Mantelkauf
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Hannes Prosen als Vorsitzenden die Richterin Dr.in Elisabeth Hafner, die fachkundigen Laienrichter Eva Maiwald-Wanderer und Mag. Josef Bramer in der Beschwerdesache ***1*** Gesellschaft m.b.H., B.Str 8/II, ***16*** V, vertreten durch A. u. B. Wirtschaftsprüfungs- und SteuerberatungsgesmbH, B.Str 8, ***16*** V, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Spittal Villach vom betreffend Körperschaftsteuer 2011, Körperschaftsteuer 2012 und Körperschaftsteuer 2013 und die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes vom betreffend Körperschaftsteuer 2014 in der Sitzung am zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Die Firma ***1*** Gesellschaft m.b.H. (im Folgenden: Bf.) wurde mit Gesellschaftsvertrag vom errichtet. Gegenstand des Unternehmens war der Handel mit Waren aller Art, insbesondere der Groß- und Einzelhandel mit Wein und Spirituosen.
Mit Beschluss des Landesgerichtes K vom , AZ ***5***- 3, wurde über die GmbH das Konkursverfahren eröffnet. Nach Beschluss eines 20%-tigen Zwangsausgleiches wurde der Konkurs am aufgehoben. Die GmbH hat im Konkursverfahren 2008 ihre Betriebs- und Geschäftsausstattung verkauft. Infolge Eröffnung des Konkursverfahrens wurde die GmbH am aufgelöst. Mit Generalversammlungsbeschluss vom wurde die Fortsetzung der Gesellschaft beschlossen.
H.K fungierte bis zur Konkurseröffnung alleine als selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer. Nach Aufhebung des Konkursverfahrens () wurde er am als Geschäftsführer abberufen. Er war bis als Gesellschafter mit 50% Geschäftsanteilen an der GmbH beteiligt (Auszug Firmenbuch).
Am wurde der leitende Angestellte G.P zum selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführer bestellt.
Gesellschaftliche Struktur bis 2014:
Im Jahr 2008 waren an der GmbH H.K als Gesellschafter und D.P als Gesellschafterin zu je 50% beteiligt.
Gesellschafter: von bis Stammkapital übernommen von
H.K 50% (b.)
D.P 50% (a.)
G.F 50% H.K (=b.)
I.A.D. 50% D.P (=a.)
B.K 50% G.F
L.F 50% I.A.D.
Geschäftsanschrift:
Die GmbH änderte ihre Geschäftsanschrift von A.Str. 307, W b. K, auf B.Str 8/II, V.
Betriebsprüfungsbericht vom , Arbeitsbogen zur Betriebsprüfung, ABNr. ***8***, Tz. 4 Mantelkauftatbestand§ 8 (4) KStG:
Im Jahr 2015 fand im Unternehmen der GmbH eine Außenprüfung der Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 2011 bis 2013 statt. Zur Ausgangssituation stellte die Prüferin fest, dass H.K am einen Antrag auf Herabsetzung der KÖSt-Vorauszahlungen für das Jahr 2009 mit der Begründung "da die Firma wegen Konkurs seit geschlossen ist" gestellt hat.
Am wurde das Konkursverfahren eröffnet und am nach Abschluss des 20%tigen Zwangsausgleiches aufgehoben. Die Firma G.W. ***10*** war Gläubiger im KO-Verfahren. Per wurde in der Bilanz ein Jahresfehlbetrag iHv Euro -121.341,76 ausgewiesen.
Für das Jahr 2009 stellte die Prüferin fest, dass im Unternehmen
- keine Dienstnehmer beschäftigt gewesen sind,
- eine Geschäftstätigkeit nicht stattgefunden hat und
- der Jahresüberschuss lt. Jahresabschluss sich lediglich durch den Sanierungsgewinn errechnet hat.
Ab dem Jahr 2010 wurden "Leistungserlöse Ausland" erzielt und ein Jahresüberschuss iHv Euro 11.846,00 ausgewiesen.
Unternehmensgegenstand:
Das Unternehmen hat bis 2008 Umsätze aus dem Handel mit Wein erzielt. Der Betrieb ***12*** wurde im Juni 2008 eingestellt. Die Prüferin stellte fest, dass sich der Betriebsgegenstand von Handel mit Wein auf die Erbringung von Beratungs- und Dienstleistungen und Marketing für die ***10***-Gruppe geändert hat und eine neue wirtschaftliche Einheit geschaffen wurde.
Die Prüferin begründete das Vorliegen des Tatbestandes eines Mantelkaufes im Sinne des § 8 Abs. 4 KStG in den Punkten 1 bis 3 wie folgt:
1. Änderung der Gesellschafterstruktur auf entgeltlicher Grundlage ab 2009:
Mit Notariatsakt vom 24. und haben die beiden Gesellschafter hinsichtlich ihrer Geschäftsanteile zwei "Abtretungsanbote" (Notariatsakte) zum Abtretungspreis iHv Euro 1,00 gestellt, und zwar:
a. D.P als 50% Gesellschafterin an G.F oder ein Unternehmen der ***10***-Gruppe
b. H.K als 50% Gesellschafter an G.F.
G.F nahm am das Angebot des H.K an.
Am vereinbarte die Gesellschafterin D.P mit I.A.D. die Übernahme zu gleichen Konditionen (Anteilsverkauf um Euro 1,00).
Die Prüferin stellte fest, dass sich die Gesellschafterstruktur auf entgeltlicher Grundlage innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren wesentlich verändert hat. Die Gesellschaft war zu diesem Zeitpunkt infolge Konkurseröffnung lt. Firmenbuch aufgelöst.
