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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.01.2022, RV/4100004/2021

Unzulässigkeit der Verrechnung einer sich aus der Einkommensteuerveranlagung ergebenden Gutschrift mit Konkursforderungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch TPA Regio Steuerberatung GmbH, Walther-von-der-Vogelweide-Platz 4, 9020 Klagenfurt/Wörthersee, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückzahlung eines Guthabens zu Recht erkannt:

  • Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

  • Die Verrechnung der Gutschrift aus der Einkommensteuerveranlagung 2018 mit den vor Insolvenzeröffnung entstandenen Abgabenverbindlichkeiten ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Am beantragte der Beschwerdeführer (Bf.) die Rückzahlung eines Guthabens in Höhe von € 8.293,77.

Mit Bescheid des Finanzamtes Klagenfurt vom wurde der Antrag auf Rückzahlung eines Guthabens mit der Begründung abgewiesen, aus der Veranlagung der Einkommensteuer 2018 ergebe sich ein Guthaben, welches ausschließlich darauf zurückzuführen sei, dass während der Zeit vor Eröffnung des Konkursverfahrens vortragsfähige Verluste entstanden sind. Die Gutschrift sei daher mit Konkursforderungen zu verrechnen.

Gegen diesen Bescheid hat der Bf. mit Eingabe vom Beschwerde erhoben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass über das Vermögen des Bf. am ein Konkursverfahren eröffnet worden sei. Die Einkommensteuerveranlagung 2018 habe auf Grund vortragsfähiger Verluste eine Gutschrift in Höhe von € 5.020,00 ergeben. Der Abgabenanspruch sei somit während des Konkursverfahrens entstanden. Hinsichtlich der von der Finanzverwaltung angemeldeten Konkursforderung in Höhe von € 108.742,01 wurde eine Quote in Höhe von € 17.909,59 (16,4698%) zugesprochen und am beglichen, eine weitere Quote in Höhe von 2% (€ 1.087,42) sei in zwei Raten zu entrichten, wobei die erste Rate am überwiesen worden sei und die zweite Rate erst am fällig werde.

Mit Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes Klagenfurt vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Abgabenanspruch der Einkommensteuer 2018 sei zwar erst nach Konkurseröffnung entstanden, der Grund für die Gutschrift (Verlustvorträge) liege aber vor der Konkurseröffnung, weshalb die Gutschrift zwingend mit den Konkursforderungen zu verrechnen sei.

Nach mehrmaliger Fristverlängerung zur Einreichung eines Vorlageantrages hat der Bf. gegen diese Beschwerdevorentscheidung mit Eingabe vom binnen offener Frist einen Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht gestellt (Vorlageantrag). Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Verrechnung von Gutschriften, die nach der Eröffnung des Ausgleichsverfahrens entstanden sind, mit vor der Eröffnung entstandenen Ausgleichsforderungen, nur bis zur Höhe der zu leistenden Quotenzahlung zulässig sei. Mittlerweile sei aber auch die zweite Rate der Quotenzahlung in Höhe von € 1.087,42 entrichtet worden. Nach der Rechtsprechung des VwGH seien als Rückzahlungsantrag bezeichnete Parteianbringen als Antrag auf Erlassung eines Abrechnungsbescheides zu deuten, wenn es dabei inhaltlich um Meinungsverschiedenheiten zwischen den Verfahrensparteien über Gebarungsakte auf einem Abgabenkonto geht. Im Rechtsmittelverfahren sei daher auf der Grundlage des § 216 BAO inhaltlich über den tatsächlich strittigen Gebarungsakt der Verrechnung der Einkommensteuergutschrift für 2018 auf im Konkursverfahren des ehemaligen Gemeinschuldners angemeldet gewesene Konkursforderungen abzusprechen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Über das Vermögen des Bf. wurde vom LG Klagenfurt unter dem Aktenzeichen ***1*** am ein Konkursverfahren eröffnet. Die von der belangten Behörde angemeldeten Forderungen in der Höhe von € 108.742,01 wurden in dieser Höhe anerkannt. Im weiteren Verlauf des Insolvenzverfahrens wurde am der vom Masseverwalter vorgeschlagene Zahlungsplan angenommen und am bestätigt. Neben einer zugesprochenen Quote in Höhe von € 17.090.59 sah der Zahlungsplan eine Quote von weiteren 2 %, zahlbar in 2 Raten zu jeweils 1 %, die erste Rate binnen einen Monats ab Annahme, die weitere Rate bis zum vor. Das Landesgericht Klagenfurt hob nach rechtskräftiger Bestätigung des Zahlungsplanes den Konkurs mit Beschluss vom auf. Sämtliche Raten des Zahlungsplans wurden fristgerecht entrichtet.

Mit Bescheid des Finanzamtes Klagenfurt vom wurde die Einkommensteuer 2018 festgesetzt. Daraus ergab sich primär auf Grund vortragsfähiger Verluste aus den Jahren vor der Konkurseröffnung eine Abgabengutschrift in Höhe von € 5.020,00.

Am beantragte der Bf. die Rückzahlung seines Guthabens. Der Antrag wurde mit Bescheid des Finanzamtes Klagenfurt vom mit der Begründung abgewiesen, dass die Gutschrift die Zeit vor Konkurseröffnung betreffe und somit zwingend mit den Konkursforderungen zu verrechnen sei.

