Zurückweisung einer nicht fristgerecht eingebrachten Beschwerde
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Bahl Fend Bitschi Fend Steuerberatung GmbH & Co KG, Hadeldorfstraße 30, 6830 Rankweil, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe beschlossen:
Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Verfahrensgang
Die gemäß § 5 WiEReG meldepflichtige Beschwerdeführerin (im Folgenden abgekürzt Bf.), bei der es sich um eine GmbH handelt, war mit der jährlichen Meldung ihrer wirtschaftlichen Eigentümer zum säumig.
Mit Erinnerungsschreiben vom forderte das Finanzamt die Bf. auf, diese Meldung bis spätestens nachzuholen. Für den Fall der Nichtbefolgung drohte das Finanzamt die Festsetzung einer Zwangsstrafe in Höhe von 1.000,00 € an. Die Zustellung dieser Mahnung erfolgte am elektronisch in die Databox der Meldepflichtigen.
Nach fruchtlosem Verstreichen des Termins wurde mit Bescheid vom die Zwangsstrafe in der angedrohten Höhe von 1.000,00 € festgesetzt. Die Zustellung des Bescheides erfolgte am selben Tag in die Databox der Meldepflichtigen.
Mit Schriftsatz vom wurde gegen diesen Bescheid Beschwerde erhoben und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt. Begründend führte die steuerliche Vertreterin der Bf. aus, der mit datierte Bescheid sei ihr erst am zur Kenntnis gebracht worden. Das im angefochtenen Bescheid erwähnte Erinnerungsschreiben sei an eine Steuernummer ausgestellt worden, die bisher niemanden bekannt gewesen sei. Nach telefonischer Rücksprache mit dem Finanzamt sei mitgeteilt worden, dass der Bf. "nur für WiEReG-Zwecke" eine eigene Steuernummer vergeben worden sei.
Da sowohl die Bf. als auch sie selbst als steuerliche Vertreterin bisher keinerlei Zugriff auf diese Steuernummer gehabt hätten, sei die Erinnerung auch nie zugestellt worden.
Abschließend werde bekannt gegeben, das heute auf die Steuernummer ***BF1StNr1*** Akteneinsicht genommen und die ausstehende Meldung umgehend erledigt worden sei.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, gemäß § 98 Abs. 2 BAO würden elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt gelten, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt seien. Im Zweifel habe die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen.
Eine Überprüfung habe ergeben, dass beide Dokumente, das seien die Androhung der Zwangsstrafe vom und die Festsetzung der Zwangsstrafe vom elektronisch in die Databox der Meldepflichtigen zugestellt worden wären. Beide Dokumente wären nicht gelesen worden. Für die Bf. sei ein FinanzOnline-Zugang beantragt und eingerichtet worden und die elektronische Zustellung sei vollumfänglich aktiviert worden.
Die Zugriffsmöglichkeit auf die Databox der Meldepflichtigen sei durch die rein administrative Vergabe einer weiteren Steuernummer aus technischen Gründen - ein anderes Finanzamt sei für die Abwicklung der WiEReG-Zwangsstrafen verantwortlich - in keinster Weise berührt oder beschränkt worden. Die elektronische Zustellung am wäre daher wirksam und folglich wäre die am elektronisch eingebrachte Beschwerde nach Ablauf der Rechtsmittelfrist am als verspätet zu behandeln.
Mit Vorlageantrag vom wurde unter Bezugnahme auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung bestritten, dass die Bf. einen FinanzOnline-Zugang beantragt und eingerichtet hätte sowie dass die elektronische Zustellung vollumfänglich aktiviert worden wäre. Die Bf. sei bisher ausschließlich unter der Steuernummer ***1*** erfasst worden. Diese Steuernummer sei bekannt und nur für diese Steuernummer habe die Bf. einen FinanzOnline-Zugang.
Dass Finanzamt habe von sich aus eine "weitere" Steuernummer, nämlich ***BF1StNr1*** lediglich für "WiEReG-Zwecke" vergeben (siehe die Ausführungen in der Beschwerde vom ). Diese Steuernummer sei weder beantragt noch eingerichtet worden und noch weniger sei eine elektronische Zustellung "vollumfänglich aktiviert" worden.
Wenn das Finanzamt Dokumente in eine Databox zu einer Steuernummer zustellt, die weder dem Steuerpflichtigen noch seinem steuerlichen Vertreter jemals bekanntgegeben worden sei, könne nicht von einer ordnungsgemäßen Zustellung gesprochen werden. Die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung seien daher falsch und würden zurückgewiesen.
