Anspruchszinsenbescheid nicht rechtswidrig, weil ein weiterer Steuerpflichtiger die der Zinsenvorschreibung zugrunde liegende Abgabe ursprünglich entrichtet hat
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Anspruchszinsen 2015 und 2016 zu Recht erkannt:
I.
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensablauf
Mit Anspruchszinsenbescheid für das Jahr 2015 vom wurden gemäß § 205 BAO Zinsen in Höhe von 769,31 € festgesetzt.
Mit Anspruchszinsenbescheid für das Jahr 2016 vom wurden gemäß § 205 BAO Zinsen in Höhe von 447,10 € festgesetzt.
Mit Schreiben vom wurde gegen die gegenständlichen Bescheide Beschwerde eingereicht wie folgt:
Die Festsetzung sei nicht gerechtfertigt, da die Firma ***2*** die KESt rechtzeitig entrichtet hätte. Diese KESt sei nun zurücküberwiesen worden und werde vom Beschwerdeführer fristgerecht bezahlt. Es hätte also keine Zinsen gegeben, die zu verrechnen seien. Es sei denn, es würden auch Zinsen an die ***2*** zurück verrechnet werden.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und wie folgt begründet:
Anspruchszinsen sollten (mögliche) Zinsvorteil oder Zinsnachteile ausgleichen, die sich aus unterschiedlichen Zeitpunkten der Abgabenfestsetzung ergeben würden. Aus welchen Gründen die Abgabenfestsetzung früher oder später erfolgt sei bzw. warum bei Abänderungen die ursprüngliche Abgabenfestsetzung unrichtig gewesen wäre, sei bedeutungslos.
Die Zinsen würden kein Zeiträume vor Eintritt eines rückwirkenden Ereignisses betreffen. Auch hätte kein Guthaben auf dem gegenständlichen Abgabenkonto bestanden. Es liege keine Voraussetzung für die Herabsetzung bzw. Nichtfestsetzung von Anspruchszinsen vor.
Die Beschwerde wäre daher als unbegründet abzuweisen gewesen.
Mit Schreiben vom wurde der Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht zur Entscheidung gestellt und wie folgt begründet:
Die Aufrollung der Einkommensteuerbescheide sei aufgrund einer Eingabe des Steuerberaters der Firma ***2*** durchgeführt worden. In den entsprechenden Jahren sei die KESt für den Anteil als stiller Gesellschafter von der ***2*** bezahlt worden. Durch die Änderung sei dies rückgängig gemacht worden und die Firma ***2*** hätte die bezahlte KESt (2021) zurückerstattet bekommen. Das Finanzamt hätte rechtzeitig und ohne Verzug die KESt von der Firma ***2*** erhalten, diese KESt sei heuer wieder zurück überwiesen worden. Negative Anspruchszinsen für den Zeitraum der zuviel gezahlten KESt seien der Firma ***2*** nicht verrechnet worden. Zum jetzigen Stand hätte der österreichische Staat also die KESt-Zahlung rechtzeitig erhalten. Ihm würden aber trotzdem die Anspruchszinsen verrechnet werden, obwohl nie ein Rückstand bestanden hätte. Gerne zahle er diese Anspruchszinsen, wenn im Gegenzug die Firma ***2*** die entsprechenden negativen Anspruchszinsen gutgeschrieben werden würden.
Mit Vorlagebericht vom wurde die obige Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt und unter anderem wie folgt ausgeführt:
Sachverhalt:
Bei Ausschüttungen in den Jahren 2015 und 2016 durch eine GmbH seien aufgrund einer Fehlbeurteilung des stillen Beteiligungsverhältnisses die Auszahlungen an den Beschwerdeführer sofort von der ausschüttenden Gesellschaft der Kapitalertragsteuer (KESt) unterworfen worden. Die betreffenden Jahre seien sodann antragsgemäß mit bei der GmbH korrigiert und die zu Unrecht entrichtete KESt zurückerstattet worden.
Im Rahmen einer Wiederaufnahme des Verfahrens beim Beschwerdeführer seien die Bescheide 2015 und 2016 mit Bescheiddatum angepasst und die anfallende KESt vom Beschwerdeführer auch sofort entrichtet worden.
Am wären automatisiert ebenfalls die Bescheide über die Festsetzung der Anspruchszinsen für 2015 und 2016 ergangen.
Stellungnahme:
Gemäß § 205 Abs. 1 BAO seien Differenzbeträge an Einkommen- und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen, nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben würden, für den Zeitraum ab 1.Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruches folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen (Anspruchszinsen).
Die Anspruchszinsen sollten (mögliche) Zinsvorteile bzw. Zinsnachteile ausgleichen, die sich aus unterschiedlichen Zeitpunkten der Abgabenfestsetzung ergeben würden ().
