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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.01.2022, RV/5100865/2018

Keine Berücksichtigung von Zu- und Abschlägen nach § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 iVm § 124b Z 225 EStG 1988, wenn der Fehler vor dem Veranlagungszeitraum 2003 verursacht wurde

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2022/15/0011. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/5100693/2022 erledigt.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/5100865/2018-RS1
Im streitgegenständlichen Fall betraf der Fehler die Nichtaktivierung der Herstellungskosten im Jahr 1998. Der Ansatz einer unterlassenen AfA in nachfolgenden Jahren ist lediglich eine Konsequenz des Fehlers. Aufgrund des Inkrafttretens für das Veranlagungsjahr 2003 ist die unterlassene jährliche AfA keinesfalls mehr steuerwirksam durch Abschläge nach § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 idF AbgÄG 2012 zu einem späteren Zeitpunkt korrigierbar.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Gstöttner & Partner Steuerberatung Gesellschaft m.b.H. & Co. KG, Linzerstraße 10, 4320 Perg, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Amstetten Melk Scheibbs vom betreffend Einkommensteuer 2011 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Vorbemerkung:

Das Bundesfinanzgericht hat mit Erkenntnis RV/5100717/2018 vom festgestellt, dass die Berücksichtigung der Zu- und Abschläge nach § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 nicht im Feststellungsverfahren gemäß § 188 BAO der Vermietungsgemeinschaft **X** sondern in den Einkommensteuer-Verfahren der Miteigentümerinnen zu erfolgen hat.

Bisheriges Verfahren:

Am wurde durch das Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr eine Mitteilung an das Finanzamt Amstetten Melk Scheibbs über die gesonderte Feststellung 2011 in elektronischer Form übermittelt. Die Mitteilung betrifft die auf die beteiligte Beschwerdeführerin (Bf.) entfallenden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus der Vermietungsgemeinschaft **X**. Die Abgabenbehörde führte am eine Änderung gemäß § 295 Abs. 1 BAO zum Einkommensteuerbescheid 2011 vom unter Berücksichtigung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung durch. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wurden in Höhe der Mitteilung des Finanzamtes festgesetzt. Der Bescheid wurde durch die EDV automatisch erstellt und ohne Rückschein mit der Post zugestellt. Gegen den Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes Amstetten Melk Scheibbs vom wurde am innerhalb der Rechtsmittelfrist eine Beschwerde eingebracht. Mit Bescheid vom wurde eine abweisende Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 BAO erlassen. Begründet wurde die Abweisung damit, dass gemäß § 252 BAO der von einem Feststellungsbescheid abgeleitete Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden könne, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unrichtig seien. Am brachte die Bf. gegen die Beschwerdevorentscheidung einen Vorlageantrag ein.

Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Es wurde angeregt, die Entscheidung über die ebenfalls beim Bundesfinanzgericht anhängige Beschwerde der Vermietungsgemeinschaft **X** abzuwarten.

Mit Eingabe vom wurden die Anträge auf Senatsentscheidung und mündliche Verhandlung zurückgezogen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

An der Vermietungsgemeinschaft **X** sind im beschwerdegegenständlichen Zeitraum die Bf. (vormals **X**) und **HN** (vormals **X**) zu jeweils 50% beteiligt. Die Bf. hatte erst ab dem Veranlagungszeitraum 2005 eine Miteigentümerstellung inne. Die Vermietungsgemeinschaft hatte 1998 zwei Wohngebäude (**Adr VV**) errichtet. Die Errichtungskosten haben 506.719,91 € betragen. Diese Herstellungskosten sind von der damaligen steuerlichen Vertretung sowie einer selbständigen Buchhalterin nicht in das Anlagenverzeichnis aufgenommen worden. Es wurde daher ab Beginn der Vermietung dieser Gebäude ab 1999 auch keine AfA, die 7.600,80 € pa betragen hat (1,5% der Herstellungskosten), in den Feststellungserklärungen ab 1999 geltend gemacht. Folglich wurde in den Feststellungsbescheiden ab 1999 auch keine entsprechende AfA berücksichtigt. Nachdem der nunmehrigen steuerlichen Vertretung dieser Fehler im Zuge einer im Jahr 2016 erfolgten Schenkung des Miteigentumsanteils an der EZ **Y** von **HN** an **AR** aufgefallen ist, wurde betreffend dem Feststellungsverfahren sowie den Einkommensteuer-Verfahren der Bf. und **HN** mit Schreiben vom ein Wiederaufnahmeantrag gestellt. Mit diesem Wiederaufnahmeantrag wurde für die Jahre 2011 bis 2015 der Ansatz einer zusätzlichen AfA von 7.600,80 € begehrt.

