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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.01.2022, RV/7104245/2020

Beschwerde gegen Pfändungsbescheid

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Markus Knechtl LL.M. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Fidas Deutschlandsberg Steuerberatung GmbH, Villenstraße 2, 8530 Deutschlandsberg, und Dr Michael Kotschnigg, Stadlauer Straße 39/I/Top 12, 1220 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 12/13/14/Purkersdorf vom betreffend Pfändung einer Geldforderung 2019 zur Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Am verbuchte das Finanzamt Wien 12/13/14 Purkersdorf (belangte Behörde; Rechtsvorgänger des Finanzamtes Österreich) am Abgabenkonto zur Steuernummer ***Bf1StNr1*** erste Säumniszuschläge betreffend die Jahre 2012 bis 2015 in Höhe von insgesamt € 1.496,77.

Am erließ die belangte Behörde einen Bescheid über die Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen betreffend Kapitalertragsteuern 2013 bis 2015 in Höhe von € 1.400,67.

Am langte auf elektronischem Weg ein Zahlungserleichterungsansuchen bei der belangten Behörde ein. Darin wurde vorgebracht, dass bereits am die Aussetzung der Einhebung für einen Betrag in Höhe von € 1.400,67 beantragt wurde und dass für den Restbetrag in Höhe von € 1.496,97 unter anderem eine Stundung beantragt wurde.

Mit Bescheid vom wurde eine Stundung bis bewilligt.

Am wurde ein Rückstandsausweis erstellt, der folgende Abgabenschuldigkeiten auflistet:

Bescheid

Mit Bescheid vom ("Pfändung einer Geldforderung") hat die belangte Behörde Forderungen aus einem Arbeitsverhältnis oder aus sonstigen Bezügen, die dem Beschwerdeführer gegen die ***AB***, zustehen, in der Höhe von € 2.933,03 (darin enthalten € 35,59 an Gebühren und Barauslagen), gepfändet.

Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid vom jede Verfügung über die gepfändete Forderung untersagt.

Beschwerde

Am langte die mit datierte Beschwerde gegen den Bescheid über die Pfändung einer Geldforderung bei der belangten Behörde ein. Die Begründung dieser Beschwerde lautet:
"1. Die Begründung des angefochtenen Bescheides ist kurz und bündig: Meine Mandantin schuldet dem Finanzamt € 2.933,03. Deshalb dürfe der Kunde ***AB*** an sie keine Zahlungen mehr leisten.

2. Dem ist entgegen zu halten: Der behauptete Rückstand besteht weder in dieser noch in anderer Höhe, nachdem bzw weil das Finanzamt dem Einspruch gegen die ursprüngliche Abweisung des beantragten Zahlungsaufschubs (§ 212a BAO) mit BVE vom vollinhaltlich stattgegeben hat (liegt bei). Solcherart ist der angefochtene Bescheid gesetz-, ja verfassungswidrig ergangen."

Es wurde beantragt, dem Bescheid Folge zu geben und den angefochtenen Pfändungsbescheid ersatzlos aufzuheben.

Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat die belangte Behörde der Beschwerde teilweise Folge gegeben. Die Begründung lautet wie folgt:
"In Ihren Anträgen auf Aussetzung der Einhebung gem. § 212a haben Sie nur die Aussetzung folgender Abgaben beantragt:

Kapitalertragssteuer 2015 in der Höhe von 29.057,04 €
Kapitalertragssteuer 2014 in der Höhe von 28.731,78 €
Kapitalertragssteuer 2013 in der Höhe von 12.244,56 €
Kapitalertragssteuer 2012 in der Höhe von 4.805,13 €

Die oben angegebenen Abgaben wurden am ausgesetzt. Die Säumniszuschläge vom werden aufgehoben, da diese auf Grund eines Fehlers doppelt verbucht wurden.

Die restlichen Abgaben am Abgabenkonto sind fällig und vollstreckbar."

Aussetzungsantrag

Mit Fax vom beantragte der Beschwerdeführer die Aussetzung der Einhebung von Kapitalertragsteuer sowie dazugehöriger Säumniszuschläge in Höhe von € 1.496,77.

Mit Bescheid vom hat die belangte Behörde den Bescheid vom betreffend erster Säumniszuschläge "2019" in Höhe von € 1.400,67 ersatzlos aufgehoben, weil er sich "nachträglich als unrichtig" erwiesen habt.

Mit Fax vom beantragte der Beschwerdeführer die Aussetzung der Einhebung der Säumniszuschläge 2012-2015 und 2019 sowie der Gebühren und Barauslagenersätze in Höhe von € 2.933,03. Mit Bescheid vom erfolgte die Bewilligung der Aussetzung der Einhebung.

