Aufhebungsbescheid gem. § 299 BAO: Aufhebung wg. wesentlicher Begründungsmängel
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch 1A Steuerberatungs GmbH, Münchner Straße 26, 6130 Schwaz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Kufstein Schwaz (nunmehr: Finanzamt Österreich) vom , StrNr, betr. die Aufhebung der Berufungsvor-entscheidung vom gemäß § 299 Abs. 1 BAO (betr. Festsetzung NoVA 01/2012 und Festsetzung Kraftfahrzeugsteuer 01-03/2012) zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid (Aufhebungsbescheid gem. § 299 BAO) wird aufgehoben.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang:
1. Bei einer UVA-Prüfung der "A-Mitges.", AB-Nr, wurde laut Niederschrift vom , Tz. 5, betr. NoVA und Kfz-Steuer zum Fahrzeug MarkeX - deutsches Kennzeichen 11xx, Leistung 140 kW, CO2-Wert 228 g/km, Leasing ab , zugelassen auf die "B-GmbH" in D-Ort1 - ua. zum Sachverhalt festgestellt:
Das Fahrzeug werde lt. Erhebung der Finanzpolizei seit im Inland verwendet. Die Beteiligten - ds. ***Bf1*** (= Beschwerdeführer, Bf) und die Ehegattin C - seien ab diesem Zeitpunkt mit Nebenwohnsitz und ab in A-Ort2 mit Hauptwohnsitz gemeldet (lt. Zentralem Melderegister/ZMR). Da es sich um ein Leasingfahrzeug handle (Leasingnehmer = dte. B-GmbH) werde es von der dten. Leasinggeberin nicht zur Zulassung in Österreich freigegeben. Nach Angaben des Steuerberaters werde das Fahrzeug im Hinblick auf die heranstehende Liquidation der deutschen GmbH vorwiegend für Fahrten nach Deutschland (Termine bei Steuerberater, Bank, Notar etc.), und zwar überwiegend vom Gesellschafter ***Bf1***, verwendet; Fahrtenbücher würden keine geführt.
Maßgebend sei jedoch laut Prüfer nicht die überwiegende Verwendung, sondern der Hauptwohnsitz bzw. Mittelpunkt der Lebensinteressen des Verwenders.
Ausgehend vom erhobenen Wert per 12/2011 von netto € 31.613,45 wurde vom Prüfer die Normverbrauchsabgabe in Höhe von € 7.907,70 sowie die Kraftfahrzeugsteuer insgesamt mit € 417,60 errechnet (im Einzelnen: siehe die Niederschrift vom ).
2. Das Finanzamt hat daraufhin, den Prüfungsfeststellungen folgend, dem Bf mit Festsetzungs-Bescheiden vom , StrNr, zum betr. Fahrzeug
a) die Normverbrauchsabgabe für 01/2012 im Betrag von € 7.907,70;
b) die Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 10-12/2011 in Höhe von € 69,60 und
c) die Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 01-03/2012 in Höhe von € 208,80
vorgeschrieben. Begründend wird ausgeführt, dass mangels Selbstberechnung die Festsetzung der Abgaben erforderlich sei.
3. In der gegen alle Bescheide rechtzeitig erhobenen Berufung, nunmehr Beschwerde, wird deren Aufhebung begehrt und im Wesentlichen eingewendet:
Nach der VwGH-Judikatur sei das Fahrzeug dem Halter iSd EKHG als Verwender und damit der B-GmbH mit Sitz in Deutschland und nicht dem Bf zuzurechnen. Halter sei die den Nutzen ziehende und die Kosten tragende Person und nicht der Lenker. Die GmbH, die seit 7 Jahren bestehe und entsprechende Aktivitäten getätigt habe, trage den gesamten Fahrzeugunterhalt (Betankung, Steuern, Abgaben, Versicherung, Reparaturen). Die Unternehmung bleibe Halter, auch wenn die Mitarbeiter das Fahrzeug für private Zwecke nutzen dürften. Zwecks vorgesehener Liquidation der GmbH spätestens 2013 stehe das Fahrzeug den Geschäftsführern noch zur Verfügung; die Entfernung zum Sitz betrage rund 2000 km. Es handle sich weiters um ein Leasingfahrzeug, wobei die GmbH Nutzungsberechtigter und die dte. Y-GmbH (Leasinggeber) rechtmäßiger Besitzer sei. Zudem verlasse das Fahrzeug regelmäßig Österreich, sodass die Jahresfrist immer wieder neu zu laufen beginne.
