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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.11.2021, RV/7100254/2016

Die Entrichtung der Gebühr erfolgte vorschriftsmäßig (Stattgabe)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde gegen die Bescheide des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , betreffend Festsetzung der Gebühr und der Gebührenerhöhung Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Am langte beim VfGH die Beschwerde des ***1***, vertreten durch den Beschwerdeführer, (Bf.), gegen den Bescheid des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom , Zl:***2*** ein. Die Eingabegebühr gemäß § 17a VfGG wurde vom Bf.am mittels Online-Banking an die belangte Behörde überwiesen. Der Eingang dieses Betrages auf dem Finanzamtskonto erfolgte am .

Mit Beschluss vom Zl.***3*** lehnte der VfGH die Behandlung dieser Beschwerde ab.

Mit Schreiben vom teilte der VfGH dem Bf. mit, dass bis dato kein Nachweis über die ordnungsgemäße Entrichtung der Eingabegebühr vorliege und der Bf. daher aufgefordert werde, die Eingabegebühr gemäß § 17a VfGG von € 240,00 auf das benannte Konto des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel einzuzahlen, und den Einzahlungsbeleg in Original umgehend an den Verfassungsgerichtshof zu senden. Sollte innerhalb einer Frist von zehn Tagen, ab Zustellung dieses Schreibens, dieser Original-Einzahlungsbeleg nicht beim Verfassungsgerichtshof einlangen, werde das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel davon gemäß §§ 34 GebG, 17a Z 6 VfGG verständigt.

Am langte bei der belangten Behörde der Befund gemäß § 34 GebG des VfGH über die Verkürzung der in Rede stehenden Eingabegebühr ein. Dieser Befundnahme hat der VfGH seinen o.a. Ablehnungsbeschluss beigelegt.

In der Folge setzte die belangte Behörde gegenüber dem Bf. die Gebühr gemäß § 17a VfGG im Betrage von € 240,00 fest und setzte, gleichzeitig mit dem Bescheid über eine Gebührenerhöhung, gegenüber dem Bf. die Gebührenerhöhung, gemäß § 9 Abs.1 GebG, idHv € 120,00 fest.

Dagegen erhob der Bf. fristgerecht Beschwerde. Er habe die Eingabegebühr am an die belangte Behörde überwiesen, und den EDV Ausdruck über die erfolgte Überweisung der Beschwerde an den VfGH beigelegt. Er ersuche daher in Stattgabe der Beschwerde den bekämpften Bescheid ersatzlos aufzuheben.

Das, daraufhin von der belangten Behörde gemäß § 58 BAO, an den VfGH gerichtetes Ersuchen, beantwortete dieser mit Schreiben vom folgendermaßen:

"Eine nochmalige Überprüfung des Aktes (Geschäftszahl wird angeführt) hat ergeben, dass beim Verfassungsgerichtshof nie ein Einzahlungsbeleg eingelangt ist. Im hg. Akt befinden sich lediglich drei Ausfertigungen des Beschwerdeschriftsatzes, zwei Ausfertigungen der bekämpften Erledigung sowie eine Fehlermeldung, betreffend fehlgeschlagene Übermittlung per ERV. Dies wurde auch durch den Eingangsstempel auf den postalisch eingebrachten Beschwerdeschriftsatz dokumentiert.

Im Übrigen wird angemerkt, dass der einschreitende Rechtsanwalt selbst nur von 2 Beilagen ausging. (Siehe Seite 1 des Beschwerdeschriftsatzes) Ein Irrtum über die Vorlage des Einzahlungsbeleges seinerseits ist also nicht ausgeschlossen."

Nach Einsichtnahme in diesen Beschwerdeschriftsatz ist festzuhalten, dass auf Seite 1 der Eingangsstempel des Verfassungsgerichtes, mit dem Datum des Einlangens: , den Vermerk: "Postaufgabe , Uhrzeit 7 Uhr 20 3 fach 2x1 und 1 Beilage. angebracht ist, mit dem Vermerk: "Postaufgabe , Uhrzeit 7 Uhr 20, 3 fach: 2x1 und 1 Beilage" trägt

Das Finanzamt wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung- unter offensichtlich irrtümlichen Hinweis auf § 24 Abs.3 Z 5 VwGG-als unbegründet ab. Laut Schreiben des sei ihr mitgeteilt worden, dass die Vorlage des Einzahlungsbeleges nicht erfolgt sei. Die Gebühr sei somit nicht vorschriftsgemäß entrichtet worden, sodass der angefochtene Gebührenbescheid zu erlassen gewesen wäre.

Dagegen brachte der Bf. fristgerecht einen Vorlageantrag nach § 264 BAO ein. Das Bundesfinanzgericht, (BFG), möge übe die Beschwerde entscheiden und davor eine mündliche Verhandlung anberaumen.

In der am vor dem BFG durchgeführten mündlichen Verhandlung, wurde dem Bf. eine Durchschrift des o.a. Schreibens des VfGH ausgehändigt. Er erklärte dazu sicher zu sein, den Einzahlungsbeleg als Beilage zur Beschwerde dem VfGH übermittelt zu haben.

