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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.12.2021, RV/7500668/2021

Parkometerstrafe: Entschuldigender Notstand wegen Spitalsaufenthalts

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Barbara Straka über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom , gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde, Magistrat der Stadt Wien, als Abgabenstrafbehörde vom , Zahl MA67/Zahl1/2021, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 51/2005, in der Fassung ABl. der Stadt Wien Nr. 20/2020, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, idF LGBl. für Wien Nr. 71/2018, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird Folge gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 8 VwGVG i. V. m. § 24 Abs. 1 BFGG und § 5 WAOR hat die beschwerdeführende Partei keine Kosten des verwaltungsgerichtlichen Strafverfahrens zu tragen.

III. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Der Magistrat der Stadt Wien, MA 67, lastete mit Strafverfügung vom , Zahl MA67/Zahl1/2021, dem Zulassungsbesitzer (= Beschwerdeführer, kurz Bf.) des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (A) unter Zugrundelegung der Anzeigedaten von einem Kontrollorgan der Parkraumüberwachung der Landespolizeidirektion Wien an, er habe das Fahrzeug am um 10:21 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1180 Wien, Heinz-Holecek-Platz, Parkplatz Reihe 1, abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben. Demnach habe der Bf. die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.

Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf. eine Geldstrafe iHv € 60,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt.

Gegen die Strafverfügung erhob der Bf. Einspruch und brachte unter Anführung der Geschäftszahl (und weiterer, nicht gegenständlicher GZen) Folgendes vor:

"Bzgl. ggstl. Strafverfügungen ersuche ich aus folgenden Gründen diese neu zu bewerten und in weiterer Folge um Einstellung dieser. Am wurde ich unplanmäßig aufgrund gesundheitlicher Probleme mit dem Rettungsdienst ins Universitätsklinikum AKH verbracht. In diesem war ich stationär bis aufhältig. Näheres dazu beantworte ich auf Nachfrage gerne. Die Rechnung, der auch die Aufenthaltsdauer im Spital zu entnehmen ist, liegt dem Einspruch bei. Mein FZG Marke, Farbe lack., beh. KZ: 123 war dabei wie immer am Heinz-Holecek-Platz abgestellt. Anzumerken ist, dass mein FZG immer auf diesem Parkplatz steht, da ich in unmittelbarer Nähe dazu wohne. Da sich der Platz in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone befindet, hatte ich seit Bestehen dieser für mein FZG auch immer ein aktives Parkpickerl (zumindest bis ). Aufgrund meiner gesundheitlichen Probleme war es mir nun nicht mehr möglich mein bestehendes Parkpickerl, welches während ich mich im Spital befand mit auslief, zu verlängern. Natürlich hätte ich das Parkpickerl ansonsten fristgerecht neu gelöst. Am wurde ich dann von meiner Lebensgefährtin informiert, dass ich eine Strafe in Höhe von € 36.- erhalten habe. Diese Strafe vom wurde von uns auch einbezahlt. Ich dachte damit sei die Sache vorerst erledigt. Jedoch musste ich nach meinem Spitalsaufenthalt feststellen, dass ich insgesamt 4 weitere Organstrafverfügungen und 4 Anonymverfügungen erhalten habe. Anzumerken ist, dass auch meine Lebensgefährtin sich nicht um die Verstellung des FZGes bzw. die Verlängerung des Parkpickerls kümmern konnte, da diese ebenfalls gesundheitlich angeschlagen ist und mittlerweile seit Ende Juli im Spital liegt. Auch hierfür können Unterlagen, welche dies belegen, auf Wunsch nachgereicht werden. Schon direkt nach meinem Spitalsaufenthalt am kümmerte ich mich sofort darum mein Parkpickerl zu verlängern. Nun habe ich wieder ein bestehendes Parkpickerl bis . Auch habe ich für die Verlängerung den vollen Preis bezahlt, also auch für die Zeit von (Anmerkung BFG, gemeint: ) bis und somit auch die Gebühr für diesen Zeitraum bezahlt. Ich bin mir des Vergehens durchaus bewusst, schließlich hätte ich mich früher um die Beantragung des neuen Parkpickerls kümmern können, jedoch hätte ich nicht vorhersehen können, dass ich mit der Rettung ins Spital geführt werde. Aufgrund der Tatsache, dass ich mir des Vergehens durchaus bewusst bin, ich die erste erhaltene Strafe einbezahlt habe und auch das neue Parkpickerl sofort nach Spitalsaufenthalt gelöst habe ersuche ich die Strafverfügungen mit o.a. GZ und auch die folgenden noch ausstehenden Strafverfügungen einzustellen."

