Vollstreckungsbescheid zur Durchbrechung der einbringungshemmenden Wirkung einer Stundung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch RA Dr. ***1***, nunmehr vertreten durch den Masseverwalter Mag. ***2***, ***3***, über die Beschwerde vom gegen den Vollstreckungsbescheid des ***FA*** vom betreffend Steuernummer ***BF1StNr2*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt:
Am erließ das Finanzamt an die beschwerdeführende s.r.o. (in der Folge kurz: Bf) einen Vollstreckungsbescheid, weil die Einbringlichkeit deren Abgabenschuld in Höhe von 310.055,44 € gefährdet sei.
Unter Hinweis auf die Bestimmung des § 230 Abs.7 BAO führte die Abgabenbehörde aus, dass es bei Erlassung eines Vollstreckungsbescheides lediglich darauf ankomme, dass die Umstände, welche die Einbringung der Abgabe gefährdeten oder zu erschweren drohten, der Abgabenbehörde in dem in der zitierten Bestimmung genannten Zeitraum (erstmals) bekannt würden. Hingegen komme dem Umstand, zu welchem Zeitpunkt diese Umstände tatsächlich eingetreten seien, keine rechtliche Relevanz zu. Die die Gefährdung betreffenden Umstände müssten allerdings im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides noch aufrecht sein ().
Auf dem Abgabenkonto der Bf befinde sich ein Rückstand von 310.055,44 €, dessen Vollstreckbarkeit derzeit wegen der COVID-bedingten Situation gehemmt sei. Aufgrund der heutigen Hausdurchsuchung an verschiedenen Örtlichkeiten habe die Steuerfahndung Bargeld gefunden. Vor Ort sei erhoben worden, dass dieses Bargeld der Bf zuzurechnen sei.
Vorliegend bestehe der dringende Verdacht, dass die Bf Bargeld vor der Finanz geheim halten wolle. Vermögen solle augenscheinlich vor der Finanz verschleiert werden, um den bestehenden Rückstand auf dem Abgabenkonto nicht begleichen zu müssen.
Mit Zustellung dieses Vollstreckungsbescheides werde die mit Bescheid vom zuerkannte und durch die Bestimmungen des § 323c BAO verlängerte Nach- bzw. Zahlungsfrist unwirksam.
In der gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobenen Beschwerde vom focht die Bf durch ihren anwaltlichen Vertreter den Bescheid seinem gesamten Inhalt und Umfang nach an.
Richtig sei, dass die Vollstreckbarkeit des Rückstandes in Höhe von 310.055,44 € aufgrund der COVID-bedingten Situation gehemmt worden sei. Die Behörde meine, allein aufgrund des Umstandes, dass im Zuge von Hausdurchsuchungen an verschiedenen Örtlichkeiten der Bf zuzurechnendes Bargeld gefunden worden sei, davon ausgehen zu können, dass sie Vermögen vor der Finanz verschleiern wolle. Derartige Annahmen würden sich als vollkommen haltlose Vermutungen erweisen, die die Erlassung des Vollstreckungsbescheides sowie die darin ausgesprochene Unwirksamkeit der zuerkannten Hemmung der Einbringung keinesfalls rechtfertigen könnten. Die Bescheidbegründung entspreche keineswegs den tatsächlichen und wahren Gegebenheiten.
Eine Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung im Sinne des § 230 Abs. 7 BAO sei aus den gleichen Gründen anzunehmen, welche bei noch nicht vollstreckbaren Abgabenforderungen zur Erlassung eines Sicherstellungsauftrages gemäß § 232 BAO führen könnten (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 2390; ).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liege eine Gefährdung oder Erschwerung im Sinne des § 232 Abs. 1 BAO nur dann vor, wenn aus der wirtschaftlichen Lage des Steuerpflichtigen und den besonderen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden könne, dass nur bei raschem Zugriff der Abgabenbehörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheine.
Nach der zu § 232 BAO ergangenen Rechtsprechung sprächen etwa drohende Konkurs- oder Ausgleichsverfahren, Vermögensverschiebungen ins Ausland oder an Verwandte für eine Gefährdung bzw. wesentliche Erschwerung (vgl. ; ).
Derartiges liege jedoch im vorliegenden Fall in keiner Weise vor. Die von der belangten Behörde angeführten Gründe für die Erlassung des angefochtenen Vollstreckungsbescheides, dass nämlich die Bf Vermögen bzw. Bargeld vor der Finanz geheim halten bzw. verschleiern würde, stellten reine Vermutungen und haltlose Behauptungen dar, die keineswegs Umstände im Sinne des § 230 Abs. 7 BAO darstellen könnten.