Zusätzlich wurde ein Antrag gemäß § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 für den Veranlagungszeitraum 2011 gestellt mit der der Ansatz folgender Abschläge begehrt wurde:
Steuerliche Berücksichtigung der bisher unterlassenen AfA seit dem Veranlagungszeitraum 2003 bis zum Veranlagungszeitraum 2010 in Höhe von 22.802,40 € (betrifft Bf.) sowie von 30.403,19 € (betrifft **HN**).

Das Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr hat am das mit Bescheid vom abgeschlossene Feststellungsverfahren für das Jahr 2011 gemäß § 303 Abs. 1 BAO wiederaufgenommen und die auf das Jahr 2011 zusätzlich entfallende AfA von 7.600,80 € bei der Einkünftefeststellung berücksichtigt.

Die Berücksichtigung des begehrten Abschlages gemäß § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 erfolgte im Feststellungsverfahren hingegen nicht.

Im Einkommensteuerverfahren der Bf. erfolgte keine Wiederaufnahme des Verfahrens, sondern wurde am gemäß § 295 Abs. 1 BAO ein geänderter Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2011 erlassen, in dem ebenfalls keine Berücksichtigung des begehrten Abschlages gemäß § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 erfolgt ist.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist unstrittig und geht aus den vorgelegten Akten der Abgabenbehörde und den eingereichten Unterlagen der Bf. hervor.

3. Rechtslage

§ 4 Abs. 2 EStG 1988 idF des AbgÄG 2012 lautet:

Die Vermögensübersicht (Jahresabschluss, Bilanz) ist nach den allgemeinen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zu erstellen. Nach Einreichung der Vermögensübersicht beim Finanzamt gilt Folgendes:

1. Eine Änderung der Vermögensübersicht ist nur mit Zustimmung des Finanzamts zulässig (Bilanzänderung). Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn die Änderung wirtschaftlich begründet ist.

2. Entspricht die Vermögensübersicht nicht den allgemeinen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung oder den zwingenden Vorschriften dieses Bundesgesetzes, ist sie zu berichtigen (Bilanzberichtigung). Kann ein Fehler nur auf Grund der bereits eingetretenen Verjährung nicht mehr steuerwirksam berichtigt werden, gilt Folgendes:

- Zur Erreichung des richtigen Totalgewinnes kann von Amts wegen oder auf Antrag eine Fehlerberichtigung durch Ansatz von Zu- oder Abschlägen vorgenommen werden.

- Die Fehlerberichtigung ist im ersten zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch nicht verjährten Veranlagungszeitraum insoweit vorzunehmen, als der Fehler noch steuerliche Auswirkungen haben kann.

- Die Nichtberücksichtigung von Zu- oder Abschlägen gilt als offensichtliche Unrichtigkeit im Sinne des § 293b der Bundesabgabenordnung.

§ 124b Z 225 EStG 1988 lautet:

§ 4 Abs. 2 und 3 und § 28 Abs. 7, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 112/2012, treten mit in Kraft und sind erstmals bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2004 auf Fehler anzuwenden, die Veranlagungszeiträume ab 2003 betreffen.