Die im Einspruch angekündigte Rechnung, der auch die Aufenthaltsdauer im Spital entnommen werden sollte, war dem Einspruch jedoch nicht beigelegt.

Mit nunmehr angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde vom , Zahl MA67/Zahl1/2021, wurde dem Bf. die bereits näher bezeichnete Verwaltungsübertretung angelastet und wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe in der Höhe von 7,00 Euro verhängt sowie eine für den Fall der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 1 Stunde auferlegt. Zudem wurde dem Bf. gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG 1991) ein Betrag von € 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt, wodurch sich der nunmehr zu zahlende Gesamtbetrag auf € 17,00 belief.

Das Straferkenntnis wurde wie folgt begründet:

"Das Fahrzeug wurde beanstandet, weil es ohne gültige Parkscheine abgestellt war.

Mit Strafverfügung wurde Ihnen die Übertretung angelastet und wendeten Sie im Einspruch ein, dass Sie aufgrund gesundheitlicher Probleme am ins Spital gebracht und unplanmäßig aufgenommen und erst am wieder entlassen wurden. Weder Sie noch die Lebensgefährtin hätten sich um die Verlängerung des Parkpickerls kümmern können, da Sie beide gesundheitlich nicht dazu in der Lage gewesen seien. Sie ersuchten um Einstellung des Verfahrens.

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Organstrafverfügung samt Fotos, welche von einem Organ der Landespolizeidirektion Wien gelegt wurden, sowie in den Bescheid des Magistratischen Bezirksamtes für den 18. Bezirk (GZ: Zahl2) und in den übrigen Akteninhalt.

Unbestritten blieb, dass zur Tatzeit das Fahrzeug ohne gültigen Parkkleber an der Tatörtlichkeit im Kurzparkzonenbereich abgestellt war. Die Parkometerabgabe wurde auch in keiner anderen Form entrichtet.

Aufgrund der zeitlichen Begrenzung der Dauer der gegenständlichen Kurzparkzone von Montag bis Freitag (werktags) von 09:00 Uhr bis 19:00 Uhr, fällt das Abgestelltlassen des Kraftfahrzeuges außerhalb dieses Zeitraumes nicht mehr unter die Bestimmungen der Parkometerabgabeverordnung (Abgabepflicht).

Mit jedem täglich, neuerlichen Gültigkeitsbeginn der Kurzparkzone über den Abstellzeitraum trat jedoch die Abgabepflicht erneut in Kraft, weshalb mit jedem Tag, welches das Fahrzeug innerhalb der gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt gelassen wurde, ein neuerliches Abgabendelikt, für das ebenfalls eine Verwaltungsstrafe zu verhängen ist, gesetzt wurde.

Es wurde somit nicht ein einmal geschaffener rechtswidriger Zustand aufrechterhalten, sondern kam im vorliegenden Fall zum ursprünglichen Verkürzungstatbestand mit fällig werden einer weiteren Parkometerabgabe (an den Folgetagen) ein neuer Tatbestand hinzu.

Die dem Gesetz zu Grunde liegenden Überlegungen der Parkraumbewirtschaftung schließen aus, selbst aufeinanderfolgende Abgabenzeiträume zu einer rechtlichen Einheit zusammenzufassen, werden doch in jedem Zeitraum in der Regel verschiedene Parkraumwerber in ihren individuellen Interessen berührt. Zum ursprünglichen Tatbestand tritt mit Fälligwerden einer weiteren Parkometerabgabe ein neuer hinzu (vgl. ).

Die angestrebte Bewilligung wurde am erteilt, die Übertretung der Parkometerabgabeverordnung erfolgte jedoch bereits am .

Die pauschale Entrichtung der Parkometerabgabe bzw. die Ausnahmegenehmigung gilt aber erst ab deren Erteilung von der Behörde nach erfolgter Abgabenentrichtung und nicht rückwirkend, es erfolgte die Beanstandung somit zu Recht.

