Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 01.12.2021, RV/2100291/2019

Kein Erlöschen der Zustellvollmacht eines Vertreters im Fall der Bekanntgabe eines weiteren Vertreters

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch S, R sowie die fachkundigen Laienrichter L1 und L2 in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch V3, Adresse, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Leoben Mürzzuschlag vom , Abgabenkontonummer 65, über die Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen nach der am und am in Anwesenheit des steuerlichen Vertreters der Bf., V4, dem Vertreter des Finanzamtes, V5, sowie des Schriftführers S durchgeführten mündlichen Verhandlungen zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Im Zuge einer bei der Beschwerdeführerin (Bf.), einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, gemäß § 247 Abs. 1 BAO in Verbindung mit § 99 Abs. 2 FinStrG über die Jahre 2011 bis 2014 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung stellte das Finanzamt fest, dass die Bf. zahlreiche Scheinrechnungen als Eingangsrechnungen verbucht und dadurch zu Unrecht Vorsteuerbeträge und betriebliche Aufwendungen geltend gemacht hatte. Die Erlöse aus den Verbuchungen wurden teils für die Auszahlung von Schwarzlöhnen verwendet, teils wurden verdeckte Gewinnausschüttungen finanziert (Bericht gem. § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung vom , ABNr. 123).

Das Finanzamt erließ daraufhin an die Bf. - zum Teil im gemäß § 303 Abs. 1 BAO wieder aufgenommenen Verfahren - u.a. Umsatzsteuerbescheide 2011 bis 2014 (Nachforderungen: Umsatzsteuer 2011 52.283,90 €, Umsatzsteuer 2012 311.729 €, Umsatzsteuer 2013 325.090,02 € und Umsatzsteuer 2014 89.538 €) sowie Haftungsbescheide für Kapitalertragsteuer (Kapitalertragsteuer 2013 79.320,34 € und Kapitalertragsteuer 2014 16.450,20 €).

Mit dem hier angefochtenen (Sammel-) Bescheid vom setzte das Finanzamt gegenüber der Bf. erste Säumniszuschläge in der Höhe von insgesamt 17.488,23 Euro fest, weil die Umsatzsteuer 2011, 2012, 2013 und 2014 sowie die Kapitalertragsteuer 01-12/2013 und 01-12/2014 nicht spätestens an ihren jeweiligen Fälligkeitstagen entrichtet wurden.

Im Schriftsatz vom brachte die Bf. unter Punkt 22 hinsichtlich der "Säumniszuschläge zu den Jahren 2011 bis 2014" das Rechtsmittel der Beschwerde ein und beantragte die Entscheidung durch einen Berufungssenat und die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.
Hinsichtlich der Umsatzsteuer seien die Besteuerungsgrundlagen im Schätzungsweg ermittelt worden, obwohl alle Unterlagen der Abgabenbehörde zur Verfügung stünden, somit die Möglichkeit gegeben sei, die Besteuerungsgrundlagen zu berechnen und die derart ermittelten Beträge daher mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprächen.
Die Zuflüsse der Kapitalerträge seien mit der Bezahlung der Kapitalerträge statt - wie es das Gesetz vorsehe - mit dem Zeitpunkt des Zuflusses angenommen und die Kapitalerträge somit der falschen Abgabenperiode zugeordnet worden. Dem Spruch des Haftungsbescheides zur Kapitalertragsteuer 2013 sei eine andere Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt worden als in der Begründung des Bescheides angeführt sei.
Es wurde beantragt, den Bescheid über die Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen 2016 aufzuheben und durch neu zu erlassende Bescheide zu ersetzen, die den [sich ausschließlich gegen die Festsetzung der Abgaben richtenden] Beschwerdegründen Rechnung tragen.

Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde u.a. gegen die Festsetzung von Säumniszuschlägen vom als unbegründet ab.

Mit dem Schriftsatz vom beantragte die Bf. ohne weitere Ausführungen, die Beschwerde vom [richtig: ] u.a. gegen den Bescheid über die Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.

In der am durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde vom steuerlichen Vertreter der Bf. ergänzend vorgebracht:
1. Beim Bescheid vom handle es sich um einen sogenannten "Nichtbescheid", weil die derzeitige Vertreterin der Bf. (V3) ihre Vertretungsvollmacht mit dem Fax vom beim Finanzamt Bruck Leoben Mürzzuschlag mit dem ausdrücklichen Hinweis eingebracht habe, mit sofortiger Wirkung sei nur mehr sie zustellbevollmächtigt. Die Vollmacht der V1 sei in diesem Zeitpunkt bereits beendet gewesen.
Das BFG sei daher nicht zuständig, über die Beschwerde zu entscheiden, weil keine ordnungsgemäße Zustellung des Bescheides vorliege.
2. Die Beschwerdevorentscheidung vom entspreche nicht den gesetzlichen Voraussetzungen eines Bescheides. Der Spruch sei mangelhaft, da nicht erkennbar sei, über welche Säumniszuschläge abgesprochen wurde.

Der Vertreter des Finanzamtes brachte dazu vor, dass der Säumniszuschlagsbescheid vom im automatisierten Verfahren erstellt worden sei und zu diesem Zeitpunkt noch die V1 als Zustellbevollmächtigte eingetragen gewesen sei.
Hinsichtlich der Beschwerdevorentscheidung führte er aus, im Spruch sei die "Festsetzung von Säumniszuschlägen vom " angeführt, weshalb klar sei, dass es sich um den Bescheid vom handle.