4. Erwägungen

Das Bundesfinanzgericht hat mit Erkenntnis RV/5100717/2018 vom festgestellt, dass die Berücksichtigung der Zu- und Abschläge nach § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 nicht im Feststellungsverfahren sondern erst auf Ebene der Gesellschafter in den ersten noch nicht verjährten Einkommensteuerbescheiden zu erfolgen hat.

Strittig ist daher gegenständlich, ob ein Abschlag gemäß § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 in Folge der in den Jahren 2005 bis 2010 nicht geltend gemachten AfA in Höhe von 22.802,40 € im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer 2011 zu berücksichtigen ist oder nicht.

Nach Auffassung der steuerlichen Vertretung stellt die seit dem Veranlagungszeitraum 2005 unterlassene jährliche AfA einen vom Anwendungsbereich des § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 iVm § 124b Z 225 EStG 1988 umfassten "Fehler" dar, welcher durch einen entsprechenden Abschlag im ersten noch nicht verjährten Veranlagungszeitraum 2011 Berücksichtigung finden muss.

Das Bundesfinanzgericht teilt hingegen die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung, dass der "Fehler" in der Nichtaktivierung der Herstellungskosten aus dem Jahr 1998 und nicht in der unterlassenen AfA der Jahre 2005 - 2010 zu erblicken ist:

Zum Vorbringen der Bf., dass das Ziel der Einführung des Zu- und Abschlagssystems des § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 die richtige Totalgewinnbesteuerung sei und das Zu- und Abschlagssystem dazu führen solle, dass es nicht zu einer Doppelberücksichtigung bzw. Doppelnichtberücksichtigung komme und der Gesetzgeber sich im Ergebnis letztlich der Sichtweise des deutschen BFH angeschlossen habe:
Diese Rechtsansicht ist unzutreffend. Der Gesetzeswortlaut des § 4 Abs. 2 Z 2 öEStG 1988 unterscheidet sich nämlich von jenem des § 4 Abs. 2 dEStG. Die Rechtsprechung des BFH legt das Schwergewicht auf den richtigen Totalgewinn, indem unrichtige Bilanzansätze aus verfahrensrechtlich nicht mehr abänderbaren Jahren in der Schlussbilanz des ersten noch änderbaren Jahres gewinnwirksam berichtigt werden. Mit § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 idF AbgÄG 2012 wurde dieses deutsche System nicht übernommen, sondern ein eigenständiges Zuschlags- und Abschlagsystem geschaffen. Die Regelung hat sohin tendenziell und teilweise einen Totalgewinn vor Augen (vgl. Zorn in Hofstetter-Reichel, EStG, 53. Lfg, § 4 Abs. 2 Tz 93).

Zum Vorbringen, dass der Grundsatz der Besteuerung des richtigen Totalgewinnes bei der Auslegung des § 124b Z 225 EStG 1988 beachtet werden müsse:
Damit werden im Vorlageantrag die vom Verwaltungsgerichtshof in jahrzehntelanger Rechtsprechung entwickelten Auslegungsgrundsätze von Steuergesetzen negiert. Vom Verwaltungsgerichtshof wird nämlich betont, dass ein Abweichen vom Gesetzeswortlaut nur dann zulässig ist, wenn eindeutig feststeht, dass der Gesetzgeber etwas anderes wollte, als er zum Ausdruck brachte. So beispielsweise wenn den Gesetzesmaterialien mit eindeutiger Sicherheit entnommen werden kann, dass der Wille des Gesetzgebers tatsächlich in eine andere Richtung gegangen ist, als sie in der getroffenen Regelung zum Ausdruck kommt. Im Zweifel ist das Bestehen einer Gesetzeslücke nicht anzunehmen (vgl. , ).