Die Besorgung eines neuen Parkklebers kann auch Wochen vor dem Gültigkeitsende des vorhergehenden erfolgen.

Als Merkmal des Notstandes hat eine unmittelbar drohende Gefahr für das Leben, die Freiheit oder das Vermögen zu gelten ( ZI. 319/73 u.a.).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann unter Notstand im Sinne des § 6 VStG nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer, unmittelbar drohender Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, dass er eine im Allgemeinen strafbare Handlung begeht ( ZI. 88/08/0168), wobei die Situation nicht schuldhaft herbeigeführt werden darf.

Am sind Sie - laut eigenen Angaben - unverschuldet und unvorhersehbar ins Spital eingeliefert worden. Weder Sie noch Ihre Lebensgefährtin waren demnach nicht in der Lage das Parkpickerl zu verlängern.

Ein Verschulden liegt dann vor, wenn die Zwangslage voraussehbar war und Maßnahmen zur Verhinderung des Eintrittes der Notsituation möglich und zumutbar waren.

Wie bereits zitiert ist die Besorgung eines neuen Parkklebers bereits Wochen vor dem Gültigkeitsende des vorhergehenden möglich. Ein 2-Jahre lang laufendes Parkpickerl 7 Tage vor dem Gültigkeitsende erst zu verlängern, bedarf im fortgeschrittenen Lebensalter im Falle eines verändernden Gesundheitszustandes mehr Zeit und wäre es demnach in Ihrer Sorgfalt gelegen, einen Parkkleber zumindest 1 Monat zuvor zu verlängern. Insbesondere ist auf die Termine und der Verlängerung des Parkpickerls während der Coronazeit Bedacht zu nehmen.

Ein Notstand liegt daher nicht vor.

Da im Zuge des Verfahrens keine Tatsachen hervorgekommen sind, welche zu dessen Einstellung bzw. Ermahnung führen hätten können, ist die im Spruch näher ausgeführte und Ihnen zur Last gelegte Verwaltungsübertretung aufgrund der Aktenlage als erwiesen anzusehen.

Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu EUR 365,00 zu bestrafen (§ 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006).

Die verhängte Geldstrafe soll durch ihre Höhe geeignet sein, Sie wirksam von einer Wiederholung abzuhalten.

Grundlage für die Bemessung der Strafe gemäß § 19 VStG ist die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Jedes fahrlässige Verkürzen der Parkometerabgabe, d.h. jedes Abstellen eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone, ohne dass hierfür die nach der Parkometerabgabeverordnung vorgeschriebene Parkometerabgabe durch einen ordnungsgemäß entwerteten Parkschein entrichtet wird, schädigt in nicht unerheblichem Maße sowohl das öffentliche Interesse an der Entrichtung von Abgaben, als auch an der Erleichterung des innerstädtischen Verkehrs und an der Rationierung des in Wien vorhandenen Parkraumes, dem die Strafdrohung dient.

Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist im Hinblick auf den Sachverhalt selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen - nicht gerade gering.

Dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist auf Grund der Tatumstände nicht anzunehmen und es kann daher Ihr Verschulden nicht als geringfügig angesehen werden.

Bei der Strafbemessung wurden Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten, soweit diese der Behörde bekannt waren, berücksichtigt. Zudem wurde auf eventuell vorhandene verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen Bedacht genommen.

Auf Grund der besonderen Umstände wurde die Strafe spruchgemäß herabgesetzt.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis zu EUR 365,00 reichenden Strafsatz, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden ist die verhängte Geldstrafe, selbst bei Annahme von ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen, durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal weitere Milderungsgründe nicht hervorgetreten sind.

Die Auferlegung des Beitrages zu den Kosten des Verfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs. 2 des VStG 1991."

In der am fristgerecht per E-Mail eingebrachten Beschwerde führte der Bf. das Folgende aus:

"Beschwerde: Wie schon am und gesendet. Ich stehe vor 2. Operation und habe schon um Einstellung des Verfahrens ersucht. Habt Ihr nicht anderes zu tun als anständige Bürger zu ärgern."

Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).

