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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.12.2021, RV/7102648/2013

Fremdvergleichskriterien gelten nicht für privat veranlasste Leistungsbeziehungen (hier Darlehen zwischen nahen Angehörigen)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Silvia Gebhart in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, Rechtsanwalt, als Sanierungsverwalter im Sanierungsverfahren m.E. des ***1*** ***K***, ***AdresseBf***, über dessen als Bescheidbeschwerde zu erledigende Berufung vom gegen den Bescheid des FA Wien 4/5/10, nunmehr Finanzamt Österreich, vom , vertreten durch ***Amtswerter***, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2011, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

II. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Gewinn aus Gewerbetrieb für das Streitjahr für den Beschwerdeführer (Bf) gemäß § 184 BAO ausschließlich wegen Nichtabgabe der Steuererklärung im Schätzungswege ermittelt. Am reichte der Bf die Umsatz- und Einkommensteuererklärung für das Jahr 2011 vom ohne Begleitschriftsatz bei der belangten Behörde ein. Auf der Einkommensteuererklärung war die Überschrift "BERUFUNG" angebracht sowie eine Bilanz gemäß § 4 Abs 1 EStG 1988 zum beigelegt.

Die Umsatzsteuer 2011 wurde zunächst erklärungskonform veranlagt, jedoch der ursprüngliche Bescheid in einem Verfahren nach § 299 BAO dahin geändert, dass mit neuem Sachbescheid steuerbare Umsätze von EUR 20.000,00 zu Grunde gelegt wurden. Die Vorsteuern wurden unverändert in den neuen Sachbescheid mit EUR 2.219,66 übernommen. In der Begründung wurde ausgeführt, "die Änderung gem § 299 [BAO sei] erforderlich gewesen, da die Zuschätzung der Lebenshaltungskosten, siehe Einkommensteuerbescheid, im Erstbescheid unberücksichtigt gebliebenwar." Der Umsatzsteuerbescheid 2011 erwuchs unangefochten in Rechtskraft.

Mit der Berufung wurde bei Betriebseinnahmen von EUR 3.265,01 und Betriebsausgaben von EUR 12.423,32 ein Verlust von EUR 8.798,31 geltend gemacht. Weiters begehrte der Bf die Berücksichtigung von erhöhten Sonderausgaben für Spenden und Kirchenbeiträge (EUR 400,00), des Alleinverdienerabsetzbetrages, des Kinderfreibetrages, von Kinderbetreuungskosten iHv EUR 1.040,00, von Aufwendungen für eigene außergewöhnliche Belastung (EUR 200,00) und solche für das Kind ***2*** (EUR 150,00).

Mit Vorhalt vom wurde der Bf aufgefordert, die Bestreitung der Lebenshaltungskosten (zB Ernährung, Kleidung, Wohnung, Energiekosten Kfz, Kinder) anhand geeigneter Unterlagen nachzuweisen. Die belangte Behörde teilte mit diesem Schriftsatz ferner mit, dass nach ihren Feststellungen die Ehefrau über kein eigenes Einkommen verfügte, der Bf keine anderen Einkünfte erzielt habe und für den Sohn ***2*** keine Familienbeihilfe bezogen worden sei. Die Sozialversicherungsnummer des Sohnes sei weiters unbekannt und jene der Ehefrau nicht bekanntgegeben worden. Auf diesen Vorhalt hat der Bf nicht innerhalb gesetzter Frist reagiert.

Nach der Begründung der Berufungsvorentscheidung hat am ein Telefonat zwischen dem Bf und der belangten Behörde stattgefunden. Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde Folgendes ausgeführt: "Mit Vorhalt vom wurden Sie aufgefordert, die Lebenshaltungskosten nachzuweisen. Weder wurde, wie tel am vereinbart die Mittelherkunft des Darlehens des Bruders anhand geeigneter Unterlagen (Überweisung, Barabhebung bzw. Sparbuchabhebung) nachgewiesen, noch wurde bekanntgegeben wie die Lebenshaltungskosten mit rund € 2.400,- (Verlust 2011 € 8.798,31 abzüglich Afa 2011 € 1.185,94 abzüglich "Darlehen" Bruder € 10.000,-) bei einem 3 Personenhaushalt in Österreich bestritten hätten werden können. Nachdem für Ihr Kind ***2*** weder Sie noch Ihre Gattin Familienbeihilfe bezogen haben, konnte auch der Kinderfreibetrag nicht berücksichtigt werden."