Beweiswürdigung

Das Bundesfinanzgericht gründet den festgestellten Sachverhalt auf den Inhalt der vom Zollamt Klagenfurt Villach vorgelegten Verwaltungsakten. Der Sachverhalt ist unbestritten.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Gemäß § 239 Abs.1 BAO kann die Rückzahlung von Guthaben auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen.

Gemäß § 215 Abs.1 BAO ist ein sich aus der Gebarung ergebendes Guthaben zur Tilgung fälliger Abqabenschuldigkeiten zu verwenden, die dieser Abgabepflichtige bei derselben Abgabenbehörde hat.

Gemäß § 216 BAO ist mit Bescheid (Abrechnungsbescheid) über die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung (§ 213) sowie darüber, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, auf Antrag des Abgabepflichtigen (§ 77) abzusprechen. Ein solcher Antrag ist nur innerhalb von fünf Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem die betreffende Verbuchung erfolgt ist oder erfolgen hätte müssen, zulässig.

Gemäß § 4 Abs.2 lit.a Z.2 BAO entsteht der Abgabenanspruch für die zu veranlagende Einkommensteuer mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird.

Streitgegenständlich ist die Richtigkeit der von der belangten Behörde vorgenommenen Verrechnung. Der angefochtene Bescheid ist daher seinem materiellen Gehalt nach als Abrechnungsbescheid gemäß § 216 BAO zu deuten (; , 2000/15/0046; , 2006/13/0035).

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH gehen während eines Konkursverfahrens die Aufrechnungsbestimmungen des Insolvenzrechts als speziellere Bestimmung den Verrechnungsvorschriften der BAO vor (zB ). Bei Steuergutschriften handelt es sich um "negative Abgabenansprüche", sie entstehen in dem Zeitpunkt, in dem ein gesetzlicher Tatbestand verwirklicht wird, mit dessen Konkretisierung das Gesetz Abgabenrechtsfolgen verbindet.

Vor Insolvenzeröffnung entstandene Abgabenforderungen und -gutschriften können selbst dann in voller Höhe aufgerechnet werden, wenn das Verfahren mittels Zwangsausgleichs, Ausgleichs oder Entschuldung im Privatkonkurs endete und die entsprechenden Quoten bereits entrichtet wurden. Trat die Aufrechnungslage rückwirkend bereits vor der Insolvenzeröffnung ein, ist die Verrechnung von Abgabenansprüchen vor der Konkurseröffnung ohne insolvenzrechtliche Einschränkung zulässig ().

Die aus dem Einkommensteuerbescheid 2018 resultierende Gutschrift entstand gemäß § 4 Abs.2 lit.a Z.2 BAO erst mit Ablauf des Kalenderjahres 2018 und damit nach der Konkurseröffnung am . Konkursrechtliche Aufrechnungsregeln kommen daher grundsätzlich nicht mehr zur Anwendung. Allerdings kommen während der Dauer des Zahlungsplans besondere Beschränkungen zur Anwendung:

Gemäß § 193 Abs.1 Insolvenzordnung (IO) gelten für den Zahlungsplan grundsätzlich die Bestimmungen über den Sanierungsplan und damit auch § 156 IO. Ein rechtskräftiger Zahlungsplan entfaltet gemäß § 193 Abs.1 iVm § 156 Abs.1 IO Wirkungen gegenüber allen Gläubigern. Den Gläubigern steht damit über den rechtskräftig bestätigten Zahlungsplan hinaus kein Anspruch zu, wobei dies die Quote als auch die im Zahlungsplan festgesetzte Frist betrifft. Nach Erfüllung des Zahlungsplans bleibt bezüglich der nicht bezahlten Schulden eine Naturalobligation zurück, die von den Gläubigern zwar nicht eingeklagt und verrechnet, aber vom Schuldner bezahlt werden kann (; ).

Grundsätzlich dürfen somit nach Insolvenzeröffnung entstandene Abgabengutschriften mit restschuldbefreiten bzw. vollständig quotenerfüllten, vor Insolvenzeröffnung entstandenen Abgabenverbindlichkeiten nicht verrechnet werden, weil für das Zahlungsplanverfahren dahingehend Einschränkungen bestehen, als die Verrechnung mit - angemeldeten oder auch nicht angemeldeten - Konkursforderungen nur bis zur Höhe der Zahlungsplanquote zulässig ist. Die Verrechnung von Gutschriften, die nach der Eröffnung des Ausgleichsverfahrens entstanden sind, mit vor der Eröffnung entstandenen Ausgleichsforderungen ist somit generell nur bis zur Höhe der zu leistenden Quotenzahlung zulässig (zB ; , RV/0483-K/11 (Verlustvortrag), SWK-Spezial Insolvenz und Steuern 2006, S 52 ff.)

Im gegenständlichen Fall wäre somit eine Aufrechnung der Einkommensteuergutschrift 2018 im Ausmaß der damals noch offenen Quote in Höhe von € 1.087,42 zulässig gewesen. Diese Quote wurde mittlerweile allerdings beglichen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Rechtsfragen aufgeworfen worden sind, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt und sich die Entscheidung auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützt, ist eine Revision nicht zulässig.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 216 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 239 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 4 Abs. 2 lit. a Z 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.4100004.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at