Beschwerde gegen Berichtigungsbescheid gemäß § 293 BAO
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Berichtigungsbescheid gemäß § 293 BAO des Finanzamtes Österreich vom , betreffend Einkommensteuer 2018, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der Beschwerdevorentscheidung vom abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind der als Beilage angeschlossenen Beschwerdevorentscheidung vom zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Einkommensteuererklärung 2018
In seiner am bei der belangten Behörde eingebrachten Einkommensteuererklärung 2018 erklärte der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 7.989,40 € (Summe Betriebseinnahmen: 17.760,22 €, Summe Betriebsausgaben: 9.770,73 €).
Mitteilungen nach § 109a EStG 1988
Die dem Bf. im Jahr 2018 auf Grund von Vermittlungen von Versicherungen geleisteten Entgelte wurden der belangten Behörde gemäß § 109a EStG 1988 mitgeteilt. Daraus ergeben sich insgesamt Einnahmen in Höhe von 19.481,64 €.
Aktenvermerk vom
Laut einem Aktenvermerk der belangten Behörde sei der Bf. seit ersucht worden, Unterlagen zur Steuererklärung beizubringen (Telefonprotokolle vom 07.02., 28.02., 18.03., 24.03., 21.04., 13.05. und ; persönliche Vorsprache am ). Zur Behauptung, die in den Mitteilungen nach § 109a EStG gemeldeten Einnahmen seien unrichtig, hätte der Bf. keine relevanten Nachweise erbringen können.
Einkommensteuerbescheid 2018 vom
Mit Einkommensteuerbescheid 2018 vom (Nachforderung in Höhe von 1.321 €) setzte die belangte Behörde Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Ausmaß von 8.449,13 € sowie Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (auf Grund einer Kontrollrechnung nach § 3 Abs 2 EStG 1988 und nach Abzug von Werbungskosten) in Höhe von 9.495,72 € fest.
Begründend wurde u.a. ausgeführt, dass trotz mehrmaliger Kontaktaufnahme keine Unterlagen zur Abklärung der Differenz bezüglich der Provisionen vorgelegt worden seien, weshalb die Veranlagung in Anlehnung an die übermittelten Mitteilungen nach § 109a EStG erfolgt sei. Außerdem seien die doppelt beantragten Aufwendungen für Reisekosten und Pflichtversicherungen nur einmal berücksichtigt worden.
Beschwerde vom
In seiner am eingebrachten Beschwerde führte der Bf. aus, dass das Kommunikationssystem FinanzOnline von ihm niemals benutzt, sondern lediglich von seiner ehemaligen steuerlichen Vertretung verwendet worden sei. Er habe daher den Bescheid nie erhalten.
Aktenvermerk vom
Laut Aktenvermerk der belangten Behörde vom habe der Bf. telefonisch mitgeteilt, dass er den Bescheid noch nicht erhalten habe, weil die elektronische Zustellung über die ehemalige Steuerberaterin erfolgt sei und er selbst keinen Zugang zu FinanzOnline gehabt habe. Nach Ansicht der belangten Behörde sei jedoch die Zustellung rechtskonform erfolgt.
Beschwerdevorentscheidung vom
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde gemäß § 260 BAO wegen nicht fristgerechter Einbringung zurück. Der Bescheid sei über FinanzOnline im Dezember 2020 zugestellt worden. Die Zustimmung für die elektronische Zustellung sei sowohl für eigene, als auch für Zustellungen an den steuerlichen Vertreter gegeben gewesen. Ein Widerruf sei bislang nicht erfolgt.
Gemäß § 293 BAO berichtigter Einkommensteuerbescheid vom
Mit Bescheid vom berichtigte die belangte Behörde den Einkommensteuerbescheid 2018 vom und setzte Einkommensteuer im Ausmaß von 1.321 € fest. Begründend führte sie aus, dass laut den aufliegenden Unterlagen die Einkünfte aus Gewerbebetrieb an 298 Tagen gleichzeitig mit dem Arbeitslosengeld (Notstandshilfe, Krankengeld) bezogen worden seien. Die anteiligen Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 6.898,19 € seien daher von der Hochrechnung auszuschließen.
Beschwerde gegen den berichtigten Einkommensteuerbescheid vom
In der gegen den berichtigten Einkommensteuerbescheid vom gerichteten Beschwerde wurde eingewandt, dass aus dem Bescheid weder eine Gegenüberstellung der Berechnungsvarianten noch eine Aufstellung, aus der der Rechenvorgang nachvollzogen werden könne, zu entnehmen sei. Wie aus dem beigelegten Berechnungsblatt zu entnehmen sei, würde sich bei korrekter Hochrechnung ein für ihn günstigeres Ergebnis ergeben.