Nach Vertagung der mündlichen Verhandlung brachte die steuerliche Vertreterin der Bf. im Schriftsatz vom gleichen Tag, beim BFG eingegangen am , vor:

Rechtsanwalt V2 hat mit Schreiben vom dem Finanzamt Bruck Leoben Mürzzuschlag bekannt gegeben, dass er mit der Vertretung der Gesellschaft gemäß § 8 RAO beauftragt wurde.

Beruft sich ein Rechtsanwalt gemäß § 8 Abs. 1 RAO auf die ihm erteilte Vollmacht, so zeigt er damit der Behörde auch die für die betreffende Sache erteilte Zustellvollmacht an, ohne dass es noch einer besonderen Erwähnung oder eines urkundlichen Nachweises derselben bedürfte ( 194, 94/14/0104 u.a.).

Ist ein Zustellbevollmächtigter bestellt, so hat § 9 Abs. 3 die Behörde diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als nicht bewirkt.

Die Abgabenbehörde hat die Zustellvollmacht des Rechtsanwaltes auch amtlich erfasst, als Haftungsbescheide und Angelegenheiten über die Sicherstellung dem anwaltlichen Vertreter vor Erlassung des Bescheides über die Säumniszuschläge zugestellt wurden. Dies betrifft den Zeitraum 2014 bis zu unserer Mitteilung am .

Die Abgabenbehörde hat somit im Einhebungsverfahren die Zustellvollmacht der anwaltlichen Vertretung umgesetzt, dies hätte sie auch für die Erlassung der Säumniszuschläge zu tun gehabt, nachdem die Abgabenbehörde fortlaufend im Einhebungsverfahren die entsprechenden Erledigungen der anwaltlichen Vertretung V2 zugestellt hat.

Daher ist die Zustellung an die ehemalige, steuerliche Vertretung (V1) des SZ-Bescheides vom nicht wirksam erfolgt.

Der Vertreter des Finanzamtes führte im Schriftsatz vom aus, die Bekanntgabe der Vertretungsvollmacht der V3 am sei mit der Faxnummer des Finanzamtsstandortes Leoben erfolgt. Es könne nicht mehr nachvollzogen werden, wann das Schriftstück am zuständigen Standort Mürzzuschlag eingelangt sei.
Am sei über den Finanz-Online Zugang der Bf. die V3 ergänzend zur V1 als Zustellbevollmächtigte eingetragen worden.
Die Bevollmächtigung der V1 sei über den Finanz-Online Zugang der Bf. am beendet worden.
Nach dem EDV-System habe eine Zustellbevollmächtigung für die V1 zwischen und bestanden. Seit sei die V3 zustellbevollmächtigt.

Unter Berücksichtigung des vorgelegten Fax vom habe es daher im Zeitpunkt der Zustellung des angefochtenen Bescheides zwei Zustellbevollmächtigte der Bf. gegeben. Nach § 9 Abs. 4 ZustG gelte eine Zustellung als bewirkt, sobald sie an einen von ihnen vorgenommen werde. Beim Ersuchen im Fax "die Abgabenbehörde möge ab sofort ausschließlich an die V3 zustellen", handle es sich nicht um eine rechtswirksame Beendigung des Vollmachtverhältnisses zwischen der Bf. und der V1.

Der Bescheid vom sei daher nach Ansicht der Abgabenbehörde ordnungsgemäß zugestellt worden.

In der am fortgesetzten mündlichen Verhandlung brachte der steuerliche Vertreter der Bf. vor, seit Bekanntgabe der Bevollmächtigung der Rechtsanwaltskanzlei V2 am seien sämtliche Zustellungen der Abgabenbehörde an diesen Zustellbevollmächtigten ergangen. Zum Nachweis wurden der Bericht über die Außenprüfung vom und die Niederschrift über die Schlussbesprechung vom , beide zugestellt zu Handen V2, vorgelegt.
Die Bf. habe daher davon ausgehen können, dass im beiderseitigen Einvernehmen die ausschließliche Zustellung an die Rechtsanwaltskanzlei vorgesehen wurde. Im BAO-Kommentar von Ritz, § 83, Rz 21, werde auf die Bestimmungen der §§ 1020 ABGB ff., und zwar im Speziellen auf den § 1026 ABGB verwiesen, der vorsehe, dass bei einer Prozessführung die Anzeige einer Bestellung eines anderen Rechtsanwaltes die ursprüngliche Zustellvollmacht erlöschen lasse.
Das Finanzamt Bruck Leoben Mürzzuschlag sei organisatorisch ein Finanzamt, weshalb die Übersendung des FAX vom , adressiert an das Finanzamt Mürzzuschlag (jedoch mit der Faxnummer des Finanzamtes Leoben) auch für den Standort Mürzzuschlag als eingebracht zu gelten habe. Im Übrigen sei die Mitteilung der Vollmacht inklusive Zustellvollmacht dem Finanzamt auch postalisch übermittelt worden.

Der Vertreter der Bf. brachte weiters vor, das Finanzamt habe in der Beschwerdevorentscheidung vom auf die gesonderte Bescheidbegründung verwiesen. Eine solche Bescheidbegründung sei bis dato nicht ergangen.