Letztlich sei die NoVA-Bemessungsgrundlage unrichtig, da bei einem Unfall am am Fahrzeug lt. vorgelegtem Gutachten ein Schaden von € 11.335 entstanden und dieser als Abschlag von zumindest 35 % (anstelle bisher bloß 20 % vom Kaufpreis lt. Leasingvertrag von € 47.025) zu berücksichtigen sei, woraus sich die Bemessungsgrundlage mit € 25.685,93 ermittle.
Lt. dem im Akt erliegenden Unfall-Gutachten v. war ua. bei Besichtigung am der Tachostand mit 10.525 km (Alter 13 Monate) abgelesen worden.
4. Vom Prüfer wurde am in einer Stellungnahme zur Beschwerde ua. ausgeführt, es handle sich bei beiden Gesellschaften um eine "Familiengesellschaft" mit denselben beiden Gesellschaftern. Die Abgaben seien dem Bf als überwiegendem Nutzer vorzuschreiben. Entgegen der Beschwerdebehauptung werde der Kfz-Aufwand vom Geschäftskonto der im Inland tätigen A-Mitges. abgebucht und daher von dieser getragen. Es mögen durchaus Fahrten nach Deutschland durchgeführt werden; die überwiegende Fahrzeugnutzung sei aber nicht nach gefahrenen Kilometern, sondern auch nach Kalendertagen, an denen sich das Fahrzeug im Inland oder in Deutschland befinde, festzumachen.
Laut ergänzender Mail des Prüfers gebe es keinen "Überlassungsvertrag" zum Fahrzeug, das sich im Betriebsvermögen der Personengesellschaft befinde und von den Ehegatten AA, meist vom Bf, gefahren werde.
5. Mit Berufungsvorentscheidung vom (BVE ) wurde der Berufung betr. die NoVA teilweise stattgegeben und diese nunmehr mit € 6.425 festgesetzt; hinsichtlich der Kraftfahrzeugsteuer 10-12/2011 erfolgte mangels entstandener Steuerpflicht (erst ab 01/2012) eine Stattgabe (Aufhebung), hinsichtlich der Kraftfahrzeugsteuer 01-03/2012 eine Abweisung.
Begründend werden vom Finanzamt die NoVA-Richtlinien Rzen. 33 und 34 zitiert, wonach "Verwender" die den Nutzen ziehende Person (zB Leasingnehmer) und jeder sonstige, nicht nur vorübergehende Benützer des Fahrzeuges sei. Die Überlassung eines Fahrzeuges eines ausländischen Unternehmens mit inländischer Betriebsstätte an einen inländischen Dienstnehmer führe jedenfalls zur Steuerpflicht nach § 1 Z 3 NoVAG; dies gelte insbesondere bei Überlassung an einen geschäftsführenden GmbH-Gesellschafter.
Vom Finanzamt werde sohin grundsätzlich die NoVA-Pflicht unterstellt. Unfallbedingt sei jedoch die Bemessungsgrundlage um insgesamt 35 % zu verkürzen.
6. In dem gegen die Festsetzung der NoVA und der Kraftfahrzeugsteuer 01-03/2012 eingebrachten Vorlageantrag vom wird vorgebracht, abgesehen von der Zitierung der NoVAR werde in der BVE nicht auf die Berufungseinwendungen eingegangen und werde nicht dargelegt, aufgrund welcher Umstände gegenständlich die Abgabenpflicht vorliege. Es fehle jegliche Sachverhaltsermittlung oder Überprüfung insbesondere zur Frage, wer Kostenträger des Fahrzeuges sei.
7. In Beantwortung eines Ergänzungsersuchens wurde der Zulassungsschein übermittelt, wonach das Fahrzeug MarkeX unter dem - zutreffenden - Kz 22xx am (= Datum der Erstzulassung) auf die B-GmbH in Deutschland zugelassen worden war. Daneben wurde der Verbrauch des Fahrzeuges mit durchschnittlich 9,5 l und der Kilometer-Stand zum mit ca. 12.000 bekannt gegeben.
8. In der Folge hat das Finanzamt mit Aufhebungsbescheid gem. § 299 BAO vom die BVE vom (betr. Festsetzung der NoVA 01/2012 und der Kraftfahrzeugsteuer 01-03/2012) mit folgender Begründung aufgehoben:
"Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde einen Bescheid aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Da die inhaltliche Rechtswidrigkeit eine nicht bloß geringfügige Auswirkung hat, war die Aufhebung des im Spruch bezeichneten Bescheides von Amts wegen zu verfügen.
Das durch die nunmehr aufgehobene Berufungsvorentscheidung zeitweilig abgeschlossene Berufungsverfahren lebt somit wieder auf."
