Umschulungskosten: Ernsthafte Absicht, den Beruf zu wechseln, nicht glaubhaft
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Umgebung vom betreffend Einkommensteuer 2014 (Arbeitnehmerinnenveranlagung), Steuernummer ***BfStNr***, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird im betragsmäßigen Umfang der Beschwerdevorentscheidung abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind der Beschwerdevorentscheidung vom zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Am beantragte die Beschwerdeführerin (im Folgenden kurz Bf. genannt) via FinanzOnline die Arbeitnehmerinnenveranlagung für das Jahr 2014 unter Geltendmachung von Sonderausgaben, Werbungskosten und Krankheitskosten.
Als Werbungskosten waren 2.650 Euro unter der Rubrik "Fortbildungs-, Ausbildungs- und Umschulungskosten" und 60 Euro unter der Rubrik "Gewerkschaftsbeiträge, sonstige Beiträge zu Berufsverbänden usw." angesetzt.
Mit Vorhalt des Finanzamtes vom wurde um ergänzende Angaben zu den beantragten Positionen und um Vorlage von Unterlagen bis zum ersucht.
Mit Antwortschreiben via FinanzOnline vom ersuchte die Bf. um Verlängerung der Frist, weil sie sich zur Zeit auf Urlaub befinde.
Mit Vorhalt des Finanzamtes vom wurde neuerlich um Ergänzung der Angaben und Vorlage von Unterlagen ersucht und dafür eine Frist bis zum eingeräumt.
Mit Antwortschreiben vom via FinanzOnline verwies die Bf. darauf, dass sie die geforderten Unterlagen sende.
Mit Bescheid vom erging daraufhin ein Bescheid zur Einkommensteuer 2014, der eine Gutschrift von 416 Euro aufwies. Die beantragten Aufwendungen blieben zur Gänze mit der Begründung unberücksichtigt, dass keine Unterlagen eingelangt seien.
Gegen diesen Bescheid wurde mit Schreiben vom Beschwerde erhoben und angeführt, dass alle Belege mit Zip-Datei am via FinanzOnline an das Finanzamt übermittelt worden seien. Der Beschwerde waren - neben einer Aufstellung über alle geltend gemachten Aufwendungen (darunter 2.650 Euro für eine Mentaltrainerausbildung und 60 Euro für einen Wirtschaftskammerbeitrag) - auch Zahlungsbelege und ein Schreiben vom beigelegt, worin bzgl. der Ausbildung zur Mentaltrainerin Folgendes festgehalten wurde:
"Ich habe beantragt, meine Ausbildung zum Mentaltrainer als Werbungskosten anzuerkennen. Ich habe die Ausbildung nicht zum privaten Zwecke gemacht, sondern um eine neue Arbeit zu finden. Ich bin derzeit Telefonistin in einem Callcenter, diese Tätigkeit stellt täglich eine große psychische Belastung dar und es handelt sich dabei um eine unsichere Arbeitsstelle, aus diesem Grunde entschloss ich mich die Ausbildung zum Mentaltrainer zu machen. Die Kurskosten habe ich mir förmlich vom Mund absparen müssen, damit ich die Ausbildung finanzieren konnte. Ich habe diese Umschulung nur aus beruflichen Gründen gemacht, um damit eine neue Arbeitsstelle im sozialen Bereich zu finden. Wenn ich offene Stellen sehe, bewerbe ich mich oder schicke meinen Lebenslauf hin."
