Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.01.2022, RV/7103016/2020

Nichtanerkennung von Sachverständigengutachten betreffend Restnutzungsdauer

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch ***X***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2013 bis 2017, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Zur Vorgeschichte des Falles wird auf das Erkenntnis , verwiesen, mit dem das Bundesfinanzgericht die gegen den an die Beschwerdeführerin (Bf.) gerichteten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2011 vom erhobene Beschwerde derselben als unbegründet abgewiesen hat.

In dem diesem Erkenntnis zu Grunde liegenden Fall war strittig, ob durch die vorgelegten Gutachten betreffend die Ermittlung der Restnutzungsdauer im Rahmen der Berechnung der Einkünfte aus der Vermietung von fünf Eigentumswohnungen durch die Bf. die gesetzliche Vermutung des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. e EStG 1988 in der für das Jahr 2011 geltenden Fassung widerlegt wurde und eine kürzere Nutzungsdauer anzunehmen war. Das Bundesfinanzgericht entschied, ebenso wie die Abgabenbehörde, dass die vorliegenden Gutachten die gesetzliche Vermutung der Restnutzungsdauer von 66 2/3 Jahren nicht entkräften konnten:

Unter Verweis auf die umfangreiche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (zB ; ; ) führte das Bundesfinanzgericht ua. aus (vgl. S 8 ff des Erkenntnisses), dass die Beweislast für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. e EStG 1988 mit der Behauptung des Vorliegens einer kürzeren Restnutzungsdauer den Steuerpflichtigen treffe, wobei ein solcher Beweis im Regelfall durch die Vorlage eines Sachverständigengutachtens über den (technischen) Bauzustand erbracht werden müsse. Ein vom Steuerpflichtigen zum Nachweis der Nutzungsdauer vorgelegtes Gutachten unterliege der freien Beweiswürdigung durch die Behörde. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vermöge nur ein Gutachten, welches Aussagen über einen schlechten Bauzustand, schlechte Bauausführung oder besondere statische Probleme zum Zeitpunkt der Anschaffung der vermieteten Wohnung enthalte, eine kürzere als die gesetzlich vorgegebene Nutzungsdauer zu rechtfertigen; ein Nachweis der kürzeren als der gesetzlich vermuteten Nutzungsdauer durch ein Gutachten, welches weder konkret auf den Bauzustand noch auf sonstige Baumängel eingehe, sei als nicht erbracht anzusehen. Aus den von der Bf. vorgelegten Werten betreffend Energieeffizienz ergäben sich keine Angaben über den Bauzustand im Zeitpunkt der Erwerbe der vermieteten Wohnungen.

Ausgehend von diesen Ausführungen kam das Bundesfinanzgericht zu dem Schluss, dass die im gegenständlichen Fall, in dem der Bf. rechtliches Gehör gewährt worden sei, von der Bf. vorgelegten Gutachten keine der vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur () geforderten Angaben betreffend einen schlechten Bauzustand zum Zeitpunkt der Anschaffung der Wohnungen enthielten, welche eine Abweichung von der gesetzlich bestimmten Restnutzungsdauer rechtfertigten.
In den vorliegenden Gutachten seien keine Angaben über Gebäudebeeinträchtigungen bzw. Baumängel ersichtlich; es werde jeweils nur auf die nicht mehr zeitgemäße Ausstattung der Wohnungen verwiesen, welche jedoch keine Baumängel iSd Rechtsprechung darstellten.

Die in den vorgelegten Gutachten betreffend die Restnutzungsdauer der vermieteten Wohnungen enthaltenen Feststellungen könnten somit nicht als taugliche Grundlagen für ein schlüssiges Gutachten iSd ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes angesehen werden, va. weil es den Gutachten an Angaben zum Bauzustand, insbesondere der tragenden Teile, mangle. Durch die betreffenden Gutachten könne der von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verlangte nachvollziehbare Bezug zwischen dem Befund und den von den Gutachtern angesetzten Restnutzungsdauerwerten nicht hergestellt werden.

Die vorliegenden Gutachten könnten daher die gesetzliche Vermutung der Restnutzungsdauer von 66 2/3 Jahren nicht entkräften, weshalb die gegen den Einkommensteuerbescheid für 2011 erhobene Beschwerde der Bf. abzuweisen gewesen sei.

Aufgrund dieses Erkenntnisses , wurden vom Finanzamt die offenen Rechtsmittelverfahren betreffend Einkommensteuer für die Folgejahre 2013 bis 2017 mit Beschwerdevorentscheidungen vom abweisend erledigt; in deren Begründungen wurde jeweils auf das Erkenntnis , verwiesen (die Bf. hatte gegen die Bezug habenden Einkommensteuerbescheide vom am Beschwerde erhoben mit der Begründung, dass in den angefochtenen Bescheiden für 2013 bis 2017 die AfA analog zum fehlerhaften Einkommensteuerbescheid für 2011 ermittelt worden sei, gegen den am eine bis dato unerledigte Beschwerde erhoben worden sei; im Übrigen wurde lediglich auf die Begründung dieser Beschwerde vom verwiesen und kein weiteres Vorbringen erstattet).

Gegen die abweisenden Beschwerdevorentscheidungen vom brachte die Bf. nach erfolgter Fristverlängerung am einen Vorlageantrag ein und begründete diesen damit, dass gegen das , eine Verfassungsgerichtshofbeschwerde bzw. eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof eingebracht werde.

Am erhob die Bf. gegen das Erkenntnis , Beschwerde gemäß Art. 144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof, in der sie die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art. 7 B-VG, Art. 2 StGG) rügte.

Am wurde die Beschwerde vom gegen die Einkommensteuerbescheide für 2013 bis 2017 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Im Bezug habenden Vorlagebericht beantragte die Abgabenbehörde die Abweisung der Beschwerde, da gegenüber dem Erkenntnis , mit dem über den Einkommensteuerbescheid für 2011 abweisend abgesprochen worden sei, keine Änderungen bestünden und auch kein weiteres Vorbringen seitens der Bf. erstattet worden sei (die oa. Verfassungsgerichtshofbeschwerde vom war dem Finanzamt im Zeitpunkt der Vorlage der Beschwerde vom nicht bekannt gewesen).

Mit , lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der oa. Beschwerde vom ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof ab. Durch die Zustellung des Abtretungsbeschlusses wurde lediglich der (erneute) Lauf der Frist zur Einbringung der (außerordentlichen) Revision gegen das Erkenntnis , ausgelöst (vgl. § 26 Abs. 4 VwGG), worin sich die Wirkung der Abtretung durch den Verfassungsgerichtshof erschöpfte (vgl. ). Soweit aus der Datenbank des Bundesfinanzgerichtes (Ausdrucke vom , S 132 f. BFG Akt) und dessen Bezug habenden Akten ersichtlich, wurde keine (außerordentliche) Revision beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d EStG 1988 in der für die Streitjahre geltenden Fassung können bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich 1,5% der Bemessungsgrundlage als Absetzung für Abnutzung geltend gemacht werden.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft die Beweislast für die Widerlegung dieser gesetzlichen Vermutung einer Gebäudenutzungsdauer von 66 2/3 Jahren mit der Behauptung des Vorliegens einer kürzeren (Rest)Nutzungsdauer den Steuerpflichtigen, wobei ein solcher Beweis im Regelfall durch die Vorlage eines Sachverständigengutachtens zu erbringen ist (zB ).

Ein zur Entkräftung der gesetzlich vermuteten Nutzungsdauer erstelltes Gutachten muss jedenfalls auf den konkreten Bauzustand eingehen und einen nachvollziehbaren Bezug zwischen dem Befund und der vom Gutachter angesetzten Restnutzungsdauer herstellen ().

Strittig ist im vorliegenden Fall, ob durch die vorgelegten Gutachten betreffend die Ermittlung der Restnutzungsdauer im Rahmen der Berechnung der Einkünfte aus der Vermietung von sechs Eigentumswohnungen (zu den im Erkenntnis , genannten fünf Liegenschaftsobjekten kommt in den hier gegenständlichen Jahren 2013 bis 2017 noch die Vermietung des Objekts ***Y***, hinzu) durch die Bf. die gesetzliche Vermutung des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d EStG 1988 in der für die Streitjahre geltenden Fassung widerlegt wird und eine kürzere Nutzungsdauer anzunehmen ist.

Dazu ist seitens des Bundesfinanzgerichtes festzuhalten, dass, wie auch das Finanzamt in seinem Vorlagebericht vom zutreffend ausgeführt hat, zum Erkenntnis , keine Änderungen in der Sachlage bestehen (mit Ausnahme der hinzugekommenen Vermietung des Objekts ***Y***, dazu gleich unten) und die Bf. in ihrer Beschwerde vom gegen die Einkommensteuerbescheide für 2013 bis 2017 lediglich auf den ihrer Ansicht nach fehlerhaften Einkommensteuerbescheid für 2011 und die dagegen erhobene Beschwerde (über die mit Erkenntnis , ohnehin bereits abweisend entschieden wurde, siehe oben) verwiesen hat, ohne jedoch ein weiteres Vorbringen zu erstatten (dies gilt auchfür die Vermietung des Objekts ***Y***, zumal sowohl den Beschwerdevorentscheidungen vom als auch dem Vorlagebericht vom Vorhaltscharakter zukommt () und die Bf. Gelegenheit hatte, sich dazu zu äußern). Ihren Vorlageantrag vom hat die Bf. lediglich damit begründet, dass gegen das , eine Verfassungsgerichtshofbeschwerde bzw. eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof eingebracht werde. Wie aber bereits oben in der Darstellung des Verfahrensgangs in diesem Erkenntnis ausgeführt wurde, hat der Verfassungsgerichtshof mit , die Behandlung der Beschwerde abgelehnt; eine (außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof hat die Bf. nicht eingebracht.

Aufgrund dieser Ausführungen genügt es, nochmals auf das abweisende Erkenntnis zu verweisen und dessen Entscheidungsgründe zum integrierenden Bestandteil des gegenständlichen Erkenntnisses zu erklären.

Der Beschwerde der Bf. ist sohin keine Folge zu geben, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall wird von der im vorliegenden Erkenntnis und im Erkenntnis , angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d EStG 1988 in der für die Streitjahre geltenden Fassung bzw. § 16 Abs. 1 Z 8 lit. e EStG 1988 idF vor dem AbgÄG 2012, BGBl. I Nr. 112/2012, nicht abgewichen, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7103016.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at