Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.01.2022, RV/7101303/2020

Für die Geltendmachung einer Forschungsprämie ist gesetzlich eine Antragstellung notwendig. Die Anforderung eines Jahresgutachtens bei der FFG ersetzt einen solchen Antrag nicht und kann dieser auch nicht aufgrund von Indizien angenommen werden.

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2022/13/0048. Einstellung des Verfahrens mit Beschluss vom wegen Klaglosstellung (§ 289 Abs. 1 lit c. BAO).

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch LeitnerLeitner GmbH Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Am Heumarkt 7, 1030 Wien, und KPMG Alpen-Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Kolingasse 19, 1090 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom (nunmehr: Finanzamt Österreich) betreffend Festsetzung der Forschungsprämie gem. § 108c EStG für das Kalenderjahr 2017, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Betriebsgegenstand der Beschwerdeführerin (Bf.), einer GmbH, ist die Herstellung von Glas und Glaswaren, sie ist auch im Bereich der Forschung tätig.

Mit Bescheid vom hat das Finanzamt die Forschungsprämie für eigenbetriebliche Forschung und experimentelle Entwicklung im Sinne des § 108c Abs. 2 Z 1 EStG 1988 gem. § 201 BAO für das Kalenderjahr 2017 mit 0,00 € festgesetzt.

In den Begründungsausführungen wird auf § 108c Abs. 3 EStG 1988 verwiesen, wonach Prämien erst nach Ablauf des jeweiligen Wirtschaftsjahres geltend gemacht werden können, spätestens jedoch bis zum Eintritt der Rechtskraft des jeweiligen Körperschaftsteuerbescheides. Es bestünden überdies keine Bedenken gegen eine Berücksichtigung einer verspätet geltend gemachten Prämie, wenn für das Finanzamt unzweifelhaft erkennbar gewesen wäre, dass die Prämie rechtzeitig in Anspruch genommen werden sollte. Der Körperschaftsteuerbescheid 2017 wurde am erlassen. Der Antrag zur Geltendmachung der Forschungsprämie wurde am , demnach nach Rechtskraft des Körperschaftsteuerbescheides 2017 eingereicht. Das Finanzamt habe aufgrund vorgelegter Unterlagen nicht erkennen können, dass von einer Inanspruchnahme der Forschungsprämie auszugehen gewesen wäre.

Die Forschungsprämie für eigenbetriebliche Forschung und experimentelle Entwicklung (§ 108c Abs. 2 Z 1 EStG 1988) wurde daher mit Bescheid vom für das Kalenderjahr 2017 mit 0,00 € festgesetzt.

Aus der Aktenlage geht dazu hervor, dass am die Körperschaftsteuererklärung für 2017 elektronisch eingereicht, jedoch das zur Auswahl stehende Kästchen für die Geltendmachung der Forschungsprämie nicht angekreuzt worden wäre.

Zur angenommenen Rechtskraft des Körperschaftsteuerbescheides 2017 ist festzuhalten, dass die Zustellung des am erlassenen Körperschaftsteuerbescheides im Wege der Databox erfolgte. Am wurde mittels FinanzOnline das erforderliche Gutachten bei der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) angefordert. Dieses wurde am erstellt und elektronisch der Bf. sowie dem Finanzamt übermittelt. Die Bf. hat am das Formular E 108c (Antrag zur Geltendmachung der Forschungsprämie) unterfertigt. Es wurde am selben Tag eingereicht und im System der Finanzverwaltung erfasst.

Die Bf. erhob gegen den Bescheid vom Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor:

"Gem. EStR Rz 8208a bestehen keine Bedenken, eine Prämie trotz verspäteterGeltendmachung zu berücksichtigen, wenn für das Finanzamt unzweifelhafterkennbarist, dass die Prämie rechtzeitig in Anspruch genommen werdensollte. Als Beispiele für das Erkennen werden die Beilage zur Steuererklärungoder das Ankreuzen für Prämien in FinanzOnline genannt. Diesbezüglich ist allerdings anzumerkern, dass auch diese Beispiele mit Unsicherheit behaftet sind. So besteht immer die Möglichkeit, dass trotz Ankreuzen des Felds für Prämien im Rahmen der Einreichung der Steuererklärung letztendlich dochkein Prämienantrag gestellt wird. Zudem ist das Ankreuzfeld für Prämien zBbei Einreichung der Steuererklärung in Papierform nicht auf dem Formular ersichtlich und könnte daher gar nicht angekreuzt werden. Aus der beispielhaften Aufzählung in den EStR ist jedenfalls aber zu schließen, dass es auch andere Möglichkeiten geben kann, die dem Finanzamt ein unzweifelhaftes Erkennen ermöglichen.