2. Änderung der organistorischen Struktur:
Der bisherige selbständig vetretungsbefugte Geschäftsführer H.K wurde am als Geschäftsführer abberufen. In der Zeit vom bis gab es keinen Geschäftsführer. Ab wurde G.P zum selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführer bestellt.
Ab wurde G.F zum selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der GmbH bestellt. Er war seit der Annahme des Abtretungsanbotes des H.K am Gesellschafter und hielt 50% der Gesellschaftsanteile.
Die Prüferin stellte dazu fest, dass die Änderung der organisatorischen Struktur bzw. der Vertretungsorgane im Jahr 2009 in einem inneren Zusammenhang mit der Änderung der Gesellschafterstruktur im Zeitraum 2009 bis 2011 steht.
3. Änderung der wirtschaftlichen Struktur:
Unter Hinweis auf die bisherige dargestellte Ausgangssituation liegt nach Ansicht der Prüferin eine Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse aus folgenden Gründen vor:
Beendigung des Betriebes "***12***" per Juni 2008 - Verkauf der Betriebs- und Geschäftsausstattung,
Schaffung einer neuen wirtschaftlichen Einheit ab 2010 in Form von "Durchführung von Beratungsleistungen".
Demnach erbringt die Gesellschaft ab 2010 Beratungsleistungen im Bereich Marketing, Markteinführung von Weinen der ***10***-Gruppe.
Die Prüferin stellte fest, dass infolge Vorliegens eines Mantelkaufbestandes im Sinne des § 8 Abs. 4 KStG keine Möglichkeit bestehe, für die bis 2008 entstandenen Verluste den Verlustvortrag zuzulassen. Ab Beginn des Prüfungszeitraumes werde kein Verlustabzug anerkannt.
Steuerliche Folgen:
Das Finanzamt anerkannte die geltend gemachten Verluste, wie folgend dargestellt, nicht an:
2011 2012 2013
€ -***13*** € -602.093,40 € -471.400,78
Das Finanzamt nahm die Verfahren zur Festsetzung der Körperschaftsteuer 2011, 2012, 2013 wieder auf und setzte mit Bescheiden vom die Körperschaftsteuer iHv
2011: € 1.748,00 bisher: € 1.748,00
2012: € 39.521,00 bisher: € 1.749,00
2013: € 60.464,00 bisher: € 1.125,00 fest.
Die Körperschaftsteuerveranlagung 2014 erfolgte mit Bescheid vom :
2014: € 25.385,00 bisher: € 1.437,00.
Beschwerden vom und :
Im Schriftsatz vom wendete die Bf. gegen die Feststellung in Tz 4 des Prüfberichtes und die Versagung von Verlustvorträgen in den Jahren 2011 bis 2013 wegen Vorliegens eines Mantelkauftatbestandes ein, dass der Verlustabzug ab jenem Zeitpunkt nicht mehr zustehe, ab dem die Identität des Steuerpflichtigen infolge einer wesentlichen Änderung der organisatorischen und wirtschaftlichen Struktur im Zusammenhang mit einer wesentlichen Änderung der Gesellschafterstruktur auf entgeltlicher Grundlage nach dem Gesamtbild der Verhältnisse wirtschaftlich nicht mehr gegeben ist (Mantelkauf).
Gemäß RZ 993 der Körperschaftsteuerrichtlinien müssen die wesentlichen Änderungen der Strukturen der Körperschaft (organisatorisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich) kumulativ innerhalb eines kurzen Zeitraumes (ca. 1 Jahr) für die Annahme eines Mantelkaufes vorliegen (RZ 998). Ein Jahr wäre demnach ein Indiz für das Vorliegen eines Mantelkaufes.
Diese kumulativen Änderungen der wesentlichen Strukturen der Körperschaft innerhalb eines kurzen Zeitraumes, nämlich innerhalb eines Jahres, liegen nicht vor.
Die Änderungen der Gesellschafterstruktur erfolgten innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren, nämlich durch den Erwerb der Gesellschaftsanteile durch G.F von H.K am und den Erwerb der Anteile der D.P durch I.A.D. am .
Nach Abberufung des Geschäftsführers H.K am sei G.P zum zum neuen Geschäftsführer bestellt worden. Dieser war bereits zuvor maßgeblich als leitender Angestellter im Unternehmen tätig. Er hat diese Leitungsfunktionen noch drei Jahre lang ausgeübt, auch nach dem Einstieg des G.F als weiteren selbständig vertretungebefugter Geschäftsführer am , der die Anteile von H.K am übernommen hat.
Das Unternehmen hat bis Mitte 2008 Umsätze aus dem ***12*** erzielt. Der im Mai 2008 eröffnete Konkurs wurde im Dezember 2008 aufgehoben. Mit Generalversammlungsbeschluss vom wurde die Fortsetzung der Gesellschaft beschlossen. Ab 2010 wurde die Tätigkeit im ***12*** vorerst beschränkt auf die Markterschließung für die G.W. ***10*** fortgesetzt. Der nicht gewinnbringende und letztlich die Verluste verursachende ***12*** mit vorwiegendem Verkauf an Gastronomiebetriebe wurde eingestellt und durch erfolgversprechendere Dienstleistungen im ***12*** (Marktvorbereitung und Markterschließung für die G.W. ***10***) ersetzt; die Tätigkeit selbst ist jedoch im ***12*** geblieben.