Dazu führte der Vertreter des Finanzamtes aus, die 25-seitige Bescheidbegründung der Beschwerdevorentscheidung vom beziehe sich ausschließlich auf das Beschwerdevorbringen gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens und gegen die Festsetzung der angefochtenen Abgaben. Hinsichtlich der Festsetzung der Säumniszuschläge sei keine gesonderte Begründung verfasst worden, da die Anfechtung der Säumniszuschlagsbescheide in der Beschwerde vom unter Punkt 22 zwar aufgezählt, aber nicht weiter begründet worden sei.

Der Vertreter der Bf. entgegnete darauf, dass mangels Zustellung des Säumniszuschlagbescheides vom an die V3 die Verfassung einer Begründung nicht möglich gewesen sei.

Der Vertreter des Finanzamtes führte weiter aus, sämtliche EDV-mässig ergangenen Schriftstücke seien zu Handen der Kanzlei V1 zugestellt worden, weil die Zustellvollmacht für diese Kanzlei in der EDV gespeichert gewesen sei. V2 sei in der EDV nur vom 16. bis als Zustellbevollmächtigter eingetragen gewesen. Es habe daher in diesem Zeitraum gleichzeitig zwei Zustellbevollmächtigte gegeben.
Im Fall von Eintragungen des steuerlichen Vertreters oder des Zustellbevollmächtigten durch das Finanzamt scheine, um diese nachvollziehen zu können, neben der Eintragung der/die jeweilige Sachbearbeiter/in auf. Seien keine Bediensteten als Bearbeiter angemerkt, bedeute dies, dass die Eintragung durch den steuerlichen Vertreter über Finanz-Online selbst vorgenommen worden sei. Ein Hinweis auf die Eintragung durch die Kanzlei selbst sei, dass in diesen Fällen der Wirtschaftstreuhänder-Code angeführt werde. Welche/r Bearbeiter/in der einzelnen Kanzlei die Eintragung durchgeführt habe, werde in der EDV nicht erfasst.

Der Vertreter der Bf. erwiderte, V2 habe keinen Finanz-Online Zugang und könne daher die Eintragungen am und am nicht gemacht haben.
Das Vorbringen des Finanzamtes, der/die jeweilige Sachbearbeiter/in der Wirtschaftstreuhandkanzleien würden bei Eingaben in Finanz-Online nicht erfasst, sei nicht richtig. Für jeden Bearbeiter einer Steuerberatungs- oder Rechtsanwaltskanzlei müsse ein Finanz-Online Benutzer angelegt werden. Der Benutzer sei also identifizierbar und im elektronischen System der Finanzverwaltung gespeichert.
Da V2 am schriftlich dem Finanzamt gegenüber die Vollmacht mit Hinweis auf § 8 RAO bekannt gegeben habe und diese daher nicht eingeschränkt gewesen sei, wäre das Finanzamt verpflichtet gewesen, die Zustellvollmacht am Abgabenkonto der Bf. einzutragen. Eine Verpflichtung des Vetreters, selbst tätig zu werden und die Vollmacht einzutragen, gebe es nicht. Er stelle daher folgende Beweisanträge:
1. Einvernahme der K, Kanzleileiterin der Rechtsanwaltskanzlei V2 als Auskunftsperson dahingehend, ob von ihr Eintragungen im elektronischen Finanz-Online Verfahren der Bf. getätigt wurden.
2. Antrag, der Abgabenbehörde die Beischaffung eines Auszuges aus dem Finanz-Online Verfahren aufzutragen, woraus ersichtlich ist, welche Personen Eintragungen im elektronischen Rechtsverkehr der Bf. vorgenommen haben.
Aus den Beweisanträgen gehe hervor, dass die Zustellvollmacht der Kanzlei V1 bereits erloschen und dies der Abgabenbehörde auch bekannt gewesen sei.
3. Abschließend werde in eventu der Antrag nach § 271 BAO gestellt, das Verfahren bis zur Entscheidung über die Grundlagenbescheide auszusetzen.

Der Senat wies die Beweisanträge ab.