Vorlageantrag

Mit Vorlageantrag vom bestritt der Beschwerdeführer die behaupteten Ansprüche von € 2.933,03, führte an, dass die Voraussetzungen des § 12 Abs 1 AgbEO mit der Bewilligung des Zahlungsaufschubs vorliegen und stellte den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Vorlagebericht

Im Anschluss daran wurden die Beschwerdeakten dem Bundesfinanzgericht vorgelegt und vom Finanzamt als belangter Behörde im Vorlagebericht unter anderem angeführt, dass die Pfändung vom am eingestellt worden wäre, da durch die Aussetzung von Säumniszuschlägen kein Rückstand mehr am Abgabenkonto war. "Ein Textvermerk über die Einstellungsversendung EV 16 (Bescheid - Einstellung Forderungspfändung) wurde angemerkt. Das versendete Originalschreiben wurde nicht im Akt hochgeladen. Am wurde eine Mail an die ***AB*** geschickt mit der Bitte um eine Kopie der Einstellung der Pfändung, diese wurde nicht beantwortet."

Weiters brachte die belangte Behörde vor, dass die fälschlich automatisiert ergangenen Säumniszuschläge aufgehoben worden wären und mit Bescheid vom die Aussetzung inklusive der bereits aufgehobenen Säumniszuschläge bewilligt wurde, wobei die Anträge auf Aussetzung der Einhebung betreffend die gegenständlichen Säumniszuschläge erst nach Erlassung des Bescheides über die Pfändung eingebracht worden wären. Beantragt wurde von der belangten Behörde die Erledigung der Beschwerde entsprechend der Beschwerdevorentscheidung, zumal die Pfändung betreffend die Säumniszuschläge 2012-2015 zu Recht erfolgte und der Antrag auf Aussetzung der Einhebung erst nach der Pfändung eingebracht wurde und diese nach der Bewilligung der Aussetzung der Einhebung eingestellt wurde.

Beschluss vom

Das Bundesfinanzgericht wandte sich mit Beschluss vom wie folgt an beide Parteien des Verfahrens:
"Das Bundesfinanzgericht geht derzeit - auf Grund der vorgelegten Unterlagen - von folgendem Sachverhalt aus:
Am erstellte die belangte Behörde einen Rückstandsausweis in Höhe von € 2.897,44. Darin waren
-) Säumniszuschläge für die Jahre 2012-2015, die am verbucht wurden und
-) Säumniszuschläge für das Jahr 2019, die am verbucht wurden,
enthalten.

Sämtliche Säumniszuschläge betrafen nicht entrichtete Kapitalertragsteuern der Jahre 2012 - 2015. Die Säumniszuschläge dürften zusammen mit den Kapitalertragsteuern vorgeschrieben worden sein. Die ebenfalls im Rückstandsausweis vom enthaltenen drei Säumniszuschlagsbescheide vom , betrafen dieselben nicht entrichteten Kapitalertragsteuern, jedoch nur für den Zeitraum 2013-2015. Die Beträge für die Jahre 2013 bis 2015 sind ident mit jenen Beträgen, die für diesen Zeitraum bereits mit Bescheid vom vorgeschrieben wurden.

Am wurde eine Geldforderung in Höhe von € 2.933,03 bescheidmäßig gepfändet. Dieser Betrag setzt sich aus dem am Rückstandsausweis enthaltenen Betrag in Höhe von € 2.897,44 sowie aus Pfändungsgebühren in Höhe von € 35,59 zusammen. Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid vom verboten, über die gepfändete Forderung zu verfügen.

Der Bescheid über die Pfändung der Geldforderung sowie der Bescheid betreffend die Überweisung der Geldforderung wurde versucht dem Drittschuldner (***AB***) am zuzustellen, der jedoch nicht angetroffen werden konnte. Der erste Tag der Abholfrist nach der Hinterlegung war der .

Mit Fax vom (betreffend Vorlageantrag KESt-Bescheide 2012-2015) beantragte der Beschwerdeführer die Aussetzung der Einhebung der Säumniszuschläge für 2012-2015 in Höhe von € 1.496,77.

Am wurden die drei Säumniszuschlagsbescheide aus dem Jahr 2019 (Bescheide vom ) von der belangten Behörde gemäß § 299 BAO aufgehoben.

Am wurde die Aussetzung der Einhebung in Höhe von € 2.933,03 beantragt. Diese Summe umfasst die Säumniszuschlagsbescheide 2012-2015 aus dem Jahr 2018 sowie die drei Säumniszuschlagsbescheide aus dem Jahr 2019.

Nach Angaben der Abgabenbehörde wurde die Pfändung am eingestellt.

>> Beide Parteien des Verfahrens werden ersucht, dazu Stellung zu nehmen.

