Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.01.2022, RV/7100001/2020

1. betrieblich veranlasster Aufwand für Fahrten ins Ausland 2. Schätzung Sicherheitszuschlag

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Hollabrunn Korneuburg Tulln vom betreffend Einkommen- und Umsatzsteuer für die Jahre 2014 - 2017, Steuernummer ***StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf) betreibt ein Einzelunternehmen im Baunebengewerbe. Er ermittelt den Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988.

Im Bericht vom über das Ergebnis der Außenprüfung für die Jahre 2014 - 2017 wurde neben anderen - im gegenständlichen Verfahren nicht relevanten - Feststellungen folgendes festgehalten:

Tz 2 Ausländische Tankrechnungen und Vignetten

Da der Bf sowohl in Österreich als auch in Tschechien eine Firma habe, seien nicht alle tschechischen Tankrechnungen als Aufwand der österreichischen Firma anzuerkennen. Der Bf habe in den Jahren 2014 - 2016 keine Kunden außerhalb Österreichs gehabt. Er habe zwar in Tschechien den Materialeinkauf getätigt, das Material sei aber oft geliefert worden. Es seien auch in Monaten ohne Einkauf in Tschechien Tankrechnungen verbucht worden. Die Familie des Bf befinde sich dort. Es sei daher 50% des Aufwands, nämlich 2.985,61 Euro (2014), 4.848,24 Euro (2015), 1.689,39 Euro (2016) und 2.045,29 Euro (2017) nicht anzuerkennen.

Tz 6 Hinzurechnung Einnahmen

Im Zuge der Erstellung der Buchhaltung seien die Kontoauszüge nicht vorgelegt worden. Die Einnahmen seien daher nur auf Grund der Rechnungen verbucht worden. Die Außenprüferin habe anhand der Kontoauszüge festgestellt, dass die Einnahmen nicht zur Gänze verbucht worden seien. Es handle sich hierbei um Gutschriften von Versicherungen, die nicht der Umsatzsteuer unterzogen werden müssen, sowie um zwei Rechnungen.


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Eingangsdatum
Betrag
Text
Umsatzsteuer
45.291,67
***1*** ElektrogroßhandelsgmbH.
9.058,36
1.118,98
Allianz Guthaben
874,17
Allianz Guthaben
672,17
Allianz Guthaben
526,12
Donau Versicherung
Summe
48.483,11
20% Ust pflichtig
45.291 ,67
0% Ust pflichtig
3.191,44
430,63
Zürich Versicherung
2.337,91
***1*** hat um Brutto 2805,50 mehr überwiesen
1 .800,00
Uniqua Schaden - Haftpflichtfall
467,58
Summe
4.568,54
20% Ust pflichtig
2.337,91
0% Ust pflichtig
2.230,63
300,00
Uniqua
188,78
Zürich Versicherung - Rückvergütung
241,12
Zürich Versicherung
Summe
729,90
0% Ust pflichtig
729,90
300,00
Uniqua
26,81
Kommunalsteuerrückvergütung
1.868,95
Zürich Versicherung - Rückvergütung
664,17
Rg 01/05/2017 ***2*** (nur 2.800,00 verbucht, der Rest
von 797,00 findet keinen Niederschlag in der Buchhaltung)
744,00
Allianz Elementar
Summe
3.577,12
20% Ust pflichtig
664,17
0% Ust pflichtig
2.912,95
Aufwandskürzung
26,81
Kommunalsteuer


Tz 8 Korrektur der AfA

Nicht anerkannt wurden AfA-Beträge von 12.679,82 Euro (2014), 5.190,87 Euro (2015), 15.009,31 Euro (2016) und 20.053,82 Euro (2017). Unternehmer, die den Gewinn mittels Einnahmen-Ausgabenrechnung ermitteln, seien verpflichtet, ein Verzeichnis der im Betrieb verwendeten abnutzbaren Wirtschaftsgüter und der Grundstücke zu führen. Das Verzeichnis habe bestimmte (näher angeführte) Angaben zu enthalten.

Tz 10 Nichtabzugsfähige Spesen und Rechnungen

Der Bf habe Belege seiner polnischen Firma in der österreichischen Buchhaltung erfasst. Folgende Aufwendungen seien nicht anzuerkennen:

- Transportkosten von 566,11, Rechnung vom
- Kosten von 199 Euro + 39,80 Umsatzsteuer für eine von zwei im Jahr 2017 angeschafften Kaffeemaschinen, da nur eine Kaffeemaschine im Betrieb vorhanden sei
- Rechnung aus 2014 über 844,32 Euro, gerichtet an die polnische Firma des Bf
- Rechnung aus 2014 über 441,88 Euro + 88,38 USt für Fischereizubehör

Tz 14 Zuschätzung

Die Ausgangsrechnungen des Bf würden keine durchgehende Nummerierung aufweisen, womit die lückenlose Erfassung der Einnahmen weder vom Bf noch von der Behörde überprüft werden könne. Dies stelle einen schwerwiegenden formellen Mangel dar, der die materielle Richtigkeit der Buchführung in Frage stelle.

Des Weiteren seien in der Buchhaltung zahlreiche Belege erfasst, die das Unternehmen des Bf in Polen betreffen (zB Tankabrechnungen, Transportspesen usw.). Diesem Umstand werde durch eine Zuschätzung von 5% zu den 20%igen Umsätzen Rechnung getragen.

Die Erlöse und Umsätze wurden um folgende Beträge erhöht: 26.927,62 Euro (2014), 16.491,57 Euro (2015), 11.181,45 Euro (2016) und 10.353,33 Euro (2017).

