).
Grundsätzlich ist für die Absetzbarkeit von Kosten der DHHF das Vorliegen eines doppelten Aufwands (Aufwand am Familienwohnsitz und am Wohnsitz in der Nähe der Arbeitsstätte) in Form eines eigenen Haushalts erforderlich.
Voraussetzung für den Abzug von Kosten eines zweiten Haushalts am Berufsort ist das Vorliegen eines Mehraufwands. Ist die Beibehaltung der Wohnmöglichkeit an einem auswärtigen Ort für den Steuerpflichtigen mit keinerlei Kosten verbunden (Wohnmöglichkeit bei den Eltern), so kann von Mehrkosten nicht gesprochen werden (
87/13/0200).

Rechtliche Würdigung: Aus dem Übergabevertrag geht hervor, dass im Veranlagungsjahr 2017 der Wohnsitz [Fx/2] im Eigentum der Mutter war und lediglich eine Pachtung des land- und fortwirtschaftlichen Betriebes durch den Pflichtigen erfolgte.
Aus der Auskunft des zentralen Melderegisters ist ersichtlich, dass der Pflichtige seit seiner Geburt an der Adresse [Fx/2] mit Hauptwohnsitz gemeldet ist. Diese Adresse stellt ebenso den Hauptwohnsitz der Mutter dar.
Aus dem Übergabevertrag und dem darin eingeräumten Wohnrecht geht ebenso hervor, dass es sich bei dem Hofgebäude nicht um zwei separate Wohneinheiten handelt. Der Mutter wurde ein Wohnrecht an einem Schlafzimmer sowie die Mitbenutzung anderer Räumlichkeiten wie Küche, Badezimmer und WC vertraglich zugesichert.
Da der Steuerpflichtige im Veranlagungsjahr Räumlichkeiten innerhalb eines Wohnverbandes mit einer Person, die nicht (Ehe)Partner ist oder mit der keine Lebensgemeinschaft besteht, mitbewohnt, liegt jedenfalls kein eigener Hausstand vor.
Die Voraussetzungen für die doppelte Haushaltsführung und damit analog für die Familienheimfahrten sind sohin nicht erfüllt. Die beantragten Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung iHv € 9.558,58 und die Familienheimfahrten iHv € 2.754,00 stellen daher keine Werbungskosten dar (…)
"

Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom , in welchem ergänzend im Wesentlichen Folgendes vorgebracht wurde:

"(…) Die in der Bescheidbegründung zur BVE angeführten Wohnsitzverhältnisse des Steuerpflichtigen und seiner Mutter werden als richtig anerkannt. In der Bescheidbegründung zur BVE wird angeführt, dass [es] bei mehreren Wohnsitzen nur eine[n] Mittelpunkt der Lebensverhältnisse gebe. Nämlich liege der Mittelpunkt der Lebensinteressen dort, wo eine Person die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen unterhält. Grundsätzlich wäre für die Absetzbarkeit von Kosten der DHHF das Vorliegen eines doppelten Aufwandes in Form eines eigenen Haushaltes erforderlich. In der rechtlichen Würdigung wird ausgeführt, dass der Steuerpflichtige im Veranlagungsjahr Räumlichkeiten innerhalb eines Wohnungsverbandes mit einer Person, die nicht (Ehe)Partner ist oder mit der keine Lebensgemeinschaft bestehe, mitbewohne und daher kein eigener Hausstand vorliege. Die Voraussetzungen für die doppelte Haushaltsführung und analog für die Familienheimfahrten seien daher nicht erfüllt und es lägen daher keine Werbungskosten vor.

