Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.01.2022, RV/2101232/2017

Kein Nachweis für die Berufsbezogenheit von angeschaffter Literatur

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016, Steuernummer ***BFStNr*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid wird im betragsmäßigen Umfang der Beschwerdevorentscheidung vom abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind der genannten Beschwerdevorentscheidung zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2016 vom machte der Beschwerdeführer (im Folgenden kurz Bf. genannt) ua. Werbungskosten in Höhe von 430 Euro für Arbeitsmittel und 2.344 Euro für Fachliteratur geltend.

Im Bescheid vom berücksichtigte das Finanzamt Werbungskosten in Höhe von 665 Euro und setzte eine Gutschrift in Höhe von 327 Euro fest.

Gegen diesen Bescheid erhob der Bf. mit Schreiben vom Beschwerde und wünschte eine Erhöhung der Abgabengutschrift aufgrund eines Vergleiches mit Abgabengutschriften vorangegangener Jahre mit einer ähnlichen Ausgabenbelastung.

Mit Ergänzungsvorhalt vom ersuchte das Finanzamt einerseits um Bekanntgabe, welche berufliche Tätigkeit der Bf. ausübe, und andererseits um Nachweis der beantragten Werbungskosten der Jahre 2014, 2015 und 2016 mittels Aufstellung und Belegen.

Bezüglich des Jahres 2016 wurden Rechnungen vorgelegt, die im Beschwerdeverfahren beim Finanzamt zu einer Anerkennung von Arbeitsmitteln in Höhe von 434,27 Euro führten. Die Kosten für Literatur wurden mit der Begründung nicht berücksichtigt, dass Kosten für Literatur, die auch für nicht in der Berufssparte des Bf. tätigen Personen von allgemeinem Interesse sein können, selbst dann keine Werbungskosten darstellen können, wenn aus diesen Publikationen Anregungen für die berufliche Tätigkeit gewonnen werden können. Diese Beschwerdevorentscheidung vom setzte nunmehr eine Gutschrift von 230 Euro fest.

Mit Schreiben vom wurden Beschwerden gegen die Wiederaufnahmebescheide der Jahre 2014 und 2015 und gegen die Beschwerdevorentscheidung vom , das Jahr 2016 betreffend, erhoben. Letztere wurde als Vorlageantrag gewertet und dieser Fall dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Im Schreiben führte der Bf. ua. aus, dass aus seiner Sicht die dokumentierten Ausgaben unter den allgemeinen Werbungskostenbegriff zu subsumieren seien, auch wenn sich verständlicherweise gerade bei den hier abzudeckenden Unterrichtsfächern (Geschichte und Politische Bildung, Psychologie und Philosophie, Religion) leider leicht der (steuerlich fatale) Eindruck des (bloßen) "allgemeinen Interesses" einstellen könne.

Zu diesem Schreiben wurden Aufstellungen über 51 Positionen nach Datum der Anschaffung, Titel und Kaufpreis für das Jahr 2014 und über 52 Positionen für das Jahr 2015 vorgelegt, nicht aber für das Jahr 2016, weil sich die Rechnungen bereits beim Finanzamt befinden würden. Für die Jahre 2014 und 2015 wurde in diesem Antwortschreiben auch die Berufsbezogenheit von einigen Werken exemplarisch dargestellt.

Das Bundesfinanzgericht - zuständig für die Beschwerdeerledigung zur Einkommensteuer 2016 - stellte dem Bf. mit Vorhalt vom seine Rechtsansicht dar und führte aus: "Aufwendungen für Fachliteratur sind dann abzugsfähig, wenn sie im Zusammenhang mit der beruflichen Sphäre stehen (Hinweis E , 87/13/0052). Wesentlich ist, dass die Aufwendungen eindeutig und ausschließlich in Zusammenhang mit der Erzielung von Einkünften stehen, sohin ihrer Art nach nur eine berufliche Veranlassung erkennen lassen (; ). Fachzeitschriften oder Fachbücher müssen daher derart auf die spezifischen beruflichen Bedürfnisse des Abgabepflichtigen abgestellt sein, dass ihnen die Eignung fehlt, private Bedürfnisse literarisch interessierter Bevölkerungskreise zu befriedigen. Es ist Sache des Abgabepflichtigen, die Berufsbezogenheit für derartige Druckwerke im Einzelnen darzutun (vgl. ; )." Der Bf. wurde eingeladen, die Berufsbezogenheit der angeschafften Bücher konkret im Einzelnen darzustellen und wurde ihm gleichzeitig eine auf Grundlage der vorgelegten Rechnungen erstellte Liste mit 111 Positionen übermittelt, die - soweit auf den Rechnungen ersichtlich - Anschaffungsdatum, Autor, Titel und Kaufpreis und eine Summe von insgesamt 2.063,95 Euro aufwies.

Mit Antwortschreiben vom gab der Bf. bekannt, dass er auf eine Darstellung der Berufsbezogenheit der angeschafften Werke verzichte.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Bf. ist AHS-Lehrer für Religion, Psychologie, Philosophie, Geschichte und Politische Bildung. Er beantragte in der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2016 Aufwendungen von 2.344 Euro für Fachliteratur als Werbungskosten. Vorgelegte Rechnungen wiesen - soweit leserlich - für 111 Positionen die Bezahlung von 2.063,95 Euro aus.