Mit Vorhalt des Finanzamtes vom wurden neuerlich Unterlagen zu den Sonderausgaben und den Werbungskosten angefordert. Ua. wurde um Beantwortung folgender Fragen ersucht: "Eine umfassende Umschulung in einen anderen Beruf ist abzugsfähig, wenn Sie in absehbarer Zeit steuerpflichtige Einnahmen erzielen. Welche konkreten Maßnahmen haben Sie dafür schon gesetzt? Ist Ihr dzt. Arbeitsplatz gefährdet? Welche Maßnahmen haben Sie gesetzt, im Ihren neuen Beruf auszuüben? Haben Sie diese Ausbildung mittlerweile bereits abgeschlossen? Wenn ja, bitte um Vorlage des entsprechenden Zeugnisses. Wenn nein, welche Prüfungen wurden inzwischen abgelegt (Vorlage von Nachweisen) und wann ist mit der Beendigung der Ausbildung zu rechnen? Sind Sie bereits als Mentaltrainerin selbständig oder nichtselbständig tätig? Wenn ja, legen Sie bitte Nachweise im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit vor (z.B. Gewerbeberechtigung, Dienstvertrag). Haben Sie schon einen Gewerbeschein beantragt? Welche Schritte haben Sie bisher unternommen, um in einem neuen Beruf, der im Zusammenhang mit der Ausbildung zur Lebens- und Sozialberaterin/Mentaltrainerin steht, Fuß zu fassen? Um Vorlage von entsprechenden Unterlagen wird ersucht. Sollten Sie die Tätigkeit der Mentaltrainerin noch nicht aufgenommen haben: Welche konkreten beruflichen Pläne haben Sie im Zusammenhang mit den erfolgten Ausbildungsmaßnahmen? Was steht einem Berufswechsel entgegen? Ab wann besteht konkret die Absicht, einen Beruf im Zusammenhang mit der Ausbildung zur Mentaltrainerin auszuüben? Sind Sie nach wie vor als Telefonistin in einem Callcenter vollzeitbeschäftigt? Haben Arbeitgeber oder Förderstellen wie z.B. Land oder AMS Ihre Kosten ganz oder teilweise ersetzt? Dann geben Sie uns bitte die Höhe bekannt."
Mit Antwortschreiben vom gab die Bf. bekannt: "Ich habe die Ausbildung zum Mentaltrainer abgeschlossen. Ich habe mein Diplom erhalten und bin auf der Suche nach einer neuen Arbeit. Ich arbeite leider derzeit noch Vollzeit im Callcenter, da ich auf das Einkommen angewiesen bin trotz riesiger physischer und psychischer Belastung und mit wechselnden Dienstzeiten (7:00 bis 22:00 Uhr) und auch samstags. Vor ein paar Jahren stand auch zur Diskussion, dass der Standort in Graz geschlossen wird, allerdings ging es dann aufgrund des Einsatzes vom Betriebsrat und Modernisierungsmaßnahmen weiter. Ich weiß auch seit Jahren, dass ich den Callcenterjob nicht bis zu meiner Pensionierung machen kann. Ich würde gerne eine neue Arbeit im sozialen Bereich beratend ausüben. Für reine Selbständigkeit fehlen mir derzeit die finanziellen Mittel und ist auch nicht mein zentraler Wunsch.
Ich wäre jederzeit bereit eine neue Arbeit anzufangen. Dem Berufswechsel steht meinerseits nichts entgegen, habe aber noch keine Stelle gefunden. Man darf aber auch mein Alter nicht vergessen und ich bin alleinstehend, das bedeutet ich benötige eine Vollzeitstelle, von Teilzeit kann ich meine Lebenskosten nicht bestreiten. Um im Callcenter Teilzeit zu arbeiten und eine andere Teilzeitstelle dazu, lässt sich aufgrund der ständig wechselnden Arbeitszeiten nicht vereinbaren. Unsere Dienstzeiten sind bis 22:00 Uhr und ich fange ständig um eine andere Zeit meine Arbeit an, auf die Arbeitszeit habe ich keinen endgültigen Einfluss, muss praktisch sehr flexibel sein. Ich möchte nochmals betonen, dass ich die Ausbildung nie für private Zwecke gemacht habe, sondern es handelt sich definitiv um eine Umschulung. Ich tue alles erdenklich Mögliche um eine neue Stelle zu finden. Ich lege Ihnen mehrere Bewerbungen vor, als Zeichen dafür, dass ich laufend mich wirklich um eine neue Arbeit bemühe."
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde dem Beschwerdebegehren teilweise stattgegeben und wurden die Sonderausgaben in nachgewiesener Höhe berücksichtigt. Die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen wurden nicht berücksichtigt, weil sie den Selbstbehalt nicht überschritten. Eine Gutschrift von 667 Euro wurde festgesetzt.