Die Bf verwende allfälliges Bargeld gerade zur Erfüllung bestehender Verbindlichkeiten, beispielsweise auch, um Rückstände beim Finanzamt ausgleichen zu können. Diese der Verschleierung bzw. Geheimhaltung zu verdächtigen, entbehre jeglicher Nachvollziehbarkeit und Grundlage.
Der angefochtene Vollstreckungsbescheid erweise sich aufgrund dieser Ausführungen als rechtswidrig, da die Voraussetzungen des § 230 Abs. 7 BAO augenscheinlich nicht vorlägen. Der angefochtene Bescheid samt darin ausgesprochener Unwirksamkeit der zuerkannten und durch die Bestimmungen des § 323c BAO verlängerten Nach- bzw. Zahlungsfrist sei somit zu Unrecht ergangen.
Die Bf stellte die Anträge, den angefochtenen Vollstreckungsbescheid aufzuheben und zu erkennen, dass die mit Bescheid vom zuerkannte und durch die Bestimmungen des § 323c BAO verlängerte Nach- bzw. Zahlungsfrist weiterhin wirksam sei, sowie eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab.
Der gegenständliche Vollstreckungsbescheid sei am im Zuge einer Hausdurchsuchung bei der Bf erlassen worden. Damit seien fällige Abgaben, die von Zahlungserleichterungen, u.a. vom Bescheid über die Bewilligung von Zahlungserleichterungen vom , umfasst gewesen seien, für vollstreckbar erklärt worden.
Die Beschwerde bringe zusammengefasst vor, dass die im Vollstreckungsbescheid angeführten Gründe für die Annahme einer Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung im Sinne des § 230 Abs. 7 BAO nicht ausreichten. Die Bf würde allfälliges Bargeld gerade zur Erfüllung bestehender Verbindlichkeiten verwenden.
Mit Bescheid vom sei dem Ansuchen der Bf vom , gestellt durch ihre steuerliche Vertretung, entsprochen und der gesamte Abgabenrückstand von 128.114,95 € bis gestundet worden.
Diese Frist sei aufgrund der Bestimmung des § 323c Abs. 11 BAO zunächst bis und später aufgrund des § 323c Abs. 11a BAO bis verlängert worden.
Mit Schreiben vom habe der von der Staatsanwaltschaft beauftragte Sachverständige mitgeteilt, dass er zur Befundaufnahme und Gutachtenerstellung u.a. in Zusammenhang mit einer allfälligen Zahlungsunfähigkeit der Bf beauftragt worden sei. Dem Schreiben sei die Sachverständigenbestellung seitens der Staatsanwaltschaft angeschlossen gewesen.
Am habe eine Hausdurchsuchung stattgefunden, wobei die Steuerfahndung Bargeld aufgefunden habe. Vor Ort sei erhoben worden, dass dieses Bargeld der Bf zuzurechnen sei. Aus diesem Grund sei der angefochtene Vollstreckungsbescheid erlassen worden. Zu diesem Zeitpunkt seien Abgabenverbindlichkeiten in Höhe von 310.055,44 € offen gewesen.
In ihren Erwägungen zitierte die Abgabenbehörde eingangs die Bestimmungen des § 230 Abs. 5 und Abs. 7 BAO.
Dem Verwaltungsakt seien während der aufrechten Stundung folgende Umstände zu entnehmen:
• Die Bestellung eines Sachverständigen durch die Staatsanwaltschaft, der u.a. eine allfällige Zahlungsunfähigkeit der Bf begutachten solle;
• die Erhöhung fälliger, jedoch gestundeter Abgabenverbindlichkeiten von 128.114,95 € auf 310.055,44 €;
• das Vorfinden erheblicher Summen an Bargeld im Zuge der Hausdurchsuchung;
• dem Abgabenkonto sei während der aufrechten Stundung eine einzige Einzahlung zu entnehmen, die gezielt auf die Umsatzsteuerverbindlichkeiten für den Voranmeldungszeitraum 7/2020 entrichtet worden sei.
Demnach seien mehrere Umstände zutage getreten, die die Gefährdung oder zumindest wesentliche Erschwerung der Einbringung befürchten ließen.
