AMS-Training kann Berufsausbildung sein
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze | |
RV/7105412/2019-RS1 | Dient ein vom AMS gefördertes Training dazu, die fachliche Qualifikation für die Ausübung eines konkreten angestrebten Berufes zu erlangen und nimmt es die überwiegende Zeit in Anspruch, liegt - anders als bei allgemeinen Qualifizierungsmaßnahmen des AMS - Berufsausbildung i.S.d. FLAG 1967 vor. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Elisabeth Wanke über die Beschwerde der ***1*** ***2***, ***3***, ***4***, vom , gegen den Bescheid des damaligen Finanzamts Wien 8/16/17, nunmehr Finanzamt Österreich, 1030 Wien, Marxergasse 4, vom , mit welchem Familienbeihilfe (€ 5.068,50) und Kinderabsetzbetrag (€1.693,60) für die im Juni 1996 geborene ***5*** ***2*** für den Zeitraum Mai 2015 bis Jänner 2016 sowie November 2016 bis Juni 2018 gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 zurückgefordert werden (Gesamtrückforderungsbetrag € 6.762,10), Sozialversicherungsnummer ***6***, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
1. Der angefochtene Bescheid wird für den Zeitraum September 2015 und Oktober 2015, den Zeitraum Dezember 2017 bis Jänner 2018 sowie den Zeitraum März 2018 bis Juni 2018 ersatzlos aufgehoben.
2. Für die Zeiträume Mai 2015 bis August 2015, November 2015 bis Jänner 2016, November 2016 bis November 2017 sowie Februar 2018, bleibt der Spruch des angefochtenen Bescheids unverändert.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Überprüfungsschreiben
Das Finanzamt übermittelte der Beschwerdeführerin (Bf) ***1*** ***2*** am ein Schreiben betreffend Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe, das am zurücklangte (unterfertigt am ). Für die im Juni 1996 geborenen Tochter ***5*** ***2*** wurde angegeben, dass diese Schülerin sei. Details wurden im Formular nicht ausgefüllt.
Die ***7*** ***8*** KG bestätigte am , dass ***5*** ***2*** "bei uns im Praktikum ist und auf die Lehrabschlussprüfung vorbereitet wird. Voraussichtlich wird sie im September 2018 von der WKW zur Lehrabschlussprüfung zugelassen."
Vorhalt vom
Das Finanzamt übermittelte der Bf am einen Vorhalt. Dazu ist im elektronischen Akt des Finanzamts folgender Screenshot enthalten:
Der Code 67 bedeutet "Lehrvertrag/Ausbildungsvertrag", (vgl. ), d.h. das Finanzamt ersuchte um die Vorlage dieses Vertrags.
Vorhalt vom
Da der Vorhalt vom unbeantwortet blieb, urgierte das Finanzamt am :
Der Code 74 bedeutet "Tätigkeitsnachweis", der Code 89 Freitext (vgl. ), d.h. das Finanzamt ersuchte um einen Nachweis der Tätigkeit der Tochter ***5*** ***2*** ab April 2015. Im Fall der Nichtbeantwortung wurde die Rückforderung der Familienbeihilfe in Aussicht gestellt.
Laut Vorhaltsbeantwortung vom lautete der Text:
Vorhaltsbeantwortung vom
Am legte die Bf dem Finanzamt die Kopie eines Schreibens von ***5*** ***2*** an ***9*** ***10*** ***11*** GmbH vom vor, in dem diese ihrer Lehrherrin mitteilte, dass sie mit ihr Lehrverhältnis beenden möchte. Laut Lehrvertrag hat die Lehre "Frisörin und Perückenmacherin (Stylistin)" im Juni 2014 begonnen und sollte bis August 2016 dauern, wobei 313 Tage aus einer vorangegangenen Lehre in diesem Lehrberuf von Juni 2013 bis April 2014 angerechnet worden sind.
Laut Ausbildungsnachweis der Lehrausbildungsstätte des BFI Wien im Auftrag des AMS und des WAFF vom erfolgte in einer besonderen selbständigen Ausbildungseinrichtung gemäß § 30b Berufsausbildungsgesetz (BAG) von Februar 2016 bis Oktober 2016 eine Ausbildung im Lehrberuf Medienfachmann/frau, die neben dem Berufsschulbesuch die Vermittlung der theoretischen und praktischen Inhalte des Berufsbildes umfasste und mit einer monatlichen Ausbildungsbeihilfe des AMS von € 309 im ersten Lehrjahr verbunden war.
Bescheid
Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt von der Bf Familienbeihilfe (€ 5.068,50) und Kinderabsetzbetrag (€1.693,60) für ***5*** ***2*** für den Zeitraum Mai 2015 bis Jänner 2016 sowie November 2016 bis Juni 2018 gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 mit folgender Begründung zurück:
Für volljährige Kinder steht Familienbeihilfe nur unter bestimmten, im § 2 Abs. 1 lit. b bis e Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung genannten Voraussetzungen zu.
Als anspruchsbegründend wird Folgendes bestimmt:
• Zeiten einer Berufsausbildung bzw. -fortbildung
• Zeiten zwischen dem Abschluss einer Schulausbildung und dem frühestmöglichen Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung
• Zeiten zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung
• das dauernde Unvermögen, sich selbst wegen einer Behinderung Unterhalt zu verschaffen.
Da Sie trotz Aufforderung die abverlangten Unterlagen nicht vollständig eingebracht haben und dadurch Ihre Mitwirkungspflicht nach § 115 Bundesabgabenordnung nicht nachgekommen sind, muss angenommen werden ,dass im oben genannten Zeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestanden hat bzw. besteht.
Beschwerde
Mit einem finanzamtsinternen Formular erhob die Bf am Beschwerde gegen den Bescheid und führte dazu aus:
Ich will, dass die Daten nochmals überprüft werden, da sie so nicht stimmen. Da meine Tochter ***5******2*** seit 2013 durchgehend in der Lehre war und nur die Lehrbetriebe gewechselt hat. Aufgrund dessen stimmt dieses Schreiben und die Summe nicht!