Dem gegenüber wird angeführt:
Der Steuerpflichtige hat gemäß dem vorliegenden Pachtvertrag die gesamte Liegenschaft vlg.
B [B] gepachtet. Dazu gehört auch das Hofgebäude, in dem sich die Wohnräume befinden. Hinsichtlich des Wohnrechts der Verpächterin = Mutter des Steuerpflichtigen wurde lediglich im § 8 geregelt, dass der Verpächter oder dessen Vertreter befugt ist, die Pachtliegenschaft, Wohnräume nur in Begleitung des Pächters zu besichtigen. Laut vorliegendem Pachtvertrag hatte die Verpächterin gar kein Wohnrecht. Dieses wurde aus moralischen Gründen eingeräumt. Ein derartiges Wohnrecht wurde schlussendlich auch im Übergabevertrag vom geregelt.
Daraus kann nur der Schluss gezogen werden, dass der Steuerpflichtige einen eigenen Hausstand in [Fx] hatte und seine Mutter dort mitwohnen darf. Auf Grund der Betriebsgröße und der notwendigen Tätigkeiten kann auch davon ausgegangen werden, dass der Steuerpflichtige notwendigerweise einen Wohnsitz in [F] benötigt. Zur Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort führen die LStR auch wirtschaftliche Gründe an. Unter anderem auch die Bewirtschaftung einer Landwirtschaft.
Dass der Steuerpflichtige seinen Mittelpunkt der Lebensinteressen in [F - nämlich Sitz der Landwirtschaft hat, kann auch dadurch gesehen werden, dass der Verpachtung ein Übergabevertrag folgt und der Steuerpflichtige somit zu erkennen gibt, dass er die Landwirtschaft nicht nur verwaltet sondern tatsächlich bewirtschaftet.
(…) Voraussetzung für die Geltendmachung von Werbungskosten zur doppelten Haushaltsführung (…) einerseits die Unzumutbarkeit der täglichen Rückkehr, die Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes ist nicht privat veranlasst oder die Verlegung kann dem Steuerpflichtigen nicht zugemutet werden.
Dass der Beschäftigungsort so weit von [F] entfernt ist, dass eine tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann, ist jedenfalls durch die Entfernung von mehr als 80 Kilometer (…) begründet.
Die Beibehaltung des Familienwohnsitzes bzw. des Hauptwohnsitzes in [F] ist nicht privat veranlasst sondern liegt in der Betriebsführung der Landwirtschaft begründet. Die Landwirtschaft dient dem Steuerpflichtigen zur Einkommenserzielung und ist daher wirtschaftlich begründet.
Damit sind die Voraussetzungen für die Geltendmachung von Werbungskosten aus der doppelten Haushaltsführung und der damit verbundenen Familienheimfahrten erfüllt (…)
"

In einem Vorhalt vom wurden dem Bf. folgende Fragen gestellt:

"… Sie werden gebeten, Belege über die entstandenen Kosten der doppelten Haushaltsführung und die dazugehörigen Zahlungsnachweise zu übermitteln (Internet, GIS, Strom, Versicherung...).
Des Weiteren werden Sie um Bekanntgabe ersucht, wie oft Sie im Jahr 2017 durchschnittlich zwischen Ihrer Arbeitsstätte in [W] und Ihrem Familienwohnsitz in [F] gependelt sind und mit welchem Pkw Sie diese Familienheimfahrten durchgeführt haben. Hatten sie bei diesen Familienheimfahrten Mitfahrer? In welchem Stundenausmaß gingen Sie Ihrer unterrichtenden Tätigkeit in [W] nach? Wie bzw. durch wen wird die Landwirtschaft in Ihrer Abwesenheit betrieben? Ihr Lebenspartner
L [L] ging im Veranlagungsjahr 2017 für insgesamt sechs Monate einer nichtselbstständigen Beschäftigung in [W] nach. Seinen Hauptwohnsitz hat er laut Zentralem Melderegister zu dieser Zeit wie Sie in [Fx/2]. Inwieweit nutzte ihr Lebenspartner die Wohnung in [W]? Mit welchem Fahrzeug und wie häufig pendelte er 2017 zwischen seiner Arbeitsstätte in [W] und ihrem Familienwohnsitz?"

Die Vorhaltsbeantwortung vom lautet im Wesentlichen wie folgt:

"… Unser Mandant ist im Rahmen seiner nichtselbständigen Einkünfte auch bei Abendveranstaltungen und Wochenendseminaren beschäftigt. Er war vor allem außerhalb der normalen Arbeitszeit durch Vortragstätigkeiten im (…). [W] Gemeindebezirk (Lehre) sowie auch an unterschiedlichen Schulen österreichweit (Fortbildungen für Lehrer) tätig. Auf Grund der unterschiedlichen Zeit- und Ortsvorgaben für die Unterrichtstätigkeit im Ausmaß von 30 Stunden für die Fortbildung und eine(s) Werksvertrag(s) für die Unterrichtstätigkeiten (156 Jahresunterrichtseinheiten) ist unser Mandant im Jahr 2017 durchschnittlich zweimal in der Woche zwischen seinem Familienwohnsitz und seiner Arbeitsstätte in [W] gependelt. Für diese Fahrten hat unser Mandant seinen PKW verwendet, wobei er die meiste Zeit diese Wegstrecken allein zurücklegen musste. Wenn es möglich war - was selten vorkam - ist sein Lebenspartner in jener Zeit, in welcher dieser auch in [W] nichtselbständig war, mitgefahren.
Unsere Mandantschaft hatte mit seinem Lebenspartner geplant, dass sich sein Lebenspartner um die Landwirtschaft kümmert. Diese landwirtschaftliche Tätigkeit erfolgte mit Unterstützung der Mutter, weiterer Familienmitglieder und von Nachbarn.
Sein Lebenspartner bekam im Jahr 2017 für sechs Monate ein Angebot (…) einer nichtselbständigen Beschäftigung im (…). Bezirk in [W]. Die meiste Zeit fuhr Herr [L] mit den Öffis nach [W] und retour. Gelegentlich konnte er auch das Fahrzeug der Mutter von unserem Mandanten verwenden. Die Fahrten fanden in der Regel täglich statt.
Es kam auch vor, dass der Lebenspartner unseres Mandanten in [W] in der Wohnung genächtigt hat. Auf Grund der unterschiedlichen Arbeitszeiten unseres Mandanten und seines Lebenspartners war dies nur sehr selten möglich. Gleichzeitig mit diesem Schreiben übermitteln wir Ihnen auch die angeforderten Belege (…)
"]

