Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.12.2021, RV/3100208/2019

Erheblich behindertes Kind in eigenem Haushalt mit nur geringer Betreuung (6 Wochenstunden) befindet sich nicht in "Anstaltspflege" iSd § 2 Abs. 5 lit c FLAG. Unterhaltszahlung des Bf übersteigt nicht die halben verbleibenden Unterhaltskosten (nach Abzug ESt-freier Bezug), daher keine "überwiegende Unterhaltstragung".

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Kufstein Schwaz (nunmehr: FA Österreich) vom , SV-Nr, betreffend Abweisung des Antrages auf Familienbeihilfe ab 09/2018 (für AA) zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

1. Im Rahmen der Überprüfung des Familienbeihilfen-Anspruches hatte ***Bf1*** (= Beschwerdeführer, Bf) im Mai 2017 dem Finanzamt ua. mitgeteilt, dass er für den Sohn AA, geb. 04/1989, wegen erheblicher Behinderung die erhöhte Familienbeihilfe beziehe; dass dieser dauerhaft erwerbsunfähig sei und an der Adresse in Ort1, wohne. Der Bf leiste an den Sohn einen monatlichen Unterhalt in Höhe von € 341.

2. Nach Ergänzungsersuchen wird vom Bf im Schreiben vom angeführt, der Sohn wohne eigenständig an der betr. Adresse in einer von der X-Hilfe angemieteten Wohnung. Er werde ca. 6 Stunden wöchentlich ambulant von der Mobilen Begleitung der X-Hilfe betreut und vom Bf dreimal pro Woche in Alltagsangelegenheiten unterstützt. Die Dienstleistung der X-Hilfe habe nur Anleitungscharakter (Gespräche, Anleitung zur Reinigung der Wohnung etc.) und umfasse keine weiteren Leistungen wie zB Wohnraum, Verpflegung oä.
Sämtliche Lebenshaltungskosten würden vielmehr vom Einkommen des Sohnes wie folgt bestritten:


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Einkommen:
monatlich in €
Ausgaben:
monatlich in €
Pension (inkl. Ausgleichzulage)
520,85
Miete
335,00
Unterhalt
341,00
Internet, Buskarte
80,00
erh. Familienbeihilfe
372,00
Lebensmittel, Essen
400,00
gesamt
1.233,85
Zigaretten
150,00
Bekleidung, Wohnung
80,00
Reparaturen, Anderes
50,00
Freizeit, Rücklagen
138,00
gesamt
1.233,00

Zum Nachweis wurden an Unterlagen ua. beigebracht:
- eine Verständigung der Pensionsversicherungsanstalt über die vom Sohn bezogene
Invaliditätspension 01/2017 in Höhe von gesamt € 520,85, die sich wie folgt
zusammensetzt:
Pension € 191,87 + Ausgleichszulage € 356,97 abzüglich Krankenversicherungsbeitrag
€ 27,99;
- Beschluss des Bezirksgerichtes, wonach der Bf ab 06/2007 für den Sohn mtl. € 341
an Unterhalt zu bezahlen hat;
- eine vom Sohn unterfertigte Bestätigung, dass er diesen Betrag mtl. vom Vater erhält;
- eine Meldebestätigung (ZMR), wonach der Sohn seit 04/2016 an der Adresse in
Ort1, mit Hauptwohnsitz gemeldet ist.

3. Mit Schreiben des Finanzamtes vom wurde dem Bf der "Wegfall des Anspruches auf Familienbeihilfe" ab Juni 2017 mitgeteilt.

4. Im Anschluss beantragte der Sohn AA für sich ab Juni 2017 die Familienbeihilfe (FB) sowie den Erhöhungsbetrag zur FB.

5. Am ist wiederum (über FON) ein Antrag des Bf auf Gewährung der FB ab 09/2018 für den Sohn AA eingelangt, da dieser (sinngemäß) sich in einer Einrichtung befinde und der Bf den überwiegenden Unterhalt trage.