Beigefügt war das Schreiben der Tochter vom an ***10*** ***11*** GmbH, der Lehrvertrag mit dieser GmbH, der Ausbildungsnachweis des BFI Wien vom und weiters:
- Jahreszeugnis der Berufsschule für Haar und Körperpflege für das Schuljahr 2014/15 als Schülerin der zweiten Fachklasse für den Lehrberuf Friseurin und Perückenmacherin (Stylistin) sowie Schulnachricht für das erste Semester 2014/15.
- Jahreszeugnis der Berufsschule für Chemie, Grafik und gestaltende Berufe für das Schuljahr 2015/16 als Schülerin der ersten Fachklasse für den Lehrberuf Medienfachfrau - Mediendesign.
- Ausbildungsvertrag über die Ausbildung in einer besonderen selbständigen Ausbildungseinrichtung gem. § 30 b Berufsausbildungsgesetz (BAG) mit dem BFI Wien (vorgesehen Lehrzeit Februar 2016 bis August 2019).
- Vereinbarung mit dem Arbeitsmarktservice (Seiten 1 und 2), wonach ***5*** ***2*** bei Rechtsanwalt Mag. ***19*** ***20*** ein Arbeitstraining von Oktober 2018 bis Dezember 2018 im Ausmaß von 38,5 Wochenstunden zwecks "Erwerb von praktischen Erfahrungen als Voraussetzung für einen Ausbildungsabschluss" mit Trainingsinhalt "Mediendesign" absolviert.
- Praktikumsbestätigung vom von ***14***.at GmbH, wonach ***5*** ***2*** "im Rahmen des Kursangebots "Neue Wege" in unserem Unternehmen von bis ein Praktikum in der IT-Abteilung unseres Schulungsinstituts absolviert hat. "Frau ***2*** unterstützte die interne EDV-Abteilung beim User Support, Aufbau von EDV-Arbeitsplätzen und EDV-Schulungsräumen sowie bei Netzwerkverkabelungen. Sie sorgte für die reibungslose Funktion der Arbeitsplatz-PC's der Mitarbeiterinnen sowie der Drucker und Mobiltelefone. Zu ihren Aufgaben gehörte auch die Installation, Rollout und Netzwerkeinbindung von Schulungs-PC's sowie die Verwaltung des EDV-Lagers. Frau ***2*** zeichnete sich durch hohe IT-Kompetenz, rasche Auffassungsgabe und selbstständige Arbeitsweise aus. Sie zeigte hohes Engagement und erwies sich als zuverlässige und teamfähige Kollegin."
- Lehrvertrag mit der ***12*** GmbH betreffend Lehre Friseurin und Perückenmacherin (Stylistin), Lehrzeit Juni 2013 bis Mai 2016.
- Einvernehmliche Auflösung des Lehrverhältnisses mit der ***12*** GmbH vom April 2014.
Sozialversicherungsdaten
Das Finanzamt erhob am folgende Sozialversicherungsdaten von ***5*** ***2***:
- Arbeiterlehrling (***12*** GmbH)
- Arbeiterlehrling (***10*** ***11*** GmbH)
- geringfügig beschäftigte Arbeiterin (bei einem Hauseigentümer)
- Angestelltenlehrling (BFI Wien)
- arbeitssuchend
- arbeitssuchend
- arbeitssuchend
- arbeitssuchend
- laufend arbeitssuchend
Beschwerdevorentscheidung
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Die Begründung dazu lautet:
Für volljährige Kinder steht Familienbeihilfe nur unter bestimmten, im §2 Abs. 1 lit. b bis e Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung genannten Voraussetzungen zu.
Als anspruchsbegründend wird Folgendes bestimmt:
- Zeiten einer Berufsausbildung bzw. -fortbildung
- Zeiten zwischen dem Abschluss einer Schulausbildung und dem frühestmöglichen Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung
- Zeiten zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung
- das dauernde Unvermögen, sich selbst wegen einer Behinderung Unterhalt zu verschaffen.
Ihre Tochter ***5*** befand sich nach Vollendung des 18.Lebensjahres nachweislich in folgenden Zeiträumen in Ausbildung:
- bis bei der Fa. ***10******11*** GmbH (Die Ausbildung wurde nachweislich am abgebrochen.)
- 8.Februar2016 bis eine Ausbildung am bfi Wien
Weitere Zeiten einer Ausbildung im Sinne des FLAG wurden nicht eingewandt.
Die Rückforderung der angefochtenen Beträge besteht daher mangels Ausbildungsnachweis zu Recht und es war spruchgemäß zu entscheiden.
Vorlageantrag
Mit Schreiben vom stellte die Bf Vorlageantrag und gab in diesem an:
Beschwerde Vorlageantrag für ***5******2***.
Meine Tochter ***5*** musste 2015 die Lehre als Friseurin aus gesundheitlichen Gründen beenden( Ärztliche Bestätigung liegt vor) und hat verschiedene Ams Kurse belegt um sich neu zu orientieren und zu entscheiden welcher Beruf in Frage kommen würde für sie. Dazu gehörte auch ein Kurs beim ***14*** wo sie als It Praktikantin beschäftigt war und dadurch auch über den Lehrberuf des Mediendesigners aufgeklärt wurde und dort auch einen Kurs gemacht um ihre Eignung festzustellen. Da das ***14*** sie aufgrund ihres Alters damals nicht aufgenommen hat weil sie damals mit 19 für das Programm zu alt war wurde sie zum BFI geschickt. Das BFI musste sie damals verlassen da der zuständige Ausbilder Hr. ***26*** dort nicht vertreten wurde nachdem dieser in Pension gegangen ist. Meine Tochter machte wieder AMS Kurse und suchte einen Ausbildungsplatz in der Mediendesigne Branche, während sie den Kurs bei ***22*** und Partner belegte wurde sie zur ***7******8*** KG geschickt wo sie bis Ende Dezember 2018 durch verschiedenste Praktika tätig war um sich auf ihre bevorstehende Lehrabschlussprüfung als Mediendesignerin vorzubereiten.
