Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.12.2021, RV/2100720/2017

Für eine Berichtigung der Umsatzsteuer ist ein substantiiertes Bestreiten der Forderung nicht ausreichend

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter *ER* in der Beschwerdesache *RA* als Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren der *Bf*, *RA-Adresse*, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des *FA* (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Umsatzsteuerfestsetzung 11/2016, Steuernummer St.Nr.Bf, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (kurz: Bf.) betreibt ein Bauunternehmen. Sie war bis zum eine GmbH und wurde mit Wirkung vom in eine GmbH & Co KG umgewandelt.

Mit Schreiben vom teilte die Bf. dem Finanzamt unter Vorlage der entsprechenden Umsatzsteuervoranmeldung mit, dass sich für die Bf. für November 2016 ein Umsatzsteuerguthaben von 452.826,78 EURO ergebe. Dieses Umsatzsteuerguthaben resultiere im Wesentlichen aus dem folgendem Sachverhalt:

Am habe die Bf. für das Bauprojekt der *XY* *Immoges* (kurz: *XY*) die Schlussrechnung gelegt. Das offene Restentgelt habe sich auf 2.238.706,87 EURO netto belaufen. Die entsprechende Umsatzsteuer sei in der UVA für 7/2016 gemeldet worden. Da die Rechnung von der *XY* nicht fristgerecht entrichtet worden sei, sei am ein Stundungsantrag für die daraus resultierende Umsatzsteuerschuld 7/2016 in Höhe von 447.741,37 EURO *XY* worden. Dieser Antrag sei mit Bescheid vom in abgeänderter Form bewilligt worden. Zwischenzeitlich habe die *XY* die Schlussrechnung korrigiert und nur mit einem minimalen Teilbetrag in Höhe von 13.986,46 EURO netto anerkannt. Dazu werde auf das beigeschlossene Rechnungsprüfungsblatt des zuständigen Architekten sowie auf ein entsprechendes Anwaltsschreiben verwiesen. Momentan würden mit dem Kunden außergerichtliche Verhandlungen betreffend die Einbringlichkeit geführt, wobei eine langwierige gerichtliche Auseinandersetzung zu erwarten sei. Auf Grund dieser Rechnungskorrektur und der dementsprechenden Verpflichtung des Kunden, die entsprechende Vorsteuer zu korrigieren, sei auch eine Berichtigung der Umsatzsteuer gemäß § 16 UStG 1994 bei der Bf. durchzuführen. Da die Stundung mit auslaufe, werde um Gutbuchung des Umsatzsteuerguthabens aus der Voranmeldung 11/2016 mit spätestens diesem Datum am Abgabenkonto der Bf. ersucht.

Das Finanzamt führte in der Folge bei der Bf. eine Umsatzsteuernachschau für den Zeitraum 7/2016 bis 11/2016 durch. In der darüber aufgenommenen Niederschrift hielt der Prüfer fest, dass die Bf. im Zeitraum 11/2016 Umsatzsteuer in Höhe von 444.944,08 EURO berichtigt habe. Hierbei handle es sich um eine Schlussrechnung, welche vom Leistungsempfänger beanstandet worden sei. Der steuerliche Vertreter der Bf. beziehe sich auf das Urteil des BFH vom , V R 72/03, in dem eine Berichtigungsmöglichkeit bei "substantiierten" Bestreiten einer Forderung anerkannt werde. Laut dem VwGH sei die bloße Zweifelhaftigkeit der Forderung jedoch nicht ausreichend, um eine Berichtigung nach § 16 UStG 1994 durchzuführen (). Da auch nach Auskunft des Geschäftsführers der Bf. eine Entgeltminderung noch nicht feststehe (die Rechnungsabstriche des Kunden würden von der Bf. nicht akzeptiert), sei eine Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 16 UStG 1994 nicht zulässig.

Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Prüfers und erließ mit Datum einen Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 11/2016 mit dem es eine Umsatzsteuergutschrift von 7.882,70 EURO ansetzte.