II. Die belangte Behörde hat im Vorlagebericht vom angegeben, dass die Pfändung vom am eingestellt wurde.

  • Nach vorläufiger Ansicht des Bundesfinanzgerichts werden durch die Einstellung der Vollstreckung alle bisherigen Vollstreckungsakte aufgehoben. Insbesondere ist mit der Einstellung der Verlust erworbener Pfandrechte verbunden.

Soweit ersichtlich, wurde vom Drittschuldner keine Zahlung an die Abgabenbehörde geleistet.

>> Beide Parteien des Verfahrens werden aufgefordert, dazu Stellung zu nehmen.

  • Im Vorlagebericht vom hat die belangte Behörde angeführt, dass die Anträge auf Aussetzung der Einhebung betreffend die gegenständlichen Säumniszuschläge erst nach Erlassung des Bescheides über die Pfändung eingebracht worden wären.

Soweit für das Bundesfinanzgericht ersichtlich, sind der Bescheid über die Pfändung einer Geldforderung und der Bescheid zur Überweisung einer Geldforderung mit datiert. Ein Zustellnachweis (Rückschein) liegt dem Bundesfinanzgericht nur hinsichtlich jener Ausfertigungen vor, die an den Drittschuldner (***AB***) versendet wurden. Aus den Eintragungen am Zustellnachweis ist ersichtlich, dass am ein erfolgloser Zustellversuch stattgefunden hatte und der Beginn der Abholfrist der war. Gemäß § 17 Abs. 3 ZustG gilt eine hinterlegte Sendung mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt.

Ebenfalls am ist das Fax des steuerlichen Vertreters (Vorlageantrag hinsichtlich KESt 2012-2015 und Aussetzungsantrag auch hinsichtlich der Säumniszuschläge) bei der belangten Behörde eingelangt.

>> Beide Parteien des Verfahrens werden aufgefordert, dazu Stellung zu nehmen.

III. Sofern die Pfändung ohnedies einzustellen wäre und dies zum Verlust allfällig erworbener Pfandrechte führt, wird darauf hingewiesen, dass die Abgabenbehörde beim Verwaltungsgericht angefochtene Bescheide und Beschwerdevorentscheidungen dann aufheben kann,

- wenn der Beschwerdeführer einer solchen Aufhebung (ausdrücklich) zustimmt,

- das Bundesfinanzgericht die Zustimmungserklärung an die Abgabenbehörde weitergeleitet hat und die gesetzte Frist noch nicht abgelaufen ist (§ 300 BAO).

Das Beschwerdeverfahren könnte dadurch zu einem Abschluss gebracht werden.

>> Es wird um Stellungnahme ersucht.
[…]
"

Mit Schreiben vom antwortete die belangte Behörde wie folgt:
"[…]

betreffend Punkt I wird im Wesentlichen auf das Vorbringen im Vorlageantrag verwiesen, welches diesem im Wesentlichen entspricht.

Hinsichtlich Punkt II
a) ist auszuführen, nach Aktenlage sind keine Zahlungen durch den Drittschuldner ersichtlich, durch die Einstellung der Vollstreckung werden alle bisherigen Vollstreckungsakte aufgehoben. Insbesondere ist mit der Einstellung der Verlust erworbener Pfandrechte verbunden.

b) ist zu ergänzen, dass die Pfändung mit Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen ist - siehe § 65 Abs 3 AbgEO. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag der Frist (Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird) als zugestellt - somit am . Am selben Tag langte das Fax des steuerlichen Vertreters um 09:01 ein. Das Finanzamt geht davon aus, dass die Zustellung mit Beginn des ersten Tages der Frist (Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird) zugestellt wurde. Der am selben Tag, jedoch erst um 09:01 übermittelte Antrag wurde daher erst nach Erlassung des Bescheides über die Pfändung eingebracht.

Zuletzt wird hinsichtlich Punkt III ausgeführt, dass seitens der Behörde kein Vorgehen gemäß § 300 BAO beabsichtigt wird."

Der Beschwerdeführer gab am folgende Vorhaltsbeantwortung ab:
"1. Laufende steuerliche Vertreterin des Herrn ***Bf1*** ist ***CD***, ***CD_Adr***. Diese Kanzlei verfügt auch über Zustellvollmacht.

2. Wir - mein Mandant und ich - teilen die vorläufige Ansicht des BFG auf Seite 2 des zitierten Beschlusses, dass durch die Einstellung der Vollstreckung alle bisherigen Vollstreckungsakte aufgehoben werden und damit der Verlust der erworbenen Pfandrechte einhergeht.

Von der Drittschuldnerin (***AB***) wurden deshalb keine Zahlungen an das Finanzamt geleistet, weil Herr ***Bf1*** damals für sie nicht mehr tätig gewesen ist und keine offenen Forderungen gegen sie gehabt hat. Solcherart war dieser Pfändungsversuch zum Scheitern verurteilt, ohne dass die Behörde dies wissen konnte.

