Aufwendungen für den Umbau eines Badezimmers als außergewöhnliche Belastung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterRi in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Neunkirchen Wr. Neustadt vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2015 Steuernummer zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Der Beschwerdeführer, in der Folge als Bf. bezeichnet, erzielte im Jahre 2015 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Am erließ das Finanzamt gegenüber dem Bf. den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2015.
In der am beim Finanzamt dagegen rechtzeitig erhobenen Beschwerde brachte der Bf. vor, dass die außergewöhnliche Belastung durch nachgewiesene Kosten - Euro 26.606,00 resultierend aus Darlehenszahlungen iHv Euro 3.075,60, Medikamenten iHv Euro 1.383,61 sowie des Einbaues eines behindertengerechten Badezimmers iHv Euro 22.146,79 - aus der Behinderung seiner Tochter - der Bf. bezog diese erhöhte Familienbeihilfe - nicht berücksichtigt worden seien. Der Bf. schloss der Beschwerde die Bezug habenden Bestätigungen einer Apotheke über die dort im Jahre 2015 getätigten Einkäufe sowie über die Rückzahlung eines Darlehens für den Ankauf eines behindertengerechten Kfz sowie die Schlussrechnung eines Installateurs über den Einbau eines behindertengerechten Badezimmers an.
Hinsichtlich dieser Rechnung wird angemerkt, dass in dieser Nettoaufwendungen für Sanitäreinrichtungen und Zubehör iHv Euro 7.483,54 (darunter Euro 18,63 sowie Euro 21.98 für einen Waschmaschinenanschluss), sanitäre Rohinstallationen iHv Euro 6.757,42, für Heizkörper und Zubehör iHv Euro 3.380,300 sowie für Materiallieferungen hinsichtlich eines Solarspeichers iHv Euro 1.089,40 - Gesamtsumme Euro 22.452,79 - aufscheinen.
Am erließ das Finanzamt eine abändernde Beschwerdevorentscheidung und anerkannte in dieser nachgewiesene Kosten aus der Behinderung eines Kindes nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen iHv Euro 3.791,66.
Begründend führte es diesbezüglich aus, dass durch den Badezimmerumbau eine bloße Vermögensumschichtung stattgefunden habe. Es sei kein verlorener Aufwand getätigt worden. Die neu angeschafften bzw. eingebauten Sanitärgegenstände, wie insbesondere Badewanne, Waschtisch, Dusche, WC, ließen nicht erkennen, dass diese behinderungsspezifisch konzipiert bzw. ausschließlich für Behinderte bestimmt wären. Die Bezeichnung "behindertengerecht" auf der Rechnung sei für eine außergewöhnliche Belastung nicht ausreichend.
Nahrungsergänzungsmittel (Orthomol Imm pro Granulat und Alpinamed Preiselbeer Granulat) stellten keine abzugsfähigen Krankheitskosten dar, auch wenn durch diese Mittel eine positive Wirkung auf die Gesundheit erzielt werde.
Im dagegen rechtzeitig eingebrachten Vorlageantrag führte der Bf. aus, dass die Adaptierungen im Badezimmer zur Erleichterung für die behinderte Tochter getätigt worden wären. Die Badewanne sei nach dem Rollstuhl angepasst worden, eine ebenerdige Dusche sei für diese leichter erreichbar. Hinsichtlich des versetzten Waschbeckens und des versetzten Spiegels gelte das Gleiche. Der Bf. legte seinem Vorlageantrag ein ärztliches Attest eines Allgemeinmediziners vom bei. In diesem wurde wörtlich wie folgt ausgeführt:
"Die Patientin Tochter, geb. am xx.xx.1980, wohnhaft Adresse, steht in laufender ärztlicher Behandlung wegen JOSAMYCINALLERGIE, Zn operativ verschlossener Myelomeningocele mit geshuntetem Hydrocephalus internus permagna, psychomotorische Retardierung, cerebrale Krampfanfälie, Epilepsie, chron. recid.Harnwegsinfekte, Lamictal Einnahme, Labor-Blutkontr., Epi-Anfälle bei MNC,tgl.Katheterismus nötig, St.p.Nephrektomie re, Pat. muß bis zu 6x durch Fremdhilfe Katheterisiert werden und aus Rollstuhl gehoben werden - gewickelt werden, etc. Aufgrund dieser Leiden ist die Patientin ständig auf fremde Hilfe angewiesen. Kann alleine nicht leben."