Eine wesentliche Änderung liege vor, wenn sich 75% der Vorstruktur ändere. Dies treffe auf den vorliegenden Sachverhalt nicht zu. So habe G.F die 50% Anteile des H.K am erworben. D.P ihre Anteile jedoch erst zwei Jahre später () an I.A.D. verkauft. Diese Änderungen erfolgten somit außerhalb des geforderten kurzen Zeitraumes.
Das Verlustvortragsrecht gehe auch dann nicht verloren, wenn die erheblichen Strukturänderungen zum Zwecke der Verbesserung oder Rationalisierung der betrieblichen Struktur im Unternehmenskonzept der übernehmenden Körperschaft erfolgen.
Beantragt werde, die mit Bescheid festgesetzten und bis einschließlich 2010 nicht verbrauchten Verlustvorträge in Höhe von € ***13*** in den Körperschaftsteuerbescheiden 2011 bis 2013 in dem gesetzlich vorgesehenen Ausmaß von 75% der jeweiligen ausgewiesenen körperschaftsteuerlichen Gewinne der Jahre 2011 bis 2013 zu berücksichtigen und die Körperschaftsteuervorauszahlung für das Jahr 2016 und die Folgejahre von € 68.928,00 unter Berücksichtigung der bestehenden Verlustvorträge um 75% auf € 17.232,00 herabzusetzen.
In der Beschwerde wurden die Änderungen der Gesellschafterstruktur und Geschäftsführung 2009 bis 2015 graphisch in Form einer Tabelle dargestellt.
In der graphischen Darstellung der Betätigungsfelder ergibt sich im Jahr 2008 der Handel; für 2009 keine Betätigung und ab 2010 die Erbringung von Beratungsleistungen in der EU und im Drittland.
In der Beschwerde vom gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2014 vom verwies die Bf. auf das anhängige Verfahren zu den Körperschaftsteuerbescheiden 2011 bis 2013 beim BFG und die Beschwerde.
Die noch nicht berücksichtigten offenen Verlustvorträge zum betragen demnach
€***14***. Beantragt wurde im Körperschaftsteuerbescheid 2014 die geltend gemachten Verluste im Ausmaß von 75% des ausgewiesenen Gewinnes anzuerkennen.
Nachdem das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom die Beschwerde als unbegründet abgewiesen hat, beantragte die Bf. die Vorlage der Beschwerde und ersuchte um Entscheidung durch den Senat im Sinne des § 272 Abs. 2 lit b) BAO.
Begründend wurde wörtlich, wie folgt ausgeführt:
"Da die Voraussetzungen des Mantelkauftatbestandes - nämlich eine wesentliche Änderung der organisatorischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Struktur - innerhalb eines kurzen Zeitraumes nicht vorliegen, beantragen wir die bescheidmäßig festgesetzten und bis einschließlich 2010 nicht verbrauchten Verlustvorträge in Höhe von ***13***, die für die Jahre 2014 und 2015 noch mit ***14*** offen sind, in den Körperschaftsteuerbescheiden 2014 und 2015 in dem gesetzlich vorgesehenen Ausmaß von 75% der jeweiligen ausgewiesenen körperschaftsteuerlichen Gewinne der Jahre 2014 und 2015 zu berücksichtigen."
Beschwerdevorentscheidungen, :
Das Finanzamt wies mit Beschwerdevorentscheidungen vom die Beschwerden gegen die Körperschaftsteuerbescheide 2011 bis 2015 als unbegründet ab und führte zu den strukturellen Veränderungen aus, dass sich organisatorisch infolge Abberufung des bisherigen alleinigen Geschäftsführers H.K am und Bestellung des G.P zum neuen Geschäftsführer am eine Veränderung in organisatorische Hinsicht ergeben hat.
In wirtschaftlicher Hinsicht habe die GmbH infolge Eröffnung des Konkursverfahrens den ***12*** eingestellt. Nach dem Ausgleichsverfahren beschränkte sich das Tätigkeitsfeld ohne Personal und Infrastruktur auf die Erbringung für Dienstleistungen (Beratung, Marketing) für einen Auftraggeber, der zuvor als Lieferant fungiert habe.
Die GmbH habe dadurch, dass bis 2008 ***12*** betrieben worden sei, in der Folge im Jahr 2009 keine Betätigung stattgefunden hat und danach die Erbringung von Beratungs- und Dienstleistungen für die ***10*** Gruppe im Vordergrund gestanden ist, ein neues Betätigungsfeld erschlossen. Durch die Einstellung des bisherigen Betriebes und Betätigung in einem Bereich für die Folgeeigentümer sei eine neue wirtschaftliche Einheit geschaffen und die alte betriebliche Betätigung aufgegeben worden.
In gesellschaftlicher Hinsicht hielt das Finanzamt fest, dass grundsätzlich bei jedem Gesellschafterwechsel eine wesentliche Änderung der Struktur vorliege. Durch die Übernahme der Anteile iHv 50% durch G.F habe sich die Struktur zu 50% geändert. Soweit die Bf. meine, es müsse sich innerhalb eines Jahres die Struktur um 75% verändern, um als wesentliche Änderung der gesellschaftlichen Struktur zu gelten, halte man fest, dass das Gesamtbild der Verhältnisse maßgebend sei. Durch die wesentlichen Veränderungen im organisatorischen und wirtschaftlichen Bereich vermag der Einwand der Bf. zu den gesellschaftlichen Veränderungen am Mantelkauf nichts zu ändern.
Schließlich habe D.P ihre 50% Anteile am an I.A.D. veräußert. Schließlich erwarb der Bruder L.F ab 2014 100% der Gesellschaftsanteile.