Tz 15 Innergemeinschaftliche Lieferung nach Polen

Der Traktor Deutz Agrotron 118 sei laut Rechnung am um 19.000 Euro inkl 20% USt gekauft worden und am um 19.000 Euro mit dem Vermerk auf der Rechnung "ig Lieferung" verkauft worden. Der Bf habe keine zusammenfassende Meldung abgegeben. Käufer sei die polnische Firma X. ***Bf*** PL 000.

Am sei der Traktor um 114.144 Euro brutto (inkl VAT 21.344 Euro) weiterverkauft worden. Die Transportkosten seien mit Rechnung vom mit österreichischer UID ATU 111 in der Höhe von 566,11 Euro in der österreichischen Buchhaltung. Käufer sei der Bf mit UID ATU 111, der Verkäufer ***3*** NIP 222, Verwendungszweck: Transport von landwirtschaftlichem Traktor.

Der Verkauf des Traktors sei in Höhe von 15.833,33 Euro der österreichischen Umsatzsteuer zu unterziehen, da der Verkauf nicht ordnungsgemäß mittels zusammengefasster Meldung im MIAS System gemeldet worden sei und die Transportrechnung vom auf den Bf von A. nach B. aufweist.

Aufgrund dieser und weiterer (nicht strittiger) Feststellungen der Außenprüfung ergingen neue Einkommen- und Umsatzsteuerbescheide vom für die Jahre 2014 bis 2017.

Mit Eingabe vom wandte sich der Bf gegen die Einkommen- und Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2014 bis 2017. Er übermittelte eine AfA-Tabelle für das Baugewerbe und Anlageverzeichnisse, aus denen sich AfA-Beträge von insgesamt 23.029,45 Euro (2014), 10.295,47 Euro (2015), 23.036,67 Euro (2016) und 39.006,87 Euro (2017) ergeben, sowie Unterlage betreffend die innergemeinschaftliche Lieferung des Traktors.

Das Finanzamt forderte den Bf mit Mängelbehebungsauftrag vom auf, das Formgebrechen der Eingabe zu beheben, da nicht erkennbar sei, welcher Verfahrenstitel für welches Jahr zur Anwendung kommen solle.

Der Bf behob den Mangel fristgerecht, indem er klarstellte, dass es sich um Beschwerden gemäß § 243 BAO handle, und legte neue Beschwerden vom bei. Zur Beschwerdebegründung brachte er - gleichlautend wie in der Eingabe vom - vor:

1. Ausländische Tankrechnungen und Vignetten 2014 - 2017:

Das ausländisches Unternehmen des Bf befinde sich in Polen und nicht in Tschechien. In Polen wohne auch seine Familie. Laut Prüfbericht seien die ausländischen Tankrechnungen und Vignetten gekürzt worden, da er in den Jahren 2014 - 2016 keine Kunden außerhalb Österreichs gehabt habe.

Da seine Familie in Polen wohne und die Verlegung des Lebensmittelpunktes unzumutbar sei, beantrage er für die Jahre 2014 - 2017 die Anerkennung von Familienheimfahrten in Höhe von jeweils 3.672 Euro.

2. Korrektur AfA 2014 - 2017

Zu den Kraftfahrzeugen: eine verlängerte Nutzungsdauer sei weder gesetzlich noch tagtäglich rechtzeitig, weil sämtliche Fahrzeuge jederzeit einsatzbereit sein mussten und auch täglich einsatzbereit waren. Der Wertverlust eines tatsächlich laufenden Einsatzes sei ungeachtet eingetreten.

Zu den sonstigen Wirtschaftsgütern: ein verlängerter Einsatz sei in diesen Fällen nicht gerechtfertigt und trete tatsächlich nicht ein, da die Gegenstände überwiegend direkt auf den Baustellen verwendet werden, wo arbeits- und witterungsbedingt eine stärkere Abnutzung erfolge, falls die Wirtschaftsgüter nicht überhaupt gestohlen werden.

Der Bf verwies dazu auf seine Aufstellung.

3. Sicherheitszuschlag 2014 - 2017

Es habe keine Zuschätzung in Höhe von 5% zu den Umsätzen zu erfolgen. Dazu werde auf die ständige Rechtsprechung des VwGH und des BFG zu § 184 BAO verwiesen.

Bei einer Außenprüfung der Umsatzsteuer 2011 habe es keine Einwendungen gegen die Nummerierung der Belege und die Art der Buchhaltung gegeben, obwohl die Nummerierung der Belege damals gleich gewesen sei. Auch bei der nächsten Außenprüfung 2012 habe die Prüferin keine Einsprüche gegen die Führung der Buchhaltung erhoben.

Es sei daher nicht nachvollziehbar und unzulässig, jetzt bestraft zu werden. Er habe die von der Betriebsprüferin vorgeschlagenen Änderungen im Betrieb sofort durchgeführt.

4. IGL nach Polen 2017 - Traktor Deutz Agroton 118

In den Beilagen zur Eingabe vom befinde sich die Bestätigung über die Abfuhr der Steuer in Polen durch die polnische Firma X. Bf in Höhe von PLN 9.071.