3. Die Aussetzung der Einhebung (§212a BAO) der KESt 2012 bis 2015 wurde mit BVE vom bewilligt (./1). Das wird auch in der in dieser Pfändungssache ergangenen BVE vom bestätigt (./2).

4. Aus unserer Sieht ist die Pfändung wegen bisheriger und dauerhafter Erfolglosigkeit einzustellen. Die ***AB*** hat keine Zahlungen geleistet. Daran wird sich mangels Geschäftsbeziehung zu ihr auch in Hinkunft nichts mehr ändern.

5. Ich gebe für meinen Mandanten die Zustimmung zu einer vollinhaltlich stattgebenden Erledigung gemäß §300 BAO (§300 Abs 1 lit a BAO)."

Mündliche Verhandlung:

Mit Fax vom wurde auf "die für den anberaumte mündliche Verhandlung verzichtet".

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Im Jahr 2018 wurden dem Beschwerdeführer Kapitalertragsteuern und Säumniszuschläge betreffend Kapitalertragsteuer 2012-2015 vorgeschrieben (in Höhe von € 1.496,77). Im April 2019 wurden jene Säumniszuschläge, die sich hinsichtlich der Kapitalertragsteuer auf die Jahre 2013 bis 2015 beziehen, nochmals bescheidmäßig vorgeschrieben (in Höhe von € 1.400,67).

Am erstellte die belangte Behörde einen Rückstandsausweis in Höhe von € 2.897,44. Darin waren
-) Säumniszuschläge für die Jahre 2012-2015, die am verbucht wurden und
-) Säumniszuschläge für das Jahr 2019, die am verbucht wurden,
enthalten.

Die am Rückstandsausweis angeführten Säumniszuschläge 2013-2015 sind betragsmäßig ident mit den Säumniszuschlägen für den Zeitraum 2019. Im Ergebnis wurden die Säumniszuschläge 2013-2015 doppelt vorgeschrieben.

Am erließ die belangte Behörde einen Bescheid "Pfändung einer Geldforderung" sowie einen Bescheid "Überweisung einer Geldforderung" in Höhe von € 2.933,03 an die ***AB*** mit der Anschrift ***Adresse***, 1120 Wien. Am fand ein erfolgloser Zustellversuch statt; das Dokument wurde bei der Postgeschäftsstelle 1120 hinterlegt und als Beginn der Abholfrist wurde der am Zustellnachweis eingetragen. Ein Empfänger ist am Zustellnachweis nicht genannt, nur eine Adresse, die jedoch nicht exakt mit jener Adresse übereinstimmt, die auf den Bescheiden vom aufgedruckt wurde. An jener Adresse, die im Zustellnachweis genannt ist, residieren auch andere Firmen.
Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid vom verboten, über die gepfändete Forderung zu verfügen. Es konnte jedoch nicht festgestellt werden, dass das Poststück wegen unzureichender Adressierung an die belangte Behörde zurückgeleitet wurde.
Mit Fax vom (betreffend Vorlageantrag KESt-Bescheide 2012-2015) beantragte der Beschwerdeführer die Aussetzung der Einhebung der Säumniszuschläge für 2012-2015 in Höhe von € 1.496,77.

Mit Bescheid vom sollten die drei Säumniszuschlagsbescheide aus dem Jahr 2019 (Bescheide vom ) von der belangten Behörde gemäß § 299 BAO aufgehoben werden.

Am wurde die Aussetzung der Einhebung in Höhe von € 2.933,03 beantragt. Diese Summe umfasst die Säumniszuschlagsbescheide 2012-2015 aus dem Jahr 2018 sowie die drei Säumniszuschlagsbescheide aus dem Jahr 2019. Mit Bescheid vom wurde die Aussetzung der Einhebung im beantragten Ausmaß bewilligt.

Strittig ist, ob die Pfändung der Säumniszuschläge zu Recht erfolgte.

Beweiswürdigung

Die Feststellungen zum Rückstandsausweis vom gründen sich auf den in den Verwaltungsakten enthaltenen Rückstandsausweis. Die Feststellungen zum Bescheid über die Pfändung und zum Bescheid über die Überweisung einer Geldforderung gründen sich auf die in den Verwaltungsakten aufliegenden Bescheide. Aus der Beschwerde vom ergibt sich, dass diese Bescheide auch dem Beschwerdeführer zugekommen sind. Der Bescheidadressat auf den Erledigungen vom lautet: "***AB***"

Die Feststellungen zur Adressierung am Zustellnachweises gründen sich auf den Zustellnachweis, der wie folgt aussieht:

Aus dem Zustellnachweis ist nicht ersichtlich, wer der Empfänger des Dokuments sein soll. Die am Zustellnachweis aufgedruckte Steuernummer (***BF1StNr1***) ist dem Beschwerdeführer zugeordnet; folglich kann daraus für die Frage, für wen das Schriftstück bestimmt war, nichts gewonnen werden. Einzig aus der Anschrift (***Adresse***, 1120 Wien) ließe sich der Empfänger identifizieren, sofern diese Anschrift auch nur wirklich einem (einzigen) Empfänger zuzuordnen ist. Allerdings ist aus dem Firmenbuch ersichtlich, dass an dieser Geschäftsanschrift sowohl die "***EF***" (FN ***EF_FNr***) als auch die "***AB***" (FN ***AB_FNr***) residieren. Für beide Gesellschaften war als Geschäftsführer und Gesellschafter ein ***GF*** im Firmenbuch eingetragen. Ein Nachweis, dass die Pfändungsbescheide an den Drittschuldner "***AB***" zugestellt wurden oder als zugestellt gelten, kann aus der vorgelegten Zustellurkunde nicht entnommen werden. Allerdings wurde das Poststück tatsächlich in einer Geschäftsstelle des Zustelldienstes hinterlegt, zumal es nicht als unzustellbar an den Absender retourniert wurde. Dies ergibt sich einerseits daraus, dass in den vorgelegten Akten über eine solche Unzustellbarkeit nichts zu finden ist und andererseits aus dem Zustellnachweis, bei dem es sich um eine öffentliche Urkunde handelt. Somit muss sich zumindest am Briefumschlag der Name der Name des Empfängers befunden haben.

Im Vorlagebericht wird angeführt, dass die Pfändung vom am eingestellt wurde, wobei das versendete Originalschreiben im Verwaltungsakt nicht vorhanden ist und eine Kontaktaufnahme mit der ***AB*** per E-Mail, mit dem Ersuchen, eine Kopie der Einstellung der Pfändung an das Finanzamt zu retournieren, scheiterte. Offenbar war die ***AB*** für die belangte Behörde nicht erreichbar. Somit existiert auch kein Nachweis, dass die Pfändung eingestellt wurde, wobei an dieser Stelle noch anzumerken ist, dass über die Einstellung der Pfändung wohl auch der Beschwerdeführer zu informieren gewesen wäre - auch ein solcher Nachweis liegt nicht vor.

Kurios erweist sich auch das Vorbringen des Finanzamtes, dass mit Bescheid vom Säumniszuschläge in einer Höhe von EUR 1.400,67 von Amts wegen aufgehoben worden wären, zumal mit Bescheid vom das Finanzamt (belangte Behörde) die Aussetzung der Einhebung genau dieser aufgehobenen (!) Säumniszuschläge bewilligte. In den Verwaltungsakten befindet sich auch ein Bescheid vom über die Aufhebung von Nebengebühren (betreffend drei erste Säumniszuschläge für "Zeitraum/Fälligkeit" 2019). Aus dem Abgabenkonto zur Steuernummer ***BF1StNr1*** ist auch ersichtlich, dass der Aufhebungsbescheid vom am verbucht (Gutschriftsbuchung) wurde.

Der am Pfändungsbescheid angeführte Betrag setzt sich aus dem am Rückstandsausweis enthaltenen Betrag in Höhe von € 2.897,44 sowie aus Pfändungsgebühren in Höhe von € 35,59 zusammen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es, im Rahmen der der Behörde nach § 167 Abs 2 BAO zukommenden "freien Überzeugung" von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt. Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen annehmen.

Rechtsgrundlagen

§ 97 BAO lautet (auszugsweise)

§ 97. (1) Erledigungen werden dadurch wirksam, daß sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt
a) bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung;
b) bei mündlichen Erledigungen durch deren Verkündung.

[…]

§ 17 ZustG lautet:

Hinterlegung

§ 17. (1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.

§ 230 BAO lautet:

2. Hemmung der Einbringung.

§ 230. (1) Wenn eine vollstreckbar gewordene Abgabenschuldigkeit gemäß § 227 eingemahnt werden muß, dürfen Einbringungsmaßnahmen erst nach ungenütztem Ablauf der Mahnfrist, bei Einziehung durch Postauftrag erst zwei Wochen nach Absendung des Postauftrages oder bei früherem Rücklangen des nicht eingelösten Postauftrages eingeleitet werden. Ferner dürfen, wenn die Abgabenbehörde eine Abgabenschuldigkeit einmahnt, ohne daß dies erforderlich gewesen wäre, innerhalb der Mahnfrist Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden.

(2) Während einer gesetzlich zustehenden oder durch Bescheid zuerkannten Zahlungsfrist dürfen Einbringungsmaßnahmen nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden.

