Festsetzung einer Zwangsstrafe bei Nichteinreichung der Umsatzsteuererklärung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike Stephan in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Wolfgang Franz Kellermair, Simonystraße 44, 4600 Wels, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Braunau Ried Schärding (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe wegen Nichtabgabe der Umsatzsteuererklärung 2016 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Bescheid vom wurde eine Zwangsstrafe iHv € 150,00 wegen Nichtabgabe der Umsatzsteuererklärung 2016 festgesetzt. Dies wurde dem Beschwerdeführer (Bf.) vorher gemäß § 111 Abs. 2 BAO mit Bescheid vom angedroht.
In der hiergegen fristgerecht erhobenen Beschwerde vom wurde Folgendes vorgebracht:
"Mit Bescheid vom wurde gegen meinen Klienten eine Zwangsstrafe wegen Nichtabgabe der USt-Erklärung 2016 verhängt. Gegen diesen Bescheid wird innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht.
Begründung:
Herr ***Bf*** hat mich im Sommer kontaktiert und mich mit der Erstellung der STE 2016 beauftragt, da angeblich seine vorhergehende stl. Vertretung mit der Fertigstellung zeitlich in Verzug geraten war. Daraufhin habe ich umgehend die EAR 2016 samt Einkommensteuererklärung 2016 erstellt und unverzüglich eingereicht.
Herr ***Bf*** ist blind und daher nach § 6 USTG umsatzsteuerbefreit. Am Steuerkonto waren deswegen auch keine UST-VZ gebucht. Daher war ich der festen, aber irrigen Meinung, Herr ***Bf*** hätte kein aktives UST-Signal und er müsse daher keine USt-Erklärung 2016 abgeben. Erst mit Zustellung des nunmehr angefochtenen Bescheides erkannte ich den Irrtum. Die Nichtabgabe (bzw. verspätete Abgabe) der USTE 2016 erfolgte wegen dieses bedauerlichen Irrtums. Zwischenzeitig ist die Abgabe der USTE 2016 nachgeholt."
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde seitens der belangten Behörde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG der Bf. nicht unter die Befreiungsbestimmung der Kleinunternehmer falle, auch wenn seine Umsätze gemäß § 6 Abs. 1 Z 10 UStG wiederum von der Umsatzsteuerpflicht befreit seien. Daher sei für das Jahr 2016 eine Umsatzsteuererklärung einzureichen, auch wenn die Umsätze steuerfrei seien.
Am langte das nachfolgende Schreiben bei der belangten Behörde ein:
"Mit BVE vom wurde meine Beschwerde vom als unbegründet abgewiesen. Hiermit erhebe ich rechtzeitig den Antrag auf Vorlage beim BFG.
Ergänzend zur Beschwerde sei bemerkt, dass die Behörde zwei Sachverhalte nicht in die BVE einfließen hatte lassen.
a) Zunächst ist die Verhängung einer Zwangsstrafe eine Ermessensfrage, bei deren Beurteilung auch die Höhe einer von der betroffenen Abgabenart zu erwartenden Steuernachzahlung berücksichtigt werden muss (Madlberger in Ritz, BAO, 2. Aufl S 239). Da Herr ***Bf*** auch aufgrund eines anderen Befreiungstatbestandes von der Umsatzsteuer befreit ist, ergibt sich durch die verspätete Abgabe der USTE 2016 keine Abgabennachforderung. Dieser Sachverhalt ist in die Beurteilung nicht einbezogen worden.
b) Weiters ist auch der Grad des Verschuldens für die Vorschreibung zu berücksichtigen (Ritz, BAO, S 239). Verschulden meint die subjektive Vorwerfbarkeit des gesetzten oder nicht gesetzten Verhaltens. Wie in der Beschwerde bereits ausgeführt, erfolgte die Nichteinreichung der USTE 2016 aufgrund eines schuldausschließenden Irrtums. Wäre der Irrtum nicht passiert, hätte ich als stl. Vertreter die USTE 2016 selbstverst. sofort eingereicht. Da ich diesen Steuerfall erstmals und unter zeitlichem Druck unverzüglich machen musste und mein Klient aufgrund seiner UST-Befreiung als Blinder keine Umsatzsteuervoranmeldungen am FA-Konto verbucht hatte, war ich irrtümlich davon ausgegangen, Herr ***Bf*** wäre wegen seiner permanenten UST-Befreiung nach § 6 (1) Z 10 aus verwaltungsökonomischen Gründen auch generell von der Abgabe der Jahresumsatzsteuererklärungen befreit. Da ich diesen Steuerfall erstmals bearbeitete ist dieser Irrtum schuldausschließend und daher nicht vorwerfbar.
Es wird daher beantragt, wegen der Folgenlosigkeit der Nichtabgabe und mangels subjektiver Vorwerfbarkeit aufgrund des schuldausschließenden Irrtums den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben."
Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vor und verwies darauf, dass der Bf. bereits bezüglich der Jahre 2014 und 2015 säumig war.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen wird folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:
Mit Bescheid vom wurde der Beschwerdeführer (Bf.) zur Abgabe der Einkommensteuer- und Umsatzsteuererklärungen für 2016 aufgefordert.
Da auch nach Ablauf der gesetzten Frist keine Erklärungen eingereicht wurden, erfolgte mit Bescheid vom neuerlich eine Aufforderung zur Abgabe der Erklärungen unter Androhung der Festsetzung einer Zwangsstrafe.
Die Abgabe der Umsatzsteuererklärung für 2016 wurde seitens des Bf. auch innerhalb der neuerlich gesetzten Frist nicht nachgeholt, weshalb mit Bescheid vom eine Zwangsstrafe iHv € 150,00 festgesetzt wurde.