9. Aufgrund dieser Aufhebung hat das Finanzamt weiters:
a) mit Bescheid vom den Vorlageantrag des Bf v. als unzulässig
(= wg. Wegfalls der BVE als unabdingbare Voraussetzung) zurückgewiesen;
b) damit verbunden den neuen Sachbescheid, dh. eine neuerliche/berichtigte
Berufungsvorentscheidung am erlassen, mit welcher der Berufung betr.
NoVA 01/2012 teilweise stattgegeben und diese nunmehr (lt. beil. Berechnungsblatt)
mit € 5.114,86 festgesetzt wurde; hinsichtlich der Kraftfahrzeugsteuer 01-03/2012
erfolgte eine Abweisung.
Nach Darlegung des UVA-Prüfungsergebnisses und der bezughabenden gesetzlichen Bestimmungen (§§ 82 Abs. 8, 37 und 40 Abs. 1 KFG) führt das Finanzamt in seiner dortigen Begründung aus:
a) zur NoVA:
Die B-GmbH als Leasingnehmerin des Fahrzeugs werde ebenso wie die seit Dezember 2011 im Inland tätige Gesellschaft jeweils durch die beiden gleichen Gesellschafter AA vertreten. Da es sich um eine "Familiengesellschaft " handle, könne hier die Judikatur zur Privatverwendung eines Firmenfahrzeuges nicht angewendet werden. Verwender sei daher nicht die GmbH mit Sitz in Deutschland (iSd § 40 KFG), die auch nicht mehr operativ tätig sei und liquidiert werde, sondern der Bf mit Wohnsitz im Inland.
Entgegen der Berufungsbehauptung sei aus den Journalen der inländ. A-Mitges. ersichtlich, dass diese den gesamten Kfz-Aufwand trage und daher als Halter anzusehen sei. Es sei auch nach Kalendertagen von einer mehrheitlichen Nutzung im Inland auszugehen. Ein Gegenbeweis dazu - zB durch Vorlage eines Fahrtenbuches (mit Verweis auf die Beweisvorsorge- und erhöhte Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten nach § 115 BAO) - werde nicht erbracht. Ein Leasingvertrag könne nicht zur Beschränkung oder Umgehung der Steuerpflicht führen.
Das Finanzamt unterstelle daher grundsätzlich die NoVA-Pflicht. Im Hinblick auf die beil. Eurotax-Abfrage zur Notierung des Fahrzeuges auf den Stichtag unter Ansatz des Kilometer-Standes 12.000 (= Bemessungsgrundlage netto € 23.199,93) ergebe sich die NoVA 01/2012 mit € 5.114,86. Der Unfallschaden sei wegen erfolgter Reparatur nicht mehr zu berücksichtigen;
b) zur Kraftfahrzeugsteuer:
Diese bleibe unter Verweis auf die Prüfungsfeststellungen und auf obige Ausführungen unverändert in Höhe von € 208,80 aufrecht.
Dagegen wurde vom Bf rechtzeitig ein Vorlageantrag eingebracht; auf das diesbezüglich zu RV/3100412/2014 beim Bundesfinanzgericht behängende Beschwerdeverfahren wird verwiesen.
10. Daneben hat der Bf ebenso gegen den - im gegenständlichen Verfahren bekämpften - Aufhebungsbescheid gem. § 299 BAO v. rechtzeitig Berufung, nunmehr Beschwerde, erhoben und - nach Zitierung der Bestimmungen sowie Judikatur zu §§ 299 und 93 BAO - vorgebracht:
Beim Aufhebungsbescheid und dem damit zu verbindenden neuen Sachbescheid (hier: neue BVE) handle es sich rechtlich um zwei Bescheide, die jeweils einer Berufung zugänglich seien. Die Begründung im Sachbescheid, auf die vom FA auch nicht verwiesen werde und damit keinen Bestandteil des Aufhebungsbescheides bilde, ersetze bzw. saniere nicht die erforderliche Begründung des Aufhebungsbescheides, die sich gegenständlich lediglich auf den Gesetzeswortlaut beschränke. Es könne dem nicht entnommen werden, auf welche Umstände genau das Finanzamt die Verwirklichung der Voraussetzungen für eine Aufhebung stütze. Ebenso fehle die Darstellung der Gründe der Ermessensübung. Im Berufungsverfahren könne dieser wesentliche Begründungsmangel nicht saniert werden. Es entspreche auch nicht dem Sinn des § 299, dass ein Vorlageantrag hinsichtlich der ergangenen BVE so umgangen werden könne.
