Nachzahlung Insolvenz-Entgelt - Zurechnung zu dem Kalenderjahr, für welches der Anspruch besteht
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt (nunmehr gem § 323b BAO Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018, Steuernummer ***Bf1 StNr*** zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (Bf) bezog im Jahr 2018 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und in Folge der Insolvenz seines Arbeitgebers (***XY***) Insolvenz-Entgelt von der Insolvenz-Entgelt-Fonds Service GmbH (IEF Service GmbH). Am beantragte der Bf mittels Abgabenerklärung seine Arbeitnehmerveranlagung für das Beschwerdejahr 2018 durchzuführen. Am erging durch das Finanzamt ein Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) in welchem dem Bf ua Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in der Höhe von € 12.690,- von der IEF Service GmbH zugerechnet wurden. Dagegen erhob der Bf am fristgerecht Beschwerde und führte hiezu aus, dass Beträge die das Jahr 2019 betreffen in das Jahr 2018 eingerechnet worden seien. Das Finanzamt ersuchte den Bf mittels Vorhaltes vom einen Nachweis hinsichtlich der tatsächlich erhaltenen Zahlungen für das Jahr 2018 und 2019, sowie den Bescheid der IEF Service GmbH vorzulegen. Dieser Aufforderung ist der Bf in seiner Vorhaltsbeantwortung vom nicht nachgekommen. Das Finanzamt erließ am eine Beschwerdevorentscheidung, in welcher die Beschwerde vom als unbegründet abgewiesen wurde. Am beantragte der Bf die Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (BFG). Die Beschwerde wurde dem BFG am zur Entscheidung vorgelegt.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Der Bf war im Beschwerdejahr 2018 bei ***XY*** nichtselbständig beschäftigt. Über das Vermögen der ***XY*** wurde mit Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom der Konkurs eröffnet. In weiterer Folge leistete die IEF Service GmbH Insolvenz-Entgelt-Zahlungen an den Bf. Von der IEF Service GmbH wurde gem § 69 Abs 6 EStG 1988 ein Lohnzettel (§ 84 EStG 1988) an das Finanzamt übermittelt, aus dem sich - entgegen den vom Bf beigebrachten Bescheiden - ein Insolvenz-Entgelt-Bezug in der Höhe von € 12.690,- ergab. Dieser Betrag wurde vom belangten Finanzamt der Jahresveranlagung zu Grunde gelegt. Gegen die Zurechnung von € 12.690,- an Insolvenz-Entgelt im Jahr 2018 richtet sich die gegenständliche Beschwerde.
Mittels Vorhalt des wurde der Bf neuerlich ersucht, die Bescheide der IEF Service GmbH vorzulegen. Diesem Ersuchen kam der Bf in weiterer Folge am nach und legte die folgenden Bescheide dem BFG vor:
Teilbescheid ***Nummer***-1/18
Teilbescheid ***Nummer***-4/18
Teilbescheid ***Nummer***-5/18
Aus diesen Bescheiden ist ua ersichtlich, dass betreffend das Beschwerdejahr folgende Zahlungen der IEF Service GmbH erfolgten:
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Anspruch | von | bis | Betrag |
laufendes Entgelt | € 1.818,- | ||
Weihnachtsremuneration | € 1.703,- | ||
Kündigungsentschädigung | € 151,- | ||
Kündigungsentschädigung | € 2.267,- | ||
Summe für 2018: | € 5.939,- |
Die restlichen Beträge, die sich aus den drei vorgelegten Teilbescheiden der IEF Service GmbH ergeben, betreffen das Veranlagungsjahr 2019 und sind hier nicht weiter entscheidungsrelevant.
Das Schreiben des Bf vom samt den beigelegten Bescheiden der IEF Service GmbH wurde dem belangten Finanzamt zur Stellungnahme am übermittelt. Das Finanzamt nahm am dazu Stellung und führte an, dass dem Vorbringen des Bf gefolgt wird und im Jahr 2018 Zahlungen in der Höhe von € 5.939,- als Insolvenz-Entgelt dem Bf zuzurechnen seien.