Im vorliegenden Fall hat unsere Mandantin innerhalb offener Beschwerdefristam , dh vor Rechtskraft des Körperschaftsteuerbescheids 2017,unter Angabe der Steuernummer über FinanzOnline das für die Gewährungder FP notwendige Gutachten bei der FFG beantragt. Gern § 11 Abs 1 der FPVO (BGBl II Nr 515/2012) ist die FFG betreffend Erstellung desGutachtensDienstleister iSd § 4 Z 5 des Datenschutzgesetzes (BGBI, I Nr 165/1999), fürdas zuständige Finanzamt. Die FFG wird gem § ll Abs 2 FP-VO als Treuhänder des Finanzamts eingesetzt. Die FFG, wird damit im Auftrag und Interessedes Finanzamts tätig und hat ausschließlich die Interessen des Treugeberswahrzunehmen. Da bei der Treuhandschaft die Handlungen dem Treugeberzugerechnet werden, wird die Bestätigung über den Eingang des Antrags aufdas Forschungsgutachten dem Finanzamt zugerechnet. In der Anforderungdes Gutachtens erfolgt eine ausführliche Beschreibung der Projekte sowie dieBekanntgabe der Bemessungsgrundlage. Der Antrag ist nach Absenden desGutachtens nicht mehr veränderbar. Somit waren im Ergebnis bereits in diesem Zeitpunkt alle für die Gewährung der Forschungsprämieentscheidungsrelevanten Informationen offengelegt. Das Finanzamt hat daher durch die ihmzurechenbare Bestätigung des Treuhänders erfahren, dass die Anforderungdes Gutachtens noch vor erstmaliger Rechtskraft des Körperschaftsteuerbescheids 2017 erfolgt ist. Die Anforderung des FFG-Gutachtens stellt ein eindeutiges Indiz dar, dass eine FPfür das Geschäftsjahr 2016/2017 beantragt werden sollte. Ein Gutachten wird grundsätzlich nur eingereicht, sofern aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen ein Anspruch zur Geltendmachung der Forschungsprämie besteht.

Folgende Tatsachen sprechen außerdem für ein unzweifelhaftes Erkennen,dass eine FP rechtzeitig beantragt werden sollte:Seit Bestehen des Unternehmens wurde von der ***Bf1*** jährlicheine Forschungsprämie beantragt. Seit dem GJ 2012/2013 erfolgte die Beantragung des FFG-Gutachtens über FinanzOnline. Zudem ist aus dem FFG-Gutachten des GJ 2015/2016 eindeutig erkennbar, dass die eingereichten Entwicklungsprojekte mehrjährig sind und auch im GJ 2016/2017 noch nicht abgeschlossen waren (so zB Projekt 6, 7 und 9 aus dem Gutachtensantrag fürdas GJ 2015/2016, die auch imGutachtensantrag 2016/2017 enthalten sind).

Dies lässt darauf schließen, dass zumindestfür diese Projekte auch für dasGJ 2016/2017 eine FP beantragt werden sollte. Auch wenn grundsätzlich dieMöglichkeit besteht, dass ein Forschungsprojekt früher als erwartet beendet wird und daher im Folgejahr keine FP mehr beantragt wird, so ist diese Argumentation im vorliegenden Fäll nicht zutreffend. Das FFG-Gutachten für dasGJ 2015/2016 wurde am beantragt (Ende GJ 2016/2017). Zu diesem Zeitpunkt war der ***Bf1*** bereits bekannt, welche Projekte imGJ 2016/2017 fortgesetzt wurden und dementsprechend wurden auch die Projektlaufzeiten im Gutachtensantrag 2015/2016 korrekt angegeben.

