Säumniszuschlag nach Wiederaufnahme der Jahresumsatzsteuer nach Fälligkeit der entsprechenden Umsatzsteuer; keine Vorrangregeln, wann über welche Beschwerde entschieden werden müsste
Rechtssätze
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RV/7102723/2021-RS1 | Es bestehen keine Bedenken, wenn über Beschwerden gegen die Säumniszuschlagsbescheide entschieden wird, obwohl über die gegen die Stammabgabenbescheide gerichteten Beschwerden noch nicht abgesprochen wurde (vgl. - unter Hinweis auf § 217 Abs. 8 BAO - ; ). |
RV/7102723/2021-RS2 | Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages entsteht nicht erst mit seiner bescheidmäßigen Geltendmachung, sondern bereits mit Ablauf des für die Entrichtung der betreffenden Abgaben maßgebenden Fälligkeitstages (vgl. ). |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch in der Beschwerdesache von Herrn ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über dessen Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages in Höhe von € 299,40 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** in der Sitzung am in Anwesenheit der Schriftführerin zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und der Säumniszuschlag mit € 249,50 festgesetzt. Darüber hinaus wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid des Finanzamtes Österreich vom wurde über Herrn ***Bf1*** ein erster Säumniszuschlag (für einen Betrag an Umsatzsteuer 2015 von € 14.970,00) in Höhe von € 299,40 festgesetzt, da die angeführte Abgabenschuldigkeit nicht bis entrichtet worden sei.
In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde vom wurde unter anderem auch der oa. Bescheid zur Gänze wegen Rechtswidrigkeit angefochten und unter Punkt 3. zum Bescheid über die Festsetzung eines Säumniszuschlags vom wie folgt begründet:
"Der erste Säumniszuschlag, welcher gemäß § 3 Abs 2 BAO einen Nebenanspruch darstellt, ist akzessorisch zur Umsatzsteuernachforderung.
Sollte daher der neue Umsatzsteuerbescheid für 2015 vom ersatzlos behoben werden, müsste auch der Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlags ersatzlos behoben werden. Wird der Beschwerde gegen den neuen Umsatzsteuerbescheid für 2015 nur insofern stattgegeben, als dass die Umsatzsteuerfestsetzung für das Jahr 2015 um EUR 2.495 reduziert wird, so müsste auch der Säumniszuschlag um EUR 49,90 reduziert werden {= EUR 2.495 x 2%).
Der Beschwerdeführer stellt somit hinsichtlich des Bescheids über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlags vom den Antrag, das Bundesfinanzgericht möge
1.) den genannten Bescheid vom ersatzlos beheben;
IN EVENTU
2.) den genannten Bescheid vom dahingehend abändern, dass der Säumniszuschlag auf EUR 249,50 (also um EUR 49,90) reduziert wird;
IN EVENTU
3.) den genannten Bescheid aufheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverweisen.
4.) Beschwerdevorentscheidung
Der Beschwerdeführer hat keinen Einwand, dass die belangte Behörde die zu Punkt A.) 1.) bis 3.) erhobenen Beschwerdeanträge im Wege einer Beschwerdevorentscheidung nach § 262 Abs 1 BAO selbst erledigt."
Mit Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes Österreich vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und begründend ausgeführt:
"Aufgrund der Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2015 wurde mit Bescheid vom eine Nachforderung an Umsatzsteuer für 2015 in Höhe von € 14.970,00 festgesetzt. Die Umsatzsteuer 2015 war gem. § 21 UStG am fällig. Die Entrichtung der Umsatzsteuer 2015 bis zum Fälligkeitstag ist nicht erfolgt.
Aufgrund der verspäteten Entrichtung der Umsatzsteuer 2015 war gem. § 217 BAO ein erster Säumniszuschlag in Höhe von € 299,40 vorzuschreiben.