Hinsichtlich der Nichtberücksichtigung der Kosten für eine Ausbildung zur Mentaltrainerin wurde ua. begründend ausgeführt, dass die Einkünfteerzielung im ausgeübten Beruf auch noch im Kalenderjahr 2018 jedenfalls gegeben sei und diese auch nicht gefährdet erscheine; weiters gehe das Finanzamt nicht davon aus, dass die Tätigkeit als Mentaltrainerin die derzeit bestehenden Verdienstmöglichkeiten verbessere und aus Sicht des Finanzamtes eine Einkünfteerzielung in der Tätigkeit als Mentaltrainerin nicht zu erwarten sei.
Mit Vorlageantrag vom antwortete die Bf. folgendermaßen: "Ich habe in dem betroffenen Zeitraum die Ausbildung zum Dipl. Mentaltrainer gemacht und auch mit Diplom an der Wifi Steiermark abgeschlossen, das Diplomzeugnis wurde Ihnen übermittelt. Die Ausbildung an der Wifi ist derart umfassend, dass sie einen Einstieg in eine neue berufliche Tätigkeit ermöglicht, die mit der bisherigen Tätigkeit nicht verwandt ist und auch auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielt. Ich habe die Umschulung nur aus beruflichen Gründen gemacht, um eine neue Arbeitsstelle im sozialen Bereich zu finden. Ich habe die Ausbildung definitiv nicht für private Zwecke gemacht, sondern es handelt sich um eine berufliche Umschulung. Ich hatte zum Zeitpunkt der Ausbildung die ernsthafte Absicht einen anderen Beruf auszuüben. Diese Absicht besteht auch heute noch. Derzeit arbeite ich noch im Callcenter, da ich sonst meine Miete und mein Essen nicht bezahlen kann. Ich bin ernsthaft auf der Suche nach einem neuen Job auf unselbständiger Basis im sozialen Bereich und will diesen unbedingt auch tatsächlich ausüben.
Meine ernsthafte Absicht kann ich auch glaubhaft machen. Ich arbeite in Wechselschichten von 7:00 - 22:00 Uhr und auch an Samstagen. Für mich ist es ganz schwer im Callcenterbereich einen Freitag oder Samstag frei zu bekommen und eine Umschulung zu machen. Dafür musste wirklich Urlaub, Zeitausgleich aufgewendet werden. Angesichts meines niedrigen Gehaltes musste ich wirklich auf Vieles verzichten, um 2.650,-- bezahlen zu können. Es stimmt, dass ich noch im Callcenter arbeite, aber ich lasse nichts unversucht, im neuen Beruf Fuß zu fassen. Angesichts meines Alters mit 48 Jahren und ständig wechselnden Arbeitszeiten ist das nicht so einfach, weshalb ich auf eine Vollzeitstelle angewiesen bin, zumal ich auch einen Kredit zurückzuzahlen habe. Ich habe die Ausbildung zum Lebens- und Sozialberater zielstrebig abgeschlossen und dort wurde mir bei einem Bewerbungsgespräch gesagt, dass es noch bessere Chancen gibt am Arbeitsmarkt, wenn ich noch eine Ausbildung mache, wo weitere Techniken hinzukommen. Der Mentaltrainer ergänzt gesamt mein Profil und es bestehen noch bessere Chancen eine neue Arbeit zu finden. Ich habe Ihnen auch einige Bewerbungen vorgelegt, mit unterschiedlichem Datum bis heute, damit Sie sich ein Bild von meiner Zielstrebigkeit und meiner ernsten Absicht machen können. Aus diesem Grund mache ich auch immer wenn neue Stellen in der Zeitung sind oder im Internet eine Bewerbung. Bis heute verfolge ich dieses Ziel mit allen mir zur Verfügung stehenden Möglichkeiten."
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Die nunmehr 51-jährige Bf. ist seit durchgehend bei einem Telefonbetreiber unselbständig beschäftigt und arbeitet als Telefonistin in einem Callcenter. Hinweise, dass diese Tätigkeit zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr ausgeübt wird, liegen nicht vor. Vielmehr gab die Bf. selbst zuletzt am an, noch im Callcenter zu arbeiten und wurden durchgehend von diesem Arbeitgeber - zuletzt für das Jahr 2020 - ausgestellte Lohnzettel an das Finanzamt übermittelt. Andere Einkünfte - außer solche aus einer Vermietung und Verpachtung - wurden in den auf 2014 folgenden Jahren nicht bekanntgegeben.