Der Vertreter des Finanzamtes verwies auf die Ausführungen in der Stellungnahme des Finanzamtes vom , insbesondere auf die in diesem Zusammenhang bedeutsame Regelung des § 9 Abs. 4 ZustellG und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Der Vertreter der Bf. beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen, in eventu abzuweisen.
In einem Abgabenverfahren habe es ausschließlich die Abgabenbehörde in der Hand, Zustellungen von Bescheiden vorzunehmen. Sei in einem Verfahren seit 2014 die ausschließliche Zustellvollmacht angezeigt und der Abgabenbehörde mitgeteilt worden, so müsse sich der Abgabenpflichtige dahingehend verlassen können, dass die Anzeige durch die Abgabenbehörde auch umgesetzt werde, zumal in einem Zeitraum von über 1 1/2 Jahren die Zustellung auch dahingehend funktioniert habe, dass Schriftstücke ausschließlich der Rechtsanwaltskanzlei V2 zugestellt wurden. Dies sei ein Hinweis darauf, dass dem Finanzamt die ausschließliche Zustellung an die bevollmächtigte Rechtsanwaltskanzlei bekannt gewesen sei. Die Säumnis der elektronischen Umsetzung der bekannt gegebenen Zustellvollmacht durch das Finanzamt sei daher aus der Abwicklung des Verfahrens ersichtlich und hätte die abgabepflichtige Gesellschaft keine Möglichkeiten gehabt in dieses Verfahren ergänzend einzugreifen. Darüber hinaus seien auch im Einhebungsverfahren sämtliche Bescheide seit der Anzeige der Zustellvollmacht im Jahr 2014 an die Anwaltskanzlei V2 ergangen. Selbst wenn der Senat zum Schluss käme, die von der V3 am angezeigte ausschließliche Zustellvollmacht wäre nur für das Abgabeverfahren zutreffend, wäre im Einhebungsverfahren die Zustellung an die Rechtsanwaltskanzlei V2 vorzunehmen gewesen.
Die Zustellung des angefochtenen Bescheides sei weder an die Rechtsanwaltskanzlei noch an den neuen Zustellbevollmächtigen vorgenommen worden. Wäre die Abgabenbehörde nicht säumig gewesen und hätte die entsprechenden Anzeigen der Vertreter in der Vergangenheit umgesetzt, hätte die Zustellung der Säumniszuchlagsbescheide nicht an die Kanzlei V1 durchgeführt werden dürfen.

Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:

1. Zum Einwand, die Beschwerdevorentscheidung vom entspreche nicht den gesetzlichen Anforderungen eines Bescheides:

Der steuerliche Vertreter der Bf. brachte dazu in der mündlichen Verhandlung am vor, der Spruch der Beschwerdevorentscheidung sei mangelhaft, weil nicht erkennbar sei, über welche Säumniszuschläge im Spruch abgesprochen werde.

Dazu ist auszuführen:

Mit dem Schriftsatz vom brachte die Bf. durch ihren Vertreter unter dem Betreff "Bescheidbeschwerden betreffend Wiederaufnahme, Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer, Kapitalertragsteuer, Anspruchszinsen, Säumniszuschläge zu den Jahren 2011 bis 2014, 2015" unter Punkt 22 eine Beschwerde gegen den "Bescheid über die Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen vom " ein.

Der Spruch der verfahrensgegenständlichen Beschwerdevorentscheidung vom lautet:
"Es ergeht die Beschwerdevorentscheidung betreffend die Beschwerde vom von Firma X.GmbH, ***Bf1-Adr*** vertreten durch V3, Adresse, gegen
die Festsetzung von Anspruchszinsen 2011, 2012, 2013, 2014 vom ,
die Haftungsbescheide Kapitalertragsteuer 2011, 2012, 2013, 2014, 2015 vom
und gegen die Festsetzung von Säumniszuschlägen vom .
Über die Beschwerde wird auf Grund des § 263 Bundesabgabenordnung (BAO) entschieden:
Ihre Beschwerde vom wird als unbegründet abgewiesen."

Beim angefochtenen Bescheid vom handelt es sich um einen Sammelbescheid, der mehrere Bescheide umfasst. Die Erlassung eines Sammelbescheides ist zulässig (siehe Ritz, BAO6, § 93, Rz 31, und die dort zitierte Literatur und Judikatur).
Unzweifelhaft ergibt sich aus der Textierung des Schriftsatzes der Bf. vom , Punkt 22, dass gegen den (Sammel-)Bescheid vom das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben wird, auch wenn die im Sammelbescheid erfassten einzelnen Säumniszuschläge nicht gesondert angeführt wurden.
In der Beschwerdevorentscheidung werden die einzelnen, im Bescheid vom gesondert angeführten Säumniszuschläge, nicht angeführt. Nichtsdestotrotz spricht die Beschwerdevorentscheidung über die Beschwerde gegen den Bescheid vom über die Festsetzung von Säumniszuschlägen ab.
Da am nach der Aktenlage nur der (Sammel-)Bescheid über die Festsetzung mehrerer erster Säumniszuschläge erlassen wurde (Buchungsabfrage Abgabenkontonummer 65), kann nicht zweifelhaft sein, über welchen Bescheid die Beschwerdevorentscheidung vom abspricht.

Gemäß § 263 Abs. 3 BAO wirkt eine Beschwerdevorentscheidung wie ein Beschluss (§ 278) bzw. ein Erkenntnis (§ 279) über die Beschwerde.
Die Abweisung einer Bescheidbeschwerde als unbegründet ist so zu werten, als ob die Rechtsmittelbehörde (das Verwaltungsgericht) eine mit dem angefochtenen Bescheid im Spruch übereinstimmende Entscheidung erlassen hätte ().
Dabei genügt der Ausspruch, die Beschwerde werde als unbegründet abgewiesen. Der gesamte Inhalt des angefochtenen Bescheides muss nicht wiederholt werden (, 0276).
Der Spruch der Beschwerdevorentscheidung ist daher so zu werten, als hätte die Abgabenbehörde den Spruch des angefochtenen Säumniszuschlagsbescheides übernommen. Es war daher nicht erforderlich, in der abweislich erlassenen Beschwerdevorentscheidung die einzelnen Säumniszuschlagsbescheide gesondert aufzulisten.
Die Bedenken des steuerlichen Vertreters, der Spruch der Beschwerdevorentscheidung sei mangelhaft, werden daher vom Senat nicht geteilt.