Beschwerdevorentscheidung vom
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der der angefochtene Berichtigungsbescheid vom zu Gunsten des Bf. abgeändert. Die belangte Behörde setzte Einkommensteuer für das Jahr 2018 in Höhe von 643 € (bisher: 1.321 €) fest und begründete dies damit, dass der Bf. laut den aufliegenden Mitteilungen Transferleistungen für 339 Tage in Höhe von 9.627,72 € erhalten habe. Von der Hochrechnung ausgenommen seien die Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die neben den Transferleistungen bezogen worden seien, das wären 7.847,27 € (Einkünfte aus Gewerbebetrieb: 8.449,13 €: 365 x 339).
Vorlageantrag vom
In dem von der belangten Behörde als Vorlageantrag gewerteten Schreiben vom ersuchte der Bf. um Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2018 und um Berücksichtigung diverser Arztkosten als außergewöhnliche Belastung sowie der Ausgaben für eine Subvermittlerin (1.300 €) bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb.
Vorlagebericht vom
Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abänderung des Berichtigungsbescheides im Ausmaß der Beschwerdevorentscheidung vom .
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Der Bf. war im beschwerdegegenständlichen Zeitraum selbständiger Versicherungsvermittler und erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Darüber hinaus bezog er Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (ausschließlich Transferleistungen für 339 Tage), welche vom Arbeitsmarktservice Österreich (Notstandshilfe) und von der OÖ Gebietskrankenkasse (Krankengeld während Arbeitslosigkeit) ausgezahlt wurden.
Im Zuge der Veranlagung zur Einkommensteuer kam der Bf. den zahlreichen Aufforderungen der belangten Behörde zur Vorlage von Nachweisen zur Aufklärung behaupteter Unrichtigkeiten nicht nach, weshalb eine Veranlagung auf Basis der nach § 109a EStG 1988 vorgelegten Mitteilungen erfolgte. Der Einkommensteuerbescheid 2018 erging am , wobei Einkünfte aus Gewerbetrieb in Höhe von 8.449,13 € festgesetzt wurden. Die dagegen erhobene Beschwerde vom wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als verspätet zurückgewiesen. Gegen diese Beschwerdevorentscheidung wurde kein Antrag gemäß § 264 BAO auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) gestellt.
Im Einkommensteuerbescheid 2018 vom wurde auf Grund eines Versehens der belangten Behörde nicht berücksichtigt, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb teilweise gleichzeitig mit dem Arbeitslosengeld bezogen wurden, weshalb die anteiligen Einkünfte aus Gewerbebetrieb von der Hochrechnung auszuschließen gewesen wären. Der auf Rechtsgrundlage von § 293 BAO erlassene Berichtigungsbescheid vom berücksichtigte zunächst einen zu geringen Betrag. Die dagegen erhobene Beschwerde vom richtete sich gegen diesen Fehler. In der Beschwerdevorentscheidung vom wurden sodann die gleichzeitig bezogenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb von der Hochrechnung ausgeschlossen und Einkommensteuer in verminderter Höhe (643 €) festgesetzt.
Im dem von der belangten Behörde als Vorlageantrag gewerteten Schriftsatz vom wurde erstmalig die Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen und eine Änderung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Drittprovision als Betriebsausgabe) begehrt.
Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus den elektronisch vorgelegten Aktenteilen. Gegen das Ergebnis der mit Beschwerdevorentscheidung vom korrigierten Hochrechnung wurden keine Einwendungen vorgebracht.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)
Gesetzliche Grundlagen
Gemäß § 293 BAO idgF kann die Abgabenbehörde auf Antrag einer Partei (§ 78) oder von Amts wegen in einem Bescheid unterlaufene Schreib- und Rechenfehler oder andere offenbar auf einem ähnlichen Versehen beruhende tatsächliche oder ausschließlich auf dem Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten berichtigen.
§ 3 Abs 2 EStG 1988 idgF lautet auszugsweise:
"Erhält der Steuerpflichtige steuerfreie Bezüge im Sinne des Abs. 1 Z 5 lit. a (Anmerkung: das versicherungsmäßige Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe oder an deren Stelle tretende Ersatzleistungen) oder c, Z 22 lit. a (5. Hauptstück des Heeresgebührengesetzes 2001), lit. b oder Z 23 (Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 4 und 5 des Zivildienstgesetzes 1986) nur für einen Teil des Kalenderjahres, so sind die für das restliche Kalenderjahr bezogenen laufenden Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 und die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 41 Abs. 4) für Zwecke der Ermittlung des Steuersatzes (§ 33 Abs. 10) auf einen Jahresbetrag umzurechnen. Dabei ist das Werbungskostenpauschale noch nicht zu berücksichtigen. Das Einkommen ist mit jenem Steuersatz zu besteuern, der sich unter Berücksichtigung der umgerechneten Einkünfte ergibt; die festzusetzende Steuer darf jedoch nicht höher sein als jene, die sich bei Besteuerung sämtlicher Bezüge ergeben würde (…)."