(3) Wurde ein Ansuchen um Zahlungserleichterungen (§ 212 Abs. 1) vor dem Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist oder während der Dauer eines diese Abgabe betreffenden Zahlungsaufschubes im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz eingebracht, so dürfen Einbringungsmaßnahmen bis zur Erledigung des Ansuchens nicht eingeleitet werden; dies gilt nicht, wenn es sich bei der Zahlungsfrist um eine Nachfrist gemäß § 212 Abs. 3 erster oder zweiter Satz handelt.

(4) Wurde ein Ansuchen um Zahlungserleichterungen nach dem im Abs. 3 bezeichneten Zeitpunkt eingebracht, so kann die Abgabenbehörde dem Ansuchen aufschiebende Wirkung hinsichtlich der Maßnahmen zur Einbringung zuerkennen; das gleiche gilt für einen Antrag gemäß § 214 Abs. 5.

(5) Wurden Zahlungserleichterungen bewilligt, so dürfen Einbringungsmaßnahmen während der Dauer des Zahlungsaufschubes weder eingeleitet noch fortgesetzt werden. Erlischt eine bewilligte Zahlungserleichterung infolge Nichteinhaltung eines Zahlungstermines oder infolge Nichterfüllung einer in den Bewilligungsbescheid aufgenommenen Bedingung (Terminverlust), so sind Einbringungsmaßnahmen hinsichtlich der gesamten vom Terminverlust betroffenen Abgabenschuld zulässig. Ist ein Terminverlust auf andere Gründe als die Nichteinhaltung eines in der Bewilligung von Zahlungserleichterungen vorgesehenen Zahlungstermines zurückzuführen, so darf ein Rückstandsausweis frühestens zwei Wochen nach Verständigung des Abgabepflichtigen vom Eintritt des Terminverlustes ausgestellt werden.

(6) Wurde ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gestellt, so dürfen Einbringungsmaßnahmen hinsichtlich der davon nach Maßgabe des § 212 a Abs. 1, 2 lit. b, 2a und 3 letzter Satz betroffenen Abgaben bis zu seiner Erledigung weder eingeleitet noch fortgesetzt werden.

(7) Kommen während der Zeit, in der gemäß Abs. 1 bis 6 Einbringungsmaßnahmen nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden dürfen Umstände hervor die die Einbringung einer Abgabe gefährden oder zu erschweren drohen, so dürfen Einbringungsmaßnahmen durchgeführt werden, wenn spätestens bei Vornahme der Vollstreckungshandlung ein Bescheid zugestellt wird, der die Gründe der Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung anzugeben hat (Vollstreckungsbescheid). Mit der Zustellung dieses Bescheides treten bewilligte Zahlungserleichterungen außer Kraft.

§ 12 AbgEO lautet:

Einwendungen gegen den Anspruch

§ 12. (1) Gegen den Anspruch können im Zuge des abgabenbehördlichen Vollstreckungsverfahrens nur insofern Einwendungen erhoben werden, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrunde liegenden Exekutionstitels eingetreten sind.

(2) Die Einwendungen sind bei jener Abgabenbehörde anzubringen, von welcher der Exekutionstitel ausgegangen ist.

(3) Alle Einwendungen, die der Abgabenschuldner zur Zeit der Antragstellung vorzubringen imstande war, müssen bei sonstigem Ausschluß gleichzeitig geltend gemacht werden.

(4) Wenn den Einwendungen rechtskräftig stattgegeben wird, ist die Vollstreckung einzustellen.

§ 65 AbgEO lautet:

Pfändung

§ 65. (1) Die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners erfolgt mittels Pfändung derselben. Im Pfändungsbescheid sind die Höhe der Abgabenschuld und der Gebühren und Auslagenersätze (§ 26) anzugeben. Sofern nicht die Bestimmung des § 67 zur Anwendung kommt, geschieht die Pfändung dadurch, daß die Abgabenbehörde dem Drittschuldner verbietet, an den Abgabenschuldner zu bezahlen. Zugleich ist dem Abgabenschuldner selbst jede Verfügung über seine Forderung sowie über das für dieselbe etwa bestellte Pfand und insbesondere die Einziehung der Forderung zu untersagen. Ihm ist aufzutragen, bei beschränkt pfändbaren Geldforderungen unverzüglich dem Drittschuldner allfällige Unterhaltspflichten und das Einkommen der Unterhaltsberechtigten bekanntzugeben.

(2) Sowohl dem Drittschuldner wie dem Abgabenschuldner ist hiebei mitzuteilen, daß die Republik Österreich an der betreffenden Forderung ein Pfandrecht erworben hat. Das Zahlungsverbot ist mit Zustellnachweis zuzustellen, wobei die Zustellung an einen Ersatzempfänger zulässig ist.