Beilage 1 - Auszug aus der Buchhaltung der Fa. X. Bf für 06/2019. Enthalten sei der Verkauf des Traktors inkl 23% USt in Höhe von PLN 21.344.
Beilage 2 - polnische Umsatzsteuervoranmeldung 06/2019 mit der Position 23% Steuer aus dem Traktorverkauf. Die Umsatzsteuer betrage 06/2019 PLN 9.045 und sei beim polnischen Finanzamt gemeldet worden.
Beilage 3 - Bestätigung über die Bezahlung der Umsatzsteuer 06/2019 von PLN 9.045 samt Zinsen für die Verspätung in Höhe von PLN 26. Der Gesamtbetrag an USt 06/2017 betrage somit PLN 9.071 und enthalte den Traktorverkauf inkl 23% polnische Umsatzsteuer.

Der Betrag von 15.833,33 Euro sei daher nicht der österreichischen Umsatzsteuer zu unterziehen.

Das Finanzamt gab der Beschwerde hinsichtlich der Punkte "AfA", "innergemeinschaftliche Lieferungen" und Familienheimfahrten statt und änderte mit Beschwerdevorentscheidungen vom 4.9. bzw. die Einkommensteuerbescheide 2014 bis 2017 sowie die Umsatzsteuerbescheide 2014 und 2017. Die Beschwerde gegen die Umsatzsteuerbescheide 2015 und 2016 wurde abgewiesen. In der gesonderten Bescheidbegründung vom führte die Behörde aus:

Der Beschwerde werde hinsichtlich der Familienheimfahrten 2014 bis 2017 stattgegeben. Ein jährlicher Betrag von 3.672 Euro sei als Betriebsaufwand zu berücksichtigen. Im Gegenzug sei aber der bisher zur Hälfte anerkannte Aufwand für ausländische Tankrechnungen und Vignetten zur Gänze gestrichen worden, da dieser Aufwand mit den Familienheimfahrten zum Unternehmen in Polen abgedeckt sei. Die Kürzung betrage 2.985,61 Euro (2014), 4.848,24 Euro (2015), 1.689,39 (2016) und 2.045,29 Euro (2017).

Die von der Außenprüfung vorgenommene Zuschätzung von 5% (lt. Tz 14) werde nicht abgeändert, da die Steuererklärung, wie in Tz 6 "Hinzurechnung der Einnahmen" ausgeführt, aufgrund von mangelhaften Unterlagen erstellt worden sei. Im Zuge der Außenprüfung seien erstmals Kontoauszüge vorgelegt worden, anhand deren erst die überwiesenen Betriebseinnahmen steuerlich erfasst worden seien. Schon aus diesem Mangel ergebe sich die Berechtigung für eine Zuschätzung. Erschwerend sei noch, dass die Ausgangsrechnungen nicht durchgehend nummeriert seien sowie keine anderen Aufzeichnungen vorliegen, die eine lückenlose Erfassung der Einnahmen belegen. Daher liege eine Zuschätzung von 5% der Umsätze ohnehin im untersten Bereich.

Die Berechnung für 2014 sei zu ändern, da als Bemessungsgrundlage die erklärten Umsätze ohne die Feststellungen laut Tz 6 herangezogen worden seien. Zu den Umsätzen 2014 laut Außenprüfung von 583.843,97 Euro kämen 29.192,20 Euro (5%) hinzu, das ergebe zu 20% steuerpflichtige Umsätze von 613.036,17 Euro.

Ergänzend sei auszuführen, dass vorangegangene Betriebsprüfungen keine Bindungswirkung für nachfolgende Außenprüfungen entfalten würden.

Der Bf brachte rechtzeitig einen Vorlageantrag vom betreffend Einkommen- und Umsatzsteuer 2014 - 2017 ein. Der Vorlageantrag richtete sich gegen die Zuschätzung zu Gewinn und Umsatz und die Nichtberücksichtigung der Aufwendungen für ausländische Tankrechnungen und Vignetten.

1. Auch im Steuerrecht gelte der Grundsatz von Treu und Glauben. Darunter werde verstanden, dass jeder, der am Rechtsleben teilnehme, zu seinem Wort und zu seinem Verhalten zu stehen habe und sich nicht ohne triftigen Grund in Widerspruch zu dem setzen, dürfe, war er früher vertreten habe. Der Bf wiederholte dazu seine Ausführungen betreffend die Außenprüfungen der Vorjahre, in denen keine Einwendungen zur Führung der Buchhaltung gemacht worden seien. Die Buchhaltung sei danach nicht geändert worden. Im Ergebnis sei Gleiches in Folgejahren ungleich behandelt worden und somit der Grundsatz von Treu und Glauben verletzt worden. Die Beschwerdevorentscheidung sei daher rechtswidrig.

Die Ausgangsrechnungen seien durchgehend nummeriert und es bestehe eine lückenlose Erfassung der Einnahmen. Die Nummerierung sei bis 05/2019 monatlich erfolgt. Die Bankbelege seien mit den Rechnungen verglichen worden und die Aufstellung der Einnahmen laut Bankbeleg und Rechnung bei der Betriebsprüfung vorgelegt worden. Lediglich in einem einzigen Fall sei aufgrund einer Doppelnummerierung eine größere Rechnung nicht erfasst und zu Recht dem Gewinn und Umsatz 2014 zugerechnet worden, was aber nichts mit der prinzipiellen Anerkennung der Nummerierungsmethode zu tun habe und auch bei einer Jahresnummerierung geschehen könnte. Es sei daher keine Zuschätzung vorzunehmen.