11. Die abweisende Beschwerdevorentscheidung vom wurde wie folgt begründet:
" … Die Aufhebung erfolgte, weil der Spruch der Beschwerdevorentscheidung unrichtig war. Die Unrichtigkeit des Spruches bestand darin, dass die aufgehobene Beschwerdevorentscheidung mit Begründungs- bzw. Ermittlungsmängeln behaftet war. Hinsichtlich der weiteren inhaltlichen Begründung wird auf die Beschwerdevorentscheidung vom , zugestellt durch Hinterlegung am , verwiesen.
Hinsichtlich der Ermessensübung wird auf den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung hingewiesen.
Grundsätzlich kommt dem Prinzip der Rechtmäßigkeit (Rechtsrichtigkeit) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtssicherheit (Rechtsbeständigkeit) zu. Auf die diesbezügliche Judikatur wird verwiesen.
So wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe 1/2012 von bisher € 7.907,70 auf neu € 5.114,86 vermindert. Die Änderung in Höhe von € 2.792,84 ist weder absolut noch als relativ geringfügig anzusehen. …".
12. Im dagegen am eingebrachten Vorlageantrag wurde wiederholt, dass die gegebenen Begründungsmängel weder durch nachfolgende Begründungen oder Beschwerdevorentscheidungen noch durch spätere Bescheide sanierbar seien. Der Aufhebungsbescheid sei daher rechtswidrig.
Rechtslage:
§ 299 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl 1961/194 idgF., lautet:
"(1) Die Abgabenbehörde kann auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Der Antrag hat zu enthalten:
a) die Bezeichnung des aufzuhebenden Bescheides;
b) die Gründe, auf die sich die behauptete Unrichtigkeit stützt.
(2) Mit dem aufhebenden Bescheid ist der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden. Dies gilt nur, wenn dieselbe Abgabenbehörde zur Erlassung beider Bescheide zuständig ist.
(3) Durch die Aufhebung des aufhebenden Bescheides (Abs. 1) tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung (Abs. 1) befunden hat."
Zu den iSd § 299 Abs. 1 BAO aufhebbaren Bescheiden zählen auch Beschwerdevorent-scheidungen.
§ 299 gestattet Aufhebungen, wenn der Bescheid sich als nicht richtig erweist. Der Bescheidinhalt ist nicht richtig, wenn der Bescheidspruch nicht dem Gesetz entspricht, etwa bei unrichtiger Auslegung einer Gesetzesbestimmung oder mangelnder Kenntnis des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes (zB ).
Mit dem aufhebenden Bescheid ist der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden. Es liegen rechtlich zwei Bescheide vor, die jeder für sich einem Rechtsmittel zugänglich sind (vgl. ).
Werden beide Bescheide mit Bescheidbeschwerde angefochten, so ist zunächst über die Bescheidbeschwerde gegen den Aufhebungsbescheid zu entscheiden ().
Die Begründung des Aufhebungsbescheides hat das Vorliegen der Voraussetzungen des § 299 BAO darzulegen; dies ist unverzichtbar für die Beurteilung, ob die Aufhebung rechtmäßig ist.
So führt der VwGH in seinem (aufhebenden) Erkenntnis vom , 98/16/0105, aus, dass in der Begründung des Aufhebungsbescheides "das Vorliegen der den Behebungstatbeständen des § 299 BAO entsprechenden Voraussetzungen" dargelegt werden muss. Die Begründung des angefochtenen Bescheides lege dagegen in keiner Weise schlüssig und nachvollziehbar dar, dass der zugrundeliegende Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt unrichtig festgestellt oder aktenwidrig angenommen worden ist. Der Aufhebungsbescheid war daher lt. VwGH mit einem wesentlichen Begründungmangel behaftet.
Die Aufhebung nach § 299 Abs. 1 BAO liegt im Ermessen der Abgabenbehörde. Ermessensentscheidungen erfordern eine Abwägung der ermessensrelevanten Umstände. Diese Abwägung ist nach Maßgabe des § 93 Abs. 3 lit a BAO in der Begründung des Aufhebungsbescheides darzustellen (vgl. zB ).