Daher hat sich die Auslegung von Gesetzen zunächst am Wortlaut zu orientieren. § 124b Z 225 EStG 1988 stellt auf Fehler ab, die Veranlagungszeiträume ab 2003 betreffen. Aus der Diktion "Veranlagungszeiträume ab 2003" folgt, dass Fehler, die vor der Veranlagung 2003 aufgetreten sind, nach dem klaren Gesetzeswortlaut durch Zu- bzw. Abschläge iSd § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 idF AbgÄG 2012 nicht berücksichtigt werden dürfen.

Entgegen der Ansicht der Bf. ist der Fehler iSd § 124b Z 225 EStG 1988 jener, der an sich durch die Bilanzberichtigung an der Wurzel zu korrigieren ist, denn auch § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 spricht im zweiten Satz von einem Fehler, der nur aufgrund der bereits eingetretenen Verjährung nicht mehr steuerwirksam berichtigt werden kann. Der zweite Satz des § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 bezieht sich auf die Regelung im ersten Satz, dh dass an sich eine Berichtigung des Fehlers an der Wurzel notwendig ist (vgl. Zorn/Varro in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG17, § 4, Tz 149).

Daraus folgt, dass die jeweils nicht angesetzte AfA entgegen den Ausführungen im Vorlageantrag nicht der Fehler ist bzw. in der Darstellungsweise der Bf. "nicht die Fehler" sind, auf den § 4 Abs. 2 Z 2 2. Satz EStG 1988 sowie § 124b Z 225 EStG 1988 Bezug nimmt. Der Fehler wurde durch die Nichtaktivierung der im Wurzeljahr 1998 angefallenen Herstellungskosten verursacht (vgl. Zorn/Varro, aaO, § 4, Tz 154).

Es ist auch unrichtig, dass die unterlassenen Absetzungen für Abnutzungen ab 2005 in dem letzten noch nicht verjährten Veranlagungszeitraum (2011) steuerliche Auswirkungen haben können, weil die AfA nach dem Prinzip der periodengerechten Besteuerung im jeweiligen Jahr, in dem die betriebsgewöhnliche Abnutzung eingetreten ist, sich steuerlich auszuwirken hat (Nachholverbot). Es ist daher nicht zulässig, den Nichtansatz zB der auf das Jahr 2005 entfallenden AfA als steuerliche Auswirkung für das Jahr 2011 anzusehen.

Überdies spricht das Gesetz von einem Fehler (EINZAHL), wodurch ebenfalls eindeutig zum Ausdruck kommt, dass jener Fehler gemeint ist, der zur Bilanzkorrektur im Wurzeljahr zu führen hat.

Auch Hirschler legt in SWK 27/2015, 1187 ("Die Bilanzberichtigung nach dem Abgabenänderungsgesetz 2012"; Punkt 2.) dieses aus dem Gesetzeswortlaut sich eindeutig ergebende Ergebnis des Anwendungsbereiches des § 124b Z 225 EStG 1988 wie folgt dar:
"Mit dieser Inkrafttretensregelung wird daher ausgesagt, dass Fehler, die vor dem Veranlagungszeitraum 2003 und damit vor einem Wirtschaftsjahr 2003 bzw. 2002/2003 verursacht wurden, nicht nach der Neuregelung des 2. AbgÄG zu berichtigen ist. Ist daher die Wurzelberichtigung vor dem Veranlagungsjahr 2003 vorzunehmen, gilt die "alte Rechtlage" und damit unverändert das damit verbundene Nachholverbot. Für Fehler, deren Wurzel das Veranlagungsjahr 2003 oder danach ist, ist § 4 Abs. 2 EStG anzuwenden...".

Zorn/Varro (aaO, § 4, Tz 165) gehen auch darauf ein, wie im beschwerdegegenständlichen Fall zu verfahren ist:
"Wurde ein Wirtschaftsgut versehentlich nicht aktiviert und damit versehentlich auch die AfA in verjährten Jahren nicht geltend gemacht, wird es in der EB des ältesten, nicht verjährten Jahres mit dem um die rechnerische AfA gekürzten Wert eingestellt; weiters wird ein ... Abschlag in Höhe der unterlassenen AfA angesetzt."