Dadurch müssten die von Ihnen hohen Beiträge wegfallen da sie beschäftigt war.
Beigefügt waren:
- Therapiebestätigung von Mag. ***23*** ***24***-***25***:
Frau ***5******2*** ist seit August 2016 bei mir in psychotherapeutischer Behandlung. Grund dafür sind Depressionen, deren Ursachen in einem äußerst schwierigen familiären Umfeld zu finden sind. Um eine Besserung zu erwirken, ist es dringend notwendig, dass sich die Klientin vom nach wie vor traumatisierenden Umfeld distanzieren kann.
- Kursantrittsmeldung an das AMS vom März 2018, wonach der Kurs (welcher wird nicht angegeben) beim Kursinstitut ***18*** ***7*** ***8*** KG an diesem Tag angetreten worden ist.
- Auszug auf dem eAMS-Konto von ***5*** ***2*** über Korrespondenz mit dem AMS vom Februar 2019 betreffend Nachweise über Weiterbildung in den Jahren 2017 und 2018, Antwort: Man könne sich Konto-Bezugsbestätigungen ausdrucken.
- Kurszeitenbesuchsbestätigung von ***18*** über den Kurs CAP Vorbereitung Mediendesign von
(unleserlich, offenbar -), Kurstage:
- Bestätigung von "***15***" ***16*** ***7*** vom :
Wir bestätigen hiermit, dass Frau ***5******2*** von bis bei uns ein Praktikum absolviert. Wir hoffen, ihr damit das notwendige Rüstzeug für die Lehrabschlussprüfung mitgehen zu können.
- Rückmeldung von ***15*** an das Arbeitsmarktservice vom , wonach die Trainingsteilnehmerin von Anfang Dezember 2017 bis Ende Jänner 2018 täglich von 9 bis 17 Uhr ein Training wie folgt absolviert habe:
- Kursantrittsmeldung an das AMS vom Mai 2018, wonach das Training (welches wird nicht angegeben) bei ***17*** Magazin an diesem Tag angetreten worden ist.
- Weitgehend unleserliche "Vereinbarung - Arbeitstraining" mit ***17*** Magazin (Mitte Mai 2018 bis Mitte August 2018, 38,5 Wochenstunden), Zweck "Erwerb von praktischen Erfahrungen als Voraussetzung für einen Ausbildungsabschluss".
- Rückmeldung von ***17*** Magazin an das Arbeitsmarktservice vom , wonach die Trainingsteilnehmerin von Mitte Mai 2018 bis Mitte August 2018 täglich von 9 bis 17 Uhr ein Training wie folgt absolviert habe:
- Kurszeitenbesuchsbestätigung von ***18*** über den Kurs CAP Vorbereitung Mediendesign von 20.8. bis .
- Praktikumsbestätigung von ***14***.at vom (siehe oben).
- Ausdruck aus dem eAMS-Konto über Förderungsfälle:
[...]
- Schreiben von ***5*** ***2*** vom an das Finanzamt:
Ich habe 2015 meine Lehre als Friseurin abbrechen müssen da ich Rückenschmerzen, Probleme mit meinen Handgelenken (beide schon mal gebrochen gewesen) und hauptsächlich unter Depressionen litt die mein damaliger Hausarzt Dr. ***27******28*** in der ***29***,***3*** nicht diagnostiziert hat, obwohl ich seit Jahren wegen meiner Migräne, Schlaflosigkeit und Übelkeit da war. Es ist mir in meinen Beruflichen Umwelt schwer gefallen zu arbeiten da ich die ganze Zeit unter Kunden Kontakt stand und dadurch das ich auch unzufrieden mit der Berufswahl war hat es die Situation damals verschlimmert. Im Jahr 2016 wechselte ich meinen Hausarzt und ging zur Dr. ***30******31*** in der ***32***,***3*** die sich für mich Zeit genommen hat und mich damals richtig Diagnostizierte und mich aufgrund der Depressionen und Posttraumatischen Belastungsstörung zu einer Therapeutin schickte. Ich ging zur Therapie bei Mag. ***23******24***-***25*** beim ***33***,***34*** (eine ältere Bestätigung liegt bei), da ich mich aber durch die Therapie und in meinen neuen Berufs und Wohn Umfeld besser gefühlt habe unterbrach ich die Therapie.
Seit 2018 bin ich nun wieder in einer laufenden Therapie bei Dr. ***35******36*** in der ***37***,***38*** und habe zum Glück nicht mehr solche Probleme wie damals und sehe mich selbst als gesund da ich auch nicht mehr den Stress von damals ausgesetzt bin.
Ich bitte sie dass bei Ihrer Entscheidung zu berücksichtigen da ich damals mit meiner Gesundheit sowie neu Orientierung im Beruflichen Umfeld zutun hatte und nicht mehr fähig war den Friseurberuf auszuüben. Sie können das auch alles in meiner Krankenakte überprüfen.
Mit freundliche Grüßen,
***5******2***
- diverse Schriftstücke zu den genannten Praktika.
- Bestätigung einer kroatischen Schule für einen im Jahr 2000 geborenen Schüler betreffend das Schuljahr 2018/2019, ein Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren ist nicht zu erkennen.
Aktenvermerk zur Beschwerdevorlage
Laut Aktenvermerk des Finanzamts vom 3.20.2019 stellt sich das Verwaltungsverfahren wie folgt dar:
Die Bescheidbeschwerde (vom ) gegen den RF-Bescheid vom (RF 05/2015 - 01/2016 und 11/2016 - 06/2018) wendet ein, dass die als anspruchsbegründend eingewandte Tochter ***2******5*** (***13***) seit 2013 durchgehend in der Lehre gewesen sei, und nur die Lehrbetriebe gewechselt habe.