Beweiswürdigung
Aus den drei vorgelegten Teilbescheiden der IEF Service GmbH sind - betreffend das Beschwerdejahr 2018 - die in der obigen Tabelle angeführten Beträge zu entnehmen. Diese Beträge decken sich auch mit dem weiteren Vorbringen des Bf im Rahmen seiner Vorhaltsbeantwortung vom . Aus dem Einkommensteuerbescheid 2018 vom ist ersichtlich, dass als Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit dem Bf aus Zahlungen des Insolvenz-Entgelt-Fonds € 12.690,- zugerechnet und veranlagt wurden. Tatsächlich wäre aber, entsprechend der obigen Darstellung, auf Basis der vorgelegten Teilbescheide der IEF Service GmbH lediglich ein Betrag von € 5.939,- an Zahlungen des Insolvenz-Entgelt-Fonds dem Bf im Beschwerdejahr zuzurechnen gewesen. Ergänzend wird angemerkt, dass auch das Finanzamt, welchem mit Vorhalt vom die Vorhaltsbeantwortung des Bf samt beigelegter Bescheide der IEF Service GmbH zur Stellungnahme übermittelt wurde, sich der Rechtsansicht des Bf anschließt und eine Zurechnung von € 5.939,- aus Insolvenz-Entgelt-Zahlungen der IEF Service GmbH im Jahr 2018 für korrekt erachtet.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
§ 19 EStG 1988 idF BGBl I Nr 112/2011 lautet auszugsweise wie folgt:
"(1) Einnahmen sind in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Abweichend davon gilt:
1) …
2) In dem Kalenderjahr, für das der Anspruch besteht bzw. für das sie getätigt werden, gelten als zugeflossen:
- Nachzahlungen von Pensionen, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird,
- Nachzahlungen im Insolvenzverfahren sowie
- Förderungen und Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln im Sinne des § 3 Abs. 4, mit Ausnahme der in § 3 Abs. 2 genannten Bezüge.
3) …
[…]"
Für Nachzahlungen des Insolvenz-Entgelt-Fonds (IEF Service GmbH) besteht somit gemäß § 19 Abs 1 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 die Sonderregelung, dass diese nicht im Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses, sondern in dem Zeitpunkt, für den der Anspruch besteht, als Einkünfte zu erfassen sind ("Anspruchsprinzip"). Die Zurechnung dieser Nachzahlungen zu dem Jahr, für das der Anspruch besteht, gilt für Konkurse, die nach dem eröffnet worden sind (§ 124b Z 130 EStG 1988 idF AbgÄG 2005; Doralt, EStG-Kommentar, § 19 Tz 30/3). Insolvenz-Entgelt nach dem Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz sind also dem Jahr zuzuordnen, für das der Anspruch besteht (vgl Peyerl in Jakom EStG 202114, § 19 Rz 26 "Insolvenz-Entgelt").
Die Sonderregelung des § 19 Abs 1 Z 2 EStG 1988 will somit Bezüge den Zeiträumen zuordnen, in denen sie bei normalem Lauf der Dinge zugeflossen wären, wäre dem nicht im Insolvenzfall die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners (Arbeitgebers) entgegengestanden ().
Für die gegenständliche Beschwerde bedeutet dies, dass unbestrittener Weise - den Beschwerdezeitraum 2018 betreffend - lediglich Insolvenz-Entgelt von der IEF Service GmbH in der Höhe von € 5.939,- und nicht wie im übermittelten Lohnzettel angeführt in der Höhe von € 12.690,- zur Auszahlung gelangte. Die restlichen Beträge, die sich aus den vorgelegten drei Teilbescheiden der IEF Service GmbH ergeben, rechnen in den Veranlagungszeitraum 2019 und sind hier nicht weiter zu behandeln.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen liegen im Beschwerdefall nicht vor, weil es im vorliegenden Fall um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung geht. Die gegenständliche Rechtsfrage ist vielmehr klar aus dem Gesetz heraus lösbar. Außerdem weicht das gegenständliche Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des VwGH (vgl ) ab.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 19 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.2100736.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at