In einem Vorhalt vom wurden dem Bf. auch noch die folgenden Fragen gestellt:

"(…) Bei der Durchsicht der übermittelten Unterlagen haben sich noch einige Fragen zum Sachverhalt ergeben.
Sie haben betreffend die entstandenen Kosten der doppelten Haushaltsführung einige Belege und Zahlungsnachweise übermittelt, welche hauptsächlich Ihrer Mietwohnung in [W] zuzuordnen sind.
Ich bitte Sie, darüber hinaus Belege und zugehörige Zahlungsnachweise über Aufwände im Zusammenhang mit der Haushaltsführung in [Fx] zu übermitteln. Besonders Nachweise über die Kostentragung der laufenden Kosten im Jahr 2017 wie
- Internet
- Strom
- Gemeindeabgaben
- Bündelversicherungsvertrag der Land- und Forstwirtschaft bzw. Eigenheimversicherung und ähnlichem
sind erforderlich.
Des Weiteren ersuche ich Sie um Übermittlung mehrerer exemplarischer Ausgangsrechnungen der Land- und Forstwirtschaft aus dem Veranlagungsjahr 2017 sowie den zugehörigen Zahlungseingang.
"

Mit Vorhaltsbeantwortung vom reichte der Bf. div. Unterlagen nach:

- Überweisung an die Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft und den steuerlichen Vertreter (des Bf.) vom Konto der Mutter
- an die Mutter gerichtete Rauchfangkehrerrechnung unter deren Adresse mit dem Hinweis auf einen Bankeinzug von deren Konto
- SAT-Gebühren-Vorschreibung an die Mutter mit dem Hinweis auf einen Bankeinzug von deren Konto
- Vorschreibung der Abgabe v. land- und forstwirtschaftliche Betrieben durch das Finanzamt an die Mutter
- Überweisung der GIS-Gebühren betreffend (Fx) vom Konto der Mutter
- Überweisungsbetrag/Rundholzgutschrift des Y (Y) auf das Konto der Mutter
- das Internet betreffender Bankeinzug vom Konto der Mutter
- Bescheid über die Vorschreibung des Kammerbeitrages (Landwirtschaftskammer Steiermark) an den Bf. als Pächter für 2017 iHv 124,32 Euro (s.o.: Überweisung vom Konto der Mutter)

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht vor und führte dort ua. aus wie folgt.