Die Vertreterin der Amtspartei, wies sinngemäß darauf hin, dass die streitverfangene Gebühr zwar am dem Finanzamt überwiesen worden ist, aber erst am auf das Finanzamtskonto eingegangen ist.

Unbeschadet der Feststellungen des VwGH im Erkenntnis vom , Zl: 2011/16/0097, habe, nach der Rechtsprechung des BFG , eine Gebühr nur dann als vorschriftsgemäß entrichtet zu gelten , wenn sie zum Fälligkeitszeitpunkt entrichtet worden ist und ein Nachweis über diese Entrichtung vorgelegt wird.

In ihrem Schlusswort beantragte sie-unter Hinweis auf das bisherige Vorbringen der belangten Behörde im Beschwerdeverfahren. die Abweisung der Beschwerde.

Der Bf. beantragte in seinem Schlusswort-im Hinblick auf die Feststellungen im o.a. Erkenntnis des VwGH-die Stattgabe der Beschwerde. Er habe die Gebühr zum Fälligkeitszeitpunkt der belangten Behörde überwiesen.

Das BFG hat hiezu erwogen:

Rechtslage:

Gemäß § 17a Z 1 Verfassungsgerichtshofgesetz, (VfGG), ist für Anträge gemäß § 15 Abs.1 einschließlich der Beilagen eine Eingabegebühr in der Höhe von 240,00 Euro zu entrichten.

§ 17a Abs.3 VfGG lautet:

"Die Gebührenschuld entsteht im Zeitpunkt der Überreichung der Eingabe; die Gebühr wird mit diesem Zeitpunkt fällig. Bei elektronisch eingebrachten Schriftsätzen ist in den Fällen des § 14a Abs. 1 jener Zeitpunkt maßgeblich, der sich aus den für die jeweilige Form der Einbringung maßgeblichen Bestimmungen des GOG bzw. des ZustG ergibt; soweit eine andere Form der Einbringung für zulässig erklärt ist (§ 14a Abs. 2), ist der Zeitpunkt des Einlangens in den elektronischen Verfügungsbereich des Verfassungsgerichtshofes maßgeblich."

Abs.4 leg.cit. lautet:

"Die Gebühr ist unter Angabe des Verwendungszwecks durch Überweisung auf ein entsprechendes Konto des Finanzamtes Österreich zu entrichten. Die Entrichtung der Gebühr ist durch einen von einer Post-Geschäftsstelle oder einem Kreditinstitut bestätigten Zahlungsbeleg in Urschrift nachzuweisen. Dieser Beleg ist der Eingabe anzuschließen. Die Einlaufstelle hat den Beleg dem Beschwerdeführer (Antragsteller) auf Verlangen zurückzustellen, zuvor darauf einen deutlichen Sichtvermerk anzubringen und auf der im Akt verbleibenden Ausfertigung der Eingabe zu bestätigen, dass die Gebührenentrichtung durch Vorlage des Zahlungsbeleges nachgewiesen wurde. Für jede Eingabe ist die Vorlage eines gesonderten Beleges erforderlich. Rechtsanwälte können die Entrichtung der Gebühr auch durch einen schriftlichen Beleg des spätestens zugleich mit der Eingabe weiterzuleitenden Überweisungsauftrages nachweisen, wenn sie darauf mit Datum und Unterschrift bestätigen, dass der Überweisungsauftrag unter einem unwiderruflich erteilt wird."

§ 203 Bundesabgabenordnung lautet:

"Bei Abgaben, die nach den Abgabenvorschriften in Wertzeichen (Stempelmarken) zu entrichten sind, ist ein Abgabenbescheid nur zu erlassen, wenn die Abgabe in Wertzeichen nicht vorschriftsmäßig entrichtet worden ist."

§ 211 Abs.1 und 2 BAO lautet:

"Unbeschadet besonderer landes- oder gemeinderechtlicher Vorschriften gelten Abgaben in nachstehend angeführten Fällen als entrichtet:

1. bei Überweisung auf das Konto der empfangsberechtigten Kasse am Tag der Gutschrift;

2. bei Einziehung einer Abgabe durch die empfangsberechtigte Kasse am Tag der Einziehung;

3. bei Einzahlungen mit Erlagschein an dem Tag, der sich aus dem Tagesstempel des kontoführenden Kreditinstituts der empfangsberechtigten Kasse ergibt;

4. bei Umbuchung oder Überrechnung von Guthaben (§ 215) eines Abgabepflichtigen auf Abgabenschuldigkeiten desselben Abgabepflichtigen am Tag der Entstehung der Guthaben, auf Abgabenschuldigkeiten eines anderen Abgabepflichtigen am Tag der nachweislichen Antragstellung, frühestens jedoch am Tag der Entstehung der Guthaben;

5. bei Barzahlungen am Tag der Zahlung, bei Abnahme von Bargeld durch den Vollstrecker am Tag der Abnahme.

(2) Erfolgt in den Fällen des Abs. 1 Z 1 die Gutschrift auf dem Konto der empfangsberechtigten Kasse zwar verspätet, aber noch innerhalb von drei Tagen nach Ablauf der zur Entrichtung einer Abgabe zustehenden Frist, so bleibt die Verspätung ohne Rechtsfolgen; in den Lauf der dreitägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen."