Aus den der Bescheidbeschwerde und dem Vorlageantrag beigefügten Dokumenten (in Verbindung mit den SV-Daten und den übermittelten Lohnzetteln und AMS-Bestätigungen) ergibt sich folgendes Bild:
o Die am begonnene Lehre Frisörin und Perückenmacherin (Lehrherr ***12*** GmbH) wurde am vorzeitig aufgelöst, anschließend Bezug von AMS-Leistungen.
o Die am begonnene Lehre Frisörin und Perückenmacherin (Lehrherr ***10******11*** GmbH) wurde am vorzeitig beendet, anschließend Bezug von AMS-Leistungen.
o Die Berufsschule für Haar und Körperpflege dürfte in den beiden Schuljahren 2013/2014 und 2014/2015 durchgehend besucht worden sein, die Schulnachricht vom (zweite Fachklasse 2C) und das Jahreszeugnis vom (zweite Fachklasse 2C) wurde vorgelegt.
o In der Zeit vom bis absolvierte ***5******2*** im Rahmen eines mit "neue Wege" benannten Kursangebots ein Praktikum in der IT-Abteilung der "***14***.at GmbH"
o Am schloss ***5******2*** mit dem bfi Wien einen Ausbildungsvertrag über eine Lehrausbildung nach § 30b BAG für den Lehrberuf Medienfachfrau ab. Als Lehrzeit wurde die Zeitspanne vom bis vereinbart. Tatsächlich wurde die Ausbildung schon am wieder beendet. Danach folgte (ungeachtet des seit ebenfalls bestehenden geringfügigen Arbeitsverhältnisses als Hausbesorgerin) wieder ein Bezug von AMS-Leistungen.
o In der Zeit vom bis absolviert ***5******2*** (bei zusätzlichem Erhalt von AMS-Leistungen) ein offenbar AMS gestütztes Trainings-Praktikum bei Fa. ***15*** (***16******7***), wobei It. AMS-Rückmeldebogen ein tägliches Training von 09:00 bis 17:30 Uhr in den Trainingsbereichen "Foliengestaltung, Visitenkartendesign, Homepagelayout" absolviert wurde. In der "Bestätigung" dieser Fa. wird eine Praktikumszeit von bis bestätigt, und der Hoffnung Ausdruck verliehen, dass damit das notwendige Rüstzeug für die Lehrabschlussprüfung (ohne Angabe zu welchem Beruf) mitgegeben wurde
o Für die Zeit von bis wird ein offenbar AMS gestütztes Trainings-Praktikum beim "***17*** Magazin" absolviert, wobei It. AMS-Rückmeldebogen ein tägliches Training von 9:00 bis 17:00 Uhr in den Trainingsbereichen "Recherche, graphische Ausarbeitung und Videoschnitt" vorgesehen war.
o Für die Zeit vom bis und auch vom bis wurden offenbar AMS gestützte Kurse zur Vorbereitung auf die Lehrabschlussprüfung "Mediendesign" beim Institut "***18***" (= ***7******8*** KG) absolviert, die 18 Wochenstunden Kurszeiten, und 10 Wochenstunden "Selbstlernzeiten unter Aufsicht" vorsahen.
o Nach einem handschriftlichen Hinweis auf einer (nicht lesbar gescannten) Tabelle sollte es wahrscheinlich auch in der Zeit vom bis und vom bis irgendwelche Trainings oder Praktika bei "Frau ***21******22***" gegeben haben, diesbezügliche Unterlagen fehlen jedoch zur Gänze.
o Laut einer mit dem Vorlageantrag vorgelegten "Therapiebestätigung", ausgestellt von Mag. ***23******24***-***25*** am ist Frau ***5******2*** seit August 2016 bei ihr in psychotherapeutischer Behandlung. Ob sich aufgrund dieses Umstandes Rückwirkungen auf die Berufsausbildung (und wenn ja welche) ergeben haben, kann der Bestätigung nicht entnommen werden.
Demzufolge ergibt sich zweifelsfrei eine Berufsausbildung i. S. d. FLAG 1967 für die Zeiträume
06/2013 bis 04/2014 (Lehre ***12***),
06/2014 bis 04/2015 (Lehre ***11*** GmbH) und
02/2016 bis 10/2016 (Ausbildung gem. § 30b BAG beim bfi)
Für die übrigen Trainings, Praktika und ähnlichen Maßnahmen während des RF- bzw. Beschwerdezeitraumes kann nicht von einer Berufsausbildung i. S. des FLAG 1967 ausgegangen werden.
Nach ständiger RSp ist es das Ziel einer Berufsausbildung i. S. d. FLAG 1967, die berufliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufs zu erlangen.
Unter den Begriff "Berufsausbildung" sind jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung zu zählen, in deren Rahmen noch nicht berufstätige Personen (ohne Berücksichtigung der besonderen Spezifika an einem bestimmten Arbeitsplatz) das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird. Der Besuch von im allgemeinen nicht auf eine Berufsausbildung ausgerichteten Veranstaltungen kann dagegen nicht als Berufsausbildung gewertet werden, selbst dann nicht, wenn diese Ausbildung für eine spätere Berufsausbildung Voraussetzung, oder nützlich ist (, ).
Die einzelnen im Beschwerdezeitraum absolvierten Trainings bzw. Praktika dienten (auch nach den AMS-Rückmeldebögen usw.) offensichtlich (auch) der Aneignung eines bestimmten Wissensstandes bzw. eines bestimmten Levels an Fertigkeiten in Bezug auf "Foliengestaltung", "graphisches Design" usw., nicht nur für Zwecke der jeweiligen AMS-Partner selbst, sondern u. a. auch im Hinblick auf eine angestrebte Lehrabschlussprüfung, die den vorrangigsten Zweck der AMS-Fördermaßnahme bilden dürfte.