Entscheidend sei die objektive Möglichkeit der Erzielung von Zinsvorteilen bzw. Zinsnachteilen. Für die Anwendung des § 205 sei daher bedeutungslos, aus welchen Gründen die Abgabenfestsetzung früher oder später erfolgt sei (Ritz, SWK 2001, S 27; ; ; , RV/1100481/2016).
Die Festsetzung der Anspruchszinsen liege nicht im Ermessen (; , RV/1225-L/09).
In gegenständlicher Beschwerde vom bzw. im Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde vom führe der Beschwerdeführer an, dass die GmbH die KESt rechtzeitig entrichtet hätte, diese aufgrund der vom steuerlichen Vertreter der GmbH angeregten Korrektur an die GmbH nunmehr zurücküberwiesen worden wäre und unverzüglich von ihm selbst fristgerecht bezahlt worden wäre. Es würde demnach keine Zinsen geben, die zu verrechnen sein würden. Ihm würden aber trotzdem Anspruchszinsen verrechnet worden sein, obwohl nie ein Rückstand bestanden hätte.
Dem sei entgegen zu halten, dass es bei einer Verzinsung, die sich auf Abänderungen von Bescheiden ergebe, vollkommen bedeutungslos sei, aus welchen Gründen die ursprüngliche Abgabenfestsetzung unrichtig gewesen sein würde. Auf ein Verschulden des Abgabepflichtigen komme es nicht an (), die rein objektive Möglichkeit der Erzielung von Zinsvorteilen sei maßgebend.
Dem Erkenntnis zugrunde liegender Sachverhalt
Mit Wiederaufnahmebescheiden gemäß § 303 BAO betreffend Einkommensteuer 2015 und 2016 vom wurde das jeweilige Einkommensteuerverfahren wieder aufgenommen. Mit Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2015 und 2016 ebenso vom wurde die Einkommensteuer in Form einer Nachforderung neu festgesetzt.
Am wurden die gegenständlichen Anspruchszinsenbescheide erlassen.
Strittig ist, ob die ursprüngliche Entrichtung einer KESt - deren Festsetzung beim Beschwerdeführer zu den Nachforderungen geführt hat - durch einen weiteren Steuerpflichtigen im Rahmen seines Abgabenverfahrens die Festsetzung der Anspruchszinsen rechtswidrig werden lässt.
Rechtliche Begründung
§ 205 Abs. 1 BAO lautet wie folgt:
Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen (Abs. 4), nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, sind für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruches folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen (Anspruchszinsen).
Dies gilt sinngemäß für Differenzbeträge aus
a.
Aufhebungen von Abgabenbescheiden;
b.
Bescheiden, die aussprechen, dass eine Veranlagung unterbleibt;
c.
auf Grund völkerrechtlicher Verträge oder gemäß § 240 Abs. 3 erlassenen Rückzahlungsbescheiden.
Anspruchszinsen sollen (mögliche) Zinsvorteile bzw. Zinsnachteile ausgleichen, die sich aus unterschiedlichen Zeitpunkten der Abgabenfestsetzung ergeben.
Bei der Verzinsung, die sich aus Abänderungen von Bescheiden ergibt, ist bedeutungslos, aus welchen Gründen die ursprüngliche Abgabenfestsetzung unrichtig war. Auf ein Verschulden des Abgabepflichtigen kommt es nicht an (siehe auch ; ;, RV/5100523/2018).
Die Festsetzung der Anspruchszinsen liegt nicht im Ermessen (siehe Ritz, BAO6, § 205, Rz 2ff; VwGH 249.2008, 2007/15/0175).
Nachforderungen von Einkommensteuer lösen einen Anspruchszinsenbescheid aus. Der Zinsenbescheid ist an die im Spruch des zur Nachforderung oder Gutschrift führenden Bescheides nachgewiesene Nachforderung gebunden (siehe auch RV/0286-G/07).
Aus diesem Grund ist der Zinsenbescheid daher nicht (mit Aussicht auf Erfolg) mit der Begründung anfechtbar, der maßgebende Einkommensteuerbescheid sei inhaltlich rechtswidrig (Ritz, BAO6, § 205, Rz 33ff).
Im vorliegenden Fall wird die Rechtsrichtigkeit der Einkommensteuerbescheide nicht bestritten.
Die Einwendungen betreffen die Veranlagung eines weiteren Abgabepflichtigen und können folglich im Verfahren den Beschwerdeführer betreffend nicht berücksichtigt werden.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Festsetzung von Anspruchszinsen ist gebunden an die Festsetzung einer Nachforderung im Einkommensteuerbescheid. Die Vorschreibung von Anspruchszinsen gemäß § 205 BAO ergibt sich direkt aus dem Gesetz, weshalb die Lösung einer Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, nicht zu erwarten ist.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 205 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | RV/0286-G/07 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.5100763.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at