Mit Schriftsatz vom beantragte der Bf form- und fristgerecht die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde 2. Instanz (Vorlageantrag) und legte mit diesem die als Einkommensnachweise die Gehaltszettel seines Bruders für die ersten vier Monate 2011 vor. Die Gewährung des Darlehens von EUR 10.000,00 sei durch Barmittel erfolgt, die sein Bruder über die Jahre zuhause angespart hätte und die er dem Bf in Teilbeträgen bei ihren Treffen übergeben hätte. Insofern gebe es keine entsprechenden kurzfristigen Abhebungen dieses Betrages von seinem Konto. Außerdem habe der Bf eigene Mittel zur Begründung der Firma aus dem Ausland mitgebracht.

Gleichzeitig teilte der Bf mit, dass die Familienbeihilfe ab Juli 2011 beantragt worden sei, jedoch noch kein Bescheid vorliege. Die Sozialversicherungsnummern in für Österreich üblichen Form mit zehn Stellen wurden bekannt gegeben.

Mit weiterem Vorhalt vom wurde vorgehalten, dass die angegebenen Sozialversicherungsnummern falsch seien. Zum brüderlichen Darlehen wurde mitgeteilt, es seien "zur Anerkennung von Darlehen innerhalb des Familienkreises nach herrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs bestimmte Voraussetzungen zwingend: Es muss eine schriftliche Vereinbarung gegen, in der auch der Zeitrahmen für die Rückerstattung und die Termine für die Raten enthalten sind. Wenn Sie eigene Mittel aus dem Ausland mitgebracht haben, bitte legen Sie die für die Einfuhr nötige Deklaration dieser Barmittel beim Zoll vor. Im Übrigen kann selbst bei Anerkennung des Darlehens iHv EUR 10.000,00 bei einem Verlust von EUR 8.799,00 der Lebensunterhalt für drei Personen niemals für ein Jahr gedeckt werden. Sie werden ersucht, eine Aufstellung der Lebenshaltungskosten (Miete, Strom, Autokosten, Lebensmittel, Fernsehgebühren, Kleidung etc) vorzulegen und zu erläutern und zu belegen, wie diese bestritten wurden." Der Vorhalt wurde dem steuerlichen Vertreter ordnungsgemäß zugestellt, jedoch erfolgte keine Reaktion darauf.

Mit Vorlagebericht vom wurde die Berufung dem damals zuständigen unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde ersuchte um Abweisung der Berufung als unbegründet.

Laut telefonischer Rücksprache mit der SERA Trust GmbH, vormals TSC TRUST OG, Herrn ***4*** (Auskunftsperson1), vom habe der Bf das Gewerbe eines Berufsfotografen betrieben und Alben anlässlich von Veranstaltungen hergestellt. Gemäß telefonischer Rücksprache mit der SERA Trust GmbH, Frau ***5*** (Auskunftsperson2), wurde das Kapitalkonto 2011 auf Ersuchen des BFG mit E-Mail vom selben Tag übermittelt.

Am wurden von Auskunftsperson2 das Privatkonto und das Kassabuch telefonisch angefordert. Es wurde nachgefragt, ob es sich bei den Veranstaltungen, auf denen der Bf als Berufsfotograf tätig war, um Hochzeiten gehandelt und ob der Bf auch auf Veranstaltungen in Deutschland fotografiert habe. Privatkonto und Kassabuch wurden am per E-Mail übermittelt. In der E-Mail wurde mitgeteilt, dass der Bf auch auf Hochzeiten fotografiert habe, im Jahr 2011 jedoch nicht auf Hochzeiten in Deutschland tätig gewesen sei. Dazu sei der Bf von ihr telefonisch befragt worden.

Am wurden der Amtsvertreterin die übermittelten Konten mitsamt einer Darstellung des festgestellten Sachverhalts weitergeleitet und am besprochen. Sie erklärte, gegen die beabsichtigte Entscheidung keine Einwände zu haben.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Rechtsgrundlagen:

§ 4 Abs 1 EStG 1988 (Einkommensteuergesetz 1988) lautet auszugsweise:

"Gewinn ist der durch doppelte Buchführung zu ermittelnde Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluß des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahres. Der Gewinn wird durch Entnahmen nicht gekürzt und durch Einlagen nicht erhöht. Entnahmen sind alle nicht betrieblich veranlaßten Abgänge von Werten (zB von Bargeld, Waren, Erzeugnissen und anderen Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens, von Leistungen, von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens oder von Nutzungen solcher Wirtschaftsgüter). Einlagen sind alle Zuführungen von Wirtschaftsgütern aus dem außerbetrieblichen Bereich. […]"

§ 184 BAO (Bundesabgabenordnung) ordnet an:

"(1) Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.

(3) Zu schätzen ist ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen."