Dagegen erhob die Bf. mit Schriftsatz vom Beschwerde. Begründend führte die Bf. im Wesentlichen aus, dass die *XY* vom laut Schlussrechnung offenen Restentgelt von netto 2.238.706,87 EURO lediglich einen minimalen Rechnungsbetrag von netto 13.986,46 EURO anerkannt und überwiesen habe. Der restliche aushaftende Betrag in Höhe von netto 2.224.720,41 EURO sei aufgrund der Rechnungskorrektur durch die *XY* und der ausdrücklichen Bekräftigung dieser Korrektur mittels Schreibens des Rechtsanwaltes der *XY* vom in der UVA 11/2016 als Berichtigung gemäß § 16 UStG ausgewiesen worden. Die Uneinbringlichkeit des offenen Restbetrages ergebe sich nicht aus einer mangelnden Zahlungsfähigkeit des Kunden, sondern aus der Tatsache, dass der Kunde die Erbringung der Leistung in Abrede stelle. Durch die Nichtanerkennung der Leistungen verliere der Kunde insoweit die Berechtigung für den Vorsteuerabzug aus der Rechnung, da § 12 UStG 1994 die Erbringung von Lieferungen und Leistungen für den Vorsteuerabzug voraussetze. Der Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer gebiete nun, dass gleichzeitig auch die Umsatzsteuer beim leistenden Unternehmer korrigiert werde. Dazu werde auf das Urteil des BFH vom , V R 71/99 verwiesen. Würde man dem Finanzamt folgen, dann würde dies zu systemwidrigen und für den Staat durchaus problematischen Ergebnissen führen. So würde sich die Insolvenzquote erhöhen, weil der rechnungsausstellende Unternehmer die Umsatzsteuer aus eigenem finanzieren müsste. Der rechnungsempfangende Unternehmer wäre ungerechtfertigter Weise begünstigt, weil er den Vorsteuerabzug hätte, obwohl er der Meinung sei, die Leistung sei an ihn nicht ausgeführt worden. Er habe daher auch an einer raschen Streitbeilegung wenig Interesse, was nicht im volkswirtschaftlichen Interesse sein könne. Schließlich würden auf diese Weise auch "Steuerbetrugsmodelle" unnötig gefördert, weil unlautere Auftraggeber die Schlussrechnungen korrigieren und es auf einen Prozess ankommen lassen aber weiter die Vorsteuer behalten könnten. Momentan würden mit dem Kunden außergerichtliche Verhandlungen betreffend die Einbringlichkeit der Rechnung geführt, wobei eine gerichtliche Auseinandersetzung zu erwarten sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Es liege keine Uneinbringlichkeit der Forderung der Bf. vor. Die Bf. selbst habe ausgeführt, dass keine Uneinbringlichkeit wegen Zahlungsunfähigkeit vorliege. Eine bloße Zweifelhaftigkeit der Einbringlichkeit der Forderung reiche nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus, um eine Berichtigung gemäß § 16 UStG 1994 vorzunehmen. Bis dato sei es zu keiner Minderung des Entgelts gekommen. Dass die Leistungen strittig seien, sei irrelevant. Das ledigliche Nichtbezahlen des Entgeltes führe nicht zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage im Sinne des § 16 UStG 1994 (Hinweis auf EuGH Rs C-337/13). Es mache auch keinen Unterschied, ob die *XY* die offene Forderung lediglich nicht begleiche oder aber eine korrigierte Rechnung schicke. Jedenfalls könne ein Leistungsempfänger nicht von sich aus eine erhaltene Rechnung korrigieren, sondern nur der Rechnungsaussteller. Einseitige Rechnungsberichtigungen des Rechnungsempfängers hätten keine Rechtswirkung. Bei dem vorliegenden Sachverhalt könne nicht mit Bestimmtheit gesagt werden, dass die gegenständliche Forderung ab November 2016 als uneinbringlich zu betrachten gewesen wäre.

Dem Urteil des deutschen BFH sei die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegen zu halten, wonach die Zweifelhaftigkeit der Einbringlichkeit einer Forderung nicht ausreiche, diese Forderung als uneinbringlich zu bewerten.

Dem Argument der Insolvenzquote sei zu erwidern, dass die Bf. auf Grund ihrer Rechtsform zur Buchführung verpflichtet sei, und damit der Sollbesteuerung unterliege. Sie habe daher die Umsatzsteuer nach vereinbarten Entgelten zu berechnen unabhängig davon, ob die Entgelte vereinnahmt würden oder nicht.