In der mündlichen Verhandlung vom brachte der steuerliche Vertreter der Bf. weiters vor, das Finanzamt habe in der Beschwerdevorentscheidung vom auf die gesonderte Bescheidbegründung verwiesen; eine solche Bescheidbegründung sei bis dato nicht ergangen.

Dazu ist auszuführen:

In der Begründung der Beschwerde wurde seitens der Bf. ausschließlich Vorbringen erstattet, das sich gegen die Erlassung der Wiederaufnahmsbescheide und der Festsetzungsbescheide Körperschaftsteuer- und Umsatzsteuer 2011, 2012, 2013 und 2014 sowie gegen die Haftungsbescheide Kapitalertragsteuer 2011 bis 2015 richtet. In Übereinstimmung mit ihren allein gegen die Abgabenfestsetzung gerichteten Beschwerdeausführungen beantragte die Bf. hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Bescheides "die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Neuerlassung von Säumniszuschlagsbescheiden, die den Beschwerdegründen Rechnung tragen". Dass die Säumniszuschlagsbescheide inhaltlich unrichtig bzw. rechtswidrig erlassen worden wären, wurde in der Beschwerde nicht vorgebracht.
In den Aktenunterlagen befindet sich eine mit dem gleichen Tag datierte 25-seitige Begründung zur Beschwerdevorentscheidung vom . Die Begründung der Behörde bezieht sich auf das Beschwerdevorbringen der Bf. zu den angefochtenen Wiederaufnahms- und Abgabenfestsetzungsbescheiden.
Im Hinblick auf die im angefochtenen Säumniszuschlagsbescheid angeführte Begründung "Die Festsetzungen waren erforderlich, weil Sie die angeführten Abgabenschuldigkeiten nicht innerhalb der obenstehenden Fristen entrichtet haben" und mangels weiterem Vorbringen zur Festsetzung der Säumniszuschläge resultiert aus der Begründung, wonach die Abgabenbescheide zu Recht erlassen worden seien, auch die Rechtmäßigkeit der Erlassung des angefochtenen Säumniszuschlagsbescheides.

Dass die Bf. mangels Zustellung des Säumniszuschlagbescheides vom an die V3 an der Verfassung einer Begründung gehindert war, ist unverständlich, weil auch die 21 anderen, in der Beschwerde aufgezählten Bescheide nicht an die V3 zugestellt wurden und es der nunmehrigen steuerlichen Vertreterin der Bf. dennoch möglich war, eine 10-seitige Beschwerde gegen diese Bescheide zu verfassen.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass Begründungsmängel im Abgabenverfahren im Rechtsmittelverfahren saniert werden können (siehe Ritz, BAO6, Rz 16 und die dort angeführte VwGH-Judikatur).

2. Zum Vorbringen, der Bescheid sei an die falsche Zustellbevollmächtigte zugestellt worden, weshalb ein "Nichtbescheid" vorliege:

Gemäß § 83 Abs. 1 BAO können sich Parteien durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.

Nach § 77 WTBG 2017 bzw. § 8 RAO ersetzt die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis.

Eine allgemeine Vollmacht umfasst nach ständiger Rechtsprechung auch die Empfangnahme von Schriftstücken ().

Unbestritten ist, dass die V1 ab als steuerliche Vertreterin der Bf. auftrat, und damit die Vollmacht zur Empfangnahme von Schriftstücken verbunden war.
Die Bevollmächtigung der V1 endete nach der Aktenlage am (Eintragung im Finanz-Online Verfahren der Bf.).
Eine vor dem bekannt gegebene Beendigung der Vollmacht oder der Zustellvollmacht ist nicht aktenkundig.

Strittig ist, ob die Zustellvollmacht der V1 durch die Vollmachtsbekanntgabe (Berufung auf § 8 RAO) des Rechtsanwaltes V2 in der Beschwerde vom gegen den Sicherstellungsauftrag endete.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ( mit Verweis auf Vorjudikatur, , 96/19/2111, , 99/18/0411, , 2005/15/0078) kann die Kündigung einer Vollmacht der Behörde gegenüber nur dann wirksam werden, wenn ihr die Kündigung mitgeteilt wird.
Die Beendigung einer Vollmacht wird gegenüber der Behörde (bzw. dem Verwaltungsgericht) erst wirksam, wenn dies der Behörde (bzw. dem Verwaltungsgericht) mitgeteilt wird (, mit Verweis auf Vorjudikatur).
Eine Zustellvollmacht ist daher solange maßgebend, als die Behörde von einem Widerruf oder von einer Kündigung keine Kenntnis hat.
Die Rechtsmeinung des steuerlichen Vertreters der Bf., eine (neu) erteilte Bevollmächtigung habe die Wirkung, dass die alte Vollmacht automatisch erlösche, ist daher angesichts der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach eine (Zustell-) Vollmacht für die Behörde solange maßgebend ist, bis sie von einem Widerruf oder einer Kündigung Kenntnis erlangt, nicht vertretbar und wird vom Senat nicht geteilt.