Die Bf bringe zwar vor, allfälliges Bargeld zur Erfüllung bestehender Verbindlichkeiten zu verwenden, beispielsweise auch, um Rückstände beim Finanzamt begleichen zu können, doch könne dies dem Abgabenkonto in dieser Form nicht entnommen werden. Während der aufrechten Stundung in der Zeit von bis sei lediglich eine einzige Zahlung durch die Bf erkennbar, und zwar am in Höhe von 33.602,87 € mit Widmung U 7/2020.
Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass sich der Abgabenrückstand während aufrechter Stundung von 128.114,95 € auf 310.055,44 € erhöht habe.
Insbesondere in Zusammenhang mit der Sachverständigenbestellung, in der explizit von einer allfälligen Zahlungsunfähigkeit der Bf sowie von Barbehebungen, die durch den bestellten Sachverständigen näher beleuchtet werden sollten, die Rede sei, erscheine das Vorbringen der Bf, allfällige Bargelder würden zur Erfüllung bestehender Verpflichtungen (u.a. Rückstände beim Finanzamt) verwendet, nicht nachvollziehbar.
Dem Abgabenkonto seien insgesamt 136.713,00 € an gepfändetem Bargeld zu entnehmen, die der Bf vor Ort hätten zugeordnet werden können. In Zusammenhang mit der in der Sachverständigenbestellung zu klärenden Frage der allfälligen Zahlungsunfähigkeit der Bf erscheine das vorgebrachte Argument der Erfüllung bestehender Verpflichtungen ebenfalls nicht nachvollziehbar.
Die Bf führe selbst aus, dass ein drohendes Konkurs- oder Ausgleichsverfahren für eine Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung spreche. Im Hinblick auf die Ausführungen in der Sachverständigenbestellung sei davon auszugehen, dass eine allfällige Zahlungsunfähigkeit der Bf wohl zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens führen könnte.
Im Beschwerdeverfahren sei nur zu prüfen, ob im Zeitpunkt der Erlassung des Vollstreckungsbescheides die diesbezüglichen Voraussetzungen vorgelegen seien (, 0021).
Die Erlassung eines Vollstreckungsbescheides liege im Ermessen der Behörde, wobei das eingeräumte Ermessen gemäß § 20 BAO die Beachtung des Grundsatzes der Billigkeit und Zweckmäßigkeit erfordere. Aus der zwingenden Tatbestandsvoraussetzung der Gefährdung oder Erschwerung der Einbringlichkeit der Abgaben ergebe sich, dass nur durch den eine Sofortmaßnahme darstellenden Vollstreckungsbescheid dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgaben Rechnung getragen werden könne. Die berechtigten Interessen der Partei würden daher grundsätzlich in den Hintergrund treten. Nur in Ausnahmefällen - etwa bei Geringfügigkeit der Abgabenforderung oder des durch die Vollstreckungshandlung zu erzielenden Einbringungserfolges - könnte von der Erlassung eines Vollstreckungsbescheides abgesehen werden (vgl. , mit Verweis auf ).
Weder die Abgabenforderung noch der erzielte Einbringungserfolg könnten als geringfügig angesehen werden, wodurch hinsichtlich der Ermessensübung die Interessen der Bf gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Abgabeneinhebung in den Hintergrund treten würden.
Insgesamt gesehen seien daher im Zeitpunkt der Erlassung des Vollstreckungsbescheides alle Voraussetzungen für die Einbringungsmaßnahme vorgelegen, weshalb sich der Vollstreckungsbescheid als rechtmäßig erweise.
Mit Schreiben vom stellte die Bf durch ihren anwaltlichen Vertreter einen Vorlageantrag; ein weiteres Sachvorbringen wurde nicht erstattet.
Mit Beschluss vom wurde über das Vermögen der Bf das Konkursverfahren eröffnet.
Mit Schreiben vom zog der Insolvenzverwalter den Antrag auf mündliche Verhandlung zurück.
Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den von der Abgabenbehörde vorgelegten Aktenteilen, dem Parteienvorbringen, dem Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung und der Ediktsdatei.
Rechtslage:
Nach § 230 Abs. 2 BAO dürfen während einer gesetzlich zustehenden oder durch Bescheid zuerkannten Zahlungsfrist Einbringungsmaßnahmen nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden.
Wurden Zahlungserleichterungen bewilligt, so dürfen Einbringungsmaßnahmen während der Dauer des Zahlungsaufschubes weder eingeleitet noch fortgesetzt werden (§ 230 Abs. 5 1. Satz BAO).