Sie stellen aber im Unterschied zu den anzuerkennenden Lehr-Ausbildungen bzw. Ausbildungen i. S. d. § 30b ABG keine Ausbildungsmaßnahmen dar, die über diese Fertigkeiten- und Wissensaneignung hinausgehen, und per se die fachliche Qualifikation für ein bestimmtes Berufsbild vermitteln. (Vgl. auch RV/7100108/2018, RV/1100333/2014)
Insofern wird beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
Vorlage
Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte unter anderem aus:
Inhaltsverzeichnis zu den vorgelegten Aktenteilen (Aktenverzeichnis)
Beschwerde
1 Beschwerde
Bescheide
2 Familienbeihilfe (Zeitraum: 05.2015-06.2018)
Beschwerdevorentscheidung
3 Beschwerdevorentscheidung
Vorlageantrag
4 Vorlageantrag
Vorgelegte Aktenteile
5 Überprüfungsschreiben
6 Vorhalt
7 Vorhalt zweite Aufforderung
8 Vorhaltsbeantwortung
9 SV Daten ***5***
10 AV zur Beschwerdevorlage 02.10.201
Bezughabende Normen
§ 2 Abs.1 lit.b i. V. m § 26 FLAG 1967
Sachverhalt und Anträge
Sachverhalt:
Die Bescheidbeschwerde gibt vor, dass "seit 2013 durchgehend eine Lehre" absolviert worden sei und deshalb der Rückforderungsbetrag nicht stimme, der Vorlageantrag verweist auf eine Absolvierung verschiedenster Praktika zwecks Vorbereitung auf eine Lehrabschlussprüfung, zufolge derer hohe Beträge wegfallen müssten da eine Beschäftigung vorgelegen sei, sowie auf zu berücksichtigende gesundheitliche Probleme.
Beweismittel:
Bescheidbeschwerde, Vorlageantrag und weitere hochgeladene Akt-Dokumente
Stellungnahme:
Die einzelnen im Beschwerdezeitraum absolvierten Trainings bzw. Praktika dienten offensichtlich der Aneignung eines bestimmten Wissensstandes bzw. eines bestimmten Levels an Fertigkeiten, jeweils in Bezug auf einzelne bzw. unterschiedliche Tätigkeitsgebiete wie "Foliengestaltung", "graphisches Design" usw. Eine über die einzelnen spezifischen Wissens- und/oder Fertigkeiten-Vermittlung hinausgehende fachliche Qualifikation für ein bestimmtes Berufsbild kann den einzelnen Trainings bzw. Praktika per se nicht beigemessen werden, folglich liegt auch eine Berufsausbildung i. S. des § 2 Abs.1 lit.b FLAG 1967 nicht vor.
Es wird daher beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Die im Juni 1996 geborene ***5*** ***2*** ist Tochter der Bf ***1*** ***2***.
Zeitraum Juni 2013 bis April 2014 (nicht verfahrensgegenständlich)
Am begann ***5*** ***2*** (mit 17 Jahren) eine Lehre Frisörin und Perückenmacherin bei der ***12*** GmbH. Das Lehrverhältnis wurde im April 2014 einvernehmlich aufgelöst. Im Juni 2014 wurde die Lehre Frisörin und Perückenmacherin bei der ***9*** ***10*** ***11*** GmbH fortgesetzt und im April 2015 von ***5*** ***2*** abgebrochen. In den Schuljahren 2013/2014 und 2014/2015 wurde die Berufsschule für Haar und Körperpflege besucht.
Die Lehre wurde abgebrochen, da die Tochter unter Rückenschmerzen, Problemen mit den Handgelenken und hauptsächlich unter Depressionen litt, weiters unter Migräne, Schlaflosigkeit und Übelkeit. Diese Leiden hatten während der Lehre verschlimmert. Die Tochter unternahm mehrere Therapien und sieht sich seit dem Jahr 2019 als gesund an.
Zeitraum Mai 2015 bis Jänner 2016:
Im Schuljahr 2015/16 war ***5*** ***2*** Schülerin der ersten Fachklasse für den Lehrberuf Medienfachfrau - Mediendesign der Berufsschule für Chemie, Grafik und gestaltende Berufe. Von bis absolvierte ***5*** ***2*** im Rahmen eines mit "neue Wege" benannten Kursangebots ein Praktikum in der IT-Abteilung der "***14***.at GmbH" zum "Erwerb von praktischen Erfahrungen als Voraussetzung für einen Ausbildungsabschluss" mit Trainingsinhalt "Mediendesign".
Zeitraum Februar 2016 bis Oktober 2016 (nicht verfahrensgegenständlich)
Von Februar 2016 bis März 2017 war ***5*** ***2*** als Hausbetreuerin geringfügig beschäftigt.
Am schloss ***5*** ***2*** mit dem BFI Wien einen Ausbildungsvertrag über eine Lehrausbildung nach § 30b BAG für den Lehrberuf Medienfachfrau ab. Als Lehrzeit wurde die Zeit zwischen bis vereinbart. Die Ausbildung wurde aber schon am wieder beendet, nach Angaben von ***5*** ***2*** wegen Pensionierung des Kursleiters.
Zeitraum November 2016 bis Juni 2018
Seit März 2017 ist ***5*** ***2***, mit Ausnahme von einigen Tagen, als arbeitssuchend gemeldet gewesen. Möglicherweise gab es (Unterlagen darüber liegen nicht vor) vom bis und vom bis (gleichzeitig zum Praktikum bei ***15***?) Trainings oder Praktika bei "Frau ***21*** ***22***".
Von bis absolvierte ***5*** ***2*** ein AMS-gestütztes Trainings-Praktikum bei ***15*** (***16*** ***7***). Es wurde ein tägliches Training von 09:00 bis 17:30 Uhr in den Trainingsbereichen "Foliengestaltung, Visitenkartendesign, Homepagelayout" durchgeführt. Vom bis wurde ein AMS-gestützter Kurs zur Vorbereitung auf die Lehrabschlussprüfung "Mediendesign" beim Institut "***18***" (= ***7*** ***8*** KG) absolviert, 18 Wochenstunden Kurszeiten, und 10 Wochenstunden "Selbstlernzeiten unter Aufsicht". Vom bis wurde ein AMS-gestütztes Trainings-Praktikum beim "***17*** Magazin" absolviert, wobei ein tägliches Training von 9:00 bis 17:00 Uhr in den Trainingsbereichen "Recherche, graphische Ausarbeitung und Videoschnitt" vorgesehen war.