§ 9 Abs.1 GebG 1957, (GebG), lautet

"Wird eine feste Gebühr, die nicht vorschriftsmäßig entrichtet wurde, mit Bescheid festgesetzt, so ist eine Gebührenerhöhung im Ausmaß von 50 vH der verkürzten Gebühr zu erheben."

Rechtliche Würdigung

Der VwGH stellt im Erkenntnis vom , Zl: 2011/16/0097-im Zusammenhalt mit der Eingabegebühr nach § 24 VwGG- fest;

"Die Frage, ob eine Eingabegebühr im Sinne des § 9 Abs.1 GebG und des § 203 BAO iVm § 24 Abs.3 Z 7 VwGG "vorschriftsmäßig entrichtet ist, wird durch einen zu erbringenden Nachweis der (zuvor) erfolgten Entrichtung der Gebühr oder durch einen Verstoß gegen die Verpflichtung dieses Nachweises in § 24 Abs.3 Z 5 VwGG nicht berührt.

Das Unterlassen dieses Nachweises der Entrichtung der Eingabegebühr durch Vorlage des in § 24 Abs.3 Z 5 VwGG bezeichneten Beleges alleine bewirkt nicht, dass die Eingabegebühr nicht vorschriftsmäßig entrichtet wurde

Die Eingabegebührenschuld entsteht gemäß § 24 Abs.3 Z 4 VwGG im Zeitpunkt der Überreichung der Eingabe und wird mit diesem Zeitpunkt auch fällig. Wird eine Abgabe jedoch nicht spätestens im Fälligkeitszeitpunkt entrichtet, sondern erst später, so ist diie Abgabe nicht vorschriftsmäßig entrichtet. Wird der Nachweis der Entrichtung dem Verwaltungsgerichtshof gegenüber trotz allfälliger Aufforderung nicht erbracht, so wird gemäß § 34 GebG der Befund aufgenommen und dem Finanzamt übersendet, welches sodann die Gebühr nach § 203 BAO iVn § 24 Abs.1 Z 7 VwGG und gleichzeitig eine Gebührenerhöhung nach § 9 Abs.1 GebG festzusetzen hat, sofern keine vorschriftsmäßige (vor Eintritt der Fälligkeit erfolgte) Entrichtung vorliegt."

Im vorliegenden Fall wurde die Beschwerde vom Bf. dem VfGH am überreicht. Sohin ist-unbestrittener Weise- die Gebührenschuld gemäß § 17a Z 3 VfGG am entstanden und gleichzeitig fällig geworden. Die Eingabegebühr nach § 17a Z 4 VfGG ist der belangten Behörde nachweislich am überwiesen worden. Der EDV-Ausdruck über die, an das Finanzamt zu diesem Datum erfolgte, Überweisung liegt vor. Da Überweisungen von der Respirofrist von drei Tagen nach § 211 Abs.2 BAO erfasst sind, erfolgte sohin die Entrichtung der Gebühr vorschriftsmäßig, unbeschadet dessen, dass der Eingang der Gebühr auf das Finanzamtskonto erst am erfolgt ist.

Im Lichte der vorstehenden eindeutigen, höchstgerichtlichen Ausführungen-welche im Gegensatz zu der Feststellung im Erkenntnis des GZ: RV/5100088/2013 stehen, wonach die vorschriftsmäßige Entrichtung der Gebühr iSd § 203 BAO die Entrichtung einerseits und den urkundlichen Nachweis derselben andererseits erfasst, hat die Vorschreibung der Gebühr sowie der Gebührenerhöhung wegen des Fehlens eines Nachweises der Entrichtung nur dann zu erfolgen, wenn davor die Gebühr nicht vorschriftsmäßig, also nicht spätestens im Fälligkeitszeitpunkt entrichtet worden ist. Die vorschriftsmäßige Gebührenentrichtung erfasst somit nicht auch den urkundlichen Nachweis derselben Sohin erfolgte die streitverfangene Gebührenvorschreibung im Anschluss an die ordnungsgemäße Befundnahme durch den VfGH (ohne Überweisungsbeleg hatte dieser keine Kenntnis über die Gebührenentrichtung, da die Überweisung auf das Finanzamtskonto erfolgt ist) sowie die Vorschreibung der Gebührenerhöhung zu Unrecht.

Aus den aufgezeigten Gründen war der Beschwerde daher stattzugeben und die angefochtenen Bescheide aufzuheben.

Zulässigkeit der Revision

Gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird

Da eine Rechtsprechung zu § § 211 Abs.2 BAO iVm § 203 BAO in einem vergleichbaren Fall nicht vorliegt, war die ordentliche Revision zuzulassen

Aus den aufgezeigten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 17a Z 1 VfGG, Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, BGBl. Nr. 85/1953
§ 17a Z 3 VfGG, Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, BGBl. Nr. 85/1953
§ 17a Z 4 VfGG, Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, BGBl. Nr. 85/1953
§ 203 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 211 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 211 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7100254.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
QAAAC-29446