Mittels Ersuchens um Ergänzung vom gab das Finanzamt dem Bf. unter Hinweis auf die Bestimmung des § 184 BAO u.a. bekannt, dass aus der von diesem vorgelegten Rechnung nicht ersichtlich sei, dass ein Umbau eines nicht behindertengerechten Badezimmers in ein behindertengerechtes Badezimmer erfolgt sei. Vielmehr sei aufgrund der vorgelegten Rechnung ersichtlich, dass eine umfassende Renovierung des Badezimmers inklusive Erneuerung der Rohinstallationen, Heizkörper, Solarspeicher und der Sanitäreinrichtung erfolgt sei. Eine allgemeine Renovierungsmaßnahme stelle eine Vermögensumschichtung dar, da diese sich in einer Wertsteigerung der Wohnung auswirke, die für einen allfälligen Erwerber von Bedeutung wäre (). Da die Erneuerung der Rohinstallationen, der Heizkörper und des Solarspeichers weder mittelbar noch unmittelbar durch die behindertengerechte Ausstattung des Badezimmers erfolgt sei und da die Ausgaben dafür nicht zwangsläufig erwachsen seien, hätten diese nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden können. Abschließend wurde der Bf. ersucht, konkret darzulegen, wie das Badezimmer an die Bedürfnisse der Tochter angepasst worden sei und welche Maßnahmen erforderlich gewesen seien bzw. Ausgaben zwangsläufig erwachsen seien.
In Beantwortung dieses Vorhaltes legte der Bf. eine Skizze des Badezimmers sowie eine vom ausführenden Installateur erstellte Beschreibung der die behindertengerechten Anpassung betreffenden Umbauarbeiten vor.
In dieser führte der Installateur einleitend aus, dass das bestehende Badezimmer im Zeitraum Jänner 2015 bis März 2015 den besonderen Anforderungen der Tochter des Bf. entsprechend umgebaut und angepasst worden sei.
Vor dem Umbau habe das Badezimmer aus einer Badewanne und einem Waschtisch bestanden. Die WC-Anlage sei in einem gesonderten Raum untergebracht gewesen. Die Platzverhältnisse seien aufgrund der Größe der beiden Räume (Bad/WC) sehr beengt gewesen. Die erforderliche Hilfeleistung zur Benützung der sanitären Gegenstände sei nur bedingt möglich gewesen.
Entsprechend der beigefügten Montageplanungs-Skizze sei das Badezimmer wie folgt umgebaut und somit für die behinderte Tochter angepasst worden:
Das Badezimmer habe zunächst vergrößert werden müssen, um eine bodenebene Duschrinne versetzen zu können (rollstuhlgerechte Duschmöglichkeit). Dadurch habe im selben Raum ein Hänge-WC (erhöhte Montagehöhe) installiert und verbaut werden können. Bei der Situierung der WC-Anlage sei auf die Hilfeleistung und Platzverhältnisse für den Rollstuhl bedacht gegeben worden.
Bei der neuen Waschtischanlage sei ein Unterputz-Sifon verbaut worden. Somit habe unterhalb des Waschtisches Platz zur rollstuhlgerechten Benützung geschaffen werden können.
Die neu verbaute Badewanne sei in Absprache mit dem Bf. auf eine bestimmte Höhe montiert worden. Dies habe eine vereinfachte Verlegung vom Rollstuhl hin zum Badewannenlift ermöglicht. Die Wannen/Duscharmaturen seien unterputz gewählt worden, zur Vergrößerung des Benützungsbereiches der jeweiligen sanitären Gegenstände.
Aufgrund des enormen Eingriffs in die Substanz der Räumlichkeiten sei es logisch und selbstverständlich erschienen, die Leitungen (Kalt-/Warmwasser sowie Abflussleitungen, Heizungsleitungen) auf die Höhe der Zeit zu bringen. Hierfür seien für die Rohinstallation und Heizungsleitungen ein modernes Kunststoff-Aluverbund Rohrsystem (Georg Fischer, Sanipex MT) sowie für den Abfluss ein 3-Schicht Abwasserrohr (Fabr. Geberit, Silent PP) gewählt worden.
Ebenso habe der Warmwasserspeicher aufgrund höherer Frequentierung des Badezimmers erneuert und das Speichervolumen vergrößert (Pflegen der Tochter, Körperkeime minimieren) werden müssen.
Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem BFG zur Entscheidung vor und führte in diesem wörtlich aus wie folgt:
"Sachverhalt: Mit der Beschwerde vom beantragte der Steuerpflichtige die Berücksichtigung von Kosten in Höhe von Euro 26.606,00 als außergewöhnliche Belastung aus der Behinderung der Tochter, für die erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurden Kosten in Höhe von Euro 3.791,66 berücksichtigt (Darlehen und Medikamente abzüglich Nahrungsergänzungsmittel). Die Kosten für den Badezimmerumbau wurden mit der Begründung nicht berücksichtigt, es liege keine Vermögensminderung, sondern eine Vermögensumschichtung vor. Der Vorlageantrag wurde rechtzeitig am eingebracht.
Beweismittel: Rechnung Badezimmerumbau Ärztliche Bestätigung Beschreibung des Badezimmerumbaus, Skizze
Stellungnahme: Mit der Beschwerde vom beantragte der Steuerpflichtige die Berücksichtigung von Kosten in Höhe von Euro 26.606,00 als außergewöhnliche Belastung aus der Behinderung der Tochter, für die erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurden Kosten in Höhe von Euro 3.791,66 berücksichtigt (Darlehen und Medikamente abzüglich Nahrungsergänzungsmittel). Die Kosten für den Badezimmerumbau wurden mit der Begründung nicht berücksichtigt, es liege keine Vermögensminderung, sondern eine Vermögensumschichtung vor. Der Vorlageantrag wurde rechtzeitig am eingebracht.
Das Finanzamt Neunkirchen Wiener Neustadt beantragt die Abänderung des Einkommensteuerbescheides 2015 gemäß § 279 Abs 1 BAO.
Gemäß § 34 Abs 6 EStG 1988 können Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Personen, für die gemäß § 8 Abs 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, soweit sie die Summe der pflegebedingten Geldleistungen übersteigen, ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen (§ 34 Abs 1 EStG 1988) erfüllt werden.
Eine Belastung im Sinne des § 34 Abs 1 EStG 1988 setzt eine endgültige Vermögensminderung (Verbrauch, Verschleiß oder sonstigen Wertverzehr) voraus (; ; ). Bei Anschaffung bzw Herstellung von Wirtschaftsgütern liegt eine Vermögensumschichtung vor, die nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden kann. Eine Ausnahme stellen die Anschaffungs - bzw Herstellungskosten für Wirtschaftsgüter dar, die wegen ihrer spezifischen Beschaffenheit oder Gebrauchsmöglichkeit einen eingeschränkten bzw keinen Verkehrswert haben ().
Es konnte nachgewiesen werden, dass beim Umbau des Badezimmers auf eine behindertengerechte, an die Bedürfnisse der Tochter angepasste Ausgestaltung Bedacht genommen wurde. Die Erneuerung der gesamten Sanitäreinrichtung und Rohinstallation, der Heizung und des Solarspeichers stellt keine Vermögensminderung dar, da sie nicht unmittelbar durch die Anpassung des Badezimmers an die Bedürfnisse der Tochter bedingt ist, sondern anlässlich des behindertengerechten Umbaus zusätzlich durchgeführt wurde. Damit wurde eine Wertsteigerung erreicht, die auch für einen allfälligen Erwerber von Bedeutung wäre. Als außergewöhnliche Belastung können nur die Kosten berücksichtigt werden, die unmittelbar mit der Anpassung des Badezimmers an die Bedürfnisse der Tochter in Verbindung stehen.
Die Kosten für den Waschmaschinenanschluss (Euro 18,63 und Euro 21,98), für die Heizkörper, Zubehör, Demontage und Montage der Heizkörper (Euro 3.380,30) sowie für den Solarspeicher (Euro 1.089,40) stellen keine außergewöhnliche Belastung dar und können nicht berücksichtigt werden. Diese Beträge (Euro 4.510,31) zuzüglich 20 % USt ergeben Kosten in Höhe von Euro 5.412,37, die nicht zu einer Vermögensminderung bzw einer außergewöhnlichen Belastung führten, sondern eine Vermögensumschichtung darstellen ().