Zeitraum Juli 2018 bis Dezember 2018 (nicht verfahrensgegenständlich)
Von bis wurde ein weiterer AMS-gestützter Kurs zur Vorbereitung auf die Lehrabschlussprüfung "Mediendesign" beim Institut "***18***" (= ***7*** ***8*** KG) absolviert, 18 Wochenstunden Kurszeiten, und 10 Wochenstunden "Selbstlernzeiten unter Aufsicht". Von bis wurde ein Arbeitstraining im Ausmaß von 38,5 Wochenstunden bei Rechtsanwalt Mag. ***19*** ***20*** absolviert, mit dem Inhalt "Mediendesign", das dem Erwerb von praktischen Erfahrungen als Voraussetzungen für einen (nicht konkretisierten) "Ausbildungsabschluss" dienen sollte. Ein Abschluss der Ausbildung im Lehrberuf Medienfachfrau, die im Februar 2016 begonnen wurde, erfolgte bis zur Beschwerdevorlage nicht.
Beweiswürdigung
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage, insbesondere den von der Bf vorgelegten Unterlagen.
Rechtsgrundlagen
§ 2 Abs. 1 FLAG 1967 lautet:
§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
a) für minderjährige Kinder,
b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,
c) für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen,
d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird,
e) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Zivildienstes begonnen oder fortgesetzt wird,
f) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)
g) für volljährige Kinder, die in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,
h) für volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5), das 25 Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind nicht anzuwenden,
i) für volljährige Kinder, die sich in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, in Berufsausbildung befinden und die vor Vollendung des 24. Lebensjahres ein Kind geboren haben oder an dem Tag, an dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, schwanger sind, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,
j) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie
aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und
bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und
cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird,
k) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, und die sich in Berufsausbildung befinden, wenn sie vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmalig in der Dauer von acht bis zwölf Monaten eine freiwillige praktische Hilfstätigkeit bei einer von einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege zugewiesenen Einsatzstelle im Inland ausgeübt haben; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,
l) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die teilnehmen am
aa) Freiwilligen Sozialjahr nach Abschnitt 2 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,
bb) Freiwilligen Umweltschutzjahr nach Abschnitt 3 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,
cc) Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,
dd) Europäischen Freiwilligendienst nach dem Beschluss Nr. 1719/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Einführung des Programms "Jugend in Aktion" im Zeitraum 2007 - 2013.
§ 10 FLAG 1967 lautet:
§ 10. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt; die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) ist besonders zu beantragen.
(2) Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.
(3) Die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) werden höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt. In bezug auf geltend gemachte Ansprüche ist § 209 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, anzuwenden.
(4) Für einen Monat gebührt Familienbeihilfe nur einmal.
(5) Minderjährige, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, bedürfen zur Geltendmachung des Anspruches auf die Familienbeihilfe und zur Empfangnahme der Familienbeihilfe nicht der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters.
§ 11 FLAG 1967 lautet:
§ 11. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 4, monatlich durch das Wohnsitzfinanzamt automationsunterstützt ausgezahlt.
(2) Die Auszahlung erfolgt durch Überweisung auf ein Girokonto bei einer inländischen oder ausländischen Kreditunternehmung. Bei berücksichtigungswürdigen Umständen erfolgt die Auszahlung mit Baranweisung.
(3) Die Gebühren für die Auszahlung der Familienbeihilfe im Inland sind aus allgemeinen Haushaltsmitteln zu tragen.
§ 12 FLAG 1967 lautet:
§ 12. (1) Das Wohnsitzfinanzamt hat bei Entstehen oder Wegfall eines Anspruches auf Familienbeihilfe eine Mitteilung auszustellen. Eine Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe ist auch über begründetes Ersuchen der die Familienbeihilfe beziehenden Person auszustellen.
(2) Wird die Auszahlung der Familienbeihilfe eingestellt, ist die Person, die bislang die Familienbeihilfe bezogen hat, zu verständigen.
§ 13 FLAG 1967 lautet:
§ 13. Über Anträge auf Gewährung der Familienbeihilfe hat das Wohnsitzfinanzamt der antragstellenden Person zu entscheiden. Insoweit einem Antrag nicht oder nicht vollinhaltlich stattzugeben ist, ist ein Bescheid zu erlassen.
§ 26 FLAG 1967 lautet:
§ 26. (1) Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
(2) Zurückzuzahlende Beträge nach Abs. 1 können auf fällige oder fällig werdende Familienbeihilfen angerechnet werden.
(3) Für die Rückzahlung eines zu Unrecht bezogenen Betrages an Familienbeihilfe haftet auch derjenige Elternteil des Kindes, der mit dem Rückzahlungspflichtigen in der Zeit, in der die Familienbeihilfe für das Kind zu Unrecht bezogen worden ist, im gemeinsamen Haushalt gelebt hat.
(4) Die Oberbehörden sind ermächtigt, in Ausübung des Aufsichtsrechtes die nachgeordneten Abgabenbehörden anzuweisen, von der Rückforderung des unrechtmäßigen Bezuges abzusehen, wenn die Rückforderung unbillig wäre.
§ 33 Abs. 3 EStG 1988 lautet:
(3) Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.
Rückzahlung zu Unrecht bezogener Familienleistungen
Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 ergibt sich eine objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der Familienbeihilfe (allenfalls in Form einer Ausgleichszahlung / Differenzzahlung) und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. § 26 Rz 12 zitierte Rechtsprechung).
Fehlt es an einem Anspruch auf Familienbeihilfe (Ausgleichszahlung / Differenzzahlung), ist auch der Kinderabsetzbetrag zurückzufordern.
Es kommt nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs der Familienleistungen an (vgl. etwa ; ), also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug (vgl. ; ). Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienleistungen (etwa durch unrichtige Angaben im Antrag gemäß § 10 FLAG 1967 oder Verstoß gegen die Meldepflicht gemäß § 25 FLAG 1967), Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags oder die Verwendung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Gleiches gilt für den gutgläubigen Verbrauch der Beträge (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. § 26 Rz 13 zitierte Rechtsprechung). Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl. etwa oder ).