Im Oktober 2008 hat die Bf. die Ausbildung zur Lebens- und Sozialberaterin begonnen und wurde diese nach 6 Semestern im November 2011 mit Diplom abgeschlossen. Die für das Veranlagungsjahr 2010 als Werbungskosten für diese Ausbildung geltend gemachten Studien- und Seminargebühren wurden in einem Beschwerdeverfahren durch Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/2100643/2012, als abzugsfähige Umschulungskosten anerkannt.
Vom bis zum absolvierte die Bf. einen Diplomlehrgang über 62 Stunden zum Mentaltrainer beim WiFI Steiermark. Mit Abschlussprüfung am erwarb sie das Diplom zur geprüften Mentaltrainerin. Die Bf. machte für das Jahr 2014 für die Ausbildung zur Mentaltrainerin Umschulungskosten in Höhe von 2.650 Euro und einen Wirtschaftskammerbeitrag von 60 Euro als Werbungskosten geltend.
[...]
Ein Auszug aus dem Kursbuch des WIFI Steiermark (https://www.stmk.wifi.at/1482x) beschreibt die Ausbildung zum Mentaltrainer wie folgt:
"Diplomlehrgang Mentaltrainer
In dieser Ausbildung erwerben Sie die Kompetenz, Methoden und Techniken des Mentalen Trainings im Unterricht, in Seminaren und Workshops anzuwenden bzw. weiterzugeben. Voraussetzung zur Teilnahme am ,Diplomlehrgang Mentaltrainer' sind die Absolvierung des ,Grundlehrgangs Mentales Training' oder einer vergleichbaren Ausbildung sowie ein Aufnahmegespräch."
Als Zielgruppen für diesen Lehrgang sind angeführt:
"Personen, die Mentales Training beruflich umsetzen möchten
Lebens- und Sozialberater, Psychologen, Sportwissenschaftler sowie andere Berufsgruppen im Rahmen ihres Berufsfeldes
Alle im Coaching und Training tätigen Personen"
Als Voraussetzungen sind genannt:
"Voraussetzungen für die Teilnahme am Fortsetzungslehrgang ist die Absolvierung des Grundlehrganges Mentales Training (http://www.stmk.wifi.at/…) oder einer vergleichbaren Ausbildung sowie ein Zulassungsgespräch."
Die Bf. hat Ausdrucke aus ihrem elektronischen Mail-Ordner über vier gesendete E-Mails vorgelegt, die - soweit leserlich - 1.) ein Bewerbungsschreiben an eine Frau ***1***, 2.) eine Bewerbung als Fachbereichsleiterin an eine Frau Mag. ***2***, 3.) ein Bewerbungsschreiben an die Lebenshilfe ***3*** für die Stelle einer Bereichsleiterin der Mobile Dienste und 4.) eine Bewerbung für eine Stelle in einem Frauenhaus zum Inhalt haben. Die Datumsangaben der Mails sind infolge der schlechten Scan-Qualität nicht mit Sicherheit feststellbar.
Beweiswürdigung
Die Feststellungen gründen sich auf folgende Beweise und werden iSd § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen angenommen: von der Bf. vorgelegte Unterlagen, Vorakt RV/2100643/2012, Einschau der Richterin in das Abgabeninformationssystem und in das Kursbuch des WIFI Steiermark.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Teilweise Stattgabe)
Im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesfinanzgericht ist nur mehr strittig, ob die beantragten Kurs- und Studienkosten in Höhe von 2.650 Euro bzw. die Grundumlage für die Wirtschaftskammer in Höhe von 60 Euro als Werbungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte anzusetzen sind.
Dass die geltend gemachten Aufwendungen für die Ausbildung zur Mentaltrainerin nicht im Zusammenhang mit dem Beruf der Bf. als Telefonistin stehen und daher weder Aus- noch Fortbildungskosten im Sinne des Einkommensteuergesetzes darstellen, ist nicht strittig. Zu prüfen bleibt, ob die Absolvierung des Lehrganges zur Mentaltrainerin als eine umfassende Umschulungsmaßnahme anzusehen ist und die dafür getätigten Ausgaben nach § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 bei der Ermittlung der Einkünfte in Abzug zu bringen sind.