(3) Die Pfändung ist mit Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen.

(4) Der Drittschuldner kann das Zahlungsverbot anfechten oder bei der Abgabenbehörde die Unzulässigkeit der Vollstreckung nach den darüber bestehenden Vorschriften geltend machen.

(5) Ein für die gepfändete Forderung bestelltes Handpfand kann in Verwahrung genommen werden.

Rechtliche Beurteilung

Grundsätzlich ist nur die Frage des Vorliegens eines Exekutionstitels (Rückstandsausweis) Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens (vgl Liebeg, § 65 AbgEO Anm 28).

Als Grundlage für die Einbringung ist gemäß § 229 BAO über die vollstreckbar gewordenen Abgabenschuldigkeiten ein Rückstandsausweis elektronisch oder in Papierform auszustellen. Dieser hat den Namen und Anschrift des Abgabepflichtigen, den Betrag der Abgabenschuld zergliedert nach Abgabenschuldigkeiten und den Vermerk zu enthalten, dass die Abgabenschuld vollstreckbar geworden ist (Vollstreckbarkeitsklausel). Rückstandsausweise bilden als Exekutionstitel die Grundlage der finanzbehördlichen und gerichtlichen Vollstreckung. Sie sind öffentliche Urkunden über Bestand und Vollstreckbarkeit von Abgabeschulden, nicht aber Bescheide (). Sie stellen bloß aus den Rechnungsbehelfen der Behörde gewonnene Aufstellungen über Zahlungsverbindlichkeiten dar. Wohl sind sie aber rechtserheblich und zufolge des § 4 AbgEO unabdingbare Voraussetzung im Vollstreckungsverfahren. Die Nennung der Person, die die Leistung zu erbringen hat, und die Art der Leistung müssen mit den Leistungsgeboten übereinstimmen ().

Mangels Möglichkeit einer unmittelbaren Bekämpfung mittels Bescheidbeschwerde vor den Verwaltungsgerichten muss die Rechtswidrigkeit von Rückstandsausweisen in Einwendungen nach § 13 AbgEO bzw mit einem Antrag nach § 15 Abs 2 AbgEO geltend gemacht werden (vgl ; ). Entspricht die Abgabenbehörde einem solchen Vorbringen nicht oder nicht voll, so muss hierüber mit Bescheid abgesprochen werden (), wodurch wiederum die Möglichkeit eines verwaltungsgerichtlichen Rechtsmittelverfahrens eröffnet wird (vgl. Unger in Althuber/Tanzer/Unger (Hrsg), BAO Handbuch (2015) zu § 229 BAO, Seite 669). Solche Einwendungen können schon aus diesem Grund nicht Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens gegen einen Pfändungsbescheid sein. Durch § 13 AbgEO wird dem Vollstreckungsschuldner die Möglichkeit eingeräumt, gegen den Titel als solchen Einwendungen zu erheben ().

Ein solcher Rückstandsausweis wurde vom Finanzamt am ausgefertigt und diente als Grundlage für die gegenständlichen Forderungspfändungen.

In der Beschwerde wird vorgebracht, dass der Rückstand nicht bestehe, weil das Finanzamt dem Einspruch gegen eine Abweisung eines "beantragten Zahlungsaufschubes (§ 212a BAO) mit BVE vom vollinhaltlich stattgegeben" habe. Im Vorlageantrag vom wird ergänzend vorgebracht, dass die Voraussetzungen des § 12 Abs 1 AbgEO mit Bewilligung des Zahlungsaufschubs in voller Höhe vorliegen würden - zumal bereits am die Aussetzung der Einhebung sämtlicher vom Rückstandsausweis umfassten Abgaben beantragt wurde.

Gemäß § 12 AbgEO können gegen den Anspruch im Zuge des finanzbehördlichen Vollstreckungsverfahrens nur insofern Einwendungen erhoben werden, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrundeliegenden Exekutionstitels eingetreten sind. Nach dieser Bestimmung können Einwendungen gegen den vollstreckbaren Abgabenanspruch nur vorgebracht werden, wenn zeitlich nach Ausstellung des Rückstandsausweises Umstände eingetreten sind, die den Abgabenanspruch (z. B. durch Zahlung) aufheben oder seine Geltendmachung (z. B. durch Bewilligung einer Stundung) hemmen (vgl. Liebeg, AbgEO, § 12, Tz 1; ). Es wird also diesfalls - anders als im Falle des § 15 AbgEO - nicht behauptet, dass der ausgestellte Rückstandsausweis unrichtig (gesetzwidrig oder irrtümlich ausgestellt) sei, sondern es werden hier solche Tatsachen vorgebracht, die den an sich und seinerzeit richtig bescheinigten Anspruch aufheben oder hemmen (). Über Einwendungen nach § 12 AbgEO und § 13 AbgEO hat die Titelbehörde zu entscheiden ().