Kommen während der Zeit, in der gemäß § 230 Abs. 1 bis 6 BAO Einbringungsmaßnahmen nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden dürfen, Umstände hervor, die die Einbringung einer Abgabe gefährden oder zu erschweren drohen, so dürfen Einbringungsmaßnahmen durchgeführt werden, wenn spätestens bei Vornahme der Vollstreckungshandlung ein Bescheid zugestellt wird, der die Gründe der Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung anzugeben hat (Vollstreckungsbescheid). Mit der Zustellung dieses Bescheides treten bewilligte Zahlungserleichterungen außer Kraft (§ 230 Abs. 7 BAO).
Vollstreckungsbescheide dienen der Beseitigung der gemäß § 230 Abs. 1 bis 6 BAO zustehenden Hemmung der Einbringung, um unverzügliche Vollstreckungsmaßnahmen zu ermöglichen. Mit der Zustellung bzw. Übergabe des Vollstreckungsbescheides endet die Hemmung der Einbringung und sind sofort Vollstreckungsmaßnahmen zulässig.
Die Erlassung eines Vollstreckungsbescheides liegt im Ermessen und setzt voraus, dass während der Zeit der Hemmung der Einbringung Umstände hervorkommen, die die Einbringung der Abgabe gefährden oder zu erschweren drohen.
Eine solche Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung (im Sinne des § 230 Abs. 7) ist aus den gleichen Gründen anzunehmen, welche bei noch nicht vollstreckbaren Abgabenforderungen zur Erlassung eines Sicherstellungsauftrages nach § 232 BAO Anlass geben können.
Solche Umstände müssen "hervorkommen", somit der Abgabenbehörde im Zeitraum der Hemmung der Einbringung (erstmals) bekannt werden. Nicht relevant ist, zu welchem Zeitpunkt diese Umstände tatsächlich eingetreten sind; sie müssen allerdings im Zeitpunkt der Erlassung des Vollstreckungsbescheides noch aufrecht sein.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 232 BAO liegt eine Gefährdung oder Erschwerung vor, wenn aus der wirtschaftlichen Lage der Partei und den besonderen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden kann, dass nur bei raschem Zugriff der Abgabenbehörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheint (, mit Verweis auf , 92/15/0235, 0236).
Für eine solche Gefährdung bzw. Erschwerung spricht etwa ein drohendes Insolvenzverfahren (Ritz/Koran, BAO7 (2021), § 230, Rz. 13 f).
Dasselbe gilt für (laufende) Zahlungserleichterungsansuchen eines notleidenden Unternehmens, wenn in ihnen nicht dargelegt und glaubhaft gemacht wird, dass die Einbringlichkeit der Abgaben nicht gefährdet ist, was dem Hervorkommen von Umständen, die die Einbringung einer Abgabe gefährden oder zu erschweren drohen, gleichkommt ().
Ob eine solche Gefährdung vorliegt, ist auf Grund der Gegenüberstellung der Abgabenforderung und des zur Begleichung der Forderung zur Verfügung stehenden Einkommens und Vermögens zu beurteilen. Es reicht, wenn das Aufkommen in Gefahr gerät. Eine solche Gefährdung darf nicht nur vermutet werden, es müssen Anhaltspunkte tatsächlicher Art gegeben sein.
Bei Beurteilung, ob eine Gefährdung der Einbringlichkeit vorliegt, ist die Höhe der Abgabenforderung daher von wesentlicher Bedeutung. Bei einer Gefährdung handelt es sich um das Vorstadium eines Abgabenausfalls, in dem eine Tendenz erkennbar ist, dass die Abgaben nicht bezahlt werden.
Im Bescheidbeschwerdeverfahren ist nur zu prüfen, ob im Zeitpunkt der Erlassung des Vollstreckungsbescheides die Voraussetzungen dafür vorgelegen sind (, 2007/13/0021).
Nach § 323c Abs. 11 BAO bleiben Stundungen gemäß § 212 Abs. 1, die nach dem bewilligt worden sind und deren Stundungsfrist am 30. September oder am endet, bis (…) aufrecht.
Nach § 323c Abs. 11a BAO bleiben Stundungen gemäß Abs. 11 bis aufrecht (…). Die Stundung sowie die gesetzliche Zahlungsfrist enden mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Abgabenschuldners.