Werbungskosten sind nach § 16 Abs. 1 EStG 1988 Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 nennt als Werbungskosten ausdrücklich: "Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen. …."
§ 20 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 enthält das allgemeine Abzugsverbot von Aufwendungen für die Lebensführung. Darunter fallen nach lit. a dieser Bestimmung Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
Aufwendungen für Umschulungsmaßnahmen sind dann abzugsfähig, wenn sie derart umfassend sind, dass sie den Einstieg in eine neue berufliche Tätigkeit ermöglichen, die mit der bisherigen Tätigkeit nicht verwandt ist und auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen. Das bedeutet, dass der Besuch einzelner Kurse oder Veranstaltungen nicht unter diesen Begriff subsumiert werden kann.
In dem Erkenntnis des hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass steuerlich zu berücksichtigende Umschulungskosten solche Aufwendungen sind, die zur Sicherung des künftigen Lebensunterhaltes des Steuerpflichtigen beitragen sollen und daher künftiges Steuersubstrat darstellen (so auch in ).
Inhaltlich stellen Umschulungskosten daher "vorweggenommene Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten" dar (Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21a § 16 Tz 22 und 203/8, Stand , rdb.at). Die Anerkennung solcher "vorweggenommener Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten" setzt voraus, dass die Aufwendungen in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit künftigen steuerbaren Einnahmen aus der angestrebten beruflichen Tätigkeit stehen. Es reicht daher nicht aus, dass die Umschulung eine Tätigkeit in einem neuen Beruf ermöglicht, vielmehr muss die angestrebte Tätigkeit auch zur Sicherung des künftigen Lebensunterhaltes dienen oder zumindest zu einem wesentlichen Teil beitragen. Das Motiv für eine Umschulung muss daher darin liegen, eine andere Berufstätigkeit tatsächlich ausüben zu wollen.
Die subjektive Absicht einen anderen Beruf ausüben zu wollen, kann nur anhand von objektiven Umständen beurteilt werden. Der Entschluss zur Aufnahme einer neuen Tätigkeit muss klar und eindeutig nach außen in Erscheinung treten und durch geeignete Unterlagen nachgewiesen oder zumindest glaubhaft gemacht werden.
Die ausdrücklich genannte Voraussetzung, dass eine Umschulungsmaßnahme auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen muss, ist in Verbindung mit dem allgemeinen Abzugsverbot von Aufwendungen für die Lebensführung gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, aber auch mit den Grundsätzen der Liebhabereibeurteilung zu sehen. Die Beweggründe für eine Umschulung können unterschiedlichster Natur sein. Der Steuerpflichtige muss in der Lage sein, nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, dass er tatsächlich auf die Ausübung eines anderen Berufs abzielt.
Die bloße Möglichkeit der neuen Berufsausübung ist nicht ausreichend. Ziel der Ausbildung muss vielmehr die tatsächliche Ausübung des neuen Berufes sein. Diese ernsthafte Absicht muss dokumentiert bzw. nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden. Für die Anerkennung als Werbungskosten müssen Umstände vorliegen, die über eine bloße Absichtserklärung zur künftigen Einnahmenerzielung hinausgehen (vgl. ; ; ).
Ob der Wille des Steuerpflichtigen darauf gerichtet ist, sich eine neue Einkunftsquelle durch die Ausübung eines anderen Berufes zu verschaffen, ist im Einzelfall an Hand objektiver Kriterien nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen ().