§ 115 BAO sieht auszugsweise vor:

"(3) Die Abgabenbehörden haben Angaben der Abgabepflichtigen und amtsbekannte Umstände auch zugunsten der Abgabepflichtigen zu prüfen und zu würdigen."

Gemäß dem ersten Satz des § 33 Abs 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu.

§ 33 Abs 4 Z 1 EStG 1988 regelt den Alleinverdienerabsetzbetrag und gibt die Legaldefinition für den Begriff des Alleinverdieners. Er lautete in der für das Streitjahr geltenden Fassung auszugweise:

"Alleinverdienende sind Steuerpflichtige mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1), die mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragene Partner sind und von ihren unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten oder eingetragenen Partnern nicht dauernd getrennt leben oder die mehr als sechs Monate mit einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person in einer Lebensgemeinschaft leben. […] Voraussetzung ist, dass der (Ehe-)Partner (§ 106 Abs. 3) Einkünfte von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt. […] Der Alleinverdienerabsetzbetrag steht nur einem der (Ehe-)Partner zu. Erfüllen beide (Ehe-)Partner die Voraussetzungen im Sinne der vorstehenden Sätze, hat jener (Ehe-)Partner Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag, der die höheren Einkünfte im Sinne der Z 1 erzielt. Haben beide (Ehe-)Partner keine oder gleich hohe Einkünfte im Sinne der Z 1, steht der Absetzbetrag dem haushaltsführenden (Ehe-)Partner zu."

§ 34 Abs 9 EStG 1988 idF des Bundesgesetzes vom , BGBl I 26/2009, (Steuerreformgesetz 2009 (StRefG 2009), lautete auszugsweise:

"Aufwendungen für die Betreuung von Kindern bis höchstens 2 300 Euro pro Kind und Kalenderjahr gelten unter folgenden Voraussetzungen als außergewöhnliche Belastung:

1. Die Betreuung betrifft
- ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 1 oder
- ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 2.

[…]"

§ 34 Abs 1 bis 4 EStG 1988 lautet auszugsweise:

"(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

[…]

(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen

von höchstens 7 300 Euro ........................................ 6%.
mehr als 7 300 Euro bis 14 600 Euro ....................... 8%.
mehr als 14 600 Euro bis 36 400 Euro ..................... 10%.
mehr als 36 400 Euro .............................................. 12%.

Der Selbstbehalt vermindert sich um je einen Prozentpunkt

- wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht,
- für jedes Kind (§ 106)."

Gemäß § 106 Abs 1 EStG 1988 gelten als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes Kinder, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner (Abs. 3) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 zusteht.

Gemäß dem ersten Satz des § 106a Abs 1 EStG 1988 steht für ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 1 ein Kinderfreibetrag zu.

Sachverhalt

Aufgrund des vorgelegten Verwaltungsaktes und des vom Bundesfinanzgericht ergänzend durchgeführten Ermittlungsverfahrens ist folgender Sachverhalt festzustellen:

Der Bf besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft und ist mit seiner Ehefrau, einer Türkin, und dem gemeinsamen Kind, das ebenfalls die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, von Deutschland nach Österreich zugezogen und hat hier am einen Gewerbetrieb als Berufsfotograf eröffnet. Zum Zeitpunkt des Zuzugs aus der Union wurden keine Feststellungen getroffen. Dabei fotografierte er auch auf Hochzeiten und stellte Alben her. Für die Vorjahre sind keine Einkünfte für den Bf aktenkundig. Das Betriebsergebnis ermittelte er nach § 4 Abs 1 EStG 1988 und machte mit Berufung einen Verlust aus Gewerbebetrieb iHv EUR 8.798,31 geltend. Die in den Abgabenerklärungen 2011 und in der Bilanz ursprünglich angegebene Adresse war ***Adresse2-Bf***. Das ist auch die Adresse unter der der Bf im Wiener Bezirksblatt als Fotograf genannt wird. Diese Adresse ist im ZMR für den Bf nicht erfasst.

Der Bf ist im Streitjahr nicht in Deutschland beruflich tätig gewesen.