Zur Frage der Berechtigung des Vorsteuerabzuges und allfälligen Begünstigung der Leistungsempfängerin sei zu sagen, dass der Vorsteuerabzug der Leistungsempfängerin nicht Gegenstand dieses Verfahrens sei. Auch durch die unterschiedlichen Methoden der Besteuerung (Ist- und Sollbesteuerung) sei es möglich, dass der Zeitpunkt der Entstehung der Umsatzsteuerschuld einerseits und der Zeitpunkt zur Berechtigung des Vorsteuerabzuges andererseits nicht ident seien.

Nach dem Steuerrecht stehe einem Leistungsempfänger keine Möglichkeit offen, erhaltene Rechnungen selbständig zu korrigieren, somit laufe auch das Argument der Bf. ins Leere, es würden, wenn man der Ansicht des Finanzamtes folgte, Steuerbetrugsmodelle unnötig gefördert werden.

Mit Schriftsatz vom stellte die Bf. einen Vorlageantrag und hielt darin der Beschwerdevorentscheidung Folgendes entgegen:

Das Finanzamt vertrete den Standpunkt, dass eine Umsatzsteuerberichtigung erst möglich sei, wenn die Uneinbringlichkeit endgültig feststehe. Diese Rechtslage betreffe jedoch Fälle der Uneinbringlichkeit wegen Zahlungsunfähigkeit. Im gegenständlichen Fall sei der Kunde aber nicht zahlungsunfähig, er sei allerdings der Meinung, dass keine diesbezügliche Leistung vorliege. Das vom Finanzamt zitierte EuGH-Urteil Rs C-337/13 betreffe einen Fall, in welchem der Kunde zahlungsunfähig geworden sei. Auch das vom Finanzamt herangezogene Erkenntnis des VwGH Zl. 87/15/0060 betreffe einen Insolvenzfall, wo weitere Schuldner für das Entgelt hafteten, bei denen die Möglichkeit der Forderungseintreibung bestanden habe, und daher noch keine Umsatzsteuerberichtigung zugelassen worden sei. Eine Vergleichbarkeit dieser Fälle mit dem vorliegenden sei nicht gegeben.

Im gegenständlichen Fall liege ein "substantiiertes Bestreiten" einer Forderung im Sinne des BFH vor. Die Rechtsprechung des BFH sei in der Beschwerdevorentscheidung nicht anerkannt worden, obwohl die diesbezügliche Rechtslage mit Deutschland vergleichbar sei. Auch in Deutschland sei bei "normaler Zahlungsunfähigkeit" gemäß § 17 dUStG eine Umsatzsteuerkorrektur erst vorzunehmen, wenn "der Anspruch auf Entrichtung des Entgelts nicht erfüllt wird und bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Unternehmer seine Forderungen jedenfalls in absehbarer Zeit rechtlich oder tatsächlich nicht durchsetzen kann". Im gegenständlichen Fall liege ein derartiges substantiiertes Bestreiten vor.

Der Grund warum bei "normaler Zahlungsunfähigkeit" die Umsatzsteuerberichtigung erst bei "endgültigem Feststehen" des Forderungsausfalles vorgenommen werden dürfe, ergebe sich aus dem fehlenden Belegaustausch. Es bedürfe daher in diesen Fällen eindeutiger und objektiver Kriterien (Insolvenzeröffnung, Abweisung Insolvenzeröffnung mangels Masse, etc.) bevor eine Umsatzsteuerberichtigung vorgenommen werden dürfe, um den Zusammenhang mit der Vorsteuerberichtigung zu wahren. Im gegenständlichen Fall sei es jedoch zu einem Belegaustausch gekommen, in dem der Leistungsempfänger vertreten durch seinen Anwalt eine Rechnungsbeantwortung mit 57 Seiten Beilagen sendete (Rechnungsprüfblatt, Teilrechnungsprüfblatt, Übersicht Rechnungsprüfung, Detailblätter zu Nachträgen, etc.). Durch diesen Belegaustausch sei es systematisch konsequent, den Umsatzsteuerbetrag beim Leistungserbringer zu korrigieren und vice versa den Vorsteuerabzug beim Leistungsempfänger. Bei einer normalen Nichtzahlung wegen Zahlungsunfähigkeit fehle dieser Belegaustausch und sei daher eine andere Beurteilung notwendig, als bei einer Nichtzahlung wegen substantiiertem Bestreiten der Leistung.