6. Das Finanzamt hat diesen Antrag auf FB mit Bescheid vom , SV-Nr, für den Zeitraum ab September 2018 abgewiesen und begründend ausgeführt:
Die FB könne nicht gewährt werden, da der Sohn nicht mehr im gemeinsamen Haushalt lebe und der Bf nicht überwiegend für dessen Unterhalt aufkomme.

7. In der dagegen rechtzeitig erhobenen Beschwerde wird eingewendet, der Bf sei gesetzlich zur monatlichen Unterhaltsleistung von € 341 verpflichtet, womit er überwiegend für die Unterhaltskosten des Sohnes aufkomme. Die mtl. Invaliditätspension betrage (rund) € 196 (Stand 2018); die Ausgleichszulage sei einkommensteuerfrei und gem. § 2 Abs. 6 FLAG 1967 nicht zu berücksichtigen. Der mtl. Unterhalt übersteige die FB gem. § 8 Abs. 2 und 4 FLAG. Es werde daher um Berichtigung und Stattgabe ersucht.

8. Die abweisende Beschwerdevorentscheidung vom wurde nach Darlegung der Bestimmungen nach § 2 Abs. 2 und Abs. 6 FLAG 1967 im Wesentlichen dahin begründet, dass das Kind unstrittig nicht haushaltszugehörig sei, sodass ein FB-Anspruch nur bei überwiegender Kostentragung - also Tragung mehr als der hälftigen gesamten Unterhaltskosten durch den Bf - vorläge. Für die entsprechende Beurteilung seien die Unterhaltskosten um die einkommensteuerfreien Einkünfte des Kindes zu mindern. Lt. beigebrachter PVA-Verständigung beziehe der Sohn ab Jänner 2018 eine Invaliditätspension in Höhe von € 196,09 sowie eine (einkommensteuerfreie) Ausgleichszulage von mtl. € 372,33. Es ergebe sich zufolge eigener Aufstellung (aus 05/2017) folgende Berechnung:


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gesamte Unterhaltskosten des Sohnes
1.233,00 €
abzüglich eigene ESt-freie Einkünfte
- 372,33 €
maßgeblicher Unterhalt
860,67 €

Der vom Bf geleistete mtl. Unterhalt betrage € 341 und übersteige damit nicht die Hälfte der maßgebenden mtl. Unterhaltskosten (= € 430,34). Es liege keine überwiegende Kostentragung vor, die FB könne sohin nicht gewährt werden.
Abschließend wurde vom Finanzamt angemerkt, dass jedoch ein Eigenanspruch des Kindes (nach § 6 Abs. 5 FLAG) bestehe und der Sohn bereits laufend die FB beziehe.

9. Im Vorlageantrag wird das bisherige Vorbringen dahin ergänzt, dass im Hinblick auf den Sondertatbestand der fiktiven Haushaltszugehörigkeit gem. § 2 Abs. 5 lit c FLAG 1967 laut Gesetz ein vorrangiger FB-Anspruch des Bf für den Sohn gegeben sei. Zudem wäre die Berechnung nicht nachvollziehbar, da die FB, der Erhöhungsbetrag und der Kinderabsetzbetrag inkludiert seien und nicht als "neutrale Werte" behandelt würden. Die FB sei dem Bf vormals im Jahr 2014 mit der Begründung zuerkannt gewesen, dass die mtl. Unterhaltsleistung € 341 die Eigenpension des Sohnes (ohne Ausgleichszahlung) übersteige. Ausdrücklich sei nochmals festzuhalten, dass der mtl. Unterhalt das Ausmaß der FB gemäß § 8 Abs. 2 und 4 FLAG übersteige, aus welchen Gründen insgesamt der Beschwerde stattzugeben sei.