Die Kosten für Sanitäreinrichtung, Zubehör und sanitäre Rohinstallation können nur in dem Ausmaß anerkannt werden, das durch die behindertengerechte Umgestaltung bedingt war. Es wurde glaubhaft gemacht, dass die Kosten für den Einbau einer ebenerdigen Dusche und die Vergrößerung des Badezimmers sowie die damit in Verbindung stehenden Stemmarbeiten eine außergewöhnliche Belastung darstellen. Es konnte aber nicht glaubhaft gemacht werden, dass das Einbauen einer neuen Badewanne sowie der Umtausch der gesamten Rohinstallation unmittelbar aufgrund der Anpassung an die Bedürfnisse der Tochter erfolgt sind. Vielmehr ist es davon auszugehen, dass eine Renovierung des Badezimmers anlässlich des behindertengerechten Umbaus erfolgte, was in einer Wertsteigerung und somit einer bloßen Vermögensumschichtung resultierte (). Es kann angenommen werden (§ 184 BAO), dass 60 % der Kosten für Sanitäreinrichtung, Zubehör und sanitäre Rohinstallation sowie Montage- und Stemmarbeiten eine außergewöhnliche Belastung darstellen ([7.483,54-18,63-21,98+6.757,42] Euro 14.200,35 + 20 % USt = Euro 17.040,42; 60 % = Euro 10.224,25).
Es wird beantragt, den Einkommensteuerbescheid 2015 abzuändern und Kosten für den behindertengerechten Badumbau in Höhe von Euro 10.224,25 von den beantragten Euro 22.149,79 (Beschwerde) als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt zusätzlich zu den mit BVE anerkannten Kosten für Medikamente und Darlehensrückzahlung zu berücksichtigen."
Über die Beschwerde wurde erwogen:
§ 34 Abs. 6 EStG 1988 lautet auszugsweise:
"Folgende Aufwendungen können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:
[...]
- Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Personen, für die gemäߧ 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, soweit sie die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.
- Aufwendungen im Sinne des § 35, die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs. 5).
- Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn der Steuerpflichtige selbst oder bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag der (Ehe)Partner (§106 Abs. 3) oder bei Anspruch auf den Kinderabsetzbetrag oder den Unterhaltsabsetzbetrag das Kind (§ 106 Abs. 1 und 2) pflegebedingte Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) erhält, soweit sie die Summe dieser pflegebedingten Geldleistungen übersteigen.
Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind."
§ 35 EStG 1988 sieht für den Fall von behinderungsbedingten außergewöhnlichen Belastungen unter bestimmten Voraussetzungen die Gewährung eines Steuerfreibetrages vor. Gemäß § 35 Abs. 5 leg. cit. können an Stelle dieses Freibetrages auch die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung (§ 34 Abs. 6 leg. cit.) geltend gemacht werden.
Die auf die §§ 34 und 35 EStG 1988 gestützte Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl.303/1996, idF BGBl. II 91/1998 ordnet - auszugsweise - Folgendes an:
"§1.(1) Hat der Steuerpflichtige Aufwendungen
- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,
- bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des(Ehe)Partners (§ 106 Abs. 3 EStG 1988) oder - bei Anspruch des Steuerpflichtigen selbst oder seines (Ehe)Partners auf den Kinderabsetzbetrag oder den Unterhaltsabsetzbetrag, durch eine Behinderung des Kindes (§ 106Abs. 1 und 2 EStG 1988), für das keine erhöhte Familienbeihilfegemäߧ 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967gewährt wird, so sind die in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.
(2)...
(3) Die Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 dieser Verordnung sind nicht um eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) oder um einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu kürzen.
§ 4. Nichtregelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (z.B. Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung sind im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.
§ 5. (1) Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für unterhaltsberechtigte Personen, für die gemäߧ 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, sind ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten mit monatlich 262 Euro vermindert um die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) zu berücksichtigen.
(2)...
(3) Zusätzlich zum (gegebenenfalls verminderten) Pauschbetrag nach Abs. 1 sind auch Aufwendungen gemäß § 4 sowie das Entgelt für die Unterrichtserteilung in einer Sonder- oder Pflegeschule oder für die Tätigkeit in einer Behindertenwerkstätte im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen."
Aus dem Zusammenspiel dieser Vorschriften ergibt sich, dass nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel, die durch die Behinderung eines (unterhaltsberechtigten) Kindes veranlasst sind, ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes und ohne Anrechnung von pflegebedingten Geldleistungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind, und zwar unabhängig davon, ob für das Kind erhöhte Familienbeihilfe bzw. Pflegegeld bezogen wird.