2. Die Vorgangsweise in der Beschwerdevorentscheidung hinsichtlich der Fahrten nach Polen sei nicht korrekt. Die Aufwendungen für ausländische Rechnungen und Vignetten beziehen sich ausschließlich auf seinen inländischen Betrieb, da er selbst und auch sein Mitarbeiter regelmäßig nach Polen fahren müssen, um vorbestelltes Arbeitsmaterial abzuholen. Trotzdem sei er mit der Anerkennung von 50% der Kosten einverstanden.

Die Abgabenbehörde legte die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesfinanzgericht vor.

Das Bundesfinanzgericht ersuchte den Bf mit Ergänzungsvorhalt vom betreffend die Fahrten ins Ausland Fahrtenbücher oder andere Aufstellungen über die einzelnen Fahrten, Belege für Treibstoff und Vignetten, Belege für das in Polen abgeholte Arbeitsmaterial und Reiserechnungen der Mitarbeiter zu übermitteln. Darüber hinaus wurde der Bf zur Bekanntgabe von Informationen zu den Familienheimfahrten und Vorlage von diesbezüglichen Nachweisen sowie Vorlage von Ausgangsrechnungen aufgefordert.

Mit Schreiben vom führte der Bf aus, dass sich die ausländischen Tankrechnungen und Vignetten ausschließlich auf seinen inländischen Betrieb und die regelmäßigen Fahrten nach Polen zum Zweck des Kaufes und der Abholung von vorbestellten Arbeitsmaterial beziehe. Er beantrage im Sinne des bei der Außenprüfung erzielten Konsenses die Anerkennung von 50% dieses Aufwandes.

Bei den Familienheimfahrten handle es sich um Kosten für Fahrten zwischen seinem Wohnsitz in Österreich und dem Familienwohnsitz in A. in Polen. An dieser Adresse befinde sich auch sein Betrieb in Polen. Er fahre regelmäßig jeden Monat zu seiner Familie, vor allem zu besonderen Anlässen des Familienlebens. Er habe Kilometergeld verrechnet (12 Fahrten x 2 x 501 km x 0,42 Euro = 5.050,08 Euro) und jeweils die Höchstgrenze von 3.672 Euro steuerlich geltend gemacht. Am Familienwohnsitz wohne seine Ehegattin und die Tochter. Er habe die KFZ Opel Vivaro (2014) und Opel Vivaro Combi (2015 - 2017) benutzt.

Der Bf übermittelte eine Aufstellung von Einkäufen im Ausland (im Wesentlichen Baumaterial, Treibstoff und Vignetten) 2014 - 2017 sowie einige diesbezügliche Rechnungen, weiters Aufstellungen der Familienheimfahrten und die angeforderten Ausgangsrechnungen von 2/2014 und 3/2014.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Betriebliche Fahrten und Familienheimfahrten nach Polen

Sachverhalt undBeweiswürdigung:

Der Bf betreibt in Österreich ein Einzelunternehmen im Baunebengewerbe. Er fährt regelmäßig zu seiner Familie am Familienwohnsitz in A. in Polen, wo die Ehegattin und die Tochter (geboren 1997) wohnen und der Bf ein weiteres Unternehmen führt.

Im Rahmen des inländischen Betriebes wurden in den streitgegenständlichen Jahren überdies Fahrten zu Lieferanten in Polen durchgeführt, um Arbeitsmaterialien abzuholen. Der Bf hat in diesem Zusammenhang folgende Aufwendungen für Tankrechnungen aus Polen und Tschechien geltend gemacht (siehe Bp-Bericht Tz 2, E-A/Rechnung):


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Treibstoff Ausland
ges. LKW Aufwand
Arbeitsmaterial EU
2014
5.971,22
21.660,05
74.105,60
2015
9.696,48
24.788,32
43.431,09
2016
3.378,78
15.184,74
29.803,75
2017
4.090,58
13.649,20
4.222,16


In den angefochtenen Bescheiden wurden lediglich 50% der Aufwendungen für ausländische Tankrechnungen anerkannt, was der Bf in seiner Beschwerde nicht angefochten hat. Er hat jedoch ergänzend für zwölf Familienheimfahrten pro Jahr Kilometergeld verrechnet (12 Fahrten x 2 x 501 km x 0,42 Euro = 5.050,08 Euro) und die Höchstgrenze von 3.672 Euro jährlich steuerlich geltend gemacht. In der Beschwerdevorentscheidung wurden in der Folge die Treibstoffaufwendungen im Ausland (Tschechien und Polen) zur Gänze nicht berücksichtigt, aber Familienheimfahrten von 3.672 Euro jährlich in Abzug gebracht.

Aufgrund der Belege, die der Bf im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht nachgereicht hat, vertrat die belangte Behörde schließlich in der Stellungnahme vom die Ansicht, dass - wie vom Bf im Beschwerdeverfahren beantragt - 50% der strittigen Aufwendungen anzuerkennen seien, nicht jedoch Aufwendungen für Familienheimfahrten, da diese bereits abgedeckt seien.

Strittig ist somit, ob zusätzlich zu den gekürzten Kfz-Aufwendungen für Treibstoff im Ausland und (nicht gekürzten) weiteren Kfz-Aufwendungen auch Kilometergelder für Familienheimfahrten steuerlich abzugsfähig sind.

Der Bf hat die Familienheimfahrten (pro Strecke 501 km) jeweils mit einem Opel Vivaro durchgeführt (siehe Stellungnahme vom ), welcher sich im Betriebsvermögen befand. Er hat weder für die Familienheimfahrten noch für die betrieblichen Fahrten nach Polen Fahrtenbücher vorgelegt.