In der Beschwerdevorentscheidung werde angeführt, dass einseitige Rechnungskorrekturen keine Rechtswirkungen hätten. Es sei jedoch zu beachten, dass dies in der Bauwirtschaft gängige Praxis sei. Auch beim Skonto gebe es keine neuerlich korrigierte Rechnungsausstellung durch das leistende Unternehmen. In den Fällen des viel zitierten Forderungsausfalls infolge Zahlungsunfähigkeit gebe es gar keinen Beleg und trotzdem die Steuerkorrektur. Eine derart qualifizierte Rechnungsbestreitung über einen Anwalt und das dadurch zum Ausdruck kommende substantiierte Bestreiten der Forderung habe große finanzielle Auswirkungen für beide Vertragspartner und könne daher nicht ohne Rechtswirkungen sein.

Weiters sei festzuhalten, dass sowohl die Bf. als auch der Auftraggeber Sollversteuerer iSd § 17 UStG 1994 seien. Bei beidseitiger Sollversteuerung gebiete der Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer einen gleichzeitigen Berichtigungszeitpunkt für Umsatzsteuer und Vorsteuer.

Es gehe um die Frage, ob der Gesetzgeber den § 16 UStG 1994 tatsächlich so auslegen möchte, dass dem Staat ein größtmöglicher Schaden im Falle einer Insolvenz entstehe und weiters ein volkswirtschaftlich unerwünschter Effekt eintrete.

Durch ein substantiiertes Bestreiten einer Forderung könne ein Auftragnehmer die Bezahlung einer Rechnung sehr lange hinauszögern und ein jahrelanges Gerichtsverfahren führen. Bei einer Gesetzesauslegung entsprechend der Abgabenbehörde würde dies bedeuten, dass im Falle eines nach Jahren ergehenden Urteils die Gefahr der Uneinbringlichkeit der Vorsteuerberichtigung sehr groß wäre. Wenn der Kunde den Prozess verliere, stehle er sich häufig in die Insolvenz. Dies bedeute, dass der Vorsteuerabzug zu korrigieren wäre, jedoch für den Fiskus dann nicht mehr bzw. nur zu einem geringen Teil einbringlich sei.

Bei Anwendung der Rechtsansicht laut Beschwerde bestehe diese Gefahr nicht. Sollte der Kunde den Prozess gewinnen, sei ohnehin keine Vorsteuerberichtigung mehr notwendig, da Umsatzsteuer und Vorsteuer bereits im Zeitpunkt des Rechnungsabstriches (substantiiertes Bestreiten) vorgenommen worden sei und es würden sich sowohl bei Auftragnehmer als auch bei Auftraggeber keine umsatzsteuerlichen Auswirkungen ergeben.

Sollte der Kunde den Prozess verlieren, würden sich folgende Szenarien ergeben:

Der Kunde bezahlt den offenen Betrag. In diesem Fall müsse der Auftragnehmer zwar die Umsatzsteuer nachmelden und nachzahlen, allerdings habe der Auftragnehmer ohnehin den hohen Geldeingang vom Kunden und bestehe kein tatsächliches Risiko, dass dieser Umsatzsteuerbetrag nicht an den Fiskus abgeführt werde.

Der Kunde bezahlt den offenen Betrag nicht und wird insolvent. In diesem Fall ergebe sich keine steuerliche Auswirkung, da der grundsätzlichen Steuerentstehung die Nichteinbringlichkeit gegenüberstehe und damit sowohl bei Auftraggeber als auch bei Auftragnehmer im Ergebnis keine Berichtigung vorzunehmen sei.

Durch die Anwendung der Rechtsansicht laut Beschwerde, könne somit das Steuerausfallsrisiko für den Staat minimiert werden.

Bei einer Gesetzesauslegung entsprechend der Abgabenbehörde würde dies weiters bedeuten, dass eine ungerechtfertigte Bevorteilung des Auftraggebers eintreten würde, indem sich dieser bei einer Rechnungsbestreitung nicht nur den Nettobetrag der Rechnung (vorerst) erspare, sondern zusätzlich auch noch die Vorsteuer vom Rechnungsbetrag zurückbekomme und damit ein Liquiditätsvorteil in Höhe des Bruttobetrages entstehe. Auch das entspräche nicht dem Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer.

Aufgrund der dargelegten Argumente sei daher die Übernahme der Rechtsansicht des BFH auf Österreich sachlich gerechtfertigt und notwendig.