Daraus folgt eindeutig, dass der Fehler iSd § 124b Z 225 EStG sowie § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 die Nichtaktivierung des zu aktivierenden Wirtschaftsgutes und nicht die unterlassene AfA ist. Der Ansatz der unterlassenen AfA ist lediglich eine Konsequenz des Fehlers und führt gegebenenfalls zu einem Abschlag.

Zum Vorbringen im Vorlageantrag, dass die Wirkungsweise des § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 im Zusammenhang mit der absoluten Verjährung verstanden werden müsse:
Die in sich nicht stimmigen Ausführungen verkennen, dass die absolute Verjährung kein Tatbestandsmerkmal des § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 ist.

Wenn im Vorlageantrag argumentiert wird, dass es in der Inkrafttretensbestimmung des § 124b Z 225 EStG 1988 auf die steuerlichen Auswirkungen ab 2003 ankommen würde, vermengt die Bf. unzulässiger Weise Tatbestand und Rechtsfolge: Tatbestand des § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 ist nämlich ein Fehler in der Bilanzierung, der gegen die GoB bzw. steuerliche Bewertungs- bzw. Bilanzierungsvorschriften verstößt und dass dieser Fehler infolge Verjährung nicht mehr an der Wurzel, dh im Jahr in der der Fehler in der Bilanzierung erfolgt ist, korrigiert werden kann. Dieser Fehler ist im konkreten Fall die Nichtaktivierung der Herstellungskosten im Jahr 1998.

Entgegen der Ansicht im Vorlageantrag sollte durch die Regelung des § 124b Z 225 EStG 1988 erreicht werden, dass Fehler, die vor der Veranlagung 2003 in der Bilanzierung/Einnahmen-Ausgaben-Rechnung gemacht wurden, steuerlich weder durch Zu- noch durch Abschläge mehr berücksichtigt werden können. Eine andere gesetzliche Regelung hätte gleichheitsrechtliche Bedenken ausgelöst. Zudem ist auch die gesetzliche Aufbewahrungspflicht des § 132 Abs. 1 BAO zu berücksichtigen.

Es ist unzutreffend bei der Interpretation des § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 auf die absolute Verjährung abzustellen, weil § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 generell auf die Regelungen der Festsetzungsverjährung Bezug nimmt, dh insbesondere auch auf § 207 BAO.

Soweit der Vorlageantrag auf die Beispiele in den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zum AbgÄG 2012 Bezug nimmt, ist festzuhalten, dass entgegen der offenbaren Ansicht der Bf. in den Beispielen nicht das Jahr 2002, sondern kein konkretes Jahr ("-02") angeführt ist. Sonst wäre nämlich auch nicht erklärlich, wieso in den Beispielen 1 und 2 eine Korrektur im Jahr "01" angesetzt wird.

Zusammenfassend gelangt das Bundesfinanzgericht zur Ansicht, dass der Fehler die Nichtaktivierung der Herstellungskosten im Jahr 1998 betrifft. Der Ansatz einer unterlassenen AfA ist lediglich eine Konsequenz des Fehlers. Aufgrund des Inkrafttretens für das Veranlagungsjahr 2003 ist die in den Jahren 2005 - 2010 unterlassene AfA keinesfalls mehr steuerwirksam durch Abschläge nach § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 idF AbgÄG 2012 zu einem späteren Zeitpunkt korrigierbar.

Aus den angeführten Gründen konnte der Beschwerde kein Erfolg beschieden sein.

5. Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die ordentliche Revision ist zulässig, da zur Frage, ob auch eine unterlassene jährliche AfA einen vom Anwendungsbereich des § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 iVm § 124b Z 225 EStG 1988 umfassten Fehlers darstellt, keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.5100865.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at