Erwägungen
Das Bundesfinanzgericht ist gemäß § 279 Abs 1 BAO berechtigt, einen angefochtenen Bescheid in jede Richtung abzuändern. Diese Berechtigung findet jedoch seine Grenze, wenn ein Anwendungsfall des § 293 BAO vorliegt. Ein Berichtigungsbescheid nach § 293 BAO tritt weder an die Stelle des fehlerhaften Bescheides noch ersetzt er diesen. Der berichtigte Bescheid bleibt vielmehr aufrecht und erfährt lediglich eine Ergänzung durch den hinzutretend zu denkenden Berichtigungsbescheid. Der Spruch des Berichtigungsbescheides hat lediglich auszusprechen, inwieweit der Spruch des fehlerhaften Bescheides eine Berichtigung oder Ergänzung erfahren soll. Der berichtigende Bescheid ist mit Bescheidbeschwerde anfechtbar. Diese Beschwerde kann jedoch nicht auch den berichtigten Bescheid anfechten. Die Anfechtung des Berichtigungsbescheides kann sich daher nur gegen den Grund, den Umfang und Inhalt des Berichtigungsbescheides wenden ().
Der Einkommensteuerbescheid 2018 vom wurde nach Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung nicht weiter bekämpft und war daher in Rechtskraft erwachsen. Wie sachverhaltsmäßig festgestellt, erwies sich dieser Einkommensteuerbescheid 2018 als fehlerhaft und wurde daher mit Bescheid vom (ausschließlich) hinsichtlich der fehlerhaften Hochrechnung gemäß § 293 BAO berichtigt. Das bedeutet, dass der berichtigte Bescheid vom seine Rechtswirkung nur insoweit verliert, als es die Hochrechnung betrifft. Im Übrigen behält der Bescheid seine normative Kraft und ist nicht mehr anfechtbar (sog. Teilrechtskraft).
Die gegenständliche Beschwerde richtet sich ausdrücklich gegen den gemäß § 293 BAO ergangenen Berichtigungsbescheid vom und die darin vorgenommene (wiederum fehlerhafte) Hochrechnung. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde dem Begehren Rechnung getragen und die Hochrechnung korrigiert. Es war daher auf die Ausführungen in der Beschwerde bzw im Vorlageantrag nur insoweit einzugehen, als sie sich gegen die Voraussetzungen des § 293 BAO richten.
Der Vorlageantrag vom wendet sich nicht gegen die Hochrechnung, sondern es wurde die Anerkennung bisher nicht geltend gemachter außergewöhnlicher Belastungen sowie Betriebsausgaben beantragt. Diese Änderungen würden jedoch einen nicht zulässigen Eingriff in die (Teil-)Rechtskraft des Bescheides vom bedeuten. Dem Bundesfinanzgericht war es daher verwehrt, dem Begehren Rechnung zu tragen, da der Berichtigungsbescheid vom ausschließlich den, die Hochrechnung anhaftenden Rechenfehler zum Inhalt hatte und mit Beschwerdevorentscheidung vom korrigiert wurde. Einwendungen gegen das Ergebnis dieser Hochrechnung wurden nicht vorgebracht.
Nach § 20 BAO müssen sich Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben, in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Laut herrschender Rechtsauffassung hat sich die Ermessensübung vor allem am Zweck der Norm zu orientieren. Für Berichtigungen gemäß § 293 BAO gilt somit der Vorrang des Prinzips der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) vor jenem der Rechtsbeständigkeit (Ritz, BAO6, § 20 Tz 8). In Bescheiden unterlaufene Fehler sind daher grundsätzlich mit allen vom Gesetz vorgesehenen Mitteln zu beseitigen und zwar unabhängig davon, ob die Berichtigung sich zu Gunsten oder zu Ungunsten der Partei auswirken würde (Ritz, BAO6, § 293 Tz 10). Da im Beschwerdefall die Folge der Unrichtigkeit auch nicht geringfügig war, hat die belangte Behörde bei Erlassung des nach § 293 BAO berichtigten Einkommensteuerbescheides vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht.
Der angefochtene Berichtigungsbescheid vom war daher im Umfang der Beschwerdevorentscheidung vom abzuändern.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht ist von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen, sondern stützt sich auf den klaren und eindeutigen Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen und auf die in der Entscheidung angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Da im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Rechtsfragen aufgeworfen worden sind, denen im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, ist eine Revision nicht zulässig.
Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 293 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 3 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.5101016.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at