Aus der Zusammenstellung der Betriebsausgaben betreffend Materialeinkäufe in Polen, Treibstoffkosten und Mautgebühren in Tschechien und Polen (siehe Stellungnahme des Bf vom ) sind die Anzahl der einzelnen Fahrten, der Zielort und die zurückgelegten Strecken nicht erkennbar. Ebenso wenig lässt sich zweifelsfrei feststellen, welche Materialeinkäufe - wie beispielsweise Fenster, Türen, Werkzeug etc. - vom Bf bzw von einem Mitarbeiter abgeholt wurden und welche allenfalls an den Bf zugestellt wurden. Reisekostenrechnungen von Mitarbeitern hat der Bf nicht als Nachweis vorgelegt.

Darüber hinaus fällt auf, dass regelmäßig Treibstoffrechnungen aus dem Ausland verbucht wurden, ohne dass im zeitlichen Zusammenhang Materialeinkäufe in Polen verzeichnet wurden:
- So hat der Bf zB. am und dann wieder am Materialeinkäufe verzeichnet. Im Zeitraum 3.11. - hat der Bf Aufwendungen für 8 ausländische Treibstoffrechnungen (3.11., 6.11., 8.11., 9.11., .11., 21.11. und ) in Höhe von insgesamt 545,23 Euro geltend gemacht. In diesem Zeitraum hat auch keine Familienheimfahrt stattgefunden (siehe Aufstellung des Bf über Familienheimfahrten).
- Der Bf hat am und danach erst wieder am Materialeinkäufe in Polen getätigt. Unter den Betriebsausgaben befinden sich aus diesem Zeitraum 13 ausländische Treibstoffrechnungen vom 5.1., 7.1., 19.1., 21.1., 31.1., 31.1., 4.2., 7.2., 12.2., 14.2., 18.2., 20.2., 21.2. und in Höhe von gesamt 723,73 Euro. In diesem Zeitraum gab der Bf Aufenthalte bei der Familie vom - sowie 12.2. - bekannt.

Aus diesen beiden Beispielen ist klar ersichtlich, dass der Bf Aufwendungen für Treibstoff geltend gemacht hat, die weder mit Fahrten für sein Unternehmen in Österreich noch mit Familienheimfahrten in Verbindung zu bringen sind. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass der Bf im Rahmen seines inländischen Unternehmens keine Kunden außerhalb Österreichs hatte und aus diesem Grund keine Fahrtkosten für allfällige Kundenbesuche im Ausland angefallen sein konnten.

Die exakte Anzahl der Familienheimfahrten sowie die Höhe der darauf entfallenden Fahrtkosten konnte mangels Vorlage von Fahrtenbüchern oder anderer geeigneter Nachweise nicht festgestellt werden. Glaubhaft ist aber, dass der Bf - wie von ihm angegeben - jedes Jahr zwölf Mal zu seiner Familie in Polen gefahren ist. Das bedeutet eine Kilometerleistung von ca. 12.000 km pro Jahr. Zur Höhe der Kosten ist jedoch einzuwenden, dass der Ansatz von Kilometergeld für 501 Km pro Strecke, das sind 5.050,08 Euro jährlich, nicht gerechtfertigt ist. Die Fahrten wurden - so der Bf - mit einem betrieblichen Fahrzeug durchgeführt. Damit sind Kosten wie Instandhaltung, AfA, Versicherung etc. bereits abgedeckt. Es können somit lediglich Treibstoffkosten und Mautgebühren als zusätzlicher Aufwand angefallen sein.

Bezüglich der Einkaufsfahrten nach Polen ist anhand der beispielsweise übermittelten Eingangsrechnungen aus Polen aus den Jahren 2014 - 2016 festzustellen, dass diese zum Großteil von einem Lieferanten in C. ausgestellt wurden. Die Entfernung zwischen dem österreichischen Betrieb des Bf und C. beträgt lt. Routenplaner Via Michelin 467 km. Weitere Lieferanten befinden sich in D. (497 km) und E. (485 km).

Wie bereits angeführt, lässt sich anhand der vorliegenden Unterlagen die tatsächliche Anzahl der Einkaufsfahrten nicht feststellen und ist als lebensnah anzunehmen, dass diese Fahrten mit Fahrten zum Familienwohnsitz verbunden wurden, zumal sich der jeweilige Betriebsstandort der Lieferanten - soweit ersichtlich - in regionaler Nähe zum Familienwohnsitz befindet. Ein Nachweis, dass der Bf mehr als 12 Fahrten pro Jahr nach Polen unternommen hat, liegt nicht vor. Geht man dennoch zu Gunsten des Bf davon aus, dass zusätzlich zu den Familienheimfahrten ca. sechs weitere Fahrten jährlich zu Lieferanten als glaubwürdig angesehen werden können, kommt man auf 18 Fahrten mit je ca 1.000 km (hin/retour), also eine Fahrleistung von 18.000 km pro Jahr.

Rechnet man einen Verbrauch des Opel Vivaro von 8 l Diesel pro 100 km (zu den Verbrauchswerten siehe www.auto-motor-und-sport.de/test/opel-vivaro-combi-l1h1 vom ) und einen durchschnittlichen Literpreis in den Jahren 2014 - 2017 von 1,10 Euro (www.statistik.at/web_de/statistiken/wirtschaft/preise), ergibt sich für Fahrten nach Polen ein plausibler jährlicher Treibstoffaufwand von rund 1.584 Euro (18.000/100 x 8 l x 1,1 Euro).