Die oa Tatsachen sind analog zu den Beispielen der Verwaltungsübung gem. EStR Rz 8208a (Beilagen der Steuererklärung, ausgefülltes: Ankreuzkästchenfür Prämien) als Indizien zu werten, dass ein FP-Antrag rechtzeitig eingereicht werden sollte. Ein Indizienbeweis liegt vor, wenn vom Vorliegen einer oder mehrerer Tatsachen (Indizien) auf die eigentlich zu beweisende Haupttatsachelogisch geschlossen werden kann. Nach ständiger Rechtsprechung (zB VwGH, 2011/14/0174) führen die Indizien zu einem Vollbeweis, da sie auf Hilfstatsachen aufbauen und aufgrund von Erfahrungssätzen einen logischenSchluss auf die Haupttatsache ermöglichen. Ein Sachverhalt kann in freier Beweiswürdigung bereits als erwiesen angenommen werden, wenn sie von allenin Betracht kommenden Möglichkeiten die größte Wahrscheinlichkeit für sichhat ( 86/13/0059). Als erwiesen kann daher auch ein Sachverhalt gelten, der aus der Sicht menschlichen Erfahrungsgutes, insbesondere auch im Bereich kaufmännischer Gepflogenheiten, gegenüber allen anderenMöglichkeiten eines abgabenrechtlich relevanten Geschehnisablaufs die weitaus größere Wahrscheinlichkeit für sich hat (VwgH , 2002/15/0142).

Die oa Tatsachen sprechen daher unzweifelhaft dafür, dass auch für dasGJ 2016/2017 eine FP beantragt hätte werden sollen (zu den Unsicherheiten bei den Beispielen gem EStR Rz 8208a s. oberhalb). Es war mit größerer Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass ein FP-Antrag für das GJ2016/2017 eingereicht hätte werden sollen als dass im GJ 2016/2017 trotzgleichbleibender Geschäftstätigkeit im Vergleich zu den Vorjahren (sh dazuauch Ausführungen in den Lageberichten des GJ 2016/2017 und der VJ, dassvon der Gesellschaft F&E-Tätigkeiten durchgeführt würden sowie die aus derGuVdesGJ 2016/2017 und der GuV der VJ ersichtlichen F&E-Aufwendungen)und den eingereichten FP-Anträgen für die GJ 2012/2013 bis 2015/16 keine FP mehr beantragt hätte werden sollen.

Wir beantragen daher die Festsetzung der Forschungsprämie 2017 iHvEUR 113.726,60, da für das Finanzamt unzweifelhaft erkennbar gewesen ist, dassdie Forschungsprämie für das GJ 2017 rechtzeitig in Anspruch genommen werden sollte."

Da im Rahmen der Beschwerde auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung verzichtet wurde, erfolgte die Direktvorlage.

Am wurde schriftlich der in der Beschwerde gestellte Antrag auf Entscheidung durch den gesamten Senat gemäß § 272 Abs 2 Z 1 BAO und der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs 1 Z 1 BAO zurückgezogen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Antrag der Bf. auf Gewährung der Forschungsprämie gem. § 108c EStG 1988 für das Kalenderjahr 2017 langte beim Finanzamt am ein. Der Körperschaftsteuerbescheid 2017 wurde am erlassen und im Wege der Databox zugestellt, sodass die Rechtskraft dieses Bescheides am eingetreten ist.

Davor hatte die Bf. am die Körperschaftsteuererklärung für 2017 elektronisch eingereicht, jedoch das zur Auswahl stehende Kästchen für die Geltendmachung der Forschungsprämie nicht angekreuzt und in der Folge am mittels FinanzOnline das erforderliche Gutachten bei der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) angefordert.

Der Antrag zur Geltendmachung der Forschungsprämie wurde am beim Finanzamt eingereicht.

Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen ergaben sich unstrittig aus der Aktenlage und werden vom Bundesfinanzgericht als erwiesen angenommen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 108c Abs. 3 und 4 EStG bestimmen:

Abs. 3: "Die Prämien können erst nach Ablauf des jeweiligen Wirtschaftsjahres geltend gemacht werden, spätestens jedoch bis zum Eintritt der Rechtskraft des betreffenden Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- oder Feststellungsbescheides (§ 188 der Bundesabgabenordnung).