"(…) Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer macht im Zuge seiner Einkommensteuererklärung für das Veranlagungsjahr 2017 Werbungskosten in Form von Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung iHv € 9.558,58 und die Familienheimfahrten iHv € 2.754,00 geltend. Diese Werbungskosten veranlagt er bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.
Der Beschwerdeführer ist seit Geburt unter der Anschrift [Fx/2] mit Hauptwohnsitz gemeldet. Diese Anschrift stellt ein Wohngebäude im Rahmen einer Landwirtschaft dar. Diese Landwirtschaft befand sich im strittigen Veranlagungsjahr im Eigentum der Mutter des Beschwerdeführers und wurde von diesem mit beginnend gepachtet. Diesem Rechtsverhältnis liegt ein Pachtvertrag vom zu Grunde, welches zwischen der Mutter (…) als Verpächterin und dem Beschwerdeführer als Pächter geschlossen wird. Gegenstand des Pachtvertrages ist der Betrieb mit der Betriebsnummer (…) und die zugehörigen Einheitswerte (…). Der Pachtzins für die gesamte Liegenschaft und den Betrieb wurde iHv € 20,- p.a. vereinbart.
Der Abgabenbehörde liegt des Weiteren der Übergabevertrag vom vor, welcher die Übergabe der Landwirtschaft von Mutter (…) auf den Beschwerdeführern regelt. Aus dem im Übergabevertrag vom eingeräumtem Wohnrecht geht hervor, dass es sich bei dem Hofgebäude nicht um zwei separate Wohneinheiten handelt, da der Mutter ein Wohnrecht an einem Schlafzimmer sowie die Mitbenutzung anderer Räumlichkeiten wie Küche, Badezimmer und WC vertraglich zugesichert wurde.
Im Pachtvertrag aus dem Jahr 2014 wurde der Mutter kein vertraglich zugesichertes Wohnrecht eingeräumt. Laut der Stellungnahme der steuerlichen Vertretung räumte der Beschwerdeführer dies im strittigen Jahr aus moralischen Gründen ein.
Daher erzielt der Beschwerdeführer im strittigen Jahr 2017 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Diese wurde in der Einkommensteuerklärung unter Berücksichtigung der Pauschalierung laut LuFPauschVO iHv € 0 erklärt.
Über diese Einkünfte hinaus verfügt der Beschwerdeführer im Veranlagungsjahr 2017 über Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit im Rahmen seiner vortragenden Tätigkeit für die [X] in [W], sowie über Einkünfte aus selbständiger Arbeit iHv € 7.235,16. Diese Tätigkeit umfasst laut Auskunft des steuerlichen Vertreters Vortragstätigkeiten in [W] und teilweise in anderen Regionen in Österreich.
Im April 2017 begründete der Beschwerdeführer ein Mietverhältnis über eine Wohnung unter der Anschrift [Wien2]. Der Beschwerdeführer legte der Abgabenbehörde einen Mietvertrag vor, aus welchem monatliche Aufwendungen für die Miete und laufende Kosten iHv € 840,02 hervorgehen. Weitere Aufwendungen, die der Beschwerdeführer als Werbungskosten in Zusammenhang mit seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit begehrt, sind Kosten iHv € 1.676,96 für die Anschaffung von Möbeln und Einrichtungsgegenständen. Über diese Anschaffungen wurden der Abgabenbehörde teilweise Rechnungen vorgelegt.
Am übermittelte die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers im Zuge einer Vorhaltsbeantwortung folgende Belege zu den laufenden Kosten des Einfamilienhauses in [Fx]:
• Jahresvorschreibung Sat-Kabelfernsehen
• Bankauszug GIS Gebühren 01/17-02/17
• Bankauszug Internet 01/2017
• Jahresvorschreibung/Rechnung Rauchfangkehrer
Die vorgelegten Rechnungen als auch die Bankauszüge lauten alle auf die Mutter des Beschwerdeführers (…). Auf den Namen des Beschwerdeführers lautend wurde nur der Bescheid der Landwirtschaftskammer Steiermark betreffend den Kammerbeitrag als Pächter für das Jahrs 2017 vorgelegt. Die Zahlung des Kammerbeitrages erfolgte laut vorgelegten Bankbeleg am durch die Mutter (…).
Der Beschwerdeführer begründete am eine Lebenspartnerschaft mit [L]. Der Lebenspartner ist am aus dem Nicht-EU-Raum nach Österreich zugezogen und begründete laut Meldeauskunft seinen Hauptwohnsitz gemeinsam mit dem Beschwerdeführer und dessen Mutter in [Fx/2].
Im Veranlagungsjahr 2017 erzielte [L] vom 01.01. bis 11.05. und ab 13.11. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in [W].
Im Zuge einer Vorhaltsbeantwortung gibt der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers an, dass der Beschwerdeführer einmal pro Woche Familienheimfahrten zwischen [W] und [F] (einfache Wegstrecke 118 km) begehrt und dass der Beschwerdeführer diese mit dem auf ihn zugelassenen Fahrzeug
A [A] mit dem behördlichen Kennzeichen (…) durchführt und keine weiteren Personen mitbefördert werden. Dies ist im Veranlagungszeitraum das einzige auf den Beschwerdeführer zugelassene Fahrzeug. Auf seinen Lebenspartner ist 2017 kein Fahrzeug zugelassen (…)

