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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.01.2022, RV/5200025/2018

Verwaltungsabgabe wegen Fristüberschreitung im Versandverfahen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf.***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes ***ZA*** (nunmehr Zollamt Österreich) vom , GZ. ***000***, betreffend die Festsetzung einer Verwaltungsabgabe zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) - ersatzlos - aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Nach einem entsprechenden Vorhalt zur Wahrung des rechtlichen Gehörs setzte das Zollamt mit dem angefochtenen Bescheid vom gegenüber der Beschwerdeführerin (Bf.), einer Spedition, gemäß Art. 42 Unionszollkodex (UZK) iVm § 41 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) und § 30 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen zur Durchführung des Zollrechts (ZollR-DV 2004) eine Verwaltungsabgabe in der Höhe von 96,86 Euro wegen Überschreitung einer Frist im Versandverfahren fest.
Durch die Bearbeitung des Antrages der Bf. vom , die Fristüberschreitung im Versandverfahren nachzusehen, sei ein erhöhter Verwaltungsaufwand entstanden.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde vom .
Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass die Bf. nicht Verursacherin der Zuwiderhandlung gewesen sei und daher nicht für die Abgabenvorschreibung heranzuziehen sei. Sie habe das Ansuchen um Nachsicht der Fristüberschreitung lediglich als Erfüllungsgehilfin des Hauptverpflichteten an die Zollbehörde übermittelt.

Das Zollamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab.
Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass in der in Rede stehenden Versandanmeldung als Frist für die Gestellung der festgelegt worden sei. Am habe die Bf. dem Zollamt eine schriftliche Sachverhaltsdarstellung zu den Umständen der Fristüberschreitung übermittelt. Als Frachtführer sei die ***A-GmbH***, als Übernehmer der Sendung die ***B-GmbH***, welche keinen bewilligten Warenort, Betrieb, etc. in ***Ort1*** habe und auch die Übernahme der Sendung nicht bestätigt habe, und als Ort der Ware "***WO***" angegeben worden.
Nach Übermittlung der "Nachsicht der Fristüberschreitung" nach Art. 103 Buchstabe e) ZK-DA, in der auf die Möglichkeit der Vorschreibung einer Verwaltungsabgabe hingewiesen worden sei, habe die Bf. als zugelassene Empfängerin eine elektronische Ankunftsanzeige ("TR200-Meldung") für den näher bezeichneten Warenort abgegeben.
Die Bf. habe somit die Waren übernommen und es seien ihr die Pflichten des Zollverfahrens übertragen worden.

Mit Eingabe vom beantragte die Bf. fristgerecht die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.
Mit der fristgerechten Einbringung des Vorlageantrages gilt die Beschwerde wiederum als unerledigt (§ 264 Abs. 3 BAO).

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Am wurden über Antrag der ***A-GmbH***, ***Adr.***, beim damaligen Zollamt ***ZA*** unter MRN ***18ATxxx*** 449 Packstücke Dekorationsmaterial in das externe Unionsversandverfahren überführt. Die Frist für die (Wieder-) Gestellung der Waren wurde mit festgelegt.

Am übermittelte die Bf. dem Zollamt per Mail einen mit "Beiblatt zu Feld 56" überschriebenen Vordruck mit einer schriftlichen und von einem Angestellten des Frachtführers und Hauptverpflichteten unterfertigten Sachverhaltsdarstellung über das Zustandekommen der Fristüberschreitung im betreffenden Versandverfahren. Darin ist u.a. Folgendes angegeben:
"Anweisdokument:
MRN
***18ATxxx***
Eröffnungszollstelle:
***AT000***
Ausstellungsdatum:
Gestellungsfrist bis
Übernehmer der Sendung:
***B-GmbH***
Angaben zum Frachtführer:
***XY***, Anschrift: …, Geb.Dat.: …,
Arbeitgeber:
***A-GmbH***

Sachverhaltsdarstellung über das Zustandekommen der Fristüberschreitung:
Sendung konnte aufgrund fehlender importrelevanter Dokumente nicht direkt nach Ankunft am
***WO*** verzollt werden. Nach Rücksprache mit ***B-GmbH*** sollten diese Dokumente bis spätestens verfügbar sein. Leider wurden diese am Postweg nicht wie geplant am Freitag, zugestellt, sondern trafen erst heute, ein.
Wir bitten um Nachsicht der Frist.
"

Im unmittelbaren Anschluss daran retournierte das Zollamt diesen Vordruck an die Bf. per Mail mit folgendem Vermerk:
"Vom Zollamt erteilte Anordnungen: Fristüberschreitung nachgesehen gem. Art. 103 Buchstabe e) UZK"

Unmittelbar nach Erhalt dieser zollamtlichen Mitteilung unterrichtete die Bf. als zugelassene Empfängerin mit der in Art. 315 Abs. 1 Buchstabe a UZK-IA vorgesehenen Ankunftsanzeige das Zollamt über das Eintreffen der Waren am zugelassenen Warenort.

Beweiswürdigung

Der angeführte Sachverhalt ergibt sich aus den vom Zollamt vorgelegten Verwaltungsakten sowie aus den Angaben und Vorbringen der beschwerdeführenden Partei. Ausgehend von den Ermittlungsergebnissen sieht das Bundesfinanzgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend geklärt an. Es liegen in sachverhaltsmäßiger Hinsicht keine begründeten Zweifel vor, die durch weitere Ermittlungen zu verfolgen wären, zumal auch die Verfahrensparteien keine solchen begründeten Zweifel darlegten, dass weitere Erhebungen erforderlich und zweckmäßig erscheinen.

Rechtslage

Gemäß Art. 42 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Union, ABl. L 269 vom , (Unionszollkodex - UZK) sieht jeder Mitgliedstaat Sanktionen für Zollzuwiderhandlungen gegen die zollrechtlichen Vorschriften vor. Diese Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.