Abs. 4: "Die Prämien sind auf dem Abgabenkonto gut zu schreiben, es sei denn, es ist ein Bescheid gemäß § 201 BAO zu erlassen. Die Gutschrift wirkt auf den Tag der Antragstellung zurück. Sowohl die Prämien als auch Rückforderungsansprüche gelten als Abgabe vom Einkommen im Sinne der Bundesabgabenordnung. Auf Gutschriften und Rückforderungen sind jene Bestimmungen der Bundesabgabenordnung anzuwenden, die für wiederkehrend zu erhebende, selbst zu berechnende Abgaben gelten. Bei Gesellschaften, die nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähige Personenvereinigungen sind, hat die zusammengefasste Verbuchung der Gebarung mit jenen Abgaben zu erfolgen, die die Beteiligten gemeinsam schulden.

……..

(7) Das Finanzamt kann sich bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen einer Forschung und experimentellen Entwicklung im Sinne des Abs. 2 Z 1 vorliegen, der Forschungsförderungsgesellschaft mbH (FFG) bedienen. Voraussetzung für die Gewährung einer Forschungsprämie für eigenbetriebliche Forschung und experimentelle Entwicklung ist ein vom Steuerpflichtigen bei der FFG anzuforderndes Gutachten (Abs. 8), welches die Beurteilung zum Gegenstand hat, inwieweit eine Forschung und experimentelle Entwicklung unter Zugrundelegung der vom Steuerpflichtigen bekanntgegebenen Informationen die Voraussetzungen des Abs. 2 Z 1 erfüllt. Liegt bereits eine diesbezügliche bescheidmäßige Bestätigung nach § 118a der Bundesabgabenordnung vor, genügt die Glaubhaftmachung, dass die durchgeführte Forschung und experimentelle Entwicklung der der Bestätigung zu Grunde gelegten entspricht oder davon nicht wesentlich abweicht.

(8) Für die Erstellung von Gutachten durch die FFG gilt Folgendes:

1. Die FFG hat Gutachten ausschließlich auf Grundlage der vom Steuerpflichtigen zur Verfügung gestellten Informationen zu erstellen und - vorbehaltlich der Z 4 - deren Richtigkeit und Vollständigkeit nicht zu beurteilen.

2. Die FFG hat in ihrem Gutachten nicht zu beurteilen, ob und in welchem Umfang Aufwendungen oder Ausgaben für Forschung und experimentelle Entwicklung Bestandteil der Bemessungsgrundlage für die Forschungsprämie sind.

3. Die FFG hat ein von ihr erstelltes Gutachten bis zu einer Löschungsanordnung durch das Finanzamt aufzubewahren.

4. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen kann die FFG, die von ihm übermittelten Informationen mit den über den jeweiligen Steuerpflichtigen bei ihr vorhandenen personenbezogenen Daten aus bereits erledigten oder anhängigen Förderungsfällen vergleichen. Ansonsten ist die FFG nur bei begründetem Verdacht auf Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der ihr vom Steuerpflichtigen zur Verfügung gestellten Informationen ermächtigt, diesen Datenvergleich vorzunehmen. Auf das Ergebnis dieses Vergleichs ist im Gutachten ergänzend hinzuweisen.

5. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen hat das Finanzamt der FFG den Zugriff auf Informationen aus einer Anforderung eines Gutachtens zur Vornahme eines Vergleichs mit den über denselben Steuerpflichtigen bei ihr vorhandenen personenbezogenen Daten aus bereits erledigten oder anhängigen Förderungsfällen einzuräumen. Ansonsten darf das Finanzamt nur bei begründetem Verdacht auf Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der denselben Steuerpflichtigen betreffenden Informationen aus erledigten oder anhängigen Förderungsfällen einen Datenvergleich zulassen.

6. Der Steuerpflichtige hat Gutachten der FFG elektronisch anzufordern, wobei FinanzOnline als Authentifizierungsprovider zu fungieren hat. Die FFG hat Gutachten unter Bezugnahme auf die Anforderung durch den Steuerpflichtigen im Wege von FinanzOnline der Abgabenbehörde zu übermitteln und dem Steuerpflichtigen zur Einsichtnahme zur Verfügung zu stellen.