Zu 2017 ist ergänzend anzumerken, dass in der Aufstellung des Bf lediglich zwei Materialrechnungen aus Polen aufscheinen: Rechnung vom (Geländer) und Rechnung vom (Zaunteile) über insgesamt 4.222,16 Euro. Das bedeutet, dass im Jahr 2017 betrieblich veranlasste Treibstoffkosten für Auslandsfahrten jedenfalls nur in geringerem Ausmaß als in den Vorjahren angefallen sein können.

Die vom Bf für 2014 - 2017 geltend gemachten Treibstoffkosten für Fahrten nach Polen sind daher der Höhe nach als unglaubwürdig zu bezeichnen.

Das Finanzamt hat in den angefochtenen Bescheiden die Aufwendungen für Treibstoff aus Polen und Tschechien jeweils um 50% gekürzt und folgende Beträge anerkannt: 2.985,61 Euro (2014), 4.848,24 Euro (2015), 1.689,39 Euro (2016) und 2.045,29 Euro (2017). Angesichts der Beweislage ist es dem Bf nicht gelungen, zusätzliche Aufwendungen für Familienheimfahrten nachzuweisen oder zumindest glaubwürdig zu machen. Vor dem Hintergrund der dargestellten Plausibilitätsüberlegungen ist die gegenständliche Kürzung des ausländischen Treibstoffaufwandes keineswegs überhöht und sind auch Familienheimfahrten in den gekürzten Beträgen bereits abgedeckt.

Rechtliche Beurteilung:

Betriebsausgaben sind gemäß § 4 Abs. 4 EStG 1988 Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit a EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, nicht abgezogen werden.

Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde, soweit sie die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

Gemäß § 138 Abs. 1 BAO haben die Abgabepflichtigen auf Verlangen der Abgabenbehörde in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119 BAO) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung.

Erhöhte Mitwirkungspflichten bestehen nach der Judikatur bei Auslandsbeziehungen (), bei Begünstigungsbestimmungen () sowie bei Behauptung von ungewöhnlichen und unwahrscheinlichen Sachverhalten ().

Familienheimfahrten sind die Fahrten zwischen Berufs- und Familienwohnsitz, also zwischen zwei Wohnungen. Es liegt sohin ein Sachverhalt vor, der grundsätzlich in den Bereich der privaten Lebensführung zu verweisen ist. Steuerlich absetzbar werden diese Kosten daher nur dann, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen, und nur insoweit, als den Steuerpflichtigen ein Mehraufwand trifft und die durch § 20 Abs 1 Z 2 lit e EStG 1988 gesetzte Begrenzung mit dem höchsten Pendlerpauschale (3.672 Euro jährlich) nicht überschritten wird. Als Fahrtkosten sind jene Aufwendungen abzusetzen, die durch das tatsächlich benutzte Verkehrsmittel anfallen (siehe Lenneis in Jakom EStG, 14. Aufl. (2021), § 16 Rz 56, ABC der Werbungskosten).

Im vorliegenden Fall sind auf Basis der dargestellten Rechtslage jene Fahrtkosten steuerlich abziehbar, die durch betrieblich veranlasste Fahrten wie zB. zur Materialbeschaffung bedingt sind. Weiters sind auch Fahrtkosten im Zuge von Familienheimfahrten abziehbar, dies bei Erfüllung der Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung.

Der Nachweis betrieblich veranlasster Fahrtkosten hat mit einem Fahrtenbuch zu erfolgen. Ein Fahrtenbuch muss die betrieblich und privat gefahrenen Kilometer enthalten, fortlaufend und übersichtlich geführt sein und Datum, Kilometerstrecke, Ausgangs-Zeitpunkt, sowie den Zweck der Reise enthalten (). Der Nachweis von Fahrtkosten kann aber auch anders als durch ein Fahrtenbuch erbracht werden ().

Wie oben angeführt, sind die geltend gemachten Treibstoffkosten der Höhe nach unglaubwürdig. Es wäre Sache des Bf gewesen - auch im Hinblick auf die erhöhte Mitwirkungspflicht bei Behauptung von ungewöhnlichen Sachverhalten - für eine nachvollziehbare Dokumentation seiner Fahrten nach Polen zu sorgen. Der Bf hat aber weder Fahrtenbücher geführt noch konnte er auf andere Weise die tatsächlichen Fahrten durch entsprechende Unterlagen belegen.

Das Finanzamt hat im Schätzungsweg gemäß § 184 BAO lediglich 50% der Treibstoffkosten für Fahrten nach Polen anerkannt. Dem hat der Bf zugestimmt. Fraglich war nun, ob Familienheimfahrten den Abzug weiterer Fahrtkosten rechtfertigen können.

Der Ansatz von Kilometergeld ist bei Fahrzeugen im Betriebsvermögen unzulässig (), es sind die tatsächlichen Aufwendungen abzuziehen. Die Berücksichtigung des amtlichen Kilometergeldes (bis zur Grenze von 3.672 Euro jährlich), wie vom Bf für seine Familienheimfahrten beantragt, kommt daher nicht in Betracht.

Vor allem sind aber Aufwendungen für Familienheimfahrten nur insoweit steuerlich abziehbar, als dem Steuerpflichtigen ein Mehraufwand entsteht. Ein Mehraufwand konnte jedoch bei der gegebenen Sachlage nicht festgestellt werden, da der Aufwand für Familienheimfahrten bereits durch die von der Behörde anerkannten Kfz-Aufwendungen abgedeckt ist (siehe Beweiswürdigung).