Aufgrund des Gesamtbildes der Verhältnisse gehe das Finanzamt von einem für den Verlustabzug schädlichen Mantelkauftatbestand aus. Die GmbH habe den Sitz gewechselt und befinde sich der Sitz nunmehr an der Adresse des steuerlichen Vertreters.
Projektbericht:
Mit Schriftsatz vom übermittelte die Bf. einen "Projektbericht". Demnach habe der nunmehrige Gesellschafter L.F die Geschäftsanteile erworben, um Produkte in ***18*** zu verkaufen und Projekte zu entwickeln. Schließlich importiere man die Produkte seit 1976. Nach den finanziellen Problemen habe die Familie ***10*** Anteile an der GmbH erworben, die Konkursquote berichtigt und das Unternehmen neu aufgestellt.
Anfänglich habe man Marketingaktivitäten, Beratungslesitungen in Drittländern erbracht und Vertriebsstrukturen neu aufgebaut.
Nunmehr in Phase 2 habe man mit der Produktentwicklung am Markt begonnen und Kunden (Abnehmer) gewonnen. Die Bf. habe sich entschlossen die Weine des neuen Jahrgangs 2015 in ***18*** zu vertreiben. Die ausgewählten Kunden sind nationale Verteiler bis zum Lebensmittelhändler ***7*** hin. Ab Mai 2016 werde die Bf. wiederum mit dem Vertrieb der Weine beginnen.
Die Strukurveränderungen sind zum Zwecke der Verbesserung oder Rationalisierung der betrieblichen Struktur im Unternehmenskonzept der übernommenen Körperschaft erfolgt. Der Tätigkeitsbereich ist nachweislich der ***12*** geblieben.
Die Bf. beantragte mit Vorlageantrag vom die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht, bestärkte wiederholend die Begründung in der Beschwerde vom und der Gegenäußerung vom . Beantragt werde gemäß § 272 Abs. 2 lit b. BAO eine Entscheidung durch den Senat.
Das Finanzamt legte die Akten dem BFG zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung der Beschwerden.Im Erörterungstermin am hielt die Beschwerdeführerin ihr Vorbringen aufrecht und ergänzte dies dahingehend, dass die Firma ***10*** Spa in ***15*** einer abgabenbehördlichen Prüfung unterzogen worden sei. Dabei wurden die Ausgaben/Zahlungen in den Jahren 2015 bis 2017 an die Bf. nicht anerkannt, weil es sich dabei nach Ansicht der italienischen Steuerbehörden um Aufwendungen innerhalb der italienischen Firmengruppe handelt. Der steuerliche Vertreter beabsichtige nunmehr für die Jahre 2015 bis 2017 ein Verständigungsverfahren zwischen beiden Staaten beim Finanzamt anzuregen.
Die Beschwerde gegen den Vorauszahlungsbescheid für KÖSt 2016 wurde im Zuge des Erörterungsgespräches zurückgezogen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Mit Beschluss des Landesgerichtes K vom , AZ ***5***- 3, wurde über die GmbH das Konkursverfahren eröffnet und nach Vereinbarung eines 20%-tigen Zwangsausgleiches am aufgehoben. Die Gesellschaft wurde infolge Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelöst. Mit Generalversammlungsbeschluss vom wurde die Fortsetzung der Gesellschaft beschlossen und die Anmerkung der Auflösung im Firmenbuch gelöscht. Die G.W. ***10*** war als Lieferant der Bf. ein Gläubiger im Konkursverfahren. Im Jahr 2008 verfügte die GmbH über vier Mitarbeiter; nach Beendigung des Konkursverfahrens waren keine Mitarbeiter mehr angestellt (Auszug Firmenbuch, Jahresabschluss). Infolge Konkurseröffnung hat die GmbH ihre Betriebs- und Geschäftsausstattung verkauft und den Handel eingestellt.
H.K fungierte bis zur Konkurseröffnung als Geschäftsführer. Nach Aufhebung des Konkursverfahrens () war er bis Geschäftsführer. Am wurde der bisherige leitende Angestellte G.P zum selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführer bestellt.
Gesellschaftliche Verhältnisse und Gesellschafterstruktur im Jahr 2008 (Konkurs) und danach bis 2014 (FB):
Gesellschafter: von bis Anteil - Stammkapital übernommen von
H.K 50% (b.)
D.P 50% (a.)
G.F 50% H.K (b.)
I.A.D. 50% D.P
B.K 50% G.F
L.F fungiert seit als Alleingesellschafter.
In der GmbH gab es folgende Veränderungen der Strukturen:
Änderung der Gesellschafterstruktur auf entgeltlicher Grundlage ab 2009:
Mit Notariatsakt vom 24. und haben die Gesellschafter hinsichtlich ihrer Geschäftsanteile zwei "Abtretungsanbote" (Notariatsakt) zum Abtretungspreis iHv Euro 1,00 gestellt, und zwar:
a. D.P als 50% Gesellschafterin an G.F oder ein Unternehmen der ***10***-Gruppe
b. H.K als 50% Gesellschafter an G.F.
G.F nahm am das Angebot des H.K an und kaufte die Gesellschaftsanteile.
Am vereinbarte die Anbotstellerin D.P mit I.A.D. die Übernahme zu gleichen Konditionen (Anteilsverkauf um Euro 1,00). Die Abtretungsanbote über 100% der Gesellschaftsanteile (Notariatsakte) sind nahezu zeitgleich bereits am 24. und errichtet worden. Der Wille, die Geschäftsanteile zu 100% abzutreten hat im November 2008 vor Aufhebung des Konkursverfahrens bestanden. Durch die entgeltliche Übernahme beider Anbote kam es laut Ansicht der Prüferin zu einer wesentlichen Änderung der Gesellschafterstruktur innerhalb von zwei Jahren.