7. Die Bundesministerin für Finanzen wird ermächtigt, die Durchführung der Gutachtenserstellung sowie den Inhalt und das Verfahren der elektronischen Anforderung und Übermittlung von Gutachten mit Verordnung festzulegen."

Im vorliegenden Fall ist strittig, ob die innerhalb der für den Körperschaftsteuerbescheid 2017 geltenden Beschwerdefrist am über FinanzOnline veranlasste Anforderung des Gutachtens bei der FFG, als Antrag zur Geltendmachung der Forschungsprämie zu werten war.

§ 108c Abs. 3 EStG 1988 befristet Anträge auf Forschungsprämien "bis zum Eintritt der Rechtskraft des betreffenden Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- oder Feststellungsbescheides nach § 188 BAO.

Der VwGH legte in seinem Erkenntnis vom , 2004/15/0104 die zeitlichen Grenzen für die Antragsfrist fest. Nach der Stammfassung des § 108e Abs. 1 EStG 1988 sah das Gesetz einen "Antrag" in der Form einer Vorlage eines Verzeichnisses vor und hat die Geltendmachung der Prämie an die Abgabe der Steuererklärung gebunden. Erst mit der Geltendmachung der Prämie wird das Verfahren betreffend die Forschungsprämie in Gang gesetzt, wobei in der hier maßgeblichen Fassung des § 108c Abs. 4 EStG 1988 eine "Antragstellung" gefordert ist (vgl. ).

Die Ansicht der Verwaltungspraxis in den EStR Rz 8208a, wonach keine Bedenken bestünden, eine Prämie trotz verspäteter Geltendmachung zu berücksichtigen, wenn für das Finanzamt beispielsweise aus den Beilagen zur Steuererklärung oder aus einem ausgefüllten Ankreuzkästchen für Prämien in FinanzOnline unzweifelhaft erkennbar ist, dass die Prämie rechtzeitig in Anspruch genommen werden sollte, begründet für die Steuerpflichtigen keine subjektiven Rechte (s.Ehrke-Rabel in Doralt/Ruppe, Steuerrecht II 7, Tz 41 und Tz 92ff) und ist keine für das Gericht verbindliche Rechtsquelle (vgl. , vgl. auch ).

Schon aus diesen Gründen gehen die sich auf die Richtlinien stützenden Beschwerdeausführungen ins Leere.

Ungeachtet dessen kann eine gesetzlich geforderte Antragstellung, welche unabhängig von der Anforderung eines Jahresgutachtens bei der FFG (§ 108c Abs. 4 EStG 1988) zu erfolgen hat, keineswegs über Indizien als erwiesen angenommen werden, wenn ein Antrag ausdrücklich nicht gestellt wurde.

Ein Eingehen auf den möglichen Willen eines Steuerpflichtigen in der Weise, dass sowohl bei ausdrücklicher als auch bei versäumter Antragstellung eine gegenteilige Absicht des Steuerpflichtigen erkundet werden müsste, findet keine Grundlage in den vorgenannten Bestimmungen.

Mit dem Auftrag zur Gutachtenserstellung wird allgemein eine Beurteilung eines Sachverhalts im Hinblick auf eine Zweifelsfrage angeordnet. Bezogen auf den konkreten Fall wird überprüft, ob die Forschung und experimentelle Entwicklung auf Basis der mitgeteilten Informationen qualitativ den gesetzlichen Erfordernissen entsprechen. Ein solcher Auftrag ersetzt keinesfalls die in § 108c Abs. 3 EStG 1988 gesetzlich geforderte Antragstellung als Voraussetzung für ein eigenständiges Verfahren betreffend die Forschungsprämie. Dazu kommt, dass in diesem Verfahren das FFG-Gutachten seiner Natur nach ein Beweismittel ist und der freien Beweiswürdigung unterliegt (vgl. Jann/Füreder/Jahn in SWK 7/2013, 393, ForschungsprämienVO 2012).

Desgleichen ist den Bestimmungen über die Geltendmachung der Forschungsprämie nicht zu entnehmen, dass sich mangels ausdrücklicher Antragstellung ein Antrag auch aus der gesamten Aktenlage ergeben könnte.