Die Eintragungen in den Grunddaten der Bf. von 16.10. bis , wonach V2 (nur) für diesen Zeitraum als Zustellbevollmächtigter der Bf. ausgewiesen wurde, ist für die Beurteilung, ob der angefochtene Bescheid vom rechtswirksam zugestellt wurde, nicht von Belang. Ermittlungen, ob die Eintragungen von der Kanzlei V2 oder vom Finanzamt vorgenommen wurden, können daher unterbleiben, weshalb der Beweisantrag, die Kanzleileiterin zur Frage einzuvernehmen, ob sie Eintragungen im Finanz-Online Verfahren der Bf. getätigt habe, abzuweisen war.

Ebensowenig ist zur Beurteilung des Sachverhaltes die Einholung einer Aufstellung der einzelnen Angestellten der Steuerberatungskanzleien erforderlich, wer wann Eintragungen zu Zustellbevollmächtigten der Bf. vorgenommen hat. Ob V2 nach den Eintragungen vom 16.10. und neue bzw. weitere (Vertretungs-) Vollmachten im Abgabenverfahren abgegeben hat oder die Eintragung am von der Rechtsanwaltskanzlei oder dem Finanzamt vorgenommen wurde, ist im Hinblick darauf, dass die Zustellung des Säumniszuschlagsbescheides nicht zu Handen V2, sondern zu Handen der V1 erfolgte, irrelevant. Dass diese Vollmacht am noch aufrecht war, ist, wie bereits ausgeführt, aktenkundig.

Eine Vollmacht endet nur aus den im Gesetz aufgezählten Gründen. Die Bf. verweist auf das Erlöschen der Bevollmächtigung im beiderseitigen Einvernehmen. Die nach der Aktenlage am bekannt gegebene Beendigung der Vollmacht der V1 spricht gegen eine einvernehmliche Auflösung der Bevollmächtigung im Jahr 2014, zumal es nicht der Lebenserfahreng entspricht, dass die (einvernehmliche) Beendigung der Vollmacht der Abgabenbehörde erst mehr als vier Jahre später bekannt gegeben wird.

Ebensowenig wurde in der Vollmachtsbekanntgabe der V3 vom darauf hingewiesen, dass die V1 bereits seit dem Jahr 2014 nicht mehr Zustellbevollmächtigte der Bf. war (Wortlaut: "Informativ wird festgehalten, dass die Abgabenbehörde Bescheide datiert mit in den letzten Tagen unterschiedlichen Bevollmächtigten zugestellt hat …").

Der vom Vertreter der Bf. in diesem Zusammenhang zitierte § 1026 ABGB lautet:
Auch bleiben die mit einem Dritten, dem die Aufhebung der Vollmacht ohne sein Verschulden unbekannt war, geschlossenen Verträge verbindlich, und der Gewaltgeber kann sich nur bei dem Gewalthaber, der die Aufhebung verschwiegen hat, wegen seines Schadens erholen.

§ 1026 ABGB ist eine Verkehrsschutzbestimmung zugunsten gutgläubiger Dritter. Die Wirkungen der Aufhebung einer Vollmacht treten dem Dritten gegenüber so lange nicht ein, als sie diesem ohne sein Verschulden unbekannt war; dies gilt auch gegenüber einer Behörde ( ZfVB 1990/193). Die angeführte Bestimmung spricht daher nicht für, sondern gegen die Rechtsmeinung, "dass bei einer Prozessführung die Anzeige einer Bestellung eines anderen Rechtsanwaltes die ursprüngliche Zustellvollmacht automatisch erlöscht".

Das Vorbringen, sämtliche Zustellungen im Einhebungsverfahren seien an die Kanzlei V2 gegangen, weshalb die Bf. darauf habe vertrauen können, dass die Abgabenbehörde diesen als Zustellbevollmächtigten ansehe, widerspricht der oben zitierten ständigen Rechtsprechung des VwGH, wonach die Beendigung einer Zustellvollmacht gegenüber einer Behörde erst wirksam wird, wenn dies der Behörde mitgeteilt wurde. Eine solche Bekanntgabe der Beendigung der Zustellvollmacht der V1 wurde auch von der Bf. nicht vorgebracht.
Sämtliche am und somit drei Wochen vor dem angefochtenen Bescheid von der EDV ausgefertigten Bescheide wurden zu Handen der Zustellbevollmächtigten V1 zugestellt, ohne dass die Bf. oder die V1 gegen die Zustellung Einwände erhoben hätte und ohne dass in der Beschwerde vom über die Zustellung an den nach Ansicht der Bf. falschen Zustellbevollmächtigten ein Wort verloren wurde.

Wesentlich ist, dass ein Widerruf der Zustellvollmacht der V1 nicht erfolgte. Ein solcher ist, wie bereits ausgeführt, weder aktenkundig noch wurde im gesamten Verfahren seitens der Bf. behauptet, ein solcher sei erfolgt. Nach der Aktenlage war daher die Vollmacht (und somit auch die Zustellvollmacht) der V1 bis (Eintragung im Finanz-Online Verfahren der Bf.) aufrecht.

Der Hinweis im Fax vom , wonach "mit sofortiger Wirkung die V3 ausschließlich im Abgabenverfahren zustellbevollmächtigt ist", konnte - wie der Vertreter des Finanzamtes im Schriftsatz vom richtig ausführt - das bestehende Vollmachtverhältnis zwischen der Bf. und der V1 nicht rechtswirksam beenden. Die Entscheidung, ob eine schon beigebrachte Vollmacht widerrufen wird, ist eine Entscheidung zwischen den Vertragsparteien und kann nicht von einem Dritten getroffen werden.
In diesem Zusammenhang wird auf das Erkenntnis des , verwiesen, wonach die Behörde ohne Bekanntgabe des Widerrufs etwaiger anderer Vollmachten noch bestehende Vollmachten weiterhin zu beachten hat.