Werden verwaltungsrechtliche Sanktionen verhängt, so können sie gemäß Art. 42 Abs.2 UZK unter anderem in einer oder beiden folgenden Formen erfolgen:

a) als eine von den Zollbehörden auferlegte finanzielle Belastung, gegebenenfalls auch an Stelle oder zur Abwendung einer strafrechtlichen Sanktion,

b) als Widerruf, Aussetzung oder Änderung einer dem Beteiligten erteilten Bewilligung.

Zu Art. 42 UZK normiert § 41 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG, BGBl. Nr. 659/1994 idF. BGBl. I Nr. 163/2015):

"Wer zollrechtliche Aufsichts- oder Erhebungsmaßnahmen behindert oder eine sonstige zollrechtliche Pflichtverletzung begeht, ohne dabei den Tatbestand eines Finanzvergehens zu erfüllen, hat zur Abgeltung des dadurch entstehenden erhöhten Verwaltungsaufwandes eine pauschalierte Verwaltungsabgabe zu leisten. Die Höhe dieser Verwaltungsabgabe sowie die hiervon betroffenen Zollzuwiderhandlungen sind mit Verordnung des Bundesministers für Finanzen fest zu legen."

Auf der Grundlage dieser Verordnungsermächtigung bestimmt § 30 ZollR-DV 2004 (Verordnung des Bundesministers für Finanzen zur Durchführung des Zollrechts, BGBl. II Nr. 184/2004) Folgendes:

"(1) Der Verwaltungsabgabe nach § 41 ZollR-DG unterliegt, sofern dadurch kein Tatbestand eines Finanzvergehens erfüllt wird

1. die Verletzung der Gestellungspflicht;

2. die Nichterfüllung von Verpflichtungen aus einer zollrechtlichen Entscheidung (Art.23 Abs. 1 Zollkodex);

3. die Erklärung unrichtiger oder unvollständiger Angaben in der Zollanmeldung, in der Anmeldung zur vorübergehenden Verwahrung, in der summarischen Eingangs- oder Ausgangsanmeldung, sowie in der Wiederausfuhranmeldung;

4. die Überschreitung einer Frist in den besonderen Verfahren.

(2) Die Höhe der Verwaltungsabgabe beträgt ein Vielfaches des nach § 101 Abs. 2 ZollR-DG für Beamte der Verwendungsgruppe A 2 bestimmten Personalkostenersatzes für Amtshandlungen außerhalb der Nachtzeit, und zwar in den Fällen des

(…)

3. Abs. 1 Z 4 das Zweifache,

(…)."

§ 98 Abs. 1 ZollR-DG lautet auszugsweise:

"An Nebenansprüchen sind im Verfahren der Zollbehörden zu erheben

1. Kosten, und zwar:

5. Verwaltungsabgaben nach Maßgabe des § 41."

"Inhaber des Verfahrens'' ist nach Art. 5 Nr. 35 UZK
a) die Person, die die Zollanmeldung abgibt oder in deren Auftrag diese Anmeldung abgegeben wird, oder
b) die Person, der die Rechte und Pflichten hinsichtlich eines Zollverfahrens übertragen wurden.

Rechtliche Beurteilung

§ 41 ZollR-DG definiert als Schuldner der Verwaltungsabgabe eine Person, die "zollrechtliche Aufsichts- oder Erhebungsmaßnahmen behindert oder eine sonstige zollrechtliche Pflichtverletzung begeht, ohne dabei den Tatbestand eines Finanzvergehens zu erfüllen."

In Punkt 9. der Arbeitsrichtlinie des BMF ZK-0420, BMF-010313/0193-III/10/2018 vom , wird als Schuldner der Verwaltungsabgabe derjenige angesehen, dem die Zollzuwiderhandlung "zuzuordnen" sei. Dies sei im Fall des § 30 Abs. 1 Z. 4 ZollR-DV 2004 (Überschreitung einer Frist in den besonderen Verfahren) die Person, welche die Pflicht zur fristgerechten Handlung hatte, somit der Inhaber des Verfahrens gemäß Art. 5 Z 35 UZK.

Die Verwaltungsabgabe wurde gegenüber der Bf. wegen einer Fristüberschreitung im Versandverfahren festgesetzt. Sie wurde in Anspruch genommen, weil sie eine elektronische Ankunftsanzeige abgab und das Zollamt daraus schloss, dass sie die Waren und auch die Pflicht zu deren fristgerechten Gestellung im Versandverfahren übernommen hatte.

Die Bf. war weder Hauptverpflichteter noch Beförderer im Versandverfahren.
Nach der vorliegenden Sach- und Beweislage gab die Bf. dem Zollamt die Fristüberschreitung für den Frachtführer und Hauptverpflichteten vor der Übernahme als zugelassener Empfänger bekannt. Die Ankunftsanzeige erfolgte erst nachdem das Zollamt die Nachsicht der Fristüberschreitung bewilligt und dies der Bf. zur Kenntnis gebracht hatte. Die Bf. ist daher nicht für die (nachgesehene) Fristüberschreitung verantwortlich.
Sie hat weder zollrechtliche Aufsichts- oder Erhebungsmaßnahmen behindert noch eine sonstige zollrechtliche Pflichtverletzung im Sinne des § 41 ZollR-DG begangen.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine (ordentliche) Revision ist nicht zulässig, da der vorliegenden Entscheidung im Zusammenhang mit der Festsetzung einer Verwaltungsabgabe keine über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 41 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
§ 30 ZollR-DV 2004, Durchführung des Zollrechts, BGBl. II Nr. 184/2004
Art. 42 Abs. 1 UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.5200025.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at