II. Sachverhalt:

Der Sohn des Bf, AA, ist erheblich behindert, dauernd erwerbsunfähig und bei Antragstellung des Bf 29 Jahre alt. Er lebt seit April 2016 eigenständig und mit Hauptwohnsitz (lt. ZMR) in einer von der X-Hilfe angemieteten Wohnung und wird von der X-Hilfe ambulant ca. 6 Stunden pro Woche begleitet, dh. in Alltagsangelegenheiten wie zB der Reinigung der Wohnung "angeleitet", sowie daneben vom Bf dreimal wöchentlich unterstützt.
Die Unterhaltskosten/Ausgaben des Sohnes für Wohnung, Bekleidung, Lebensmittel, Freizeit etc. betragen mtl. € 1.233, die finanziert werden aus seiner Invaliditätspension (ab 2018: rund € 196), der Ausgleichszulage rund € 373, der erhöhten Familienbeihilfe sowie dem vom Bf zu leistenden Unterhalt in Höhe von € 341 (siehe eigene Aufstellung aus Mai 2017; Beschluss des Bezirksgerichtes betr. Unterhalt; Bestätigung des Sohnes über Unterhaltsbezug).
Die erhöhte Familienbeihilfe wird vom Sohn seit Juni 2017 aufgrund seines Eigenanspruches bezogen.

III. Beweiswürdigung:

Obiger Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus dem eingangs dargelegten Akteninhalt, insbesondere auch aus den eigenen Angaben des Bf und den zum Nachweis beigebrachten Unterlagen.

IV. Rechtslage:

A) Gesetzliche Bestimmungen:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit c Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG), BGBl 1967/376 idgF., besteht für Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, der Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die ua. wegen einer spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Nach § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Gemäß § 2 Abs. 5 FLAG 1967 gehört ein Kind zum Haushalt einer Person dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn nach lit a sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält oder nach lit c dieser Bestimmung:
sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beiträgt; handelt es sich um ein erheblich behindertes Kind, so erhöht sich dieser Betrag um den Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4).

§ 2 Abs. 6 FLAG 1967 lautet:
Bezieht ein Kind Einkünfte, die durch Gesetz als einkommensteuerfrei erklärt sind, ist bei Beurteilung der Frage, ob ein Kind auf Kosten einer Person unterhalten wird, von dem um jene Einkünfte geminderten Betrag der Kosten des Unterhalts auszugehen; in diesen Fällen trägt eine Person die Kosten des Unterhalts jedoch nur dann überwiegend, wenn sie hiezu monatlich mindestens in einem Ausmaß beiträgt, das betragsmäßig der Familienbeihilfe für ein Kind (§ 8 Abs. 2) oder, wenn es sich um ein erheblich behindertes Kind handelt, der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 2 und 4) entspricht.

Nach § 8 Abs. 2 Z 3 lit d FLAG 1967 beträgt die Familienbeihilfe (Grundbetrag) ab Jänner 2018 für ein Kind ab Vollendung des 19. Lebensjahres monatlich € 165,10, für ein erheblich behindertes Kind zuzüglich des Erhöhungsbetrages von monatlich € 155,90 nach Abs. 4 dieser Bestimmung, ds. gesamt mtl. € 321.

Die bezughabende Bestimmung zum "Eigenanspruch des Kindes auf Familienbeihilfe" in § 6 Abs. 5 FLAG 1967 lautet:
Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3). Erheblich behinderte Kinder im Sinne des § 2 Abs. 1 lit c, deren Eltern ihnen nicht überwiegend den Unterhalt leisten und die einen eigenständigen Haushalt führen, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 und 3).

B) Rechtsprechung und Literatur:

a) Haushaltszugehörigkeit:

Zufolge § 2 Abs. 2 FLAG 1967 knüpft der Familienbeihilfenanspruch primär an eine Haushaltszugehörigkeit des Kindes an, die gemäß § 2 Abs. 5 FLAG ausschließlich auf die einheitliche Wirtschaftsführung mit dem Kind im Rahmen einer Wohngemeinschaft abstellt (vgl. zB ).