In seiner Stellungnahme im Vorlagebericht vom führte das Finanzamt aus, die Vergabe einer Steuernummer habe per se keine rechtliche Wirkung, sie diene lediglich Ordnungszwecken. Da für die "Bezwangsstrafung" von Abgabepflichtigen des FAG (Finanzamt für Großbetriebe) nach dem WiEReG jedenfalls das Finanzamt Österreich zuständig sei, würden die Fälle des Finanzamtes für Großbetriebe für diese Zwecke an das Finanzamt Österreich übermittelt, wofür sie eine eigene Ordnungsnummer benötigten, da es sich um verschiedene Finanzämter handle. Der Abgabepflichtige werde dadurch jedoch nicht ein weiteres Mal geführt, sondern zu diesem lediglich eine weitere Steuernummer bzw. Abgabenkontonummer angelegt. Dies wäre bisher etwa schon bei Abgabepflichtigen der Fall gewesen, welche beim früheren Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (FAGVG) unter einer weiteren Gebühren-Steuernummer administriert würden.
Für die elektronische Zustellung seien dadurch weder technische noch rechtliche Änderungen eingetreten.
Inhaltlich werde auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung verwiesen.
Betreffend elektronische Zustellung der Ankündigung und des Bescheides werde auf die Mail der IC-Koordination verwiesen.
In der E-Mail der IC-Koordination vom wurde zum Zustellungszeitpunkt sowie zum Öffnungs- bzw. Lesezeitpunkt des Erinnerungsschreibens vom und des Bescheides vom , mit dem die beschwerdegegenständliche Zwangsstrafe festgesetzt wurde, Folgendes ausgeführt:
"Die Erinnerung wurde am 2021-02-22 um 20.13 Uhr an den ***3*** zugestellt und von diesem am 2021-06-06 um 11.02 Uhr im Anzeigemodul von MeinPostkorb gelesen.
Der Bescheid wurde am 2021-05-26 um 15.43 Uhr an den ***3*** zugestellt und von diesem am 2021-06-07 um 10.08 im Anzeigemodul von MeinPostkorb gelesen.
Die elektronische Zustellung für ***3*** wurde am 2021-08-30 um 13.38 deaktiviert."
Sachverhalt
Bei der Bf. handelt es sich um eine zum gegründete GmbH, die seit diesem Zeitpunkt unter der Steuernummer ***1*** erfasst ist. Zuständig für die Erhebung sämtlicher bundesgesetzlich geregelter Abgaben dieser Bf. ist seit , sofern nicht eine Ausnahmeregelung besteht, gemäß § 61 BAO das Finanzamt für Großbetriebe (FAG).
Eine solche Ausnahmeregelung besteht für Angelegenheiten wegen unterlassener WiEReG-Meldungen, die gemäß § 16 Abs. 1 WiEReG in den Zuständigkeitsbereich des Finanzamtes Österreich fallen.
Zum war die Bf. erstmals gemäß § 5 WiEReG zur Meldung ihrer wirtschaftlichen Eigentümer an die Bundesanstalt Statistik Österreich verpflichtet. Nach Ergehen eines Erinnerungsschreibens des Finanzamtes erfolgte diese Meldung am .
Bis zum wäre die Bf. wiederum zur jährlichen Meldung ihrer wirtschaftlichen Eigentümer verpflichtet gewesen. Da eine solche Meldung nicht erfolgte, wurde die Bf. mit Erinnerungsschreiben des Finanzamtes vom unter Androhung einer Zwangsstrafe in Höhe von 1.000,00 € aufgefordert, diese Meldung bis zum nachzuholen. Das Erinnerungsschreiben wurde am um 20:13 Uhr unter Anführung der Steuernummer ***1*** in die Databox der Bf. eingestellt. Eine Einsichtnahme der Bf. in dieses Erinnerungsschreiben erfolgte am um 11:02 Uhr.
Nachdem auch innerhalb der Nachfrist keine Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer erfolgte, wurde nach der am amtswegig verfügten Vergabe der Steuernummer ***BF1StNr1*** mit dem am selben Tag erlassenen Bescheid eine Zwangsstrafe in Höhe von 1.000,00 € festgesetzt. Die Einstellung des gegenständlichen Bescheides erfolgte in die bereits bestehende Databox der Bf. am um 15:43 Uhr. Eine Einsichtnahme der Bf. in diesen Bescheid erfolgte am um 10:08 Uhr.
Mit Schreiben vom wurde die Bf. seitens des Finanzamtes Österreich darüber informiert, dass ihrer steuerlichen Vertreterin für die Steuernummer ***2*** elektronische Akteneinsicht gemäß § 90a BAO eingeräumt wurde.