Soweit sich die vorgebrachten Einwendungen jedoch gegen den Entstehungsgrund der Abgabenschuld (Abgabenbescheid) richten, ist die Titelbehörde berechtigt und verpflichtet, diese Einwendungen bescheidmäßig zurückzuweisen (vgl ; ).

Mit Bescheid gem. § 299 BAO vom wurde der Säumniszuschlagsbescheid vom (betreffend Säumniszuschläge 2013-2015) von der belangten Behörde aufgehoben. Damit ist dieses Leistungsgebot aus dem Rechtsbestand ausgeschieden. Abgabenforderungen hinsichtlich solcher Säumniszuschläge existieren nicht (mehr).
Mit Bescheid vom hat die belangte Behörde die Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO) sämtlicher Säumniszuschläge, die vom Rückstandsausweis umfasst waren, bewilligt.

Der im zweiten Satz des § 65 Abs 1 AbgEO genannte Pfändungsbescheid, dessen Spruch die dort enthaltenen Angaben zu enthalten hat, muss an den Abgabenschuldner ergehen (). Bei der Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners ist das Exekutionsobjekt eine Geldforderung. Diese muss im Zeitpunkt der Pfändung existent sein (). Sollte die gepfändete Forderung nicht bestehen - so wie dies im Antwortschreiben vom beschrieben wird -, ginge die Exekution ins Leere (). Insofern hätte sich auch die gegenständliche Beschwerde, sofern sie sich gegen eine ohnedies wirkungslose Pfändung richtet, erübrigt ().
Durch die Einstellung der Vollsteckbarkeit werden alle bisherigen Vollstreckungsakte aufgehoben; insbesondere ist damit der Verlust allfällig erworbener Pfandrechte verbunden. Die Einstellung hat mittels rechtsmittelfähigen Bescheides zu erfolgen. Sofern die Vollstreckung tatsächlich eingestellt wurde, bestehen schon aus diesem Grund keine Pfandrechte mehr.

Gemäß § 4 AbgEO ist ein über Abgaben ausgestellter Rückstandsausweis Exekutionstitel für die Vollstreckung von Abgabenansprüchen. Ungetilgte Abgabenschuldigkeiten sind nach dem in § 5 Abs. 2 AbgEO verankerten Amtswegigkeitsprinzip zu vollstrecken (Stoll, BAO-Kommentar, 2383; ).

Die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners erfolgt gemäß § 65 Abs 1 AbgEO mittels Pfändung und gemäß § 71 Abs 1 AbgEO mittels Überweisung derselben. Im Pfändungsbescheid sind nach dieser Bestimmung die Höhe der Abgabenschuld und der Gebühren und Auslagenersätze anzugeben. Sofern nicht § 67 AbgEO (Forderungspfändung aus zB Sparurkunden) zur Anwendung kommt, geschieht die Pfändung dadurch, dass das Finanzamt dem Drittschuldner verbietet, an den Abgabenschuldner zu bezahlen (konstitutiver Akt). Zugleich ist dem Abgabenschuldner selbst jede Verfügung über seine Forderung sowie über das für dieselbe etwa bestellte Pfand und insbesondere die Einziehung der Forderung zu untersagen (deklarativer Akt). Die Pfändung ist mit Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen (). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (; ) steht dem Abgabenschuldner gegen die Forderungspfändung im finanzbehördlichen Vollstreckungsverfahren ungeachtet der Rechtsmittelbeschränkung nach § 77 Abs 1 Z 1 AbgEO ein Rechtsmittel zu.

Ob die gepfändete Forderung besteht oder nicht, ist nicht Gegenstand der Prüfung im Pfändungsverfahren; hierüber kann nur im Streit zwischen dem Überweisungsgläubiger (hier dem Bund) und dem Drittschuldner entschieden werden. Die Prüfung kann sich daher nur darauf erstrecken, ob die Forderung dem Abgabenschuldner zustehen kann (Schlüssigkeitsprüfung) und ob etwa Unpfändbarkeit vorliegt. Die Forderung wird grundsätzlich in jenem Umfang von der Pfändung erfasst, in dem sie sich im Zeitpunkt der Zustellung des Zahlungsverbotes befindet. Einwendungen gegen den Abgabenanspruch (gegen die Säumniszuschläge) oder Einwendungen nach § 12 AbgEO sind nicht im Rechtsmittelverfahren gegen einen Pfändungsbescheid zu klären.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht folgt der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Darüber hinaus hing diese Entscheidung im Wesentlichen von der Würdigung der Umstände des Einzelfalles ab. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 97 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 17 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 230 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 65 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 12 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7104245.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at