Die Kritik des steuerlichen Vertreters an der Nichteintragung der V3 als Zustellbevollmächtigte der Bf. am Tag der Faxübermittlung durch das Finanzamt ist daher unberechtigt. Ebensowenig ist die Aussage nachvollziehbar, die Bf. habe in die Zustellbevollmächtigung nicht eingreifen können. Welches Hindernis einer Eintragung der V3 als Zustellbevollmächtigte über Finanz-Online am entgegen stand (die Eintragung erfolgte am ), und warum ein Widerruf der aufrechten Vollmachten gegenüber dem Finanzamt nicht erfolgte, wurde nicht dargelegt.

§ 9 ZustG lautet auszugsweise:

(1) Soweit in den Verfahrensvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können die Parteien und Beteiligten andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht).

(3) Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

(4) Haben mehrere Parteien oder Beteiligte einen gemeinsamen Zustellungsbevollmächtigten, so gilt mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung des Dokumentes an ihn die Zustellung an alle Parteien oder Beteiligte als bewirkt. Hat eine Partei oder hat ein Beteiligter mehrere Zustellungsbevollmächtigte, so gilt die Zustellung als bewirkt, sobald sie an einen von ihnen vorgenommen worden ist.

Hatte die Bf. im Zeitpunkt der Zustellung daher mehrere Zustellbevollmächtigtete, so gilt die Zustellung gemäß § 9 Abs. 4 zweiter Satz ZustG als bewirkt, wenn an einen der Zustellbevollmächtigten zugestellt wurde.

Der Senat folgt daher den Ausführungen der Abgabenbehörde im Schriftsatz vom , wonach die Zustellvollmacht der V1 im Zeitpunkt der Zustellung des Säumniszuschlagsbescheides vom aufrecht war, weshalb gemäß § 9 Abs. 4 ZustG die Zustellung des Bescheides rechtswirksam erfolgte.

§ 217 BAO lautet auszugsweise:
(1) Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.
(2) Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Im vorliegenden Fall wurden die Säumniszuschläge im angefochtenen Sammelbescheid festgesetzt, weil die aufgrund der am erlassenen Bescheide verbuchten Nachforderungen an Umsatzsteuer 2011, 2012, 2013 und 2014 sowie die verbuchte Kapitalertragsteuer 01-12/2013 und 01-12/2014 nicht an ihren jeweiligen Fälligkeitstagen entrichtet worden waren.

Der Säumniszuschlag im Sinne des § 217 BAO ist eine objektive Rechtsfolge der verspäteten Entrichtung einer Abgabe. Die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt haben, sind (grundsätzlich) unbeachtlich (vgl. ).
Im Gesetz taxativ aufgezählte Aufschiebungsgründe oder Ausnahmetatbestände liegen nach der Aktenlage nicht vor.

Die Fälligkeit von Abgaben ist in den einschlägigen Abgabenvorschriften geregelt.

Nach § 21 Abs. 1 UStG 1994 hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen.

Durch die Nachforderung auf Grund der Veranlagung wird keine von Abs. 1 und 3 abweichende Fälligkeit begründet (§ 21 Abs. 5 UStG 1994).

Diese Gesetzesfassung beruht auf dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 111/84, worin dieser die Rechtsauffassung vertreten hat, dass Nachforderungen an Umsatzsteuer auf Grund der Jahresveranlagung zwangsläufig die Unrichtigkeit der Umsatzsteuervoranmeldung(en) für den Veranlagungszeitraum implizieren. Umsatzsteuernachforderungen seien damit zwangsläufig nicht entrichtete Vorauszahlungen oder verminderte Überschüsse.

Für die Umsatzsteuer tritt die Fälligkeit daher unabhängig von der bescheidmäßigen Geltendmachung zum gesetzlich festgelegten Zeitpunkt ein.
Im Fall der Veranlagung zur Umsatzsteuer handelt es sich um eine Festsetzung der Abgabe nach der Fälligkeit, weshalb der Abgabepflichtigen für die Entrichtung eine Nachfrist von einem Monat ab Bekanntgabe des Umsatzsteuerbescheides zusteht (§ 210 Abs. 4 BAO).
Weil die Zahlung aufgrund der Nachforderung aber erst nach Fälligkeit erfolgt, ist wegen der Nichtentrichtung der Umsatzsteuer bis zum Fälligkeitstag ein Säumniszuschlag grundsätzlich verwirkt und kann nicht verhindert werden ().
Auf Grund der gesetzlichen Fälligkeit der Umsatzsteuer kann hinsichtlich dieser Selbstbemessungsabgaben die Anlastung eines Säumniszuschlages vom Nachforderungsbetrag im Allgemeinen nicht verhindert werden (vgl. ).