Am erfolgte die Meldung gemäß § 5 WiEReG.
Am um 13:38 Uhr wurde die zu den Zeitpunkten der Einstellung des gegenständlichen Erinnerungsschreibens sowie des gegenständlichen Bescheides über die Festsetzung einer Zwangsstrafe aktivierte Option zur elektronischen Zustellung deaktiviert.
Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich aus den von der Abgabenbehörde vorgelegten Akten sowie aus seitens des BFG vorgenommenen Abfragen der elektronisch verwalteten Grunddaten der Bf.
Rechtliche Beurteilung
In Streit steht die Rechtmäßigkeit der festgesetzten Zwangsstrafe dem Grunde nach.
Eine Sachentscheidung ist allerdings nur unter der Voraussetzung der fristgerechten Einbringung der Beschwerde zu treffen. Im Folgenden ist daher zu prüfen, ob die Auffassung des Finanzamtes, wonach die Beschwerde nicht zeitgerecht eingebracht worden sei, zutreffend ist.
Für den Beginn der Rechtsmittelfrist ist nach § 109 BAO der Tag maßgebend, an dem die Erledigung bekannt gegeben worden ist. Die Bekanntgabe erfolgt bei schriftlichen Erledigungen gemäß § 97 Abs. 1 lit. a BAO in der Regel durch Zustellung.
Gemäß § 98 Abs. 2 BAO gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.
Gemäß § 108 Abs. 2 BAO enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.
Gemäß § 245 Abs. 1 erster Satz BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat.
Gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde.
Zustellungszeitpunkt ist gemäß § 98 Abs. 2 BAO jener Zeitpunkt, an dem die Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Bei FinanzOnline ist das der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox (elektronischer Briefkasten), zu der der Empfänger Zugang hat (siehe dazu ; RV/0002-F/13; ; ; ; ; ; ; ).
Auf das tatsächliche Einsehen der Databox durch den FinanzOnline-Teilnehmer (z.B. Öffnen, Lesen oder Ausdrucken des Bescheides) kommt es nicht an (siehe dazu ; ).
Die Einstellung des Bescheides über die Festsetzung der Zwangsstrafe in die Databox der Bf. erfolgte, wie unter Pkt. 2 dargelegt wurde, am um 15:43 Uhr. Die Vergabe der zusätzlichen Steuernummer ***BF1StNr1*** führte zu keiner Änderung des zum damaligen Zeitpunkt bereits bestehenden FinanzOnline-Zugangs der Bf. bzw. zu den ihr eingeräumten Zugangsmodalitäten. Denn für den einzelnen Steuerpflichtigen existiert unabhängig von der Anzahl der lediglich aus Ordnungsgründen vergebenen Steuernummern nur ein einziger Account bzw. ein einziges Benutzerkonto. Somit konnten sämtliche in die Databox eingestellten Dokumente - unabhängig davon, ob sie zur Steuernummer ***1*** oder zur Steuernummer ***BF1StNr1*** erlassen wurden - von der Bf. als Zugangsberechtigter eingesehen werden (bezüglich der zum Zeitpunkt der Einstellung des Bescheides über die Festsetzung der Zwangsstrafe aktivierten elektronischen Zustellung wird auf Pkt. 2 verwiesen).
Wie obig ebenfalls dargelegt wurde, ist zudem das Erinnerungsschreiben vom , mit dem der Bf. die Verhängung einer Zwangsstrafe für den Fall angedroht wurde, dass die säumige Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer nicht bis spätestens nachgeholt wird, zur Steuernummer ***1*** ergangen.
Mangels Bestands eines Hindernisses zu Einsichtnahme in die Databox der Bf. war Zustellungszeitpunkt des Bescheides über die Festsetzung der Zwangsstrafe der . Somit endete die an diesem Tag beginnende Beschwerdefrist gemäß § 108 Abs. 2 und Abs. 3 BAO am (der war ein Samstag, der ein Sonntag).
Die Frist zur Einbringung der Beschwerde wurde daher nicht gewahrt, sodass diese mit Beschluss gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO zurückzuweisen war. Dem Finanzgericht war es somit verwehrt, auf das (materielle) Vorbringen einzugehen und eine Sachentscheidung zu treffen (vgl. , , , , 0003, ).
Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Beurteilung der Verspätung einer Eingabe hat jeweils im Einzelfall bezogen auf das konkret vorliegende tatsächliche Geschehen zu erfolgen. Des Weiteren sind die im gegenständlichen Verfahren entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt. Der Beschluss war somit nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängig, weshalb eine (ordentliche) Revision nicht zuzulassen war.
Gesamthaft war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 97 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 98 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 108 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.1100262.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at