Zur Frage des FB-Anspruches aufgrund einer "fiktiven Haushaltszugehörigkeit" nach § 2 Abs. 5 lit c FLAG, wonach es sich um ein auf Dauer in Anstaltspflege befindliches Kind handeln muss, zu dessen Unterhaltskosten eine Person zumindest in Höhe der (erhöhten) Familienbeihilfe beizutragen hat (vgl. ), ist zunächst festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der vorausgesetzten "Anstaltspflege" nicht zwischen den Begriffen "Heimerziehung" oder "Unterbringung in einer Anstalt" differenziert. Allein maßgebend ist die Kostentragung durch die öffentliche Hand zur Gänze (vgl. ). Trägt also eine behinderte Person durch eigene Mittel - wie zB durch Pflegegeld oder Waisenrente - zu den Unterbringungskosten bei, trifft es nicht zu, dass sie sich zur Gänze auf Kosten der öffentlichen Hand in Anstaltspflege befindet (). Des Weiteren trifft es bei Leistung von Unterhaltsbeträgen durch den Kindesvater nicht zu, dass die öffentliche Hand zur Gänze für die Kosten der Heimunterbringung aufkommt. Damit ist ein Eigenanspruch des Kindes nach § 6 Abs. 5 FLAG gegeben (vgl. ).

Wenn aber eine Person als Mieter eine Gemeindewohnung bewohnt, kann nur in einem besonders gelagerten Ausnahmefall das Tatbestandsmerkmal der Heimerziehung (oder der dem gleichzuhaltenden Anstaltspflege) erfüllt sein. Bei einer nur wenige Stunden pro Woche umfassenden Betreuung des Wohnungsmieters kann von einer Heimerziehung keine Rede sein. Daran vermag etwa auch die Tatsache eines geschützten Arbeitsplatzes und die Bereitstellung eines Mittagessens nichts zu ändern. Auch bei Bestellung eines Sachwalters ist laut VwGH keine Heimerziehung gegeben (siehe ).

(siehe zu vor auch in: Lenneis/Wanke, FLAG-Kommentar, 2. Aufl., Rz 140 f. zu § 2 und insbes. Rzn. 26-27 zu § 8)

b) Überwiegende Tragung der Unterhaltskosten:

Ein subsidiärer FB-Anspruch - dh. bei nicht gegebener Haushaltszugehörigkeit des Kindes - kommt gemäß § 2 Abs. 2 2. Satz FLAG 1967 für die Person in Betracht, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt.
Zum Bedarf bzw. Unterhalt des Kindes zählen vor allem die Aufwendungen für Nahrung, Kleidung und Wohnung, ev. Unterricht und Erziehung, aber auch weitere Bedürfnisse zB in kultureller und sportlicher Hinsicht, wie auch für Freizeitgestaltung, Urlaub und medizinische Versorgung (Stabentheiner in Rummel³, § 140 ABGB, Rz 3).

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 93/15/0208, ausgesprochen hat, hängt es einerseits von der Höhe der gesamten Unterhaltskosten für ein Kind in einem bestimmten Zeitraum und andererseits von der Höhe der im selben Zeitraum tatsächlich geleisteten Unterhaltsbeträge ab, ob eine Person die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend getragen hat. Dies läßt sich lt. VwGH nur bei einer zumindest schätzungsweisen Feststellung der gesamten Unterhaltskosten konkret beurteilen (ebenso ; ; siehe zu vor auch in: Lenneis/Wanke, aaO, Rzn 149, 150, 152 zu § 2).