Zusätzliche Aufwendungen für Familienheimfahrten sind daher schon aus diesem Grund steuerlich nicht anzuerkennen, sodass eine weitere Überprüfung hinsichtlich der weiteren Voraussetzungen für Familienheimfahrten (zB. Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes) mangels rechtlicher Relevanz unterbleiben konnte.

Die Beschwerde war in diesem Punkt abzuweisen.

2. Zuschätzung zu den Betriebseinnahmen / Sicherheitszuschlag

Sachverhalt und Beweiswürdigung:

Der Sicherheitszuschlag in Höhe von 5% der 20%igen Umsätze (Tz 14) wurde Seitens der belangten Behörde vor allem damit begründet, dass die Ausgangsrechnungen des Bf keine durchgehende Nummerierung aufweisen würden. Anhand von stichprobenartigen Kontrollen durch das Bundesfinanzgericht bestätigte sich das Vorbringen des Bf., dass er zwar keine fortlaufende jährliche Nummerierung seiner Ausgangsrechnungen, jedoch monatsweise fortlaufende Nummern vergeben hat (wie zB , etc).

Die Abgabenbehörde verwies zur Begründung des Sicherheitszuschlages auch darauf, dass sich unter den Betriebsausgaben Aufwendungen befanden, die dem polnischen Unternehmen des Bf zuzurechnen seien, dass nicht alle Betriebseinnahmen in den Steuererklärungen erfasst gewesen seien und dass der Bf keine weiteren Aufzeichnungen der Einnahmen geführt habe.

Dazu wird Seitens des Bundesfinanzgerichts festgestellt:

Wie sich im Rahmen der Außenprüfung bei einer Kontrolle der Bankkontoauszüge ergab, hat der Bf nicht alle Einnahmen steuerlich erfasst. Es handelt sich um zwei Rechnungen der Fa. ***1*** ElektrogroßhandelsgmbH aus den Jahren 2014 und 2015 sowie verschiedene Versicherungsgutschriften (Tz 6 des Bp-Berichtes, siehe oben).

Der Bf entgegnete betreffend der Zuschätzung, er habe alle Rechnungen lückenlos unter den Einnahmen erfasst; er räumte lediglich das Fehlen einer einzigen Rechnung ein. In Anbetracht der detaillierten Darstellung der nichtversteuerten Rechnungsbeträge und Versicherungsvergütungen unter Tz 6 des Bp-Berichts ist dieser nicht näher begründete Einwand des Bf nicht nachvollziehbar, zumal er in der Beschwerde keinerlei Einwendungen gegen die vorgenommenen Hinzurechnungen zu Umsätzen und Gewinn laut Tz 6 des Bp-Berichts vorgebracht hat.

Es ist aber davon auszugehen, dass anhand der Kontoauszüge des Bf die Betriebseinnahmen vollständig ermittelt werden konnten. Aus dem vorliegenden Sachverhalt sind keinerlei Hinweise für weitere nicht erklärte Einnahmen erkennbar.

Das Vorbringen der Behörde betreffend die nichtabzugsfähigen Betriebsausgaben lässt sich dem Bp-Bericht entnehmen (Tz 10) und wurde vom Bf nicht bestritten. Auf das Fehlen von Einnahmen-Aufzeichnungen wird in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung hingewiesen. Der Bp-Bericht enthält diesbezüglich jedoch keine Feststellungen.

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 126 Abs. 2 BAO haben Abgabepflichtige, die eine Einnahmen-Ausgabenrechnung führen, ihre Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aufzuzeichnen und zum Ende eines Jahres zusammenzurechnen.

Gemäß § 131 Abs. 1 Z. 2 BAO sollen die Eintragungen (in Bücher und Aufzeichnungen) der Zeitfolge nach geordnet, vollständig, richtig und zeitgerecht vorgenommen werden.

Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde, soweit sie die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

Gemäß § 11 Abs. 1 Z 3 lit h UStG 1994 müssen Rechnungen ua. eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung einmalig vergeben wird, enthalten.

Schätzen ist ein Akt der Feststellung tatsächlicher Gegebenheiten und Verhältnisse, die trotz Bemühens der Behörde um Aufklärung nicht mit der erforderlichen Sicherheit ermittelt werden können. Die Befugnis zur Schätzung beruht allein auf der objektiven Voraussetzung der Unmöglichkeit der Ermittlung oder Berechnung der Besteuerungsgrundlagen (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 1912, und die dort angeführte Rechtsprechung).

Zur Anwendung eines Sicherheitszuschlages hat der Verwaltungsgerichtshof () Folgendes festgehalten:

"Die Anwendung eines Sicherheitszuschlages geht davon aus, dass bei mangelhaften Aufzeichnungen nicht nur die nachgewiesenermaßen nicht verbuchten Vorgänge, sondern auch noch weitere Vorgänge nicht aufgezeichnet wurden. Aufgabe eines Sicherheitszuschlages ist es also, das Risiko möglicher weiterer Unvollständigkeiten von Aufzeichnungen auszugleichen; dabei sind die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Auch mit Hilfe der Methode des Sicherheitszuschlages soll kein anderes Ergebnis erreicht werden als jenes, das der wahrscheinlichsten Bemessungsgrundlage nahekommt. Der Sicherheitszuschlag hat ebenso wie andere Schätzungskomponenten nicht Strafcharakter (kein "Straf-Zuschlag"). Seine Höhe hat sich daher nach den Besonderheiten des Schätzungsfalles und nach den festgestellten Fehlern, Mängeln und vermuteten Verminderungen des Ergebnisausweises, also nach den Gegebenheiten im Bereich des Tatsächlichen, zu richten."