Die Erlassung eines neuen Umsatzsteuerbescheides für das Jahr 2011 begründete die belangte Behörde mit der "Zuschätzung der Lebenshaltungskosten, siehe Einkommensteuerbescheid". Die Vorsteuern wurden im neuen Sachbescheid erklärungskonform iHv EUR 2.219,66 berücksichtigt. Zu den erklärten Betriebsausgaben von EUR 12.423,32 und zu dem Umstand der erst mit Mai 2011 erfolgten Betriebseröffnung hat die belangte Behörde keine Feststellungen getroffen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Gewinn aus Gewerbetrieb iHv EUR 17.600,00 geschätzt. Die Schätzung wurde entgegen der Begründung des neuen Umsatzsteuerbescheides ausschließlich mit der Nichtabgabe der Einkommensteuererklärung begründet. Der vorgelegte und elektronische Verwaltungsakt enthält keine behördlichen Erledigungen zur Ermittlung der Lebenshaltungskosten vor dem Ausfertigungsdatum des Einkommensteuerbescheides vom . Erst im gegenständlichen Berufungsverfahren erging der Vorhalt vom , mit dem erstmals die Unterdeckung der Lebenshaltungskosten rechtswirksam vorgehalten wurde.

Dem Bf war nach dem Wortlaut der Vorhalte vom und vom bekannt, welche Aufwendungen unter den Begriff der Lebenshaltungskosten zu verstehen sind. Bei der Schätzung des Gewinnes hat die belangte Behörde berücksichtigt, dass für das Kind keine Familienbeihilfe bezogen wurde, dass der Bf keine Einkünfte aus anderen Quellen erzielt hat und dass die Ehefrau kein eigenes Einkommen erwirtschaftet hat. Der zweite Vorhalt wurde nachweislich dem Parteienvertreter zugestellt. Der zweifachen Aufforderung, die Lebenshaltungskosten für sich und seine Familie bekanntzugeben und deren Bestreitung nachzuweisen, ist der Bf weder gegenüber der belangten Behörde noch mit Vorlageantrag nachgekommen.

Aus dem Kapitalkonto und dem Kassabuch ergeben sich folgende Feststellungen:

Das Anfangskapital betrug EUR 3.000,00 und wurde am bar durch Privateinlage eingezahlt. Das Endkapital betrug EUR 14.000,00. Der Jahresverlust wurde in der Bilanz gesondert ausgewiesen. Die Bilanz weist kein Bankkonto, kein Anlagevermögen und keine Kundenforderungen und kein Fremdkapital aus. Sämtliche Betriebseinnahmen und -ausgaben sind über die Kassa verbucht worden. Das Kassabuch wurde elektronisch geführt und zeigte täglich den Tagessaldo an.

Einträge aus dem Kassabuch 2011:


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Text
Euro
Kassastand Vortag
Ausgänge am Tag
Privateinlage 2.5. Betriebseröffnung
3.000,00
-
-
Privateinlage 30.7.
1.000,00
166,76
224,27
Privateinlage 11.10.
1.500,00
271,81
1.453,48
Privateinlage 1.11.
10.000,00
98,13
8.804,77
Erlöse (brutto) 5.10. bis 22.12.
4.350,00
Kassaeingänge
19.850,00
Kassaausgänge
-19.152,98
Kassastand lt Bilanz
697,02
einzige Privatentnahme am 24.12.
1.500,00

Es ist davon auszugehen, dass hinter der Privateinlage vom 1.11. das behauptete Darlehen des Bruders steht. Das Darlehen wurde nicht als Fremdkapital in der Bilanz passiviert. Wie die Kassasalden an den Tagen der Einlagen zeigen, wurden sämtliche Privateinlagen zeitnah zur Gänze zur Bestreitung von Betriebsausgaben verwendet und standen daher dem Bf und seiner Familie zur Bestreitung der Lebenshaltungskosten nicht zur Verfügung. Die einzige Privatentnahme erfolgte am , sodass die laufenden Lebenshaltungskosten ab Mai 2011 über die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen hinaus (keine andere Einkunftsquelle des Bf, kein Einkommen der Ehefrau, kein Bezug von Familienbeihilfe im Jahr 2011, keine glaubhafte Fremdfinanzierung) auch nicht durch Privatentnahmen gedeckt sind.

Die Existenz eines Privatdarlehens iHv EUR 10.000,00 mit dem in Deutschland lebenden Bruder ***3*** ***K*** des Bf und der Zufluss der Darlehenssumme wurde trotz zweifacher Aufforderung nicht nachgewiesen. Somit ist neben der Deckung der Lebenshaltungskosten iHv EUR 16.375,00 auch die Mittelaufbringung für die Privateinlage am iHv EUR 10.000,00 ungeklärt. Die Deviseneinfuhr von eigenen Geldern und von Fremdgeldern aus dem Ausland wurde trotz Aufforderung nicht nachgewiesen. Über die von der belangten Behörde bisher als Teil der Lebenshaltungskosten hinausgehenden Positionen hat der Bf mit der Berufung Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen von insgesamt EUR 1.790,00 erklärt.