Einer Rückforderung steht auch nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch das Finanzamt verursacht worden ist (die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. § 26 Rz 16 zitierte Rechtsprechung). Allerdings kann ein Grund für eine Nachsicht nach § 236 BAO vorliegen (vgl. ; ).
Diese objektive Erstattungspflicht hat zur Folge, dass der Behörde, sobald die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nicht mehr gegeben sind, hinsichtlich der Rückforderung von bereits bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag kein Ermessensspielraum bleibt (vgl. ).
Zur Rückzahlung eines unrechtmäßigen Bezuges an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag ist nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 derjenige verpflichtet, der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. ). Die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag müssen demjenigen, von dem sie zurückgefordert wird, tatsächlich ausbezahlt worden sein. Die Auszahlung auf ein vom Anspruchsberechtigten angegebenes Konto des Kindes ist einer Auszahlung an den Anspruchsberechtigten gleichzuhalten.
Es ist daher zu prüfen, ob im Rückforderungszeitraum Mai 2015 bis Jänner 2016 und November 2016 bis Juni 2018 oder in Teilen des Rückforderungszeitraums ein Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag bestanden hat.
Berufsausbildung
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 besteht ein Familienbeihilfeanspruch für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.
Zeitraum Mai 2015 bis August 2015
Im Zeitraum Mai 2015 bis August 2015 und im Zeitraum November 2016 bis Jänner 2016 übte ***5*** ***2*** keine Tätigkeit aus. In dieser Zeit ging ***5*** ***2*** keiner Berufsausbildung nach.
Für den Zeitraum Mai 2015 bis August 2015 erfolgte die Rückforderung daher zu Recht.
Zeitraum September und Oktober 2015
Von bis absolvierte ***5*** ***2*** im Rahmen eines mit "neue Wege" benannten Kursangebots ein Praktikum in der IT-Abteilung der "***14***.at GmbH" zum "Erwerb von praktischen Erfahrungen als Voraussetzung für einen Ausbildungsabschluss" mit Trainingsinhalt "Mediendesign". Im Schuljahr 2015/16 (also ab September 2015) war ***5*** ***2*** Schülerin der ersten Fachklasse für den Lehrberuf Medienfachfrau - Mediendesign der Berufsschule für Chemie, Grafik und gestaltende Berufe.
Nach der Rechtsprechung des VwGH fallen unter den Begriff "Berufsausbildung" alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten in einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt wird (vgl. ).
Auch ein Praktikum, das bei dem Unternehmen absolviert wird, in welchem später ein Beruf ausgeübt wird, kann "Berufsausbildung" sein (vgl. ). Dass im Zuge einer Berufsausbildung praktische und nicht nur theoretische Kenntnisse vermittelt werden können und etwa ein Praktikum zur Vermittlung praktischer Grundkenntnisse unter Berufsausbildung fallen kann, hat der Verwaltungsgerichtshof etwa im Erkenntnis , ausgesprochen. Von einer Berufsausbildung zu unterscheiden ist die bloße Einschulung am Arbeitsplatz in Form eines Praktikums. In diesem Fall besteht kein Familienbeihilfenanspruch (vgl. etwa , zu "Model Booker"; zu Praktikum bei einem Fernsehsender).
Der Begriff Praktikum bezeichnet eine auf eine bestimmte Dauer ausgelegte Vertiefung erworbener oder noch zu erwerbender Kenntnisse in praktischer Anwendung oder für das Erlernen neuer Kenntnisse und Fähigkeiten durch Mitarbeit in einer Organisation oder Firma (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Praktikum). Das alleine ist keine Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967. Ein Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag vermittelndes Praktikum muss entweder Teil einer insgesamt als Berufsausbildung anzusehenden Ausbildung sein (etwa Pflichtpraktikum im Rahmen einer Schulausbildung wie an berufsbildenden höheren Schulen) oder selbst in Form einer schulischen oder kursmäßigen Ausbildung organisiert sein. Letzteres setzt eine etwa einer Lehrlingsausbildung vergleichbare (siehe zum "dualen System" etwa ) Ausbildung voraus:
Gemäß § 8 Abs. 2 Berufsausbildungsgesetz haben die Ausbildungsvorschriften für Lehrberufe "Berufsbilder zu enthalten; diese sind entsprechend den dem Lehrberuf eigentümlichen Arbeiten und den zur Ausübung dieser Tätigkeiten erforderlichen Hilfsverrichtungen, jedoch ohne Rücksicht auf sonstige Nebentätigkeiten des Lehrberufes unter Berücksichtigung der Anforderungen, die die Berufsausbildung stellt, festzulegen und haben hierbei nach Lehrjahren gegliedert die wesentlichen Fertigkeiten und Kenntnisse, die während der Ausbildung zu vermitteln sind, anzuführen."
Ein Praktikum, das sich auf die praktische Erfahrung auf einem Arbeitsplatz oder auf verschiedenen Arbeitsplätzen in einer Firma beschränkt, ohne dass eine "schulische oder kursmäßige Ausbildung" vorliegt, erfüllt nicht das Kriterium einer Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 (vgl. ).
Laut der Praktikumsbestätigung vom der ***14***.at GmbH hat ***5*** ***2*** verschiedene Unterstützungsarbeiten von bis in der IT-Abteilung geleistet, was mit der praktischen Ausbildung in einem Lehrbetrieb vergleichbar ist, da gleichzeitig auch eine kursmäßige Ausbildung in Form des Berufsschulbesuchs erfolgt ist.
Daher steht für die Monate September und Oktober 2015 Familienbeihilfe wegen Berufsausbildung zu.
Zeitraum November 2015 bis Jänner 2016
Von November 2015 bis Jänner 2016 wurde weiterhin die Berufsschule besucht. Der Berufsschulbesuch allein ohne gleichzeitige praktische Ausbildung stellt jedoch mangels umfassender zeitlicher Auslastung des Kindes keine Berufsausbildung i.S.v. § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 dar (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 2 Rz 45 "Lehrausbildung").