ZB lauten die ersten 20 Positionen der vorgelegten Rechnungen wie folgt:


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Pos.
Nr.
Kauf-Datum im Jahr 2016
Autor
Titel
Preis/
Euro
1
5.7.
Efferding Wieland
Fragen der Philosophie
6,80
2
"
Nouven Henri J.M.
Nimm sein Bild in dein Herz
20,60
3
28.7.
Die Schlafwandler
20,60
4
"
Mit Platon in Palästina
20,50
5
9.5.
Pfordten Dietmar von
Menschenwürde
9,20
6
"
Ott Konrad
Zuwanderung und Moral
6,20
7
26.7.
Alles Kultur?
17,50
8
"
Frau-Männin-Menschin
14,40
9
"
Texte zur Didaktik der Philosophie
9,30
10
13.5.
Martens Ekkehard
Stechfliege Sokrates
13,40
11
20.1.
Nagel Thomas
Geist und Kosmos
14,40
12
"
MacGregor Neil
Eine Geschichte der Welt in 1
25,80
13
"
Vries Peer
Ursprünge des modernen Wirtsc…
77,20
14
"
Brück Michael von
Weltinnenraum
30,80
15
"
Oehler Regina
Was geht mich d….
15,40
16
"
Brück Michael von
Lai, Whal
Buddhismus und Christentum
25,20
17
30.5.
Oberthür Rainer
Das Buch vom Anfang von allem
18,50
18
"
Kirche und Umma
22,70
19
15.3.
SPIEGEL
Geschichte
8,70
20
"
Hohe Luft
9,30

Eine Erläuterung bzgl. der Berufsbezogenheit der angeschafften Werke, wie dies zB im Schreiben des Bf. vom für die Jahre 2014 und 2015 exemplarisch vorgenommen wurde, erfolgte für keine der 111 Positionen.

Beweiswürdigung

Diese Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Akt. Weder wurden anderslautende Umstände dargetan, noch sind solche ersichtlich, weshalb die Feststellungen im Sinne des § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen angenommen werden.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung)

Nach § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung nicht abgezogen werden, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Diese Bestimmung enthält als wesentliche Aussage ein Abzugsverbot gemischt veranlasster Aufwendungen, dem der Gedanke der Steuergerechtigkeit insoweit zu Grunde liegt, als vermieden werden soll, dass ein Steuerpflichtiger auf Grund der Eigenschaft seines Berufes eine Verbindung zwischen beruflicher und privaten Interessen herbeiführen und dadurch Aufwendungen der Lebensführung steuerlich abzugsfähig machen kann, was ungerecht gegenüber jenen Steuerpflichtigen wäre, die eine Tätigkeit ausüben, die eine solche Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen nicht ermöglicht, und die derartige Aufwendungen aus ihrem bereits versteuerten Einkommen tragen müssen (vgl. ).

Bei Aufwendungen, die auch in den Kreis der privaten Lebensführung fallen können, ist ein strenger Maßstab anzulegen und eine genaue Unterscheidung vorzunehmen (vgl. ). Bei der Abgrenzung beruflich bedingter Aufwendungen von den Kosten der Lebensführung ist eine typisierende Betrachtungsweise derart anzuwenden, dass nicht die konkrete tatsächliche Nutzung, sondern die typischerweise zu vermutende Nutzung als allein erheblich angesehen werden muss. Als Ergebnis dieser gebotenen typisierenden Betrachtungsweise hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung daran festgehalten, dass die Anschaffung von Werken der Literatur, die von allgemeinem Interesse oder für einen nicht fest abgrenzbaren Teil der Allgemeinheit mit höherem Bildungsgrad bestimmt ist, nicht abzugsfähige Kosten der Lebensführung begründet ().

Soweit sich Aufwendungen für die Lebensführung und Aufwendungen beruflicher Natur nicht einwandfrei trennen lassen, ist entsprechend dem "Aufteilungsverbot" der gesamte Betrag nicht abzugsfähig. Bei einer allgemein interessierenden Literatur ist eine solche Aufteilung nicht vorzunehmen (vgl. ).

Der Abgabepflichtige muss die als Werbungskosten oder Betriebsausgaben geltend gemachten Aufwendungen grundsätzlich über Verlangen der Abgabenbehörde oder des Verwaltungsgerichtes nach Art und Umfang nachweisen, oder wenn dies nicht möglich ist, wenigstens glaubhaft machen. Es ist daher Sache des Abgabepflichtigen, die Berufsbezogenheit der als Fachliteratur geltend gemachte Druckwerke im Einzelnen darzutun (vgl. ; ).

Nähere Angaben des Bf. zur Berufsbezogenheit der im Jahre 2016 angekauften Werke unterblieben zur Gänze, weshalb das Bundesfinanzgericht In freier Beweiswürdigung iSd § 167 Abs. 2 BAO es als nicht erwiesen annimmt, dass es sich bei den ausschließlich durch Rechnungen belegten Werken um solche handelt, die auf die spezifischen beruflichen Bedürfnisse des Bf. abzielen und denen die Eignung fehlt, private Bedürfnisse literarisch interessierter Bevölkerungskreise zu befriedigen (vgl. ). Die mangelnde Nachweisführung fällt dem Bf. zur Last; die geltend gemachten Rechnungen über 111 Positionen können nicht als Werbungskosten anerkannt werden.

Die Beschwerde war daher abzuweisen und der angefochtene Bescheid im Umfang der Beschwerdevorentscheidung vom abzuändern.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Entscheidung auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützt, war eine Revision nicht zuzulassen.

Graz, am

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