Zu den im Berufungsweg geltend gemachten Sonderausgaben von EUR 400,00 und Ausgaben für außergewöhnliche Belastung von EUR 350,00 hat die belangte Behörde keine abweichenden Feststellungen getroffen.

Beweiswürdigung

Obige Sachverhaltsfeststellung ergab sich aufgrund folgender Überlegungen aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, insbesondere aus der Bilanz, sowie den vom Bundesfinanzgericht ergänzend durchgeführten Ermittlungshandlungen (ZMR-Auskunft zum Bf, seiner Ehefrau und dem gemeinsamen Kind, telefonisch erteilte Auskünfte vom und des vormaligen Parteienvertreters, Kapitalkonto, des Privatkonto sowie des Kassabuch 2011, elektronisch abgerufene Wiener Bezirkszeitung für den fraglichen Wiener Gemeindebezirk):

Der Bf ist seit im ZMR mit der im Spruch angeführten Adresse bis als Nebenwohnsitz, seither als Hauptwohnsitz erfasst. Das Kind und die Ehefrau sind seit demselben Zeitpunkt an derselben Adresse gemeldet, jedoch ist für beide die Adresse als Hauptwohnsitz eingetragen. Das Kind wurde in Deutschland geboren. Der im vorgelegten Aktenvermerk getroffene Feststellung, dass "weder Gattin noch Kind in Ö aufrecht gemeldet" seien, trifft daher nicht zu.

Bei dem Darlehen handelte es sich, wenn es denn nachgewiesen worden wäre, um ein Privatdarlehen, das durch das private Naheverhältnis zwischen dem Bf und seinem Bruder geprägt war. Zwischen dem Bf und seinem Bruder bestand laut Sachverhalt keine abgabenrechtlich relevante Leistungsbeziehung. Leistungsbeziehungen zwischen nahen Angehörigen können sowohl durch eine auf Einkunftserzielung ausgerichtete Tätigkeit, als auch durch das private Naheverhältnis veranlaßt sein. Ob eine betriebliche Veranlassung gegeben ist, ist durch Fremdvergleich zu lösen. (Hinweis: Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, § 20 Textziffer 44, 50; vgl ; ; ). Die vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung entwickelten Kriterien zum Fremdvergleich zu Geschäftsbeziehungen naher Angehöriger gelten nach obiger Rechtsprechung nicht für Privatdarlehen. Daraus folgt jedoch nicht, dass es im Fall privat veranlasster Rechtsbeziehungen gar keiner Beweisanbote oder zumindest einer Glaubhaftmachung bedürfte.

Laut Sachverhaltsfeststellung ist das Darlehen mangels Mitwirkung des Bf nicht erweisen worden. Anlässlich des Telefonats des Bf mit der belangten Behörde am hat der Bf eingewendet, die Lebenshaltungskosten mit Hilfe eines Darlehens seines Bruders bestritten zu haben. Dabei wurde dem Bf mitgeteilt, dass er die Mittelherkunft des Darlehens des Bruders anhand geeigneter Unterlagen nachweisen müsse (Überweisung, Barabhebung, Sparbuchabhebung). Am hat der Bf davon abweichend behauptet, die Darlehenssumme habe sein in Deutschland lebender Bruder ***3*** ***K*** über Jahre zuhause angespart und dem Bf in Teilbeträgen übergeben hätte. Aus diesem Grund gebe es kein Konto, kein Sparbuch und weder Abhebungen noch Geldbewegungen auf Papier.

Der Bf hat dazu als einziges Beweismittel die Gehaltsabrechnungen für lediglich VIER Monate des Jahres 2011 des Bruders vorgelegt. Damit gelingt dem Bf nur der Nachweis, dass sein Bruder offenbar eine gut bezahlte Anstellung in diesen vier Monaten bekleidet hat. Er hat aber damit weder nachgewiesen, dass der Bruder das Geld zuhause ÜBER JAHRE angespart hat, noch nachgewiesen, dass sein Bruder den benötigten Betrag im fraglichen Zeitpunkt bzw in den fraglichen Zeitpunkten zur Verfügung hatte, noch nachgewiesen, dass er ihm die Beträge übergeben hatte, noch nachgewiesen, dass die Gelder ordnungsgemäß von Deutschland nach Österreich verbracht wurden. Wenn der Bruder das Darlehen über Jahre angespart haben soll, wären Nachweise dieser Jahre aussagekräftig.

Das Vorbringen zum Darlehen erweist sich als unsubstantiiert. Es liegt am Bf, das behauptete Privatdarlehen durch Fakten bestmöglich zu untermauern und Beweisanbote zu machen oder zumindest den Weg der Glaubhaftmachung zu beschreiten, auch wenn ein im Angehörigenkreis privat gewährtes Darlehen nicht den Anforderungen eines Fremdvergleichs genügen muss.