Wird iSd § 2 Abs. 6 FLAG 1967 der Unterhalt des Kindes teilweise aus eigenen, aber einkommensteuerfreien Einkünften bestritten, ist von dem durch diese Bezüge nicht gedeckten Teil der Unterhaltskosten auszugehen. Von einer überwiegenden Kostentragung wird in diesem Fall dann auszugehen sein, wenn vom Elternteil mehr als die Hälfte zu den verbleibenden Unterhaltskosten beigetragen wird. Dieser Beitrag muss jedoch auch zumindest der Höhe der FB (gegebenenfalls zusätzlich des Erhöhungsbetrages zur FB) entsprechen. Beispiel:
Von den tatsächlichen Unterhaltskosten sind die einkommensteuerfreien Einkünfte (des Kindes) abzuziehen. Von dem dann verbleibenden Teil muss mehr als die Hälfte vom Elternteil beigetragen werden und dieser Betrag hat mindestens der Höhe der FB (bzw. erhöhten FB) zu entsprechen
(siehe in: Lenneis/Wanke, aaO, Rz 154 zu § 2)

V. Erwägungen:

Im Beschwerdefall steht unbestritten fest, dass der Sohn des Bf seit 2016 eigenständig einen Haushalt in einer von ihm gemieteten Wohnung führt. Insofern lebt er mit keinem Elternteil in einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft, weshalb der primäre FB-Anspruchsgrund der "Haushaltszugehörigkeit" nach § 2 Abs. 2 1. Satz FLAG hier nicht greift.

Der Bf bringt vor, der Sohn befinde sich "in einer Einrichtung", er als Kindesvater trage den überwiegenden Unterhalt und überhaupt stehe ihm nach § 2 Abs. 5 lit c FLAG ein vorrangiger FB-Anspruch zu.
Dem ist entgegenzuhalten, dass - wie oben dargelegt - grundlegende Voraussetzung für die Annahme einer "fiktiven Haushaltszugehörigkeit" iSd § 2 Abs. 5 lit c FLAG der Umstand ist, dass ein Kind sich nicht bloß vorübergehend, sondern auf Dauer in Anstaltspflege befindet. Laut höchstgerichtlicher Judikatur ist eine solche nicht gegeben, wenn - wie hier - der Sohn eigenständig eine Mietwohnung bewohnt, wo er pro Woche nur für 6 Stunden von der X-Hilfe betreut bzw. nach eigenen Angaben in dieser wenigen Zeit lediglich in Alltagsdingen angeleitet wird. Diesfalls kann nach Ansicht des VwGH von einer "Heimerziehung" - der die Begrifflichkeiten wie "in einer Einrichtung befindlich" oder "Unterbringung in einer Anstalt" gleichzuhalten sind - keine Rede sein (siehe ). Hinzu tritt, dass der Sohn durch eigene Einkünfte, wie etwa die Invaliditätspension, sowie auch der Bf durch Leistung des zu zahlenden Unterhaltes zum Fortkommen des Sohnes (zB zur Begleichung der Mietzahlung) beitragen. Selbst dann, wenn man also von der Unterbringung in einer Einrichtung der X-Hilfe ausgehen wollte, läge die Voraussetzung der dauernden "Anstaltspflege" schon deshalb nicht vor, weil hiefür ausschließliches Kriterium die gänzliche Kostentragung durch die öffentliche Hand wäre (vgl. ). Entgegen dem Dafürhalten des Bf kann daher mangels Erfüllung der Voraussetzung, dass sich der Sohn in Anstaltspflege befindet, von einem "vorrangigen FB-Anspruch" des Bf gemäß § 2 Abs. 5 lit c FLAG bereits aus diesem Grund keine Rede sein.