Laut , hat in der Begründung des Aufhebungsbescheides eine eingehende Darstellung der Gründe für die Ermessensübung zu erfolgen. Der VwGH führt im dortigen Erkenntnis aus:
Nach übereinstimmender Auffassung von Lehre und RSpr ist ein Aufhebungsbescheid dergestalt zu begründen, dass das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 299 BAO dargelegt sowie auch die Gründe für die durchgeführte Ermessensübung eingehend ausgeführt werden. Die Verpflichtung der Behörde, alle von ihr angestellten Erwägungen bekanntzugeben, gebietet - vor Erlassung des Aufhebungsbescheides - die eindeutige und vollständige Abklärung des Sachverhaltes, aus dem sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des aufzuhebenden Bescheides ergibt. Es müssen alle tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Aufhebung ermittelt und in der Begründung des Aufhebungsbescheides festgestellt werden. Da die belangte Behörde dies nicht eingehalten und sich die Begründung ua. auf die Zitierung der maßgebenden Gesetzesbestimmung beschränkt habe, sei der Aufhebungsbescheid mit wesentlichen Mängeln behaftet und als rechtswidrig aufzuheben.
Die Aufhebung des aufhebenden Bescheides beseitigt nach § 299 Abs. 3 BAO alle vom Aufhebungsbescheid zwingend abgeleiteten Bescheide (somit bei unlösbarem rechtlichem Zusammenhang) aus dem Rechtsbestand (vgl. ).
(siehe zu vor: Ritz, BAO-Kommentar, 6. Aufl., Rzn. 40 ff. zu § 299 mit Lehre und weiterer hg. Judikatur).
Erwägungen:
Wie oben dargestellt, liegt die Aufhebung nach § 299 Abs. 1 BAO im Ermessen der Abgabenbehörde. Ermessensentscheidungen erfordern eine Abwägung der ermessensrelevanten Umstände; diese Abwägung ist nach Maßgabe des § 93 Abs. 3 lit a BAO in der Begründung des Aufhebungsbescheides eingehend darzustellen.
In gegenständlich bekämpftem Aufhebungsbescheid vom fehlt - abgesehen von einer erwähnten "nicht bloß geringfügigen Auswirkung" - hinsichtlich der Ermessensübung jegliche Begründung seitens des Finanzamtes, weshalb eine unabdingbare gesetzliche Voraussetzung für den Aufhebungsbescheid nicht erfüllt ist (vgl. ).
Darüber hinaus fehlt im Aufhebungsbescheid gem. § 299 BAO jegliche Begründung iSd § 93 Abs. 3 lit a BAO dafür, "warum der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweise". Vielmehr wurde lediglich der Gesetzeswortlaut nach § 299 Abs. 1 BAO zitiert, wobei laut VwGH die bloße Zitierung von Gesetzesstellen anstelle einer schlüssigen und nachvollziehbaren Begründung einen wesentlichen Begründungsmangel darstellt, welcher die Rechtswidrigkeit des Aufhebungsbescheides zur Folge hat.
Da somit nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes die gesetzlich geforderten Voraussetzungen hinsichtlich der Begründung des Aufhebungsbescheides nicht erfüllt sind, ist der Beschwerde stattzugeben und ist der angefochtene Aufhebungsbescheid gem. § 299 BAO aufzuheben.
Damit tritt das Verfahren iSd § 299 Abs. 3 BAO wieder in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung befunden hat. Dh. die aufgehobene Berufungs- bzw. Beschwerdevorentscheidung vom gehört wieder dem Rechtsbestand an.
Des Weiteren wird der zwingend vom Aufhebungsbescheid abgeleitete Zurückweisungs-bescheid v. (= Zurückweisung des auf Grundlage der aufgehobenen BVE erhobenen Vorlageantrages v. ) aus dem Rechtsbestand beseitigt.
Der Vollständigkeit halber wird festgehalten, dass der mit dem aufgehobenen Aufhebungsbescheid verbundene neue Sachbescheid bzw. die am erlassene berichtigte Berufungsvorentscheidung gem. § 299 Abs. 3 BAO als zwingend abgeleiteter Bescheid (aufgrund des unlösbaren rechtlichen Zusammenhanges) ebenso aus dem Rechtsbestand auszuscheiden hat und folglich der dagegen eingebrachte Vorlageantrag als unzulässig geworden zurückzuweisen sein wird (gem. § 260 Abs. 1 lit a BAO). Diesbezüglich wird auf das gesondert beim BFG behängende Beschwerdeverfahren zu Zl. RV/3100412/2014 verwiesen.
In Anbetracht obiger Sach- und Rechtslage war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Unzulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Zur Frage der Rechtswidrigkeit eines Aufhebungsbescheides gem. § 299 BAO aufgrund von wesentlichen Begründungsmängeln liegt die oben näher zitierte einhellige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vor, aufgrund derer die gegenständliche Entscheidung getroffen wurde. Eine Revision ist daher nicht zulässig.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 93 Abs. 3 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 299 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 299 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.3100864.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at