Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 03.01.2022, RV/7102763/2021

FLAG: verspätet eingebrachter Vorlageantrag; keine Geltendmachung eines Zustellmangels

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht fasst durch die Richterin Mag. Heidemarie Winkler in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom , betreffend den Bescheid des Finanzamtes 2/20/21/22 vom , mit dem die Gewährung der Familienbeihilfe ab August 2020 abgewiesen wurde, folgenden Beschluss:

Der Vorlageantrag wird gemäß § 264 Abs 4 lit e BAO iVm § 260 Abs 1 lit b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (in Folge kurz Bf.) beantragte am für seine drei Kinder, welche bis Jänner 2020 den Status von subsidiär Schutzberechtigten innehatten, die Gewährung der Familienbeihilfe ab August 2020.

Das Finanzamt wies den Antrag mit Bescheid vom ab August 2020 ab, da der Bf. seiner Mitwirkungspflicht nach § 115 Bundesabgabenordnung (BAO) nicht nachkam und der Aufforderung Urkunden vorzulegen (Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung) nicht nachkam.

Der Bf. erhob gegen diesen Bescheid am fristgerecht Beschwerde und legte im Zuge dessen die Bescheide vom über die Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte (§ 8 Abs. 4 AsylG) vor.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab das Finanzamt der Beschwerde insoweit teilweise statt, als es die Familienbeihilfe ab Oktober 2020 gewährte und für den Zeitraum von August 2020 bis September 2020 abwies.

Die Beschwerdevorentscheidung enthielt in der Rechtsmittelbelehrung ua. den Hinweis, dass eine Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung erhoben werden kann.

Die Beschwerdevorentscheidung wurde dem Bf. nach einem Zustellversuch am durch Hinterlegung bei der Post-Geschäftsstelle 1213 zugestellt und das behördliche Schriftstück ab zur Abholung bereitgestellt.

Die Verständigung über die Hinterlegung wurde in die Abgabeeinrichtung eingelegt.

Der Bf. stellte am einen Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht.

Sachverhalt und Beweiswürdigung:

Aus der Aktenlage ergibt sich, dass die Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes, mit welchem der Beschwerde des Bf. gegen den Bescheid des Finanzamtes vom teilweise stattgegeben wurde, indem die Familienbeihilfe ab Oktober 2020 gewährt und für den Zeitraum von August 2020 bis September 2020 abgewiesen wurde, dem Bf. durch Hinterlegung bei der Post-Geschäftsstelle 1213 am (= 1. Tag der Abholfrist) zugestellt wurde.

Die Beschwerdevorentscheidung enthielt in der Rechtsmittelbelehrung den Hinweis, dass der Vorlageantrag innerhalb eines Monats gestellt werden kann.

Der Vorlageantrag des Bf. langte beim Finanzamt am ein.

Der Bf. machte keinen Zustellmangel betreffend die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung geltend.

Der als erwiesen angenommene Sachverhalt ergibt sich aus den oben dargestellten Verfahrensgang und ist unstrittig.

Gesetzliche Grundlagen und rechtliche Würdigung:

§ 264 BAO idF ab normiert:

(1) Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.

(2) ...

(3) Wird ein Vorlageantrag rechtzeitig eingebracht, so gilt die Bescheidbeschwerde von der Einbringung des Antrages an wiederum als unerledigt. Die Wirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung wird durch den Vorlageantrag nicht berührt. Bei Zurücknahme des Antrages gilt die Bescheidbeschwerde wieder als durch die Beschwerdevorentscheidung erledigt; dies gilt, wenn solche Anträge von mehreren hiezu Befugten gestellt wurden, nur für den Fall der Zurücknahme aller dieser Anträge.

(4) Für Vorlageanträge sind sinngemäß anzuwenden:

a) § 93 Abs. 4 und 5 sowie § 245 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2 bis 5 (Frist),

b) § 93 Abs. 6 und § 249 Abs. 1 (Einbringung),

c) … d) …

e) § 260 Abs. 1 (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung),

f) …

(5) Die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge obliegt dem Verwaltungsgericht.

(6) …

(7) Durch die Aufhebung einer Beschwerdevorentscheidung scheidet der Vorlageantrag aus dem Rechtsbestand aus.

§ 108 BAO idF ab lautet:

(1) Bei der Berechnung der Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, wird der für den Beginn der Frist maßgebende Tag nicht mitgerechnet.

(2) Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates.

(3) Beginn und Lauf einer Frist werden durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.

(4) Die Tage des Postenlaufes werden in die Frist nicht eingerechnet.

§ 260 BAO idF ab normiert:

(1) Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie

a) nicht zulässig ist oder

b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

(2) …

Gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz idF ab beginnt der Lauf der Rechtsmittelfrist bei durch Hinterlegung zugestellten Schriftstücken mit dem Tag zu laufen, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

Nach § 17 Abs. 3 ZustG kommt es nicht auf die tatsächliche Kenntnisnahme von einem Zustellvorgang, sondern auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme an (vgl. , ).

Entscheidend für den Beginn der Abholfrist und damit für den Tag der Zustellung ist demnach der Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird (vgl. zB , ).

Wie schon festgehalten, hat der Bf. keinen Zustellmangel betreffend die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung geltend gemacht und wurde in der Rechtsmittelbelehrung der Beschwerdevorentscheidung darauf hingewiesen, dass ein Rechtsmittel innerhalb eines Monats eingebracht werden kann.

Es war daher von einer rechtswirksamen Zustellung der Beschwerdevorentscheidung am Montag, den auszugehen.

Die Frist zur Einbringung des Vorlageantrages begann daher am Montag, den (= 1. Tag der Abholfrist) zu laufen und endete am Montag, den .

Der Vorlageantrag wurde vom Bf. jedoch erst am Donnerstag, den , und somit verspätet, beim Finanzamt eingebracht.

Die nicht fristgerechte Einbringung des Vorlageantrags steht somit fest.

Der Vorlageantrag war daher vom Bundesfinanzgericht mit Beschluss zurückzuweisen.

Aus diesem Grund konnte auf das materielle Beschwerdevorbringen nicht eingegangen werden (vgl. zB , ). Ra 2019/02/0099).

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision:

Gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Rechtsfolge der Zurückweisung des Vorlageantrags unmittelbar aus den zitierten gesetzlichen Bestimmungen ergibt und von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen wird, sind die Voraussetzungen für die Zulassung einer ordentlichen Revision mangels Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht gegeben.

Finanzamt Österreich

§ 323b Abs. 1 bis 3 BAO lautet i. d. F. BGBl. I Nr. 99/2020 (2. FORG)

§ 323b. (1) Das Finanzamt Österreich und das Finanzamt für Großbetriebe treten für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich am an die Stelle des jeweils am zuständig gewesenen Finanzamtes. Das Zollamt Österreich tritt am an die Stelle der am zuständig gewesenen Zollämter.

(2) Die am bei einem Finanzamt oder Zollamt anhängigen Verfahren werden von der jeweils am zuständigen Abgabenbehörde in dem zu diesem Zeitpunkt befindlichen Verfahrensstand fortgeführt.

(3) Eine vor dem von der zuständigen Abgabenbehörde des Bundes genehmigte Erledigung, die erst nach dem wirksam wird, gilt als Erledigung der im Zeitpunkt des Wirksamwerdens für die jeweilige Angelegenheit zuständigen Abgabenbehörde.

Die gegenständliche Entscheidung ergeht daher an das Finanzamt Österreich.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 264 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 17 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 260 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 4 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 108 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise






ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7102763.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at