In diesem Zeitraum bestand kein Familienbeihilfeanspruch.
Zeitraum November 2016 bis November 2017
Zu Praktika bei "Frau ***21*** ***22***" vom bis und vom bis (gleichzeitig zum Praktikum bei ***15***?) gibt es keine Unterlagen. Das Bundesfinanzgericht kann daher nicht feststellen, dass sich ***5*** ***2*** in Berufsausbildung befunden hat und Familienbeihilfe zusteht-
Zeitraum Dezember 2017 bis Jänner 2018
Von bis absolvierte ***5*** ***2*** ein AMS-gestütztes Trainings-Praktikum bei ***15*** (***16*** ***7***). Es wurde ein tägliches Training von 09:00 bis 17:30 Uhr in den Trainingsbereichen "Foliengestaltung, Visitenkartendesign, Homepagelayout" durchgeführt.
Besteht eine Maßnahme des Arbeitsmarktservice darin, der Berufsorientierung, der Perspektivenplanung, der Persönlichkeitsentwicklung, der Überprüfung der Berufsentscheidung und der Vermittlung von sozialen und beruflichen Basisfertigkeiten (z.B. Verbesserung der Sozialkompetenz, Bewerbungstraining, Vermittlung von schulischem und fachlichem Wissen) zu dienen, die für eine Vielzahl von Berufen nützlich sein können, und erschöpfen sich die Kursinhalte sich daher in der Sammlung von beruflichen Erfahrungen und Aneignung von Fertigkeiten ohne ein konkretes Berufsziel und ohne Ablegung von Prüfungen, liegt keine Berufsausbildung i.S.v. § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 vor (vgl. etwa ). Allerdings diente das Training bei ***15*** der Vermittlung spezifischer Kenntnisse und Fähigkeiten für die Ausübung eines bestimmten Berufes, nämlich einer Medienfachfrau/eines Medienfachmanns. Damit trug das Training dazu bei, die fachliche Qualifikation für die Ausübung eines konkreten angestrebten Berufes zu erlangen und hat auch die überwiegende Zeit in Anspruch genommen. Dient ein vom AMS gefördertes Training dazu, die fachliche Qualifikation für die Ausübung eines konkreten angestrebten Berufes zu erlangen und nimmt es die überwiegende Zeit in Anspruch, liegt - anders als bei allgemeinen Qualifizierungsmaßnahmen des AMS - Berufsausbildung i.S.d. FLAG 1967 vor.
Für den Zeitraum Dezember 2017 bis Jänner 2017 bestand daher Anspruch auf Familienbeihilfe.
Februar 2018
Im Februar 2018 befand sich die Tochter nicht in Berufsausbildung. Somit besteht für diesen Zeitraum auch kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
März 2018 bis Juni 2018
Vom bis wurde ein AMS-gestützter Kurs zur Vorbereitung auf die Lehrabschlussprüfung "Mediendesign" beim Institut "***18***" (= ***7*** ***8*** KG) absolviert, 18 Wochenstunden Kurszeiten, und 10 Wochenstunden "Selbstlernzeiten unter Aufsicht". Von bis wurde ein AMS-gestütztes Trainings-Praktikum beim "***17*** Magazin" absolviert, wobei ein tägliches Training von 9:00 bis 17:00 Uhr in den Trainingsbereichen "Recherche, graphische Ausarbeitung und Videoschnitt" vorgesehen war.
Für diese beiden Trainings gelten die Ausführungen zum Training bei ***15***.
Auch diese Trainings dienten dazu, spezifische Kenntnisse und Fähigkeiten für die Ausübung eines bestimmten Berufes, nämlich einer Medienfachfrau/eines Medienfachmanns, zu vermitteln. Damit bestand auch für den Zeitraum März 2018 bis Juni 2018 (Juli 2018 bis August 2018 ist nicht verfahrensgegenständlich) Anspruch auf Familienbeihilfe.
Krankheit vermittelt keinen Familienbeihilfeanspruch
Auch eine (schwere) Erkrankung eines volljährigen Kindes allein vermittelt gemäß § 2 Abs. 1 FLAG 1967 keinen Anspruch auf Familienbeihilfe (vgl. ).
Eine Krankheit ist dann maßgebend, wenn sie eine Behinderung darstellt, die zur Folge hat, dass das Kind voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Gemäß § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967 besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind, das wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.
Dass ***5*** ***2*** voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig ist, ist aus dem elektronisch vorgelegten Finanzamtsakt nicht zu ersehen. ***5*** ***2*** bringt auch vor, dass sie mittlerweile gesund und arbeitsfähig sei. Eine Krankheit kann auch bei einer durchgehenden Berufsausbildung von Bedeutung sein. Im gegenständlichen Fall liegt aber keine durchgehende Berufsausbildung, sondern eine immer wieder unterbrochene Berufsausbildung vor.
Zu Unrecht bezogene Familienleistungen
Nach den vorstehenden Ausführungen hat die Bf im Rückforderungszeitraum nur teilweise zu Unrecht Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag erhalten, und zwar in den Zeiträumen Mai 2015 bis August 2015, November 2015 bis Jänner 2016, November 2016 bis November 2017 und Februar 2018.
Diese Familienleistungen sind daher gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 zurückzufordern. Der angefochtene Bescheid erweist sich daher insoweit nicht als rechtswidrig (Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG).
Für den Zeitraum September 2015 und Oktober 2015, den Zeitraum Dezember 2017 bis Jänner 2017 sowie den Zeitraum März 2018 bis Juni 2018 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu Recht ausbezahlt. Insoweit ist der angefochtene Bescheid gemäß § 279 BAO ersatzlos aufzuheben.
Revisionsnichtzulassung
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da das Bundesfinanzgericht der dargestellten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt, ist eine Revision nicht zuzulassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 30b BAG, Berufsausbildungsgesetz, BGBl. Nr. 142/1969 § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 8 Abs. 2 BAG, Berufsausbildungsgesetz, BGBl. Nr. 142/1969 § 33 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7105412.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at