In Betracht zu ziehen wäre daher ein allenfalls subsidiärer FB-Anspruch zufolge § 2 Abs. 2 Satz 2 FLAG 1967 bei überwiegender Tragung der Unterhaltskosten des Sohnes durch den Bf. Nach ständiger VwGH-Judikatur sind in diesem Zusammenhalt den gesamt festgestellten Unterhaltskosten des Kindes für einen bestimmten Zeitraum die tatsächlich geleisteten Unterhaltsbeträge in diesem Zeitraum gegenüberzustellen, wobei unter Bedachtnahme auf § 2 Abs. 6 FLAG von den Unterhaltskosten die eigenen, einkommensteuerfreien Einkünfte des Kindes abzuziehen sind. Von einer überwiegenden Kostentragung ist dann auszugehen, wenn vom Elternteil mehr als die Hälfte zu den verbleibenden Unterhaltskosten beigetragen wird. Dieser Beitrag muss zudem zumindest in Höhe der (erhöhten) Familienbeihilfe geleistet werden. Dem entsprechend wurde vom Finanzamt - wie in der Beschwerdevorentscheidung rechnerisch dargestellt - ausgehend von den selbst bekannt gegebenen monatlichen Unterhaltskosten des Sohnes (€ 1.233, siehe Aufstellung aus Mai 2017) zunächst dessen einkommensteuerfreier Bezug (= Ausgleichzulage) in Abzug gebracht, woraus sich die verbleibenden Unterhaltskosten mit monatlich rund € 861 ermitteln. Da der vom Bf geleistete Unterhalt von mtl. € 341 zwar - wie von ihm eingewendet - die erhöhte Familienbeihilfe von gesamt € 321 gemäß § 8 Abs. 2 und Abs. 4 FLAG übersteigt, jedoch bei weitem nicht mehr als die Hälfte der nicht gedeckten Unterhaltskosten, das wären rund € 430, beträgt, liegt nach der zutreffenden Berechnung durch das Finanzamt keine überwiegende Tragung der Unterhaltskosten durch den Bf vor.

Dem Einwand des Bf, diese Berechnung sei nicht nachvollziehbar, da die Familienbeihilfe als Einkünfte angesehen und nicht als "neutrale Werte" behandelt würden, ist zu erwidern, dass nach Obigem der Beurteilung der "überwiegenden Unterhaltstragung" nicht die Einkünfte des Kindes, sondern vielmehr die - hier selbst bekannt gegebenen - monatlichen Unterhaltskosten (als Aufwendungen für Wohnung, Nahrung, Bekleidung etc.) zugrunde zu legen sind.
Einer ehemals (im Jahr 2014) eventuell fälschlichen Berechnung des Finanzamtes (Gegenüberstellung Invaliditätspension - Unterhaltszahlung) kommt keine präjudizielle Wirkung zu.
Wenn der Bf allerdings vermeinen sollte, die Familienbeihilfe sei ebenso von den Unterhaltskosten in Abzug zu bringen, so gilt festzuhalten, dass es sich bei der Familienbeihilfe nicht um ESt-freie Einkünfte des Kindes iSd § 2 Abs. 6 FLAG, sondern um eine staatliche Familienleistung handelt, die zwecks sozialer Förderung und in Abgeltung der Mehrbelastung von Unterhaltsverpflichteten vom Staat geleistet wird (siehe dazu in Lenneis/Wanke, aaO, Rz 303 zu § 1). Dabei ist auch nicht zu übersehen, dass die Familienbeihilfe grundsätzlich nach § 2 FLAG unter den dort genannten Voraussetzungen nicht AN sondern nur FÜR ein Kind zusteht, das den Anspruch auf Familienbeihilfe verschafft.

In Anbetracht obiger Sach- und Rechtslage konnte daher der Beschwerde kein Erfolg beschieden sein und war spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die für die Zuerkennung des FB-Anspruches erforderlichen Voraussetzungen ergeben sich anhand der bezughabenden gesetzlichen Bestimmungen im FLAG 1967. Zur Lösung der Frage, unter welchen Umständen sich ein Kind "in Anstaltspflege" befindet, sowie zur Methode der Beurteilung der "überwiegenden Tragung der Unterhaltskosten" eines Kindes liegt die oben bezeichnete, einhellige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, in deren Anwendung das BFG seine Entscheidung getroffen hat. Mangels zu lösender Rechtsfrage von "grundsätzlicher Bedeutung" ist daher eine Revision nicht zulässig.

Innsbruck, am

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