Im Erkenntnis vom , B 785/02, hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass eine gesetzeskonforme Interpretation des § 4 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen zum Ergebnis führe, dass unter den Begriff "Hilfsmittel" auch sanitäre Einrichtungsgegenstände, die auch oder ausschließlich für Behinderte konzipiert und bestimmt seien, fielen, unabhängig davon, ob sie mit dem Gebäude fest verankert werden würden oder nicht. Derartige Aufwendungen seien ohne Anrechnung eines Selbstbehaltes und ohne Gegenrechnung pflegebedingter Geldleistungen im Ausmaß der behindertengerechten Mehraufwendungen abzüglich individuell-konkreter Kostenersätze als außergewöhnliche Belastungen absetzbar (vgl. auch Pützl, Neues zur außergewöhnlichen Belastung, ecolex 2003, 613). Im angeführten Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof auch ausgesprochen, dass der Umstand, dass der Beschwerdeführer das fragliche Bad - die Umbauten seien aufgrund der Behinderung der Tochter erforderlich gewesen - mitbenutzt habe an dieser Beurteilung nichts ändere, weil insoweit die betroffenen Kosten einer Standardausführung des Sanitärbereichs ohnehin nicht als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht worden seien, sondern von den Gesamtkosten in Abzug gebracht worden seien.
Mehraufwendungen für die behindertengerechte Gestaltung eines Eigenheimes (oder eines sonstigen Wohnraumes) stellen außergewöhnliche Belastungen dar, soweit es sich dabei um einen verlorenen Aufwand handelt. Abzugsfähig sind zB der Einbau einer Behindertentoilette, die rollstuhlgerechte Adaptierung einer Wohnung oder der Einbau eines Liftes in einem zweigeschossigen Haus zwecks behindertengerechter Ausstattung () sowie sonstige durch die Behinderung unmittelbar veranlasste Einbauten.
Die unmittelbar aufgrund der behindertengerechten Ausstattung veranlassten Kosten für Ein-und Umbauten von Bad und WC stellen eine außergewöhnliche Belastung dar. Weitere dadurch erforderliche mittelbare Maßnahmen (zB Fliesenarbeiten vor und nach Einbaueiner behindertengerechten Badewanne) ebenfalls, insbesondere die Abrisskosten der alten Einrichtung (vgl. ).
Das Finanzamt vertrat zunächst im Wesentlichen die Auffassung, dass durch den gegenständlichen Badezimmereinbau eine bloße Vermögensumschichtung stattgefunden habe und dass die neu angeschafften Sanitärgegenstände nicht erkennen hätten lassen, dass diese behinderungsspezifisch konzipiert gewesen seien.
Anlässlich der Beantwortung des o.e. Vorhaltes vom übermittelte der Bf. dem Finanzamt eine Beschreibung des ausführenden Installateurs betreffend der in Rede stehenden Umbauarbeiten.
Nunmehr geht das Finanzamt davon aus, dass der Bf. den Nachweis dafür erbrachte, dass beim Umbau des Badezimmers auf eine behindertengerechte, an die Bedürfnisse der Tochter des Bf. angepasste, Ausgestaltung Bedacht genommen wurde und dass die Kosten für die Sanitäreinrichtung, das Zubehör und die sanitäre Rohinstallation in dem Ausmaß anerkannt werden können, das durch die behindertengerechte Umgestaltung bedingt war.
In Ansehung der obigen Ausführungen schließt sich das BFG im Rahmen dieser Entscheidung sämtlichen Ausführungen, die das Finanzamt in dessen o.e. Stellungnahme im Vorlagebericht erstellte und auf die an dieser Stelle verwiesen wird, vollinhaltlich an. Zu ergänzen ist diesbezüglich lediglich, dass die dort unter Hinweis auf die Bestimmung des § 184 BAO geäußerte Annahme, dass 60 % der im Zuge des beschwerdegegenständlichen Umbaus für Sanitäreinrichtung, Zubehör und sanitäre Rohinstallation sowie Montage- und Stemmarbeiten angefallenen Kosten eine außergewöhnliche Belastung darstellten, den Erfahrungen des Wirtschaftslebens, wonach die Anschaffung sowie die Montage derartiger spezieller Einrichtungen wie im vorliegenden Fall wesentlich höhere Kosten verursachen, als dies bei vergleichbaren Standardausführungen der Fall ist, entsprechen.
Die Umbaukosten des Badezimmers sind somit - zusätzlich zu den nachgewiesenen Kosten aus der Behinderung eines Kindes nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen laut BVE - in Höhe von Euro 10.224,25 als außergewöhnliche Belastung ohne Anrechnung auf den Selbstbehalt zu gewähren.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Ein derartiger Fall liegt gegenständlich nicht vor.
Beilage: ein Berechnungsblatt
Wien, am
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 35 Abs. 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 1 Außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 § 4 Außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7103169.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at