Die grundsätzliche Regelung des § 217 Abs. 1 BAO macht den Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung eines ersten Säumniszuschlages allein davon abhängig, dass eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird. Diese Bestimmung berücksichtigt somit nicht die Gründe, aus denen im Einzelfall eine Abgabe nicht am Fälligkeitstag entrichtet worden ist. Damit hat der Gesetzgeber dargetan, dass er die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt haben, im Anwendungsbereich des § 217 Abs. 1 BAO als unmaßgeblich erachtet. Für das Entstehen der Säumniszuschlagspflicht ist allein maßgeblich, ob die objektiven Tatbestandsmerkmale erfüllt sind. Diesfalls genügt sogar der Bestand einer formellen Abgabenzahlungsschuldigkeit und zwar unabhängig von der sachlichen Richtigkeit der Abgabenfestsetzung oder des Ergebnisses einer Selbstbemessung.
Der Säumniszuschlag weist sohin nach dem Zeitpunkt des Eintrittes der Verpflichtung zu seiner Entrichtung eine abgabenrechtliche Selbständigkeit auf, soweit nicht ausdrückliche gesetzliche Regelungen eine Abhängigkeit von der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabe vorsehen (auf die Bestimmungen der §§ 217 Abs. 8 BAO und 295 Abs. 3 BAO wird hingewiesen). Die Abgabenbehörden sind bei Vorliegen der objektiven Tatbestandsmerkmale zur Vorschreibung des Säumniszuschlages von Gesetzes wegen - unter Ausschaltung jedweden Ermessens - verpflichtet.
Die Festsetzung des Säumniszuschlages von einer bescheidmäßig festgesetzten Abgabe setzt auch nicht die Rechtskraft des Abgabenbescheides voraus. Gem. § 254 BAO wird durch Einbringung einer Bescheidbeschwerde die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides nicht gehemmt, und daher steht der Umstand, dass gegen einen Abgabenbescheid Beschwerde erhoben wurde, der Entstehung der Säumniszuschlagspflicht nicht entgegen.
Die Beschwerde gegen den mit Bescheid vom festgesetzten ersten Säumniszuschlag war daher abzuweisen.
Im Falle der nachträglichen Herabsetzung oder Aufhebung der zugrundeliegenden Abgabenschuldigkeit (Umsatzsteuer 2015) wäre gem. § 217 Abs. 8 bzw. § 295 Abs. 3 BAO vorzugehen."
Im dagegen fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag vom wurde - soweit es den Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages betrifft - ergänzend ausgeführt:
"3.1. Keine Entscheidung über die Beschwerde gegen den Säumniszuschlagsbescheid vor der Entscheidung über die Beschwerde gegen den Wiederaufnahmebescheid.
Zunächst ist festzuhalten, dass die Beschwerdevorentscheidung zum Säumniszuschlagsbescheid am ergangen ist und damit vor der Beschwerdevorentscheidung zum Wiederaufnahmebescheid, welche am ergangen ist.
Nach der Rechtsprechung des VwGH darf über die Beschwerde gegen einen neuen Sachbescheid erst entschieden werden, wenn zuerst oder zumindest zeitgleich über die Beschwerde gegen den Wiederaufnahmebescheid entschieden wurde (siehe etwa ). Diesen Fehler hat die belangte Behörde im Hinblick auf den neuen Umsatzsteuerbescheid zwar nicht begangen, zumal die Beschwerdevorentscheidung über den Wiederaufnahmebescheid am gleichen Tag wie die Beschwerdevorentscheidung über den neuen Umsatzsteuerbescheid erfolgte.
Die belangte Behörde hat allerdings über die Beschwerde gegen den Säumniszuschlag vor der Beschwerde gegen den Wiederaufnahmebescheid entschieden. Nach Ansicht des Beschwerdeführers gilt auch hier, dass die Beschwerde über den Säumniszuschlag nicht vor der Beschwerde über die Wiederaufnahme erledigt werden darf. Sollte der Beschwerde gegen den Wiederaufnahmebescheid nämlich Folge gegeben werden, bleibt kein Raum für einen Säumniszuschlag, zumal in diesem Fall der "alte" Umsatzsteuerbescheid vom wieder in Kraft tritt, welcher keine Abgabenschuldigkeit ausweist (sondern ein geringfügiges Guthaben von EUR 35,74). Damit würde der Festsetzung eines Säumniszuschlags entschiedene Rechtssache (res iudicata) entgegenstehen, sodass das Wiederaufnahmeverfahren sehr wohl für die Festsetzung des Säumniszuschlags präjudiziell ist.