Gemäß § 95 Abs. 1 EStG 1988 ist Schuldner der Kapitalertragsteuer der Empfänger der Kapitalerträge. Der Abzugsverpflichtete (Abs. 2) haftet dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer.
Gemäß § 95 Abs. 4 EStG 1988 ist dem Empfänger der Kapitalerträge die Kapitalertragsteuer ausnahmsweise vorzuschreiben, wenn
1. der Abzugsverpflichtete die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat und die Haftung nach Abs. 1 nicht oder nur erschwert durchsetzbar wäre oder
2. der Empfänger weiß, dass der Abzugsverpflichtete die einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht vorschriftsmäßig abgeführt hat und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitteilt.

Gemäß § 4 Abs. 2 Z 3 BAO entsteht der Abgabenanspruch für Steuerabzugsbeträge im Zeitpunkt des Zufließens der steuerabzugspflichtigen Einkünfte.

Nach den Feststellungen im BP-Bericht wurden die verdeckten Ausschüttungen bis zur abgabenbehördlichen Prüfung nicht offengelegt und auch nicht entrichtet.
Die Fälligkeit der Kapitalertragsteuerbeträge ist gemäß § 4 Abs. 2 Z 3 BAO jeweils im Zeitpunkt des Zufließens der steuerabzugspflichtigen Einkünfte eingetreten.
Für die Entstehung des Säumniszuschlages nach § 217 BAO kommt es auf den Zeitpunkt der Erlassung der Bescheide über die Kapitalertragsteuer nicht an (vgl. ).

Der Umstand, dass gegen die dem angefochtenen Bescheid über die Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen zu Grunde liegenden Stammabgabenbescheide das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht wurde, rechtfertigt nicht die Aufhebung des Bescheides vom , da die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages unabhängig von der sachlichen Richtigkeit des Abgabenbescheides eintritt.
Im Übrigen liegt die von der Bf. beantragte Neuerlassung des Säumniszuschlagsbescheides, die den Beschwerdegründen der Bf. Rechnung trägt, nicht in der Zuständigkeit des Bundesfinanzgerichtes.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Säumniszuschlagspflicht im Sinne des § 217 BAO nur eine formelle Abgabenzahlungsschuld voraus, wobei ein Bescheid über einen Säumniszuschlag auch dann rechtmäßig ist, wenn die zu Grunde liegende Abgabenfestsetzung sachlich unrichtig ist (vgl. ebenfalls ).
Aus diesem Grund konnte vom Senat auch dem - in event gestellten - Antrag auf Aussetzung des Verfahrens bis zur Erledigung der Beschwerden gegen die Stammabgabenbescheide nicht näher getreten werden (siehe , 0105).

Ob auf Grund eines nach Eintritt der Fälligkeit der Abgabenschuld gestellten Antrages des Abgabepflichtigen in weiterer Folge eine Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO bewilligt wurde, ist für die Verpflichtung zur Entrichtung einesS äumniszuschlages unerheblich, weil nur ein vor Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist eingebrachter Antrag auf Aussetzung der Einhebung der Festsetzung eines Säumniszuschlages entgegenstünde (). Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages entsteht nicht erst mit seiner bescheidmäßigen Geltendmachung, sondern bereits mit Ablauf des für die Entrichtung der betreffenden Abgaben maßgebenden Fälligkeitstages.
Da im Beschwerdefall die Umsatzsteuern 2011 bis 2014 und die Kapitalertragsteuern 2013 und 2014 als Selbstbemessungsabgaben jeweils lange vor ihrer bescheidmäßigen Nachforderung fällig waren, und die Erlassung der Umsatzsteuer- und Kapitalertragsteuerbescheide die mit Ablauf des Fälligkeitstages verwirkte Säumniszuschlagsverpflichtung nicht mehr berührt, kann auch der innerhalb der Nachfristen gemäß § 210 Abs. 4 BAO eingebrachte Antrag auf Aussetzung der Einhebung keine Auswirkung auf den mit Ablauf des Fälligkeitstages bereits entstandenen Säumniszuschlagsanspruch bewirken ().

Den Einwänden der Bf. gegen die Abgabenfestsetzung ist die ständige Rechtsprechung des VwGH entgegenzuhalten, wonach die Säumniszuschlagspflicht nicht den Bestand einer sachlich richtigen Abgabenschuld voraussetzt, sondern nur einer formellen, wobei die Stammabgaben nicht rechtskräftig festgesetzt sein müssen (). Ein Säumniszuschlagsbescheid ist daher auch dann rechtmäßig, wenn die zu Grunde liegende Abgabenfestsetzung sachlich unrichtig ist ().

Die Abgabenbehörde hat daher im Bereich des Säumniszuschlages lediglich die objektive Voraussetzung der Säumnis, nicht aber die Richtigkeit des zu Grunde liegenden Abgabenbescheides zu prüfen (vgl. ).

Die Einwendungen der Bf. betreffend die Richtigkeit der zu Grunde liegenden Abgabenbescheide gehen daher ins Leere. Darüber hinaus wurden keine Gründe vorgebracht, die geeignet wären, eine Rechtswidrigkeit der gegenständlichen Säumniszuschläge aufzuzeigen.

Im Fall einer nachträglichen Abänderung oder Aufhebung der Abgabenbescheide ist von Amts wegen insoweit auch der Säumniszuschlag herabzusetzen oder aufzuheben (§ 217 Abs. 8 BAO).

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da die Entscheidung der (zitierten) Judikatur des VwGH folgt und eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt, ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Graz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.2100291.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at