Die Deviseneinfuhr von eigenen Geldern aus dem Ausland zum Zweck der Betriebsgründung wurde erstmals mit dem Vorlageantrag vorgebracht. Auf den diesbezüglichen, dem Parteienvertreter nachweislich zugestellten Vorhalt bezüglich der Vorlage der entsprechenden Zollunterlagen hat der Bf nicht geantwortet. Die Höhe der Lebenshaltungskosten und den Nachweis ihrer Bestreitung hat der Bf trotz zweimaliger Aufforderung nicht offengelegt.

Mangels anderer Einkunftsquellen des Bf und ausreichender Entnahmen aus dem Betrieb durch den Bf oder einer glaubhaften Fremdfinanzierung sowie infolge Einkommenslosigkeit der Ehefrau ist davon auszugehen, dass die Lebenshaltungskosten und der Privateinlagen in Wahrheit durch die betriebliche Tätigkeit in Österreich erwirtschaftet wurden.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist gemäß § 323 Abs 38 BAO (Bundesabgabenordnung) als Bescheidbeschwerde zu erledigen. Mangels entsprechender Anträge ist die Berufung in einem Einzelrichterverfahren ohne mündliche Verhandlung zu erledigen.

Da die mit dem angefochtenen Bescheid, der auf eine gesonderte Begründung nicht verweist, erfolgte Schätzung des Gewinnes aus Gewerbetrieb ausschließlich mit der Nichtabgabe der Einkommensteuererklärung begründet wurde, ist die innerhalb offener Rechtsmittelfrist eingereichte und mit der Überschrift "BERUFUNG" versehene Einkommensteuererklärung E1 als mängelfreie Berufung anzusehen, weil es in diesem besonderen Einzelfall einer weiterreichenden Begründung nicht bedurfte.

Berufung und Vorlageantrag sind weiters form- und fristgerecht; die Berufung ist jedoch unbegründet.

Mit der Eröffnung des Sanierungsverfahrens durch das zuständige Bezirksgericht ist die bestehende Vertretungsvollmacht für die SERA Trust GmbH, vormals TSC TRUST OG, gegenüber dem Gemeinschuldner gemäß § 1024 ABGB ipso iure erloschen (zB ).

Zu Spruchpunkt I.

Zunächst ist auszuführen, dass der Bf als Unionsbürger in Ausübung der Niederlassungsfreiheit gemäß Art 49ff AEUV mit seiner Familie von Deutschland nach Österreich gekommen ist. Die Ausübung der Tätigkeit als Berufsfotograf, die weisungsfrei und auf eigene Rechnung und eigenes Risiko ausgeübt wird, und zu einer Betriebsgründung mit hinreichender Eingliederung im anderen Mitgliedstaat führt, fällt unter die Niederlassungsfreiheit. Der Bf, die Kindesmutter und das gemeinsame Kind erfüllen den Begriff der Familienangehörigen gemäß Art 1 lit i VO 883/2004. Familienbeihilfe, Kinderabsetzbetrag, Kinderfreibetrag sind Familienleistungen gemäß Art 3 Abs 1 lit j VO 883/2004. Damit fällt vorliegender Sachverhalt in den Geltungsbereich der unionsrechtlichen sozialen Koordinierung. Das gilt insbesondere auch für die gesetzliche Sozialversicherung, wobei keine Pflichtbeiträge in SVA-gewerbliche Wirtschaft unter den Kassaausgängen vorgefunden wurden.