Mit Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom (zu RV/Zahl3/2021, nicht gegenständlich) wurde der Bf. binnen der festgesetzten Frist aufgefordert, die Aufnahme- bzw. Entlassungsbestätigungen vom eingewendeten Krankenhausaufenthalt, sowie eine Bestätigung über den eingewendeten Rettungseinsatz dem Bundesfinanzgericht vorzulegen.

Aus dem fristgerecht (E-Mail vom ) vorgelegten
1) "Entlassungsbrief (Pflege - Transferierung)" vom Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Wien (AKH) geht hervor, dass der Bf. am im genannten Krankenhaus aufgenommen wurde, wo er bis behandelt wurde;
2) "Patientenbrief" vom Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Wien geht hervor, dass der Bf. am aus dem AKH in vorgenanntes Krankenhaus überstellt wurde, wo er bis behandelt wurde.
Zum eingewendeten Rettungseinsatz (Bestätigung) gab der Bf. an, es gäbe darüber keine Bestätigung.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

Unbestritten ist, dass der Bf. das mehrspurige Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (A) am von 09:00 bis 10:21 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1180 Wien, Heinz-Holecek-Platz, Parkplatz Reihe 1, abgestellt hatte.

Die gebührenpflichtige Kurzparkzone gilt am Abstellort von Montag bis Freitag (werktags) von 9 bis 19 Uhr; die maximale Parkdauer beträgt drei Stunden.

Es ist erwiesen, dass der Bf. keinen ordnungsgemäß entwerteten Parkschein in das Fahrzeug eingelegt und auch keinen elektronischen Parkschein aktiviert hatte.

Dem Bf. wurde mit Bescheid vom eine Ausnahmebewilligung von der im 19. Wiener Gemeindebezirk geltenden höchstzulässigen Parkdauer in der flächendeckend kundgemachten Kurzparkzone für das (gegenständliche) Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen 123 (A) unter den genannten Auflagen vom bis erteilt. Die Ausnahmebewilligung gilt zusätzlich für bestimmte Bereiche im 18. Wiener Gemeindebezirk, u.a. den Heinz-Holecek-Platz.

Dem Bf. wurde mit Bescheid vom eine Ausnahmebewilligung von der im 19. Wiener Gemeindebezirk geltenden höchstzulässigen Parkdauer in der flächendeckend kundgemachten Kurzparkzone für das (gegenständliche) Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen 123 (A) unter den genannten Auflagen vom bis erteilt. Die Ausnahmebewilligung gilt zusätzlich für bestimmte Bereiche im 18. Wiener Gemeindebezirk, u.a. den Heinz-Holecek-Platz.

Am Beanstandungstag waren die vorher genannten Ausnahmebewilligungen nicht mehr bzw. noch nicht gültig.

Es ist erwiesen, dass sich der Bf. von bis im Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Wien in stationärer Behandlung befand und der Bf. am in das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Wien überstellt wurde, wo er sich bis in stationärer Behandlung befand.

Nach seinen Angaben wurde der Bf. mit der Rettung in das Allgemeine Krankenhaus der Stadt Wien gebracht.

Gemäß Patientenbrief vom Krankenhaus der Barmherzigen Brüder wurde der Bf. aus dem Allgemeinen Krankenhaus begründend übernommen: "bei beidseitigen massiven Beinödemen mit Stauungsdermatits und Spannungsblasen zur weiteren Ätiologieabklärung und Therapie."

Rechtslage:

Gemäß § 1 Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO 1960) eine Abgabe zu entrichten.

Gemäß § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung sind zur Entrichtung der Abgabe der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet.

Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten Kontrollmaßnahmen mitzuwirken.

In § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 ist angeordnet, dass Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen sind.

Gemäß § 6 VStG ist eine Tat nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist.

§ 6 VStG regelt den entschuldigenden Notstand nicht, sondern setzt diesen voraus. Eine Notstandssituation erfordert - so wie beim rechtfertigenden Notstand - das Vorliegen eines unmittelbar drohenden bedeutenden Nachteils für ein Rechtsgut. Gemäß § 10 StGB ist der Täter diesfalls entschuldigt, wenn der aus der Tat drohende Schaden nicht unverhältnismäßig schwerer wiegt als der Nachteil, den die Tat abwenden soll, und in der Lage des Täters von einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen kein anderes Verhalten zu erwarten war. