Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.01.2022, RV/7102195/2019

Glaubhaftmachung von an Hausbesorger ausbezahlten Verrechnungskostenersätzen

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2022/13/0049. Mit Erkenntnis v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterR in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

***Bf1*** (Beschwerdeführer, i.d.F. Bf.) übt eine Tätigkeit als Hausbesorger aus und erzielt daraus Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit.
In seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2017 beantragte der Bf. u.a. die Berücksichtigung von Werbungskosten i.H.v. € 16.268,08.

Mit Ersuchen um Ergänzung vom wurde der Bf. angewiesen, der Behörde eine detaillierte Aufstellung der Aufwendungen sowie der beantragten Werbungskosten zu übermitteln.

Aus einer am vorgelegten Bestätigung der ***1*** geht hervor, dass der Bf. als Hausbesorger in 2 näher dargestellten Objekten ganzjährig beschäftigt war und auf Grund seiner Tätigkeit im Jahr 2017 folgende Verrechnungskostenersätze erhielt:
a) Materialkostenersatz: € 2.697,36,
b) Verrechnungskostenersatz
- Urlaub: € 4.971,20,
- Krankheit: € 3.793,68.

Mit einem weiteren Ersuchen um Ergänzung vom wurde dem Bf. vom Finanzamt abermals beauftragt, eine detaillierte Aufstellung der in der Erklärung beantragten Werbungkosten nachzureichen.
Sofern es sich um Hausbesorgervertretungsentschädigungen handle, seien
a) der Name, die Anschrift und die Versicherungsnummer des Vetreters,
b) der genaue Zeitraum der Vertretung sowie
c) die Höhe des übernommenen Betrages
anzuführen.
Desweiteren werde er ersucht, einen Nachweis des Zahlungsflusses vorzulegen.

Mit Eingabe vom legte der Bf. mehrere (Empfangs-)Bestätigungen über gesamt € 12.390,78 vor, nach denen ***2*** (Bruder des Bf.) für darin angeführte Zeiten ein näher angeführtes Engtelt als Vertreter für Krankheit/Arbeitsunfall/Urlaub erhalten hat.

Am erließ das zuständige Finanzamt, Wien 2/20/21/22 einen Einkommensteuerbescheid, in dem der Pauschbetrag für Werbungskosten i.H.v. € 132,- Berücksichtigung fand.
In der Begründung wurde dargelegt, dass der Zahlungsfluss nicht durch Kontoauszüge etc. nachgewiesen worden sei, weshalb die beantragten Werbungskosten nicht steuermindernd berücksichtigt werden könnten.

Mit Eingabe vom erhob der Bf. Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2017.
Er erläuterte, dass er die Zahlungen stets in bar übergeben habe, weshalb es keine Belege bezüglich seines Kontos gegeben habe. ***2*** habe mit seiner Unterschrift den Erhalt der Zahlungen bestätigt. Er selbst habe genügend Bargeld, u.a. von seinem Schwiegervater erhalten.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
In der Begründung wird auf den nicht nachgewiesenen Zahlungsfluss bzw. auf den gegenständlich vorhandenen familiären Hintergrund und die damit verbundenen strengen Nachweiserfordernisse für die Berücksichtigung von Werbungskosten verwiesen.
Zudem würden die vom Arbeitgeber gemeldeten Vertretungsgelder nicht mit den vorgelegten Auszahlungsbelegen übereinstimmen.

Am brachte der Bf. einen Vorlageantrag zur Beschwerdevorentscheidung ein.
Neben einem Verweis auf die allgemeine Bestimmung des Werbungskostenbegriffes i.S.d. § 16 EStG 1988 erläuterte er, dass sein Bruder ***2*** den Erhalt des Geldes mit seiner Unterschrift bestätigt habe. Zudem habe er Tätigkeitsnachweise seines Arbeitgebers (***1***) vorgelegt, aus denen hervorgehe, dass eine Vertretung stattgefunden habe und diese finanziell abgegolten worden sei.

über die Beschwerde wurde erwogen:

§ 16 Abs. 1 EStG 1988 lautet (auszugsweise):
Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Aufwendungen und Ausgaben für den Erwerb oder Wertminderungen von Wirtschaftsgütern sind nur insoweit als Werbungskosten abzugsfähig, als dies im folgenden ausdrücklich zugelassen ist. Hinsichtlich der durchlaufenden Posten ist § 4 Abs. 3 anzuwenden. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.

§ 19 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 lautet:
Einnahmen sind in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Abweichend davon gilt:
1. Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen.

Gemäß § 7 Abs. 1 HausbesorgerG i.d.F. BGBl. I Nr. 111/2010 hat der Hauseigentümer den Hausbesorger für die nach den §§ 3 und 4 Abs. 1 zu erbringenden D ienstleistungen ein angemessenes Entge lt monatlich im nachhinein zu leisten. Dem Hausbeso rger gebührt na ch Abs. 2 zudem ein Urlaubszuschuß sowie eine Weihanchtsremuneration.

§ 8 HausbesorgerG lautet:
Als Ersatz für die Kosten der Beschaffung der zu den Reinigungsarbeiten gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 lit. a bis d erforderlichen Materialien hat das Bundeseinigungsamt auf Antrag einer kollektivvertragsfähigen Körperschaft der Arbeitnehmer durch Mindestlohntarif eine angemessene Vergütung (Materialkostenersatz) in Form eines monatlichen Zuschlages zu dem Entgelt gemäß § 7 Abs. 5 lit. a und b festzusetzen, den der Hauseigentümer an den Hausbesorger monatlich im nachhinein zu leisten hat. Dieser Zuschlag ist kein Bestandteil des Entgeltes.

§ 17 Abs. 1+2 HausbesorgerG lauten:
(1) Ist der Hausbesorger verhindert, seinen Obliegenheiten nachzukommen, so hat er auf seine Kosten für eine Vertretung durch eine andere geeignete Person zu sorgen. Dies gilt solange nicht, als der Hausbesorger infolge einer plötzlich auftretenden Dienstverhinderung durch Krankheit oder Unfall dieser Pflicht nicht nachzukommen vermag; hiedurch wird jedoch eine besondere Pflicht des Hauseigentümers, für einen solchen Fall im voraus vorzusorgen, nicht begründet.
(2) In den Fällen der Dienstverhinderung wegen Krankheit oder Unfall (§ 14), des Urlaubes (§ 15) und der Bildungsfreistellung gemäß
§ 118 ArbVG hat der Hauseigentümer dem Hausbesorger die Kosten für die Vertretung bis zum Höchstausmaß des dem Hausbesorger sonst für diesen Zeitraum gebührenden durchschnittlichen Monatsbruttoentgelts zu ersetzen.

Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Gemäß § 269 Abs. 1 haben die Verwaltungsgerichte im Beschwerdeverfahren dieselben Obliegenheiten und Befugnisse, die den Abgabenbehörden auferlegt oder eingeräumt sind.

Damit Vereinbarungen zwischen Angehörigen auch für steuerliche Zwecke anerkannt werden, sind strenge Maßstäbe einzuhalten.
Nach der Judikatur des VwGH werden Vereinbarungen im Angehörigenkreis steuerlich nur dann anerkannt, wenn sie
•nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen,
•einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und
•auch zwischen Familienfremden unter denselben Bedingungen abgeschlossen worden wären (Fremdvergleich).

Gegenständlich war zu beurteilen, ob der Bf. seinem Bruder Zahlungen für Hausbesorgervertretungstätigkeiten geleistet hat und wenn ja in welcher Höhe.

Wie die Behörde zutreffend festgestellt hat, wurde kein Nachweis über Zahlungsflüsse vorgelegt, wobei der Bf. darauf verwiesen hat, dass die Zahlungen für die Vertretungstätigkeit bar erfolgt sein soll. Er hat dazu angeführt, dass er über genügend Bargeld verfügte und dies u.a. von seinem Schwiegervater erhalten hat.
Diese Darstellung ist für sich nicht geeignet, die Zahlungsflüsse an seinen Bruder zu erhellen.
Andererseits war zu bedenken, dass der Bf. steuerpflichtige Einkünfte (Lohnzettel KZ 245) i.H.v. rd. € 55.400,- erzielte, die gemäß § 7 HausbesorgerG monatlich im Nachhinein auszubezahlen sind.
Bei aller Problematik, die mit der mangelnden Vorlage von Kontoauszügen des Bf. verbunden sind war festzustellen, dass die monatlichen Zahlungen, betraglich zwischen € 611,85 (Jänner 2017) und € 2.289,05 (Oktober 2017) liegend, von ihm auch ohne Rückgriff auf allfällige Gelder im Verwandtenbereich aus dem Gehalt ausbezahlt werden konnten.
Feststellungen, wonach der Bf. nicht in der Lage gewesen wäre, die Zahlungen an seinen Bruder zu leisten, hat die Behörde nicht getroffen.

Gemäß § 17 HausbesorgerG hat der Hausbesorger, wenn er verhindert ist, seinen Obliegenheiten nachzukommen, auf eigene Kosten für eine Vertretung zu sorgen.
Die Kosten sind dem Hausbesorger vom Hauseigentümer zu ersetzen.
Wenn die Behörde die vom Bf. beantragten Werbungskosten nicht anerkennt impliziert dies, dass ihm für das gesamte Jahr keine derartigen Kosten erwachsen sind, er also den ihm nach § 15 HausbesorgerG zustehenden Urlaub nicht konsumiert hat bzw. sich in diesem Kalenderjahr nicht im Krankenstand befand.
Eine derartige Annahme ist nicht glaubhaft.

Das BFG sieht zwar eine Problematik in der behaupteten Urlaubsvertretung durch den Bruder zunächst in dem Umstand begründet, dass unter Bedachtnahme eines alternativen Szenarios entsprechende (Hausbesorger-)Leistungen durch fremde (dritte) Personen erbracht worden sein mögen, die nicht in der vom Bruder bzw. der ***1*** bestätigten Höhe der Zahlungen entlohnt wurden.
Einer solchen Überlegung wird aber aufgrund folgenden Umstandes der Boden entzogen:
Die Übernahmebestätigungen für Zahlungen durch ***2*** aufgrund von ihm erbrachter Leistungen für das Jahr 2017 betrugen gesamt € 12.390,78.
Da davon im Jahr 2018 € 3.303,99 zur Auszahlung gelangten und keine regelmäßig wiederkehrenden Zahlungen i.S.d. § 19 EStG 1988 vorliegen, war beim Bf. von Werbungskosten für 2017 i.H.v. € 9.086,79 auszugehen.
Korrespondierend dazu wurden von ***2*** im Jahr 2017 Einnahmen i.H.v. € 9.082,09 (Differenz € 4,70) erklärt.
Mangels anderslautender Feststellungen ist daher davon auszugehen, dass dem Bruder Gelder vom Bf. zugeflossen sind.

Zu berücksichtigen war aber auch, dass die ***1*** Zahlungen i.H.v. gesamt € 11.462,24 als Material- bzw. Vertretungskostenersatz an den Bf. geleistet hat, wobei der Vertretungskostenersatz € 8.764,88 betrug.
Da gemäß § 17 Abs. 2 HausbesorgerG dem Hausbesorger Kosten für die Vertretung bis zum Höchstausmaß des ihm sonst für diesen Zeitraum gebührenden durchschnittlichen Monatsbruttoentgelts zu ersetzen sind und mangels weitergehendem Nachweis des Zahlungsflusses nicht davon auszugehen ist, dass der Bf. seinen Bruder bei Vertretungshandlungen höher entlohnt als er selbst Entgelt für seine Leistung bezieht, ist von an den Bruder tatsächlich ausbezahlten Beträgen (zugleich Werbungskosten beim Bf.) i.H.v. € 8.764,88 auszugehen.
Anmerkung: Die Differenz (€ 9.086,79 und € 8.764,88 ergibt € 321,91) mag aus einem ***2*** ausgehändigtem zusätzlichen, ihm von der Bf. zugebilligten Materialkostenersatz herrühren, für den sich in den von ihm ausgestellten Bestätigungen freilich kein Hinweis findet.

Zu dem Materialkostenersatz ist anzuführen, dass auf Grundlage des § 17 Abs. 6 EStG 1988 eine VO BGBl II Nr. 382/2001 (i.d.F. VO) betreffend Aufstellung für Durchschnittssätze für Werbungskosten erging.
Demnach werden anstelle des Werbungskostenpauschales gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 für Hausbesorger nach § 1 Z 7 der VO 15% der Bemessungsgrundlage, höchstens € 3.504,- Euro als Werbungskostenpauschalbetrag festgelegt.
Als Bemessungsgrundlage gilt gemäß § 2 der VO der Bruttobezug abzüglich der steuerfreien Bezüge und sonstigen Bezüge, soweit diese nicht wie ein laufender Bezug nach dem Lohnsteuertarif zu versteuern sind.
Dem Bf. (Summe Lohnzettel KZ 245 € 55.400,07) steht das Werbungskostenpauschale lt. VO in voller Höhe zu.
Nicht von der VO erfasst sind Kosten für Vertreter, die nach der Bestimmung des HausbesorgerG dem Bf. gesondert ersetzt werden.
Da der von der ***1*** ausbezahlte Materialkostenersatz i.H.v. 2.697,36 nach Angaben des Dienstgebers in der Bemessungsgrundlage des Bf. (Lohnzettel) enthalten ist, steht dem Bf. das in § 1 Z 7 der VO angeführte Werbungskostenpauschale in voller Höhe (€ 3.504,-) zu.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.


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Die Bemessungsgrundlage errechnet sich wie folgt:
2017
Vertretungskostenersätze ***1***
8.764,88
Pauschale § 17 (6) EStG
3.504,00
Werbungskosten lt. BFG
12.268,88
Die Einkommensteuer 2017 beträgt:
2017
Einkünfte aus nichtselbstständige Tätigkeit
***1***
39.215,47
***3***
16.184,60
Werbungskosten lt. BFG
-12.268,88
Gesamtbetrag der Einkünfte
43.131,19
Sonderausgaben
-538,90
Kirchenbeitrag
-171,12
a.g. Belastungen
Aufwendungen vor Selbstbehalt
-960,00
Selbstbehalt
960,00
Einkommen
42.421,17
Einkommensteuer
0% f.d. ersten 11.000,-
0,00
25% für die weiteren 7.000,-
1.750,00
35% für die weiteren 13.000,-
4.550,00
42% für die restlichen 11.421,17
4.796,89
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
11.096,89
Verkehrsabsetzbetrag
-400,00
Steuer nach Abzug d. Absetzbeträge
10.696,89
Steuer für sonst. Bezüge
0% für die ersten 620,-
0,00
6% für die restlichen 7.765,44
465,93
Einkommensteuer
11.162,82
anrechenbare Lohnsteuer
-10.694,92
Rundung gem. § 39 Abs. 3 EStG
0,10
festgesetzte Einkommensteuer
468,00

Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da gegenständlich keine der o.a. Ausnahmebestimmungen vorlagen, war eine Revision als nicht zulässig zu erklären.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7102195.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at