Stellungnahme:
Werbungskosten sind nach § 16 Abs.1 Satz 1 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
Gemäß
§ 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden. Gleiches gilt nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 für Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
Kosten der Haushaltsführung stellen nach der zitierten Bestimmung grundsätzlich keine Werbungskosten dar. Der Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates,
RV/0240-G/08, sind dazu sinngemäß folgende Ausführungen entnommen: "Der VwGH verweist in seiner Judikatur explizit darauf, dass normale Kosten für Wohnung und Kleidung unter § 20 Abs. 1 Z 1 EStG fallen und damit vom Werbungskostenabzug ausgeschlossen sind ( 87/13/0200)".
Dennoch gibt es Sachverhaltskonstellationen, aufgrund welcher Kosten der Haushaltsführung als durch die Einkünfteerzielung veranlasst gelten. Die Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung sind dann als Werbungskosten abzugsfähig, wenn aus beruflichen Gründen zwei Wohnsitze geführt werden, und zwar einer am Familienwohnort (Familienwohnsitz) und einer am Beschäftigungsort (Berufswohnsitz) (Jakom, EStG, 12.A., Rz 56 zu § 16). (
RV/3100473/2019). Familienwohnsitz ist jener Ort, an dem ein verheirateter Steuerpflichtiger mit seinem Ehegatten oder ein unverheirateter Steuerpflichtiger mit seinem in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partner einen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Personen bildet ( 2005/13/0037). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Bundesfinanzgerichts ist für die Annahme eines Familienwohnsitzes allerdings Voraussetzung, dass dort ein eigener Hausstand geführt wird (vgl. 2006/15/0024 mwN; RV/7102919/2018; RV/5100002/2015; RV/3100290/2015) ( RV/3100473/2019).
Mit der (Negativ-)Definition des eigenen Hausstandes in § 4 Abs. 2 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Kriterien zur Ermittlung des Pendlerpauschales und des Pendlereuros, zur Einrichtung eines Pendlerrechners und zum Vorliegen eines Familienwohnsitzes (Pendlerverordnung), BGBl II 276/2013, hat der Gesetzgeber diesen von der Rechtsprechung geprägten Begriff erstmals verwendet und derart beschrieben, dass jemand einen Hausstand hat, wenn er eine Wohnung besitzt, deren Einrichtung seinen Lebensbedürfnissen entspricht. Ein eigener Hausstand liegt dann nicht vor, wenn jemand Räumlichkeiten innerhalb eines Wohnungsverbandes mit anderen Personen mitbewohnt, die nicht Ehe- oder Lebenspartner sind. Ein eigener Hausstand erfordert jedenfalls eine gewisse Selbständigkeit und Abgeschlossenheit der Wohnsituation. (
RV/3100473/2019).
Werbungskostencharakter kann den Kosten der Haushaltsführung nur zukommen, soweit aufgrund eines doppelten Haushalts ein Mehraufwand überhaupt entsteht. Ist die Beibehaltung der Wohnmöglichkeit an einem auswärtigen Ort dagegen mit keinen Kosten verbunden, so kann nach Ansicht des VwGH von Mehrkosten nicht gesprochen werden (
RV/5100936/2015). Auch wird in der Judikatur für die Annahme eines eigenen Hausstandes die Tragung der Kosten der Haushaltsführung gefordert (vgl. RV/2100241/2013; RV/0240-G/08). Der finanziellen Beteiligung an den Kosten der Haushaltsführung kommt bei der Beurteilung der Haushaltsqualität einer Wohngelegenheit wesentliche Bedeutung zu. Der geeignete Maßstab für das angemessene Ausmaß der Kostenbeteiligung wird durch die Umstände des Einzelfalles bestimmt. Eine angemessene Kostentragung wird zudem im Allgemeinen regelmäßig und insofern vergleichbar mit der Führung eines selbständigen Haushalts zu erfolgen haben. Eine bloß freiwillige Kostenübernahme im Bedarfsfall genügt jedenfalls nicht ( RV/0662-L/07; und , RV/0240-G/08, unter Hinweis auf BFH , VI B 37/08). Die Berücksichtigung von Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten als Werbungskosten schränkt den Abgabenanspruch ein und begünstigt - subjektiv - den Abgabenpflichtigen. Daher obliegt es dem Beschwerdeführer, sein diesbezügliches Vorbringen durch Beweise zu untermauern (vgl. RV/7104363/2018).
Auch Aufwendungen für die Fahrten von einem Wohnsitz am Dienstort zu einem weiter entfernt gelegenen Familienwohnsitz sind grundsätzlich der privaten Lebensführung zuzuordnen. Doch gilt auch dies nicht ausnahmslos. Nach Lehre und Rechtsprechung sind Aufwendungen für Familienheimfahrten von dem am Arbeitsort gelegenen Wohnsitz zum Familienwohnsitz unter jenen Voraussetzungen Werbungskosten, unter denen eine doppelte Haushaltsführung als beruflich veranlasst gilt. Allerdings beschränkt das Gesetz die berücksichtigungsfähige Höhe der Kosten beruflich veranlasster Familienheimfahrten durch § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG (
RV/5100936/2015).