Vor dem aufgezeigten rechtlichen Hintergrund sind die Argumente der belangten Behörde zur Begründung des Sicherheitszuschlages (Tz 14 Bp-Bericht) wie folgt zu beurteilen:

a. Die Behörde verwies darauf, dass die Ausgangsrechnungen des Bf keine durchgehende jährliche Nummerierung aufweisen. Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

Der Zeitpunkt des Beginns der fortlaufenden Nummerierung ist frei wählbar. Es kann somit auch täglich ein neuer Nummernbeginn durchgeführt werden (vgl auch UStR 2000 Rz 1551). In Kombination mit dem Ausstellungsdatum ist eine Identifizierung der Rechnung eindeutig möglich und dem Sinn der Vorschrift entsprochen (Bürgler/Stifter in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-ON3.01 § 11 Tz 100).

Wenn der Bf wie im vorliegenden Fall monatsweise fortlaufende Nummern vergeben hat, ist gemeinsam mit dem Ausstellungsdatum eine eindeutige Identifizierung der Rechnung gewährleistet und dem Erfordernis einer fortlaufenden Nummerierung Genüge getan.

b. Der Bf hat durch seinen polnischen Betrieb veranlasste Aufwendungen als Betriebsausgaben in Österreich geltend gemacht. Im Rahmen der Außenprüfung wurden daher die entsprechenden Aufwendungen zu Recht nicht anerkannt.

Wenn die Behörde diese Feststellungen auch zur Begründung eines Sicherheitszuschlages heranzieht, ist folgendes in Betracht zu ziehen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es bei Einnahmenverkürzungen Aufgabe eines Sicherheitszuschlages, das Risiko möglicher weiterer Unvollständigkeiten von Aufzeichnungen auszugleichen (). Eine Berechtigung zur Einnahmenzuschätzung wegen Mängeln im Bereich der Betriebsausgaben ist daraus nicht ableitbar (siehe auch ).

c. Richtig ist der Vorwurf der Außenprüfung, dass nicht alle Betriebseinnahmen in den Steuererklärungen erfasst waren. Anhand der Kontoauszüge des Bf konnte die Abgabenbehörde jedoch die Betriebseinnahmen vollständig ermitteln (Tz 6 des Bp-Berichts). Aus dem vorliegenden Sachverhalt sind keinerlei Hinweise für allfällige weitere nicht erklärte Einnahmen erkennbar. Entsprechende Feststellungen der Abgabenbehörde fehlen.

d. Zum Argument des Finanzamtes, dass der Bf keine Aufzeichnungen der Einnahmen geführt hat, ist auf § 126 Abs. 2 BAO zu verweisen, wonach bei Vorliegen einer Einnahmen-Ausgabenrechnung Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aufzuzeichnen sind. Aufzeichnungen lassen sich daher durch die Sammlung und Aufbewahrung von Belegen und sonstigen Unterlagen nicht ersetzen. Bezogen auf § 184 BAO ist das Fehlen von Aufzeichnungen allerdings dann "sanktionslos", wenn die betreffenden Einnahmen aus der Sammlung der Bankkontoauszüge samt den Einzelbelegen ermittelbar sind. Jede Schätzung von Bemessungsgrundlagen setzt dem § 184 Abs. 1 BAO zufolge nämlich voraus, dass die Abgabenbehörde die Grundlage für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann (vgl. Ritz, BAO5, § 126 Tz 5). Dies ist hier nicht der Fall. Der Umstand allein, dass weitere Minderungen der Einnahmen nicht absolut auszuschließen sind, ist zu wenig, wenn für diese Annahme keine Anhaltspunkte vorliegen.

Nach Auffassung des Bundesfinanzgerichts wurden die nicht erklärten Einnahmen von der Betriebsprüfung in einer Weise aufgeklärt, die keine Unsicherheit hinsichtlich der letztendlichen Erfassung sämtlicher Erlöse übriglässt. Ein Sicherheitszuschlag ist somit nicht gerechtfertigt.

In diesem Punkt war der Beschwerde daher Folge zu geben.

3. weitere (nicht strittige) Beschwerdepunkte

Das Finanzamt hat nach der Einreichung von Anlageverzeichnissen dem Beschwerdebegehren betreffend AfA 2014 - 2017 mittels Beschwerdevorentscheidungen zur Einkommensteuer Rechnung getragen und die AfA-Beträge für Anlagevermögen erhöht. Ebenso hat das Finanzamt nach Übermittlung entsprechender Belege mittels Beschwerdevorentscheidung zur Umsatzsteuer 2017 die innergemeinschaftliche Lieferung eines Traktors nach Polen anerkannt. Im Vorlageantrag finden sich zu diesen Punkten keine Einwendungen des Bf.

Für das Bundesfinanzgericht besteht kein Anlass, diesbezüglich von den Beschwerdevorentscheidungen abzuweichen. Der Beschwerde wird in diesen Punkten Folge gegeben.

4. Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen dieses Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung von Rechtsfragen abhängt, denen grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Zum Beschwerdepunkt "betriebliche Fahrten und Familienheimfahrten" waren im Wesentlichen der Sachverhalt und Fragen der Beweiswürdigung zu beurteilen.

Zum Beschwerdepunkt "Sicherheitszuschlag" hat sich das Bundesfinanzgericht auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gestützt ().

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 11 Abs. 1 Z 3 lit. h UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 4 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 184 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 126 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7100001.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at