Die Bf. behauptet die Absicht gehabt zu haben, eine neue Arbeitsstelle im sozialen Bereich anzunehmen und begründet dies ua. damit, dass die ausgeübte Tätigkeit als Telefonistin in einem Callcenter eines Telefonanbieters psychisch auch aufgrund der wechselnden Dienstzeiten sehr belastend sei und es sich um eine unsichere Arbeitsstelle handle. Abgesehen davon, dass eine Tätigkeit im sozialen Bereich ebenfalls psychisch belastend sein kann, steht diesen Behauptungen entgegen, dass die Bf. nach Beendigung ihrer Ausbildung zur Lebens- und Sozialberaterin im Jahre 2011 keine selbständige oder unselbständige Tätigkeit im sozialen Bereich aufgenommen hat und nach wie vor bei der Telefongesellschaft in Vollzeit angestellt ist. Eine Gefährdung der Einkunfteerzielung ist bei einer durchgehenden Beschäftigung seit 2004 nicht glaubhaft und ist auch über die bloße Behauptung hinaus keine besondere Nachweisführung erfolgt. Andere Umstände wie zB Arbeitslosigkeit oder Verbesserung der Verdienstchancen wurden nicht dargelegt und liegen diesbezüglich auch keine Hinweise vor.
Der Umstand, dass die Bf. im Laufe der Zeit Bewerbungen für Stellen im sozialen Bereich (zB für die Stelle als Bereichsleiterin Mobile Dienste und als Fachbereichsleiterin) abgeschickt hat, ist für sich alleine noch kein ausschlaggebendes Indiz, dass die ernsthafte Absicht bestand, als Mentaltrainerin in einem neuen Beruf Fuß zu fassen. Einen Hinweis auf andere konkrete Handlungen, die auf einen Berufswechsel abzielen, liegen nicht vor und hat die Bf. - wie sie selbst angibt - eine selbständige Tätigkeit als Mentaltrainerin nicht in Betracht gezogen.
Die Bf. hat nach ihrer Ausbildung zur Sozial- und Lebensberaterin im Jahre 2011 ihre Beschäftigung als Telefonistin weder eingeschränkt noch beendet und hat keine neue Tätigkeit in dem von ihr gewünschten sozialen Bereich aufgenommen. Auch nach Abschluss des Lehrganges zur Mentaltrainerin erfolgte keine Änderung ihrer Tätigkeit. Die Bf. gab an, dass sie in Vollzeit arbeite, da sie auf das Einkommen angewiesen sei und dass sie eine selbständige Stelle im sozialen Bereich nicht anstrebe, aber eine neue Arbeit im sozialen Bereich beratend ausüben würde. Die Äußerungen der Bf. werden so beurteilt, dass die Bf. zwar einen Berufswechsel in Betracht zog, eine ernsthafte Absicht den Beruf als Mentaltrainerin zu ergreifen und damit steuerlich relevante Einkünfte zu erzielen, ist darin aber nicht erkennbar.
So wurden keine konkreten Umstände dargelegt und nachgewiesen, die über eine allgemeine Absichtserklärung zu einer künftigen Einnahmenerzielung hinausgehen und sind die strittigen Seminarkosten nicht als abzugsfähige Umschulungskosten anzusehen.
Zur Grundumlage der Wirtschaftskammer in Höhe von 60 Euro ist noch auszuführen: Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Es muss ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der auf Einnahmenerzielung gerichteten außerbetrieblichen Tätigkeit und den Aufwendungen gegeben sein (vgl. ). Die Bezahlung der Grundumlage steht nicht im Zusammenhang mit den Einnahmen als Telefonistin und ist dieser Aufwand daher nicht als Werbungskosten abzugsfähig. Er kann auch nicht - wie oben dargestellt - als vorweggenommene Werbungskosten aufgrund einer Umschulung beurteilt werden.
Die Beschwerde war daher hinsichtlich der als Werbungskosten beantragten Aufwendungen zur Gänze abzuweisen. Hinsichtlich der beantragten Sonderausgaben und der Krankheitskosten wird auf die Begründung in der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes vom verwiesen. Gesamt gesehen war der angefochtene Bescheid insofern abzuändern, dass die Sonderausgaben, nicht aber die Krankheitskosten, bei der Berechnung der Einkommensteuer zu berücksichtigen waren.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Bei der Lösung der Frage, ob die beantragten Aufwendungen steuerlich abzugsfähige Werbungskosten, respektive Umschulungskosten, darstellen, war im Sinne der zitierten Judikaturlinie des Verwaltungsgerichtshofes eine Beurteilung der Umstände des konkreten Falles maßgeblich. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung waren nicht zu beantworten, weshalb eine Revision nicht zugelassen wurde.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.2101232.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at