Der Beschwerdeführer war im strittigen Jahr 2017 Pächter der Liegenschaft [Fx]. Aus dem im Übergabevertrag vom eingeräumtem Wohnrecht geht hervor, dass es sich bei dem Hofgebäude nicht um zwei separate Wohneinheiten handelt, da der Mutter ein Wohnrecht an einem Schlafzimmer sowie die Mitbenutzung anderer Räumlichkeiten wie Küche, Badezimmer und WC vertraglich zugesichert wurde. Der Steuerpflichtigen bewohnt daher im Veranlagungsjahr 2017 Räumlichkeiten innerhalb eines Wohnverbandes mit einer Person, die nicht (Ehe)Partner ist oder mit der keine Lebensgemeinschaft besteht. Dieser Umstand erfüllt daher nicht die von der Judikatur gestellte Anforderung an einen eigenen Wohnsitz, wonach dieser eine gewisse Selbständigkeit und Abgeschlossenheit der Wohnsituation innezuhaben hat ( RV/3100473/2019).
Da Werbungskosten für die doppelte Haushaltsführung nur dann in Betracht kommen, wenn aufgrund eines doppelten Haushalts überhaupt ein Mehraufwand entsteht, ist im vorliegendem Fall diese Voraussetzung nicht erfüllt und das Vorliegen einer doppelten Haushaltsführung daher zu verneinen. Es handelt sich hierbei lediglich um die Beibehaltung einer Wohnmöglichkeit an einem auswärtigen Ort, welche mit keinen Kosten verbunden ist und es kann daher nicht von Mehrkosten gesprochen werden.
Für die Mietwohnung in [Wien2] wurde der Mietvertrag mit einem monatlichen Mietzins inklusive Betriebskosten iHv 840,- Euro vorgelegt. Des Weiteren wurde die Jahresabrechnung des Stromanbieters vorgelegt. Aus dieser ergibt sich eine jährliche Vorauszahlung iHv 247,21 Euro. Die Aufwendung für die Mietwohnung in [W] betragen daher jährlich 10.327,21 Euro. Demgegenüber steht der jährliche Pachtzins iHv 20,- Euro, welcher auch den landwirtschaftlichen Betrieb umfasst.
Die übermittelten Belege und zugehörigen Bankauszüge über die laufenden Kosten des Einfamilienhauses in [F] zeigen, dass diese Kosten von der Mutter getragen werden und somit nicht dem Bf. zuzurechnen sind. Der Beschwerdeführer verfügte im strittigen Veranlagungsjahr aufgrund des sehr geringen Pachtzinses über keinen fremdüblichen Pachtvertrag. Die Ausgestaltung des Vertrages erfolgte aufgrund des familiären Naheverhältnisses.
Die in der Judikatur geforderten finanzielle Beteiligung, welche vergleichbar mit der Führung eines selbständigen Haushalts zu erfolgen hat (
RV/0662-L/07; und , RV/0240-G/08, unter Hinweis auf BFH , VI B 37/08), ist daher zu verneinen.
Im vorliegenden Sachverhalt ist es nicht als nachgewiesen anzusehen, dass der Familienwohnsitz des Bf. in [F] liegt. Bei dem Wohnsitz in [F] handelt es sich seit 1982 bis dato um den Hauptwohnsitz der Mutter des Bf. Auch während der Dauer des Pachtverhältnisses, welches das Wohnhaus mitumfasste, und auch nach der Übergabe der Landwirtschaft im Jahr 2018 blieb der Hauptwohnsitz der Mutter unter der Anschrift [Fx]. Weitere Wohnsitze der Mutter liegen nicht vor.
Sein Lebenspartner begründet im strittigen Veranlagungsjahr zwei Arbeitsverhältnisse in [W] - das erste im Zeitraum bis und das zweite Arbeitsverhältnis begann mit und besteht bis heute.
Im Jahr 2017 ging er daher mehrere Monate einem Vollzeitdienstverhältnis in [W] nach. Auch wurde nach Beendigung des ersten Dienstverhältnisses wieder ein Dienstverhältnis in [W] aufgenommen.
Es widerspricht den Erfahrungen des täglichen Lebens, dass bei Innehaben einer Mietwohnung des Partners in unmittelbarer Nähe zum eigenen Arbeitsplatzes, der gemeinsame Familienwohnsitz 118 km davon entfernt liegt und ein täglicher Dienstweg im Ausmaß von 236 km zurückgelegt wird, insbesondere wenn auch der Partner selbst in [W] einem nichtselbständigen Arbeitsverhältnis im Ausmaß von 30 Wochenstunden nachgeht.
Nachweise welche den Familienwohnsitz in [F] bestätigen wurden nicht erbracht. Die behaupteten ungewöhnlichen Umstände wurden daher nicht nachgewiesen und bleiben daher ungewiss, es sind daher das anzunehmen, was den Erfahrungen des täglichen Lebens entspricht.
Im Übrigen wird festgehalten, dass Aufwendungen für einen Zweitwohnsitz grundsätzlich nur dann abzugsfähig sind, wenn der Steuerpflichtige am Familiensitz steuerlich relevante betriebliche Einkünfte erzielt, und er den Zweitwohnsitz im Rahmen einer nichtselbständigen Tätigkeit benötigt (
2001/14/0157). Im konkreten Fall betragen die betrieblichen Einkünfte am Wohnsitz in der Steiermark 0,00 Euro, daher stellen die Einkünfte in derartiger Höhe keinesfalls einen steuerlich beachtlichen Grund für die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung an den Beschäftigungsort dar - siehe auch RV/2100565/2019.
Die Voraussetzungen für die doppelte Haushaltsführung und damit analog für die Familienheimfahrten sind sohin nicht erfüllt. Die beantragten Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung iHv 9.558,58 Euro und die Familienheimfahrten iHv 2.754,00 Euro stellen daher keine Werbungskosten dar.
"

Mit BFG-Schreiben vom wurde der Bf. um die - allfällige - Übermittlung einer Stellungnahme zu den Ausführungen der belangten Behörde im o.a. Vorlagebericht ("Sachverhalt und Anträge") ersucht.

Der Bf. äußerte sich dazu nicht mehr.

Über die Beschwerde wurde Folgendes erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht abgezogen werden.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, nicht abgezogen werden.

Gemäß § 4 Abs. 1 Pendlerverordnung liegt ein Familienwohnsitz dort, wo
1. ein in (Ehe)Partnerschaft oder in Lebensgemeinschaft lebender Steuerpflichtiger oder
2. ein alleinstehender Steuerpflichtiger
seine engsten persönlichen Beziehungen (zB Familie, Freundeskreis) und einen eigenen Hausstand (Abs. 2) hat.

Gemäß § 4 Abs. 2 Pendlerverordnung hat der Steuerpflichtige einen eigenen Hausstand, wenn er eine Wohnung besitzt, deren Einrichtung seinen Lebensbedürfnissen entspricht. Ein eigener Hausstand liegt jedenfalls nicht vor, wenn der Steuerpflichtige Räumlichkeiten innerhalb eines Wohnverbandes einer oder mehrerer Person(en), die nicht (Ehe)Partner sind oder mit denen eine Lebensgemeinschaft besteht, mitbewohnt.

Die herrschende Rechtsauffassung bzgl. "doppelter Haushaltsführung" und "Familienheimfahrten" stellt sich ua. folgendermaßen dar (s Jakom/Lenneis EStG, 2021, § 16 Rz 56 "Doppelte Haushaltsführung", mwN):

Von einer doppelten Haushaltsführung wird gesprochen, wenn aus beruflichen Gründen zwei Wohnsitze geführt werden, und zwar einer am Familienwohnort (Familienwohnsitz) und einer am Beschäftigungsort (Berufswohnsitz). Als Familienwohnsitz gilt jener Ort, an dem ein verheirateter Steuerpflichtiger mit seinem Ehegatten oder ein lediger Steuerpflichtiger mit seinem in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partner (auch ohne Kind iSd § 106 Abs 1 EStG 1988) einen gemeinsamen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Personen bildet.

Der Begriff des Familienwohnsitzes wird ab 2014 in § 4 Pendlerverordnung definiert, wobei die Definition im Wesentlichen den von der Verwaltungspraxis und der Judikatur entwickelten Kriterien entspricht.

Beruflich veranlasst ist die Begründung eines eigenen Haushaltes am Beschäftigungsort (doppelte Haushaltsführung) dann, wenn der Familienwohnsitz vom Beschäftigungsort des Steuerpflichtigen so weit entfernt ist, dass ihm eine tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann, wobei die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen ist.

Ein für die Beibehaltung der doppelten Haushaltsführung sprechender Grund kann ua. sein, wenn am Familienwohnsitz eine eigene - wenn auch kleine und nur der eigenen Selbstversorgung dienende - Landwirtschaft bewirtschaftet wird.

Es ist Sache des Steuerpflichtigen, der Abgabenbehörde die Gründe zu nennen, aus denen er die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung als unzumutbar ansieht. Die Abgabenbehörde ist in einem solchen Fall nicht verhalten, nach dem Vorliegen auch noch anderer als der vom Steuerpflichtigen angegebenen Gründe für die behauptete Unzumutbarkeit zu suchen.

Als Werbungskosten aus einer doppelten Haushaltsführung kommen nur die unvermeidbaren Mehraufwendungen in Betracht, die dem Steuerpflichtigen dadurch erwachsen, dass er am Beschäftigungsort wohnen muss. Das sind insbesondere die Kosten für Unterbringung und Familienheimfahrten.

Voraussetzung für den Abzug von Kosten eines zweiten Haushalts am Berufsort ist das Vorliegen eines Mehraufwands. Ist die Beibehaltung der Wohnmöglichkeit an einem auswärtigen Ort für den Steuerpflichtigen mit keinerlei Kosten verbunden (zB Wohnmöglichkeit bei den Eltern), so kann von Mehrkosten nicht gesprochen werden.

Familienheimfahrten sind die Fahrten zwischen Berufs- und Familienwohnsitz, also zwischen zwei Wohnungen. Steuerlich absetzbar werden diese Kosten daher nur dann, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen, und auch nur insoweit, als den Steuerpflichtigen ein Mehraufwand trifft und die durch § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 gesetzte Begrenzung mit dem höchsten Pendlerpauschale nicht überschritten wird.

Vor dem o.a. Hintergrund ist das Bundesfinanzgericht zur Auffassung gelangt, dass eine steuerliche Berücksichtigung der streitgegenständlichen Aufwendungen/Ausgaben für die Unterbringung in W und die Fahrten nach F als Werbungskosten mangels einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung im o.a. Sinne nicht in Betracht kommt, ist laut Aktenlage hier doch von folgendem - entscheidungswesentlichen - Sachverhalt auszugehen (vgl. Vorlagebericht):

  • Im vorliegenden Fall sind dem Bf. im Zusammenhang mit seiner Wohnung Wien2 sowie mit den Fahrten von Wien nach Fx/2 und retour zwar Aufwendungen/Ausgaben erwachsen, allerdings hat der Bf. in Fx/2 die dort befindlichen Wohnräumlichkeiten (Mutter) mitbewohnt und war dieses Mitbewohnen (Wohnmöglichkeit bei der Mutter) für den Bf. mit keinerlei Kosten verbunden.

Was den o.a. Pachtvertrag (Abschlussdatum vor dem verfahrensgegenständlichen Zeitraum) anlangt, so hält dieser auch nach Auffassung des Bundesfinanzgerichts einem Fremdvergleich nicht stand (vgl. Vorlagebericht). Dies wird mit dem Widerspruch zwischen den von den Beteiligten offenbar tatsächlich gewollten und auch "gelebten" Regelungen betreffend die Wohnräumlichkeiten in Fx/2 (weiterhin Wohnung der Mutter) und den gänzlich anders gearteten dbzgl. Pachtvertragsbestimmungen (vgl. § 8) begründet. Dazu kommt auch noch der o.a. außerordentlich niedrige Pachtzins. In dieses Gesamtbild (Fremdunüblichkeit) passt im Übrigen auch noch der Umstand, dass laut Aktenlage die Mutter für den Bf. auch den Kammerbeitrag (Landwirtschaftskammer Steiermark) bezahlt hat.

Was die Übergabe des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes von der Mutter an den Bf. betrifft, so ist diese erst nach dem verfahrensgegenständlichen Zeitraum erfolgt.

Somit kann hier von dem Bf. erwachsenen "Mehrkosten" im o.a. Sinne also nicht gesprochen werden (vgl. ). Nicht einmal ein eigener Hausstand des Bf. in F im o.a. Sinne ist im vorliegenden Fall anzunehmen.

Der Vollständigkeit halber wird auch noch klargestellt, dass sich das Bundesfinanzgericht der Ansicht der belangten Behörde, wonach im vorliegenden Fall ein "Familienwohnsitz" des Bf. (Bf. und Lebenspartner) in W (= Ort der nichtselbständigen Tätigkeit des Bf. und auch des Lebenspartners) anzunehmen ist, anschließt. Eine derartige Annahme entspricht nämlich den Erfahrungen des täglichen Lebens (vgl. Vorlagebericht).

Mangels einer steuerlich anzuerkennenden beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung kommt im vorliegenden Fall schließlich auch ein Abzug der strittigen "Familienheimfahrten" nicht in Betracht.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung (insbes. Abweichen der Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, Fehlen einer solchen Rechtsprechung, uneinheitliche Beantwortung der zu lösenden Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) zukommt.

Es war daher wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.2100777.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at