Das Finanzamt legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte im Vorlagebericht vom die Abweisung der Beschwerde.

Im vor dem Bundesfinanzgericht fortgesetzten Beschwerdeverfahren brachte die Bf. über Vorhalt mit Eingabe vom noch vor, dass die gegenständliche Forderung für die Besicherung von Krediten an eine Bank zediert worden sei. Nachdem die Bf. in Insolvenz geraten sei, habe die Bank infolge des Aussonderungsrechtes im Zuge der Insolvenz die Forderung zur Betreibung übernommen. Mittlerweile sei ein Vergleich in Höhe von 1.300.000,00 EURO getroffen worden. Diese Angaben wurden vom zuständigen Insolvenzverwalter mit Schreiben vom bestätigt und dahingehend ergänzt, dass der Vergleich der Bank mit der *XY* bei der Bf. umsatzsteuerlich keinen Niederschlag gefunden habe.

Gemäß Firmenbuchauszug wurde der Konkurs über das Vermögen der Bf. mit Beschluss des zuständigen Landesgerichtes vom eröffnet. Er ist bis dato nicht beendet.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

§ 16 Abs. 1 UStG 1994 legt Folgendes fest: Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 geändert, so haben der Unternehmer, der diesen Umsätze ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag, und der Unternehmer, an den dieser Umsätze ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug entsprechend zu berichtigen. Die Berichtigungen sind für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung des Entgeltes eingetreten ist.

Gemäß § 16 Abs. 3 UStG 1994 gilt Abs. 1 sinngemäß, wenn

  • das Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung uneinbringlich geworden ist. Wird das Entgelt nachträglich vereinnahmt, so sind Steuerbetrag und Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen;

  • für eine vereinbarte Lieferung oder sonstige Leistung ein Entgelt entrichtet, die Lieferung oder sonstige Leistung jedoch nicht ausgeführt worden ist;

  • eine steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung rückgängig gemacht worden ist.

Das Finanzamt lehnt die von der Bf. begehrte Berichtigung der Umsatzsteuer aus ihrer Schlussrechnung vom mit der Begründung ab, dass eine Uneinbringlichkeit des Entgeltes nicht gegeben gewesen sei. Eine bloße Zweifelhaftigkeit der Einbringlichkeit reiche noch nicht aus. Demgegenüber steht die Bf. auf dem Standpunkt, dass sehr wohl eine Uneinbringlichkeit vorgelegen sei, allerdings nicht wegen Zahlungsunfähigkeit der Leistungsempfängerin sondern weil diese das Vorliegen entsprechender Leistungen in Abrede gestellt habe. Ein substantiiertes Bestreiten der Leistung müsse auch zu einer Umsatzsteuerberichtigung führen.

Nach der Aktenlage hat die Bf. mit Schlussrechnung vom der *XY* ein Entgelt von netto 6.642.999,02 EURO in Rechnung gestellt. Davon wurden Abschlagszahlungen von 4.404.292,18 EURO in Abzug gebracht und sohin ein Restentgelt von netto 2.238.706,87 EURO ausgewiesen. Die darauf entfallende Umsatzsteuer wurde mit 447.741,37 EURO ausgewiesen. Dieses Restentgelt wurde von der Leistungsempfängerin auf einen Betrag von 13.986,46 netto korrigiert und nur in diesem Umfang anerkannt und bezahlt.