Es ist zwar grundsätzlich richtig, dass Säumniszuschläge auch bei Nichtentrichtung formeller Abgabenschulden entstehen können. Allerdings stützte sich die belangte Behörde bei ihrer Bemessung des Säumniszuschlags gerade nicht auf den neuen Umsatzsteuerbescheid vom als sog. "formelle Abgabenschuldigkeit", sondern auf die seinerzeitige Nichtentrichtung bei der Umsatzsteuerveranlagung bis zum . Hier besteht aber ohne erfolgreiche Wiederaufnahme eine rechtskräftig erledigte Veranlagung, sodass die belangte Behörde die Beschwerdevorentscheidung über den Säumniszuschlag nicht vor der Entscheidung im Wiederaufnahmeverfahren erlassen hätte dürfen. Auf die Nichtentrichtung der Umsatzsteuer laut neuem Bescheid vom konnte sich der Säumniszuschlag auch nicht stützen, zumal diesbezüglich ein Aussetzungsantrag nach § 212a BAO gestellt wurde, welcher die Festsetzung von Säumniszuschlägen verhindert (§ 217 Abs 4 lit a BAO).
Die Beschwerdevorentscheidung über den Säumniszuschlag erweist sich daher schon aus diesem Grund als rechtswidrig und wird daher vom Bundesfinanzgericht zu beheben sein, was entsprechend beantragt wird.
3.2. Ersatzlose Behebung des Säumniszuschlagsbescheids bei ersatzloser Behebung des Wiederaufnahmebescheids.
Sollte das Bundesfinanzgericht den Wiederaufnahmebescheid ersatzlos beheben, müsste auch der Säumniszuschlagsbescheid ersatzlos behoben werden, zumal in diesem Fall eben der "alte" Umsatzsteuerbescheid vom in Kraft tritt, welcher keine Abgabenschuldigkeit ausweist und damit keine Säumnis mit der Abgabenentrichtung feststellt. Damit würde der Festsetzung eines Säumniszuschlags eben entschiedene Rechtssache (res iudicata) entgegenstehen
3.3. In eventu: Reduktion des Säumniszuschlags auf EUR 249,50
Die belangte Behörde hat in ihrer Beschwerdevorentscheidung vom betreffend den neuen Umsatzsteuerbescheid selbst erkannt, dass die Umsatzsteuernachforderung aufgrund der Versteuerung des Beschwerdeführers nach vereinnahmten Entgelten nicht mehr als EUR 12.475 betragen kann, sodass auch der Säumniszuschlag entsprechend auf EUR 249,50 (= EUR 12.475 x 2%) reduziert werden müsste.
Da die belangte Behörde auf die seinerzeitige Säumnis im Jahr 2015 abgestellt hat und nicht auf eine Säumnis bei der Entrichtung der Umsatzsteuernachforderung laut neuem Bescheid vom , knüpft der Säumniszuschlag auch nicht an die Säumnis mit einer formellen Abgabenschuldigkeit an. Damit liegt auch kein Fall des § 217 Abs 8 BAO (nachträgliche Herabsetzung einer unrichtig bemessenen, formellen Abgabenschuld) vor, sodass das Bundesfinanzgericht für den Fall, dass es der Beschwerde gegen den Wiederaufnahmebescheid nicht stattgeben sollte, den Säumniszuschlag direkt herabsetzen wird müssen.
Der Beschwerdeführer hält somit seine Anträge hinsichtlich des Säumniszuschlagsbescheids weiterhin aufrecht (Beschwerde vom , Seite 6 unten).
4. Antrag auf Senatsentscheidung
Gemäß § 272 Abs 2 Z 1 lit b BAO besteht die Möglichkeit, im Rahmen eines Vorlageantrags die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts durch Senat zu beantragen. Der Beschwerdeführer macht von diesem Recht Gebrauch."
Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:
Rechtslage:
Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.
Gemäß § 217 Abs. 2 BAO beträgt der erste Säumniszuschlag 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.