Der Bf. war auch in den Jahren 2014 und 2015 mit der Abgabe der Steuererklärungen säumig.
Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie dem Parteienvorbringen und ist unstrittig.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Die Abgabenvorschriften bestimmen, wer zur Einreichung einer Abgabenerklärung verpflichtet ist. Zur Einreichung ist ferner verpflichtet, wer hierzu von der Abgabenbehörde aufgefordert wird. Die Aufforderung kann auch durch Zusendung von Vordrucken der Abgabenerklärungen erfolgen (§ 133 Abs 1 BAO).
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Einreichung von Abgabenerklärungen eine mittels Zwangsstrafe nach § 111 BAO erzwingbare Leistung dar (vgl. , und ).
§ 111 BAO bestimmt, dass die Abgabenbehörden berechtigt sind, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Zu solchen Leistungen gehört auch die Übermittlung von gesetzlich vorgeschriebenen Erklärungen.
Bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, muss der Verpflichtete unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden (§ 111 Abs 2 BAO). Die einzelne Zwangsstrafe darf den Betrag von 5.000 Euro nicht übersteigen.
Im Bescheid vom über die Androhung einer Zwangsstrafe war die vom Bf. zu erbringende nicht vertretbare Leistung mit Nachholung der Abgabe der Umsatzsteuererklärung 2016 bis ausreichend determiniert; dies verbunden mit dem Hinweis, dass die Frist zur Einreichung der Abgabenerklärung bereits zum Zeitpunkt der Ausfertigung des Bescheides abgelaufen war. Gemäß § 21 Abs. 4 UStG war der Beschwerdeführer jedenfalls zur Abgabe der Umsatzsteuererklärung verpflichtet.
Auch die Höhe der angedrohten Zwangsstrafe war mit € 150 aus dem Bescheid klar ersichtlich.
Es konnte daher für den Bf. nicht der geringste Zweifel bestehen, welche Leistung er zu erbringen hatte, und welche Konsequenzen mit der Nichtabgabe der Steuererklärung verbunden sein werden (Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 111 S 318ff). Auch die Frist, innerhalb der die Erklärungen abzugeben waren, war mit drei Wochen völlig ausreichend bemessen worden. Die Verhängung der Zwangsstrafe erfolgte dem Grunde nach zurecht, da die Umsatzsteuererklärung 2016 bis zur Festsetzung der Zwangsstrafe nicht eingereicht wurde.
Im Vorlageantrag vom wird seitens des Bf. eingewandt, bei der Ermessensübung sei nicht berücksichtig worden, dass es durch die verspätete Abgabe der Umsatzsteuer-erklärung 2016 zu keiner Abgabennachforderung gekommen sei. Weiters sei auch der Grad des Verschuldens nicht in die Ermessensübung eingeflossen.
Derartige Mängel führen aber nicht zur zwingenden Aufhebung des Bescheides. Begründungsmängel im Abgabenverfahren können im Rechtsmittelverfahren saniert werden (vgl. mwN).
Im Falle einer unzureichenden oder fehlenden Begründung einer Ermessensentscheidung durch die Abgabenbehörde kann das Verwaltungsgericht diesen Begründungsmangel sanieren (vgl Brennsteiner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I3 § 20 Rz 10).
Ergänzend sei daher auf folgende für die Ermessensübung bei Zwangsstrafenfestsetzungen maßgebenden Umstände hingewiesen (Ritz, BAO7, § 111, Tz 10):
Das bisherige die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten betreffende Verhalten der Partei: Die belangte Behörde weist zu Recht darauf hin, dass der Bf. schon in den Jahren 2014 und 2015 hinsichtlich der Abgabe der Erklärungen säumig war;
Der Grad des Verschuldens der Partei (bzw. deren Vertreters): Der Bf. hat trotz mehrmaliger Erinnerung die Umsatzsteuererklärung 2016 nicht eingebracht; erst nach Festsetzung der Zwangsstrafe wurde dies nachgeholt;
Wenn nun seitens der steuerlichen Vertretung eingewendet wird, es läge ein schuldausschließender Irrtum vor, da diese irrtümlicherweise davon ausgegangen sei, eine Verpflichtung zur Abgabe läge nicht vor, ist darauf hinzuweisen, dass ein Verschulden des Vertreters dem Verschulden des Vertretenen gleichzuhalten ist (vgl zB ; , 2008/16/0034; , 2010/15/0149; , 2012/13/0051). An rechtskundige Parteienvertreter ist hierbei ein strengerer Maßstab anzulegen (vgl. Ritz, BAO7, § 308, Rz 15). Dem diesbezüglichen Vorbringen kann, unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich bei der steuerlichen Vertretung um eine auf dem Gebiet des Steuerrechts fachkundige Person handelt und zudem seitens der Abgabenbehörde mehrmals zur Abgabe der Erklärungen aufgefordert wurde, somit nicht gefolgt werden.
Der abgabenrechtlichen Bedeutung des Falles: Dem Umstand, dass sich keine Nachforderung ergeben hat, sowie den wirtschaftlichen Verhältnissen des Bf. wurde dadurch Rechnung getragen, dass die Zwangsstrafe an der unteren Grenze, mit 150 €, festgesetzt wurde.
Die Verhängung der Zwangsstrafe erfolgte daher nicht nur dem Grunde, sondern auch der Höhe nach zu Recht.
Die Beschwerde war aus diesem Grund abzuweisen.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall - insbesondere im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung - nicht erfüllt.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 111 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.5100066.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at