Zufolge § 16 Abs. 3 Z 1 UStG 1994 führt die Uneinbringlichkeit einer Forderung zu einer Berichtigung der Umsatzsteuer. Das Gesetz erläutert nicht, wann ein Entgelt uneinbringlich geworden ist, weshalb eine Beurteilung nach kaufmännischen Gesichtspunkten zu erfolgen hat. Die Tatsache, dass die Einbringlichkeit zweifelhaft geworden ist oder ausgeschlossen erscheint, ist an sich noch keine Änderung der Bemessungsgrundlage. Uneinbringlich ist eine Forderung, wenn mit ihrem Eingang bei vernünftiger (objektiver) kaufmännischer Beurteilung (nach den Erfahrungen des Wirtschaftslebens) in absehbarer Zeit nicht gerechnet werden kann (vgl. ; ). Eine Forderung muss demnach objektiv wertlos sein. Ob und wann Uneinbringlichkeit anzunehmen ist, ist nach der Judikatur des VwGH nach den Umständen des Einzelfalles zu entscheiden. Eine ertragsteuerliche Einzelwertberichtigung berechtigt noch nicht zur Entgeltsberichtigung, weil nach Bilanzierungsgrundsätzen bereits Dubiosität zu einer Abwertung zwingt (vgl. ; , 2003/13/0109; , 2001/14/0128; UFS Innsbruck , RV/0244-I/02; ). Kann der leistende Unternehmer das Entgelt als uneinbringlich betrachten, so steht dies einer Änderung der Bemessungsgrundlage gleich. Dies wird als gegeben angesehen, wenn mit der Durchsetzung der Forderung praktisch nicht mehr zu rechnen ist. Bei Zahlungsunfähigkeit ist nach der Rechtsprechung des VwGH jedenfalls von Uneinbringlichkeit auszugehen (vgl. ; ).

Laut Rechtsprechung des VwGH reicht also eine bloße Zweifelhaftigkeit der Einbringlichkeit nicht aus. Uneinbringlichkeit darf demnach nicht auf einer Vermutung beruhen, sondern muss der Realität entsprechen, wobei bei Zahlungsunfähigkeit eines Schuldners jedenfalls von der Uneinbringlichkeit auszugehen ist (vgl. ; , 87/15/0031; ebenso UFS Wien , RV/2573-W/08; , RV/0321-W/06; mwN). Der bloße Hinweis darauf, dass es zu nur teilweisen Bezahlens von Forderungen gekommen ist, berechtigt noch nicht zu einer Korrektur der Umsatzsteuer. (vgl UFS Wien , RV/2573-W/08). Allerdings kann die mangelnde Durchsetzbarkeit einen Fall der Uneinbringlichkeit darstellen, wonach Uneinbringlichkeit somit auch mit Uneintreibbarkeit gleichgesetzt werden kann (vgl. UFS Wien , RV/2080-W/02; UFS Linz , RV/0185-L/03).

Unbestritten ist, dass im gegenständlichen Fall eine Uneinbringlichkeit der Forderung wegen Zahlungsunfähigkeit der Leistungsempfängerin nicht vorliegt. Die (großteils) Nichtanerkennung der Forderung durch die Leistungsempfängerin stellt aber nach Ansicht des Gerichtes auch keine Form von Uneinbringlichkeit im Sinne des § 16 Abs. 3 Z 1 UStG 1994 dar. Das Bestreiten der Forderung lässt deren Durchsetzbarkeit bestenfalls zweifelhaft erscheinen. Weder ist die Forderung dadurch objektiv wertlos geworden noch bestand Gewissheit, dass die Forderung nicht mehr erfüllt werden wird. Die Höhe der Forderung stand lediglich in Streit. Es lagen diesbezüglich unterschiedliche Auffassungen der Bf. und der Leistungsempfängerin vor. Dies stellt keine Uneinbringlichkeit auch nicht im Sinne einer Uneintreibbarkeit dar. Die Durchsetzbarkeit der Forderung war im Streitzeitraum noch offen. Die Bf. vertrat jedenfalls den Standpunkt, dass ihre Forderung berechtigt ist. Sie ist offenbar auch nicht der Auffassung, dass eine Durchsetzbarkeit der Forderung ausgeschlossen war.

Wenn eine Uneinbringlichkeit im Sinne des § 16 Abs. 3 Z 1 UStG 1994 nicht gegeben ist, dann stellt sich noch die Frage, ob eine Berichtigung nach der allgemeinen Regelung des § 16 Abs. 1 UStG 1994 möglich ist. Dort ist als Voraussetzung für eine Berichtigung der Umsatzsteuer und der Vorsteuer festgelegt: "Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 geändert…". Eine Änderung der Bemessungsgrundlage kann bei einer einseitigen und überdies strittigen Reduzierung des Entgeltes durch die Leistungsempfängerin aber auch nicht angenommen werden. Entscheidend ist dabei nämlich, was der Abnehmer für die Leistung letztlich aufzuwenden hat. Maßgebend ist somit, ob sich die Gegenleistung, die der Abnehmer aufzuwenden hat, nachträglich verändert. Nicht maßgebend ist, ob sich der Betrag, den der Unternehmer erhält, verändert. Vermindert sich dieser Betrag, ohne dass sich deswegen etwas an der Verpflichtung des Abnehmers ändert, liegt keine Änderung der Bemessungsgrundlage vor (Ruppe/Achatz, UStG, 5. Auflage, § 1 Tz 18). Ob sich etwas an der Verpflichtung der *XY* geändert hat, war im Streitzeitraum noch ungewiss.

Das Gericht vermag sich der vom Bf. angezogenen Rechtsprechung des deutschen BFH, dass bereits ein substantiiertes Bestreiten zu einer Berichtigung der Umsatzsteuer führen könne, nicht anzuschließen. Dieser Rechtsprechung steht nach Ansicht des Gerichtes der Wortlaut des § 16 UStG 1994 und auch die oben zitierte Rechtsprechung des VwGH, wonach die Zweifelhaftigkeit einer Forderung für eine Berichtigung der Umsatzsteuer nicht ausreicht, entgegen.

Es liegt auch kein Verstoß gegen den Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer vor. Da sich die Bemessungsgrundlage bei einer zweifelhaften Forderung nicht geändert hat, gibt es weder beim leistenden Unternehmer noch beim Leistungsempfänger einen Grund zur Berichtigung der Umsatzsteuer bzw. Vorsteuer. Hat sich die Bemessungsgrundlage geändert, dann haben sowohl der Leistende wie auch der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer bzw. Vorsteuer zu berichtigen. Insofern ist der Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer gewahrt. Die Bf. irrt, wenn sie meint, die Leistungsempfängerin hätte bei den vorliegenden Verhältnissen eine Reduzierung der Vorsteuer vorzunehmen. Auch aus Sicht der Leistungsempfängerin liegt nur eine in Streit stehende Forderung bzw. Verbindlichkeit vor, die noch nicht eine Vorsteuerberichtigung auslöst. Es kommt dabei nicht auf die subjektive Meinung der Leistungsempfängerin sondern auf die objektiven Verhältnisse an.

Die Ausführungen der Beschwerde zu Steuerausfallsrisiken vermögen an dieser Beurteilung nichts zu ändern. Letztlich ein möglicher Steuerausfall immer eine Frage der Liquidität und zwar des Leistenden ebenso wie des Leistungsempfängers (wenn er sich zunächst eine Vorsteuer abgezogen hat und diese nachträglich berichtigen muss). Das Beispiel der Bf. geht auch davon aus, dass der Leistungsempfänger insolvent wird (sich in die Insolvenz "stiehlt").

Dass die Bf. im Falle einer Nichtberichtigung der Umsatzsteuer durch die Nichtentrichtung des Bruttoentgelts liquiditätsmäßig auch durch die Umsatzsteuer belastet ist, trifft unbestrittenermaßen zu. Dieses Problem wohnt aber der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten (Sollbesteuerung) generell inne, wo es auf eine Vereinnahmung des Entgeltes für die Besteuerung grundsätzlich nicht ankommt.

Teile des Schrifttums vertreten allerdings die Ansicht, dass der Rechtsprechung des BFH, ein substantiiertes Bestreiten einer Forderung rechtfertige eine Umsatzsteuerberichtigung, zu folgen sei, weil der Unternehmer im Rahmen der Sollversteuerung als "Steuereinheber" zwangsweise eine (diesfalls nicht erhaltene) Steuer vorfinanzieren müsse (vgl. Kanduth-Kristen in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-ON § 16, Stand , rdb.at, Tz 77). Wie schon oben ausgeführt, kann sich das Gericht dieser Auffassung nicht anschließen.

Dass in der Folge die Forderung mit einem Betrag von 1.300.000,00 EURO verglichen wurde, ist letztlich für das gegenständliche Verfahren nicht relevant. Denn Berichtigungen gemäß § 16 UStG sind immer ex nunc, also für den Veranlagungszeitraum, in dem die Änderung eingetreten ist, vorzunehmen (vgl. Kanduth-Kristen, a.a.O., Tz 15).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die gegenständliche Rechtsfrage wurde auf Basis des Wortlautes des Gesetzes und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Zweifelhaftigkeit einer Forderung für eine Berichtigung der Umsatzsteuer nicht ausreiche, entschieden. Es liegt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor und war daher die Revision für unzulässig zu erklären.

Klagenfurt am Wörthersee, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.2100720.2017

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