§ 21 Abs. 1 UStG 1994: Der Unternehmer hat spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuß unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 selbst zu berechnen hat. Die Voranmeldung gilt als Steuererklärung. Als Voranmeldung gilt auch eine berichtigte Voranmeldung, sofern sie bis zu dem im ersten Satz angegebenen Tag eingereicht wird. Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Die Vorauszahlung und der Überschuß sind Abgaben im Sinne der Bundesabgabenordnung. Ein vorangemeldeter Überschuß ist gutzuschreiben, sofern nicht Abs. 3 zur Anwendung gelangt. Die Gutschrift wirkt auf den Tag der Einreichung der Voranmeldung, frühestens jedoch auf den Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, zurück.
§ 21 Abs. 5 UStG 1994: Durch eine Nachforderung auf Grund der Veranlagung wird keine von Abs. 1 und 3 abweichende Fälligkeit begründet.
Zum Beschwerdepunkt der Entscheidung über den Säumniszuschlagsbescheid vor Beschwerde gegen den Stammabgabenbescheid:
Zum Beschwerdepunkt, "keine Entscheidung über die Beschwerde gegen den Säumniszuschlagsbescheid vor der Entscheidung über die Beschwerde gegen den Wiederaufnahmebescheid", ist festzuhalten, dass der Gesetzgeber gerade für vergleichbare Fälle wie hier im § 217 Abs. 8 BAO geregelt hat, dass im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld die Berechnung der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen hat. Damit ist hier eine Automatik vorgesehen, die gerade eine Entscheidung trotz möglicher res iudicata erlaubt.
Laut Rechtsprechung zu § 217 BAO hat der Verwaltungsgerichtshof bestätigt, dass Bemessungsgrundlage des Säumniszuschlages die nicht entrichtete Abgabenschuldigkeit ist, unabhängig davon, ob die Festsetzung der Stammabgabe rechtmäßig, rechtskräftig, mit Beschwerde angefochten oder richtig selbst berechnet wurde (vgl. , mwN). Damit stößt es im Allgemeinen auf keine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Bedenken, wenn über Beschwerden gegen die Säumniszuschlagsbescheide entschieden wird, obwohl über die gegen die Stammabgabenbescheide gerichteten Beschwerden noch nicht abgesprochen wurde (vgl. - unter Hinweis auf § 217 Abs. 8 BAO - ; ).
Im Sinne dieser Judikatur gibt es keine Vorrangregeln, wann über welche Beschwerde entschieden werden müsste, sodass - wie hier - auch zuerst über die Beschwerde gegen die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages entschieden werden durfte.
Zum Beschwerdepunkt einer beantragten Aussetzung des Säumniszuschlages
Soweit der Beschwerdeführer darauf hinweist, auf die Nichtentrichtung der Umsatzsteuer laut neuem Bescheid vom konnte sich der Säumniszuschlag auch nicht stützen, zumal diesbezüglich ein Aussetzungsantrag nach § 212a BAO gestellt wurde, welcher die Festsetzung von Säumniszuschlägen verhindert (§ 217 Abs 4 lit a BAO), ist darauf hinzuweisen, dass die Fälligkeit der Vorauszahlungen an Umsatzsteuer gemäß § 21 Abs. 1 UStG 1994 jeweils am fünfzehnten Tag des auf einen Kalendermonat zweitfolgenden Kalendermonats eintritt. Für die Entstehung des Säumniszuschlags nach § 217 BAO kommt es auf den Zeitpunkt der Erlassung der Bescheide über die Jahresumsatzsteuer nicht an ().
Die Tatsache, dass gegen den dem Bescheid über die Festsetzung des ersten Säumniszuschlages zugrunde liegenden Stammabgabenbescheid (Umsatzsteuer 2015) Beschwerde eingebracht wurde, rechtfertigt noch keine Stattgabe der gegenständlichen Beschwerde, da die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages unabhängig von der sachlichen Richtigkeit des Abgabenbescheides eintritt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Säumniszuschlagspflicht im Sinne des § 217 BAO nur eine formelle Abgabenzahlungsschuld voraus, wobei ein Bescheid über einen Säumniszuschlag auch dann rechtmäßig ist, wenn die zugrunde liegende Abgabenfestsetzung sachlich unrichtig ist (vgl. ebenfalls ).
Säumniszuschläge fallen grundsätzlich immer dann an, wenn Abgaben nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werden und keine im Gesetz taxativ aufgezählten Aufschiebungsgründe oder Ausnahmetatbestände gesetzt wurden. Die Fälligkeit von Abgaben ist in den einschlägigen Abgabenvorschriften geregelt. Gemäß der hier zur Anwendung kommenden Bestimmung des § 21 Abs. 5 Umsatzsteuergesetz 1994 wird durch eine Nachforderung auf Grund der Veranlagung keine von Abs. 1 und 3 leg. cit. abweichende Fälligkeit begründet.
Ob auf Grund eines nach Eintritt der Fälligkeit der Abgabenschuld gestellten Antrages des Abgabepflichtigen in weiterer Folge eine Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO bewilligt wurde (oder wird), ist für die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages unerheblich, weil nur ein vor Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist eingebrachter Antrag auf Aussetzung der Einhebung der Festsetzung eines Säumniszuschlages entgegenstünde (). Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages entsteht nicht erst mit seiner bescheidmäßigen Geltendmachung, sondern bereits mit Ablauf des für die Entrichtung der betreffenden Abgaben maßgebenden Fälligkeitstages (vgl. ; ).
Da im Beschwerdefall die Umsatzsteuer 2015 als Selbstbemessungsabgabe jeweils schon lange vor ihrer bescheidmäßigen Nachforderung fällig geworden ist (§ 21 UStG), somit die Zustellung des Umsatzsteuerbescheides die mit Ablauf des umsatzsteuergesetzlichen Fälligkeitstages verwirkten Säumniszuschlagsverpflichtung nicht mehr berührt, kann auch der im Zusammenhang mit dem Umsatzsteuerbescheid 2015 vom eingebrachte Antrag auf Aussetzung der Einhebung keine Auswirkung auf den mit Ablauf des Fälligkeitstages bereits entstandenen Säumniszuschlagsanspruch bewirken (). Nachdem die Antragstellung bereits entstandene Säumniszuschlagsansprüche nicht berührt (vgl. Stoll, BAO, 2275), konnte dieses Argument mangels Vorliegen der Voraussetzung des § 217 Abs. 4 lit. a und b BAO der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.
Zu Punkt 3.2. des Vorlageantrages: Auch ohne Antrag hätte gemäß § 217 Abs. 8 BAO im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld die Berechnung der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen gehabt.
Herabsetzung der Umsatzsteuerschuld, Reduktion des Säumniszuschlags auf € 249,50
Unter Punkt 3.3. des Vorlageantrages hat der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass die belangte Behörde in ihrer Beschwerdevorentscheidung vom betreffend den neuen Umsatzsteuerbescheid selbst erkannt hat, dass die Umsatzsteuernachforderung aufgrund der Versteuerung des Beschwerdeführers nach vereinnahmten Entgelten nicht mehr als EUR 12.475 betragen kann, sodass auch der Säumniszuschlag entsprechend auf EUR 249,50 (= EUR 12.475 x 2%) reduziert werden müsste.
Zwischenzeitig wurde auch die Beschwerde zur Umsatzsteuer 2015 bzw. zur Wiederaufnahme aufgrund des Vorlageantrages des Beschwerdeführers vom an das Bundesfinanzgericht mit dem Antrag der belangten Behörde vorgelegt und die teilweise Stattgabe der Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2015 beantragt.
In diesem Sinne war der Beschwerde teilweise stattzugeben und der Säumniszuschlag auf € 249,50 zu reduzieren.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass der Beschwerdeführer zwar gemäß § 272 Abs. 2 Z 1 lit b BAO einen Antrag auf Entscheidung durch den Senat gestellt hat, ein Antrag gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 lit. b BAO auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde jedoch nicht gestellt.
Da im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht nur der Beschwerdeführer selbst aufgetreten ist, ohne auf eine Zustellvollmacht zu verweisen, war auch nur an ihn die Zustellung der Entscheidung vorzunehmen.
Zur Unzulässigkeit der Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Entscheidung orientiert sich an der angeführten höchstgerichtlichen Judikatur. Ungelöste Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung für die Entscheidung in diesem Fall lagen nicht vor.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 217 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 217 Abs. 8 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7102723.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at