Erwägungen:
Die Bf wurde am in Form einer s.r.o. nach tschechischem Recht gegründet und war im Handelsregister des Stadtgerichtes Prag registriert.
Ab April 2020 (konkret am , am , am und am ) stellte die Bf wiederholt Stundungsansuchen, welche sie stets damit begründete, dass die Betroffenheit durch die SARS-CoV-2-Virusinfektion sorgfältig geprüft worden sei. Es könne glaubhaft gemacht werden, dass die Bf von einem dadurch ausgelösten Liquiditätsengpass betroffen sei.
Das Finanzamt bewilligte diese Stundungsgesuche, letztmalig das Ansuchen vom mit Bescheid vom . Mit diesem Bescheid wurde die Stundung eines Abgabenrückstandes von 128.114,95 € bis bewilligt.
Ab September 2020 erfolgten im Hinblick auf die Bestimmungen des § 323c Abs. 11 und Abs. 11a BAO automatische Stundungen des Abgabenrückstandes (vgl. E-Mail des Finanzamtes vom , abrufbar im so genannten "b-Verfahren").
Dem Finanzamt wurde durch ein Schreiben vom eines von der Staatsanwaltschaft bestellten Sachverständigen bekannt, dass dieser u.a. mit der Überprüfung einer allfälligen Zahlungsunfähigkeit der Bf beauftragt worden war.
Im Zuge einer Hausdurchsuchung wurde am Bargeld aufgefunden, das der Bf zuzurechnen war. Nach Zustellung des angefochtenen Vollstreckungsbescheides wurde dieses Bargeld von der Finanzpolizei beschlagnahmt und an das Finanzamt vermittelt (Vermerke vom und vom im so genannten "b-Verfahren" des Finanzamtes).
Diese Beträge (89.725,00 €, 40.860,00 € und 6.128,00 €, in Summe 136.713,00 €) wurden am auf dem Abgabenkonto der Bf verbucht.
Mit Gerichtsbeschluss vom wurde über ihr Vermögen das Konkursverfahren eröffnet.
Mit Beschluss vom zeigte der Masseverwalter die Masseunzulänglichkeit an.
Das Finanzamt nannte in der Beschwerdevorentscheidung die Bestellung eines Sachverständigen zur Überprüfung einer allfälligen Zahlungsunfähigkeit der Bf, die Erhöhung der gestundeten Abgabenverbindlichkeiten von 128.114,95 € auf 310.055,44 €, das Vorfinden einer erheblichen Summe von Bargeld im Zuge einer Hausdurchsuchung sowie nur eine einzige Zahlung während aufrechter Stundung als Umstände, die während der Zeit der Hemmung der Einbringung hervorgekommen waren und seiner Ansicht nach die Einbringung der gestundeten Abgaben gefährdeten bzw. zu erschweren drohten.
Diesen Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung, der nach der Judikatur die Wirkung eines Vorhaltes zukommt, trat die Bf im Vorlageantrag nicht entgegen.
Das Bundesfinanzgericht teilt die Ansicht der Abgabenbehörde. Sowohl der eklatante Anstieg der Abgabenverbindlichkeiten innerhalb eines Zeitraumes von nicht einmal einem Jahr bei gleichzeitig einer einzigen Zahlung, verbunden mit der gänzlichen Nichtentrichtung der Lohnabgaben, als auch die weiteren genannten Umstände berechtigten das Finanzamt zur Erlassung des angefochtenen Vollstreckungsbescheides.
Gründe, weshalb entgegen der vom Finanzamt angeführten Umstände eine Gefährdung oder drohende Erschwerung der Abgabeneinbringung nicht vorgelegen wären, brachte die Bf nicht vor.
Da im Beschwerdeverfahren auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des Vollstreckungsbescheides abzustellen ist, konnte auf erst in weiterer Folge eintretende Umstände nicht Bedacht genommen werden.
Dennoch war darauf zu verweisen, dass die Annahme des Finanzamtes durch die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Bf bestätigt wurde.
Dass die Abgabenbehörde das Ermessen bei Erlassung des Vollstreckungsbescheides nicht dem Gesetz entsprechend geübt hätte, brachte die Bf ebenfalls nicht vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Beschwerdefall lagen keine Rechtsfragen vor, denen grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen (oben zitierten) VwGH-Rechtsprechung beantwortet wurden und solche, welche im Gesetz eindeutig gelöst sind. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab.
Linz, am
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 230 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.5100951.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at