Österreich ist Beschäftigungsstaat nach Unionsrecht, und zwar sowohl in dem Fall, dass der Bf mit seiner Familie nach Österreich übersiedelt wäre, als auch in dem Fall, dass die Familie in Deutschland verblieben wäre. Sowohl für die gesetzliche Sozialversicherung als auch für die Familienleistungen fällt der Bf unter die unionsrechtlichen Verordnungen VO 883/2004 und die diesbezügliche Durchführungsverordnung VO 987/2009. Die türkische Staatsbürgerschaft der Mutter schadet für den Beihilfenanspruch grundsätzlich nicht, weil für den die Grundfreiheit ausübenden Bf ein NAG-Titel nur deklaratorisch ist. Sollte die Mutter aus Gründen der Drittstaatsangehörigkeit nach österreichischem Recht geringeren Anspruch haben als der Bf als Kindesvater, so wäre die Familienbeihilfe dem Kindesvater zu leisten. Im Geltungsbereich der unionsrechtlichen sozialen Koordinierung ist es nach ständiger Rechtsprechung des EuGH grundsätzlich unerheblich, wer der beiden Elternteile bei aufrechter Haushaltsgemeinschaft und Ehe oder wer der anspruchsberechtigten Personen (zB erwachsenes Kind) die Familienbeihilfe beansprucht bzw wem sie gewährt wird. Art 60 VO 987/2009 ist auch dann einschlägig, wenn ein Zuzug mitsamt Familienangehörigen erfolgt ist. Sollte der Bf sowohl in Österreich als auch in Deutschland als selbstständiger Fotograf tätig sein, so wäre zur Bestimmung des anwendbaren Rechts (= Ermittlung des zuständigen Mitgliedstaates) Art 13 VO 883/2004 heranzuziehen. Denkbar wäre, dass in dem einen Mitgliedstaat die Niederlassungsfreiheit und im anderen Mitgliedstaat die Dienstleistungsfreiheit ausgeübt wird. Die Tätigkeit als Berufsfotograf mit dem Spezialgebiet für türkische Hochzeiten ist nicht ortsgebunden und eine Berufsausübung in Deutschland nicht undenkbar. Entgegen dem bereits oben erwähnten Aktenvermerk erklärt eine fehlende Meldung der Kindesmutter und des Kindes in der "DB" für sich allein folglich keinesfalls, warum die Familienbeihilfe nicht gewährt wurde. Laut Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung liegen jedoch entsprechende Einträge im Zentralen Melderegister vor.

Deutschland knüpft in seinen Rechtsvorschriften das Kindergeld so wie Österreich an Erfordernisse der Gebietsansässigkeit. Es ist daher denkbar, dass der Bf bis zum Zuzug nach Österreich das deutsche Kindergeld bezogen hat. Aufgrund seines Alters (geboren 1970) ist auch wahrscheinlich, dass der Bf bereits in Deutschland berufstätig war.

Laut Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung sind die Unterdeckung der Lebenshaltungskosten und der ungeklärte Vermögenszuwachs für die Privateinlagen als erwiesen anzusehen. Aus den in der Beweiswürdigung dargestellten Überlegungen ist von einer Einnahmenverkürzung auszugehen. Die belangte Behörde hat zu den Lebenshaltungskosten, die sie im nach § 299 BAO ergangenen Umsatzsteuerbescheid mit EUR 16.375,00 bestimmt hat, und zu den von Deutschland nach Österreich transferierten Geldbeträgen, deren Höhe mangels Mitwirkung des Bf ungeklärt blieb, ermittelt. Die transferierten Geldbeträge teilen sich in das behauptete brüderliche Darlehen iHv EUR 10.000,00, das erstmals anlässlich des Telefonats erwähnt wurde, und in eigene Geldmittel, die der Bf zum Zweck der Betriebsgründung vom Ausland nach Österreich importiert haben will und erstmals mit Vorlageantrag vom ins Treffen geführt hat. Die vom BFG ergänzend durchgeführten Ermittlungen zum Privatkonto haben die unaufgeklärten Eigenmittel daher lediglich hinsichtlich der Höhe nach konkretisiert (EUR 5.500,00).

Die Nichterfassung von Betriebseinnahmen macht Bücher und Aufzeichnungen (Belegsammlung) unmittelbar materiell unrichtig iSd § 184 Abs 1 und Abs 3 BAO und berechtigt die Abgabenbehörde zur Schätzung. Der Bf hat trotz Aufforderung weder die Höhe der Lebenshaltungskosten bekanntgegeben noch die Mittelherkunft dafür nachgewiesen und damit seine Mitwirkungspflicht verletzt (vgl ). Gleiches gilt für die behaupteten Fremd- und Eigenmittel, die von Deutschland nach Österreich - von wen auch immer - verbracht worden sein sollen. Durch die mangelhafte Mitwirkung hat der Bf über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermocht oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich waren, wodurch die Schätzungsvoraussetzungen nach § 184 Abs 2 BAO erfüllt sind. Damit kann in dem angefochtenen Bescheid nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn die Abgabenbehörde den Gewinn aus Gewerbebetrieb nach § 184 BAO geschätzt hat.

Die belangte Behörde war daher im Recht, wenn sie zum behaupteten Darlehen und zu den behaupteten Eigenmitteln Unterlagen - einschließlich der für die Einfuhr nötigen Deklarationsunterlagen - und den Nachweis der Geldflüsse verlangt hat.

Bei der Schätzung des Gewinnes iHv EUR 17.600,00 ging es der belangten Behörde darum, dass die Lebenshaltungskosten darin gedeckt sein sollten. Die Höhe der für das ganze Jahr geschätzten Lebenshaltungskosten ergibt sich folglich aus dem Umsatzsteuerbescheid, dessen Zuschätzungsbetrag hinter dem geschätzten Gewinn zurückblieb. Dass sich bei den unverändert übernommenen Vorsteuern und Betriebsausgaben iVm den geschätzten Umsätzen von EUR 20.000,00 ein Gewinn von EUR 17.600,00 nicht ausgeht, macht die Schätzung wegen zu geringer Höhe der geschätzten Umsätze unschlüssig.

In der Berufung wurde die Betriebseröffnung mit bekannt gegeben. Ausgehend vom genannten Jahresbetrag ergibt sich ein Monatsbedarf von EUR 1.365,00, der einen Bedarf für acht Monate von EUR 10.920,00 ergibt. Auch wenn im Rechtsmittelverfahren auf diesen Umstand nicht ausdrücklich hingewiesen wurde, ist dies nach § 115 Abs 3 BAO zu berücksichtigen (vgl Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), § 115, III. Auch zu Gunsten der Partei (§ 115 Abs 3) [Rz 22 - 23]).


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Berechnung des Schätzungsbetrages (Beträge in Euro):
Lebenshaltungskosten für acht Monate
10.920,00
Privateinlage am 1.11.
10.000,00
restliche Privateinlagen
5.500,00
Summe Unterdeckung
26.420,00

Somit ergibt sich für das Rumpfwirtschaftsjahr 2011 ein Gewinn aus Gewerbetrieb (Beträge in Euro):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Verlust aus Gewerbebetrieb laut Berufung
-8.798,31
Zuschätzung laut BFG
26.420,00
Gewinn laut BFG
17.621,69

Die belangte Behörde ist mit dem geschätzten Gewinn von EUR 17.600,00 den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen äußerst nahegekommen. Die mit Berufung beantragten Sonderausgaben von EUR 400,00 für Kirchenbeitrag und Spenden sind zu berücksichtigen. Die mit Berufung geltend gemachten Aufwendungen für eigene außergewöhnliche Belastung und die des Kindes iHv EUR 350,00 liegen unter dem Selbstbehalt (= 10% von 17.221,69) und wirken sich steuerlich somit nicht aus.

Aus der Zusammenschau der Normen § 33 Abs 3, 4 und 9, § 106 und § 106a EStG 1988 ergibt sich, dass Voraussetzung für den Alleinverdienerabsetzbetrag, den Kinderfreibetrag und die Absetzung der Kinderbetreuungskosten ein Bezug der Familienbeihilfe für mindestens sieben Monate des betreffenden Kalenderjahres ist. Da der Bf laut Berufungsvorbringen die Familienbeihilfe erst ab Juli 2011 beantragt hat, könnte selbst im Fall der Gewährung der Familienbeihilfe das sieben-Monatserfordernis des § 106 Abs 1 EStG 1988 nicht erfüllt werden, weil der Zeitraum Juli bis Dezember nur sechs Monate umfasst. Die zuvor genannten Begünstigungen stehen folglich nicht zu. Aus demselben Grund vermindert sich nicht der Prozentsatz für den Selbstbehalt nach § 34 Abs 4 EStG 1988.

3.2. Zu Spruchpunkt II.

Berechnung Einkommensteuer 2011 (Beträge in Euro):


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Verlust aus Gewerbebetrieb laut Berufung
-8.798,31
Zuschätzung laut BFG
26.420,00
Gewinn laut BFG
17.621,69
Gesamtbetrag der Einkünfte
17.621,69
Sonderausgaben laut Berufung
-400,00
17.221,69
außergewöhnliche Belastung laut Berufung
-350,00
Selbstbehalt gem § 34 Abs 4 EStG
350,00
Einkommen
17.221,69
Einkommensteuer beträgt:
(17.221,69-11.000,00)*5.110,00/14.000
2.270,92
Einkommensteuer gerundet gem § 39 Abs 3 EStG
2.271,00
Einkommensteuer bisher
-2.387,00
Abgabengutschrift
-116,00

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt III.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der Beschwerdefall hat keine Rechtsfrage in obigem Sinn aufgeworfen, weshalb die ordentliche Revision nicht zuzulassen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 3 Abs. 1 lit. j VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 1 lit. i VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 60 VO 987/2009, ABl. Nr. L 284 vom S. 1
Art. 49ff AEUV, ABl. Nr. C 83 vom S. 47
§ 106 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 184 BAG, Berufsausbildungsgesetz, BGBl. Nr. 142/1969
§ 115 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 13 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
§ 33 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise



ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7102648.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at