Die Anforderung des Gutachtens bei der FFG erfolgt auf elektronischem Wege bei der FFG. Dabei soll das für das Abgabenverfahren bereits bewährte Verfahren FinanzOnline als Authentifizierungsprovider fungieren. Auf diese Weise werden die für die Gutachtenserstellung notwendigen personenbezogenen Daten des Steuerpflichtigen aus FinanzOnline der FFG zur Verfügung gestellt. Erst das erstellte Gutachten wird dann von der FFG der Abgabenbehörde elektronisch über FinanzOnline übermittelt und auch dem Steuerpflichtigen zur Verfügung gestellt (vgl. § 9 ForschungsprämieVO, vgl. auch Atzmüller in Dorlat/Lirchmayer/Mayr/Zorn EStG 20, § 108c Rz 35).

Daraus geht ebenso klar hervor, dass ein Auftrag zur Gutachtenserstellung nicht an das für die Bf. zuständige Finanzamt geht und dieses daher auch davon keine Kenntnis erlangte. Schon aus diesen Gründen kann die Gutachtensanforderung kein Äquivalent zum Antrag auf Zuerkennung einer Forschungsprämie sein bzw. ist ein solcher daraus nicht ableitbar. Außerdem entscheidet stets das Finanzamt und nicht die FFG über die Antragslegitimation der Forschungsprämie, die Rechtzeitigkeit des Antrages und darüber, ob eine Forschungsprämie gewährt wird. Auch aus diesen Gründen ist eine ausdrückliche Antragstellung im Sinne des § 108c Abs. 3 und 4 EStG 1988 zu fordern.

Dem entspricht es auch, dass bei der Beantragung einer Forschungsprämie gem. § 108c EStG 1988 ein zweistufiges Verfahren zur Anwendung kommt, das aus einem Antrag gem. § 108c Abs. 3 EStG 1988 und aus einer Anforderung eines Gutachtens gem. § 108c Abs. 7 EStG 1988 besteht.

Demzufolge geht das Beschwerdevorbringen, eine Bestätigung des Einganges des Antrages auf ein Forschungsgutachten wäre automatisch dem Finanzamt zuzurechnen gewesen, ins Leere. Ebenso wenig war daraus eine Antragstellung auf Gewährung einer Forschungsprämie abzuleiten.

Die FFG ist gem. § 11 Abs 2 der ForschungsprämienVO (BGBl II Nr 515/2012) befugt, zur Erfüllung ihres Auftrages als Gutachter treuhändig für das Finanzamt eine Datenanwendung zu führen, in der die für die Erstellung eines Gutachtens erforderlichen personenbezogenen Daten erfasst und verarbeitet werden. Daraus ergibt sich, dass die FFG auf Grund von zur Verfügung gestellter Informationen ein Gutachten erstellt, dass auch negativ beurteilt werden kann, sodass in diesen Fällen der Steuerpflichtige von einer Antragstellung absehen wird. Auch das zeigt klar auf, dass aus einem Auftrag zur Gutachtenserstellung kein Antrag auf Forschungsprämie ableitbar ist.

Gesetzlich vorgesehen ist eine Antragstellung auf Forschungsprämie für das jeweilige Wirtschaftsjahr. Auch bei mehrjährigen Projekten muss dem Rechnung getragen werden, da das Gutachten selbst der freien Beweiswürdigung durch die Behörde unterliegt und keine Bindungswirkung entfaltet. Somit kann auf Grund von für die Vorjahre gestellten Anträgen und deren Erledigungen kein für das streitgegenständliche Jahr bestehender Zusammenhang dahingehend abgeleitet werden, dass auch für das Kalenderjahr 2017 von einer Antragstellung auszugehen war (vgl. Zöch, Wichtigkeit von FFG Gutachten in der Prüfung der Forschungsprämie, taxlex 2021/58).

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine ausdrückliche Antragstellung für die Geltendmachung der Forschungsprämie ergibt sich eindeutig aus dem Gesetz, sodass keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorlag und die Revision nicht zulässig ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 108c Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 108c Abs. 2 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise




ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7101303.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at