Änderung der organistorischen Struktur:
Der bisherige selbständig vetretungsbefugte Geschäftsführer H.K wurde am abberufen. Ab wurde Herr G.P zum selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführer bestellt. Am wurde G.F - er ist seit der Annahme des Abtretungsanbotes des H.K am 50% Gesellschafter - ebenfalls zum selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer bestellt.
Die Prüferin stellte dazu fest, dass die Veränderungen der organisatorischen Struktur bzw. der Vertretungsorgane im Jahr 2009 in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Änderung der Gesellschafterstruktur in den Jahren 2009 bis 2011 stehen.
Änderung der wirtschaftlichen Struktur:
Die GmbH beendete im Zuge des Konkursverfahrens den ***12***, verkaufte die Betriebs- und Geschäftsausstattung, verlegte den Firmensitz und beschäftigte keine Mitarbeiter mehr. Im Jahr 2010 wurde laut Feststellung der Prüferin eine neue wirtschaftliche Einheit geschaffen und Dienst-, Beratungs- und Marketingleistungen für die G.W. ***10*** erbracht ("Durchführung von Beratungsleistungen"). Demnach hat die Gesellschaft ab 2010 Beratungsleistungen im Bereich Marketing, Markteinführung von Weinen der Produktion erbracht.
2. Beweiswürdigung
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus der vorliegenden Sachlage,
-dem Arbeitsbogen,
-dem Betriebsprüfungsbericht mit den Feststellungen in Tz.4 "Mantelkauf",
-dem Firmenbuchauszug,
-dem Vorbringen in der Beschwerde vom mitsamt der ausführlichen graphischen Darstellung der Veränderungen in der Geschäftsführung, der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Struktur,
-der Stellungnahme der Prüferin zur Beschwerde gegen die Bescheide v. ,
-dem vorgelegten Projektbericht im Jahr 2016,
-der Gegenäußerung der Beschwerdeführerin vom ,
-der Vorbringen in der Beschwerde gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2014,
- dem Protokoll über den Erörterungstermin beim BFG.
Am wurde ergänzend ein Projektbericht vorgelegt, aus welchem sich ergibt, dass die GmbH nunmehr in Phase zwei wiederum die Weine der Firma ***10*** vertreibe und bereits mehrere Kundenkontakte herstellen habe können. So habe man auch einen Kundenkontakt zur Firma ***7*** herstellen können. Für 2016 werde ein Umsatzvolumen im ***12*** im Ausmaß von bis zu € 50.000,00 angestrebt.
Der Sachverhalt ist im Wesentlichen unstrittig. Strittig sind die damit verbundenen Rechtsfolgen, nämlich ob ein Mantelkauf im Sinne des § 8 Abs. 4 lit 2 KÖStG vorliegt und damit Versagung des Verlustabzuges einhergeht. Die unterschiedliche Interpretation der Parteien ist Ausdruck unterschiedlicher Rechtsansichten bezüglich der Tatbestandsmerkmale des Verlustabzugs bzw Mantelkaufes.
Der der Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt gründet sich daher auf die im Akt des Verwaltungsgerichts aufliegenden Unterlagen, insbesondere den Feststellungen der Außenprüfung, den Ausführungen der Bf in den Beschwerdeschriftsätzen bzw jenen der belangten Behörde in der Beschwerdevorentscheidung.
3. Rechtslage
Gemäß § 8 Abs. 4 Z. 2 KStG 1988 sind folgende Ausgaben bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten darstellen:
Der Verlustabzug im Sinne des § 18 Abs. 6 und 7 des Einkommensteuergesetzes 1988. Der Verlustabzug steht ab jenem Zeitpunkt nicht mehr zu, ab dem die Identität des Steuerpflichtigen infolge einer wesentlichen Änderung der organisatorischen und wirtschaftlichen Struktur im Zusammenhang mit einer wesentlichen Änderung der Gesellschafterstruktur auf entgeltlicher Grundlage nach dem Gesamtbild der Verhältnisse wirtschaftlich nicht mehr gegeben ist (Mantelkauf).
Als Sonderausgaben sind gemäß § 18 Abs. 6 EStG 1988 auch Verluste abzuziehen, die in einem vorangegangenen Jahr entstanden sind (Verlustabzug). Dies gilt nur, wenn die Verluste durch ordnungsmäßige Buchführung ermittelt worden sind und soweit die Verluste nicht bereits bei der Veranlagung für die vorangegangenen Kalenderjahre berücksichtigt wurden. Die Höhe des Verlustes ist nach den §§ 4 bis 14 zu ermitteln.
Vortragsfähige Verluste im Sinne des § 18 Abs. 6 und 7 können gemäß § 2 Abs. 2b Z. 2 EStG 1988 nur im Ausmaß von 75% des Gesamtbetrages der Einkünfte abgezogen werden (Vortragsgrenze). Insoweit die Verluste im laufenden Jahr nicht abgezogen werden können, sind sie in den folgenden Jahren unter Beachtung der Vortragsgrenze abzuziehen. Dies gilt auch für Verluste im Sinne des § 117 Abs. 7 zweiter Satz insoweit, als diese Verluste wegen der Vortragsgrenze nicht abgezogen werden können. Gemäß § 18 Abs 6 EStG sind als Sonderausgaben Verluste abzuziehen, die in einem vorangegangenen Jahr entstanden sind (Verlustabzug).
Gemäß § 8 Abs. 4 Z 2 lit a und b KStG 1988 ist der Verlustabzug iSd § 18 Abs 6 EStG 1988 als Sonderausgabe abzugsfähig. Gemäß § 8 Abs. 4 Z 2 lit c KStG 1988 steht der Verlustabzug ab jenem Zeitpunkt nicht mehr zu, ab dem die Identität des Steuerpflichtigen infolge einer wesentlichen Änderung der organisatorischen und wirtschaftlichen Struktur im Zusammenhang mit einer wesentlichen Änderung der Gesellschafterstruktur auf entgeltlicher Grundlage nach dem Gesamtbild der Verhältnisse wirtschaftlich nicht mehr gegeben ist (Mantelkauf). Diese Versagung des Verlustabzugs gilt dann nicht, wenn diese Änderungen zum Zwecke der Sanierung des Steuerpflichtigen mit dem Ziel der Erhaltung eines wesentlichen Teiles betrieblicher Arbeitsplätze erfolgen.
Mantelkauf ist der Erwerb der Anteile an einer nicht (mehr) wirtschaftlich tätigen und/oder vermögenslosen Gesellschaft, sodass bildlich gesprochen nur (noch) ein - funktionsloser - "Gesellschaftsmantel" vorliegt. Eine derartige Gesellschaft wird daher auch als "leere Hülse" (; Lassacher, Auswirkungen der wirtschaftlichen Betrachtungsweise auf den Mantelkauf, SWK 18/2016, 840) bezeichnet. Der Begriff "Mantelkauf" wird im KStG als Sammelbezeichnung verwendet, dessen Anwendungsbereich über den "klassischen" Mantelkauf iSd Erwerbs (nahezu) sämtlicher Gesellschaftsanteile einer abwicklungsreifen Gesellschaft hinausgeht.
Ansatzpunkt für die gesetzliche Umschreibung des Mantelkaufes ist der Verlust der wirtschaftlichen Identität der Körperschaft. Der durch die Rechtsfolge des Unterganges des Verlustvortragsrechtes geprägte Mantelkaufstatbestand liegt diesbezüglich beim kumulativen Auftreten einer gesamthaften wesentlichen Änderung der organisatorischen und wirtschaftlichen Strukturen der Körperschaft sowie auf Gesellschafterebene innerhalb eines überschaubar kurzen Zeitraumes vor, sofern nicht bestimmte Ausnahmetatbestände, wie etwa die Erhaltung von Arbeitsplätzen, vorliegen. Eine gesamthafte Strukturänderung liegt jedenfalls vor, wenn der Unternehmensgegenstand iZm der Veräußerung der Gesellschaftsanteile eine vollkommene Änderung erfährt und auch Name, Sitz und Geschäftsanschrift sowie Gesellschaftsorgane geändert werden ().
Erwägungen:
Festzuhalten ist vorweg, dass im gegenständlichen Fall jedenfalls Sitz, damit auch die Geschäftsanschrift sowie die Gesellschaftsorgane geändert worden sind. Die GmbH hat ihren Sitz an die Adresse des steuerlichen Vertreters verlegt.
Zu den Tatbestandsmerkmalen des Mantelkaufs hält das BFG fest:
Änderung der Gesellschafterstruktur:
Im vorliegenden Sachverhalt haben die beiden Gesellschafter im Konkursverfahren ( - ) mit Notariatsakten vom 24. und die Abtretung der Gesellschaftsanteile um den Kaufpreis iHv € 1,00 an G.F oder ein Unternehmen der ***10***-Gruppe angeboten. Zu diesem Zeitpunkt war der Betrieb eingestellt und die Betriebs- und Geschäftsausstattung verkauft. Der Wille war im November 2008 darauf gerichtet, einen vollständigen Wechsel in der Gesellschafterstruktur herbeizuführen.
Am nahm G.F das Angebot an und erwarb 50 % der Anteile. Am erwarb I.A.D. die weiteren 50% Anteile. Schließlich erwarb 2014 L.F die Anteile an der GmbH.
Die Bf. bringt dazu vor, dass von einer wesentlichen Änderung der Gesellschafterstruktur nur dann auszugehen ist, wenn sich mehr als 75% der Vorstruktur ändere. Die Änderung der Gesellschafterstruktur ist im konkreten Fall außerhalb des kurzen Zeitraumes von einem Jahr erfolgt ist.
Soweit die Bf. meint, die Änderung der Gesellschafterstruktur sei in einem kurzen Zeitraum (1 Jahr) betrachtet, lediglich im Ausmaß von 50% erfolgt und gehe die Verwaltungspraxis von einer wesentlichen Änderung der Gesellschaftsstruktur erst ab einem Ausmaß von mindestens 75% der Gesellschaftsanteile aus, ist zu berücksichtigen, dass dieses Kriterium als Richtschnur dienen kann.
Maßgebend für das Vorliegen eines Mantelkaufes und Versagen eines Verlustabzuges ist, dass zwischen den Zeitraum des Entstehens eines vortragsfähigen Verlustes (2008 und davor) und dem Zeitpunkt des Verlustabzuges 2011 bis 2014 es zum Verlust der wirtschaftlichen Identität der Gesellschaft gekommen ist.
Die wirtschaftliche Identität geht verloren, wenn wesentliche Änderungen der wirtschaftlichen und organisatorischen Struktur mit wesentlichen Änderungen der Gesellschafterstruktur einhergehen. Treten die Änderungen nicht innerhalb eines Jahres ein, so wird bei Vorliegen eines inneren Zusammenhangs zwischen den Etappen der Änderung von einem Mantelkauf auszugehen sein ().
Im gegenständlichen Sachverhalt gilt zu berücksichtigen, dass die Fa. ***10*** Spa Gläubigerin im Konkursverfahren im Jahr 2008 gewesen ist und die Finanzierung des Zwangsausgleiches ermöglicht hat. Bereits im November 2008 war der Wille von G.F bzw. Unternehmen der ***10*** Gruppe darauf ausgerichtet, sämtlich Anteile an G.F oder an ein Unternehmen der ***10***-Gruppe entgeltlich abzutreten. Der erkennende Senat geht davon aus, dass eine wesentliche Änderung der Gesellschaftsstruktur herbeigeführt wurde und diese gesellschaftlichen Änderungen in einem inneren Zusammenhang mit der Veränderung der organisatorischen bzw. wirtschaftlichen Struktur stehen.
So ist durch die Einstellung des Handels im Juni 2008 und Umstellung der GmbH im Jahr 2010 auf Beratungs-, Dienstleistungen und Marketing für die ***10*** - Gruppe eine völlige Neuausrichtung der wirtschaftlichen Betätigung erfolgt, welche durch den Willen der Familienmitglieder der ***10***-Gruppe geprägt worden ist.
Damit ist jedoch auch der innere Zusammenhang zwischen den wesentlichen Änderungen in der organoisatorischen, wirtschaftlichen Struktur und den gesellschaftlichen Veränderungen gegeben, sodass das Finanzamt aus der Sicht des Senates zu Recht vom Voliegen eines Mantelkaufes ausgegangen ist.
Zur Änderung der organisatorischen Struktur:
Eine (vollständige bzw weitgehende) Änderung der organisatorischen Struktur einer Körperschaft liegt bei einer Änderung - dh einem Austausch - im Bereich der willensbildenden Organe, dh Leitungs- und Verwaltungsorgane einer Körperschaft (zB gesetzliche Vertreter wie Geschäftsführer oder Vorstand bzw Aufsichtsrat) vor. Ein Austausch von Gesellschaftsorganen in einem Umfang, der eine Änderung der Willensbildung im Ausmaß von 75 % darstellt, ist jedenfalls als wesentliche Änderung zu werten.
Im gegenständlichen Fall ist jedenfalls mit im zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerb der Anteile (50% durch G.F am ) G.P zum neuen Geschäftsführer bestellt worden, der offenbar auch tatsächlich die Geschäfte weitergeführt hat. H.K wurde am als alleiniger Geschäftsführer abberufen, sodass die GmbH vorerst über keine Geschäftsführer mehr verfügt hat.
Laut Generalversammlungsbeschluss vom wurde die Fortsetzung der GmbH beschlossen, nachdem zuvor die GmbH infolge Eröffnung des Konkursverfahrens vorerst aufgelöst und der wirtschaftliche Betrieb eingestellt worden ist (Auszug Firmenbuch).
Am wurde der neue Gesellschafter zum weiteren selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführer bestellt.
Der Wechsel der Geschäftsführung steht zweifelos in einem inneren Zusammenhang mit den Änderungen im Bereich der Gesellschafterstruktur.
Die Bf verweist in diesem Zusammenhang in der Beschwerde darauf, dass der neue Geschäftsführer G.P bereits zuvor als leitender Angestellte im Verkauf tätig war und de facto eine Leitungsfunktion im Unternehmen ausgeübt hat. G.P übte diese Tätigkeit im Unternehmen noch drei Jahre aus.
Durch die Neubesetzung der Geschäftsführung in unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Übernahme von Gesellschaftsanteilen des Gesellschafters und Geschäftsführers G.F erfolgte die wesentliche Änderung der Identität im Bereich der GmbH.
Der erkennende Senat geht davon aus, dass eine wesentliche Änderung in den organisatorischen Strukturen erfolgte, die in einem inneren Zusammenhang mit dem Wechsel der Gesellschafter steht. Schließlich war die Absicht von Beginn an (Abtretungsanbote im November 2008) darauf ausgerichtet, G.F bzw. ein Unternehmen der ***10***-Gruppe als Gesellschafter zu einzusetzen.
Davon abgesehen knüpft die gesetzliche Bestimmung die Folge einer Änderung der organisatorischen Struktur ausschließlich an den objektiven Umstand des Austauschs der Geschäftsführung an, misst aber den hiefür maßgeblichen Gründen (zB Insolvenz) keine Bedeutung bei.
Zur Änderung der wirtschaftlichen Struktur:
Das Tatbestandselement der Änderung der wirtschaftlichen Struktur betrifft die faktische wirtschaftliche Tätigkeit einer Körperschaft. Darunter ist der tatsächlich verfolgte Unternehmenszweck und nicht der davon allenfalls abweichende satzungsmäßige Unternehmensgegenstand zu verstehen. Eine Änderung der wirtschaftlichen Struktur liegt vor, wenn die aus Vermögen und Tätigkeit gebildete wirtschaftliche Einheit (bezogen auf sämtliche bisherigen Tätigkeitsbereiche) der Körperschaft verloren geht. Diese Änderung kann auch dann eintreten, wenn sich nur eines der genannten Strukturmerkmale (Vermögen oder Tätigkeit) wesentlich ändert. Besonderes Gewicht ist dabei auf jenes Strukturmerkmal zu legen, das diesbezüglich identitätsstiftend wirkt.
Bei einer Änderung des Unternehmensgegenstandes muss sich dieser, um Mantelkauf annehmen zu können, in wesentlichem Umfang in Form eines Wechsel oder einer Erweiterung des Unternehmensgegenstandes ändern.
Im vorliegenden Sachverhalt wurde der ***12*** eingestellt, die Betriebs- und Geschäftsausstattung verkauft, und hat das Unternehmen in der Folge keine Mitarbeiter mehr angestellt.
Erst nachdem die GmbH ihren einzigen Geschäftsführer am abberufen und einen neuen Geschäftsführer am eingesetzt hat, beschloss die Generalversammlung die Fortsetzung der Gesellschaft. Im Jahr 2009 fand keine nennenswerte Geschäftstätigkeit statt.
Erst im Jahr 2010 nahm die GmbH ihr neues Betätigungsfeld Beratungs-, Dienstleistungen und Marketing für Produkte der Familie ***10*** wieder auf. Es wurden Dienstleistungen in der Europäischen Union, den Ländern am Balkan, in Russland, in Shanghai und Afrika (Kenya) erbracht und Werbeveranstaltungen, Schaltung von Inseraten, etc. organisiert. Dabei war der Fokus nicht mehr auf den Handel mit Weinen im Inland gerichtet, sondern primär auf Markterschließung im Drittland. Die wirtschaftliche Tätigkeit war nicht mehr der ***12***, wie er seit 1976 betrieben worden ist.
Dieser Wandel im Tätigkeitsbereich der GmbH stellt sich aus der Sicht des erkennenden Senates als wesentliche Veränderung in der wirtschftlichen Struktur dar, zumal sich das Unternehmen vom ***12*** (Belieferung der Gastronomie) getrennt hat, im Jahr 2009 nahezu keine Geschäftstätigkeit entwickelt hat und ab dem Jahr 2010 Beratungsleistungen im ***12*** in der EU und im Drittland erbracht hat. Diese Veränderungen waren wesentlich und stehen unzweifelhaft bei objektiver Betrachtung auch mit den Veränderungen im gesellschaftlichen Bereich im inneren Zusammenhang. Schließlich war die ***10***-Gruppe ein wesentlicher Gläubiger im Konkursverfahren und hat diese den Zwangsausgleich finanziert.
Den Wechsel des Unternehmensgegenstandes im Jahre 2010 hat die belangte Behörde insbesondere in der Beschwerdevorentscheidung zusammengefasst damit begründet, dass die Bf in ihrem bisherigen Geschäftsfeld nicht mehr tätig ist. Das Unternehmen ***12*** wurde überhaupt eingestellt, weil es nur noch Verluste verursacht hat.
Der erkennende Senat schließt sich dieser Ansicht der belangten Behörde an. Es ist ein erheblicher Unterschied, ob, wie dies bei der Bf. früher der Fall war, Lieferungen bzw sonstige Leistungen im ***12*** durch Einsatz von Arbeitskräften und mittels Vermittlung von Kaufabschlüssen im Inland gegenüber einer Vielzahl von Kunden selbst erbracht werden, oder ob Beratungs-, Dienstleistungen im Marketingbereich für einen Weinproduzenten im Drittland erbracht werden. Die Tätigkeit vom Verkauf weg, hin zum Marketing für die ***10***-Gruppe stellt aus der Sicht des erkennenden Senates eine neue wirtschaftliche Betätigung dar, sodass nunmehr die Identität der GmbH hinsichtlich ihrer Betätigung eine andere ist.
Keine Bedeutung kommt dem Umstand zu, dass die Bf seit 2016 versucht, Weine der Firma ***10*** im Inland zu vertreiben. Es handelt sich bei diesem Geschäft um die Schaffung einer weiteren wirtschaftlichen Einheit, die mit der Geschäftstätigkeit (Beratung, Marketing) in den Jahren 2011 bis 2014 nicht in Zusammenhang steht.
Die Änderungen der organisatorischen und wirtschaftlichen Struktur stehen mit den wesentlichen Änderungen der Gesellschaftsstruktur in unmittelbaren Zusammenhang. Der ***12*** wurde eingestellt und Arbeitsplätze nicht erhalten. Der Sitz der GmbH wurde an die Adresse des steuerlichen Vertreters verlegt. Die Infrastruktur (Arbeitnehmer, Büro, Lager, etc.) für den Handel von Weinen verschiedener Produzenten hat zweifelsfrei nicht mehr bestanden. Daran vermag auch das Vorbringen nichts zu ändern, dass man weiterhin in der Branche tätig sei.
Schließlich wurden Anteile einer GmbH gekauft, deren Unternehmen praktisch seit Mai 2008 nicht mehr betrieben wurde und die auch über kein Vermögen (Betriebs-, Geschäftsausstattung, Lager) mehr verfügt hat. Dementsprechend verfügte das Unternehmen ab Mai 2008 über keine Infrastruktur mehr.
Infolge kumulativen Vorliegens aller gesetzlichen Voraussetzungen, welche durchaus in einem inneren Zusammenhang stehen, war somit vom Vorliegen eines Mantelkaufs auszugehen und waren daher die Beschwerden abzuweisen.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage aufgeworfen, der iSd Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Primär war nämlich jene Frage von Relevanz, ob sachverhaltsmäßig die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Mantelkaufes vorlagen. Aus dem vorliegenden, unstrittigen Sachverhalt ergab sich, dass eine Vergleichbarkeit der wirtschaftlichen, organisatorischen und gesellschaftlichen Identität vor und nach der Veräußerung der Anteile der GmbH nicht mehr möglich ist und somit die Voraussetzungen für einen Mantelkauf vorlagen.
Klagenfurt am Wörthersee, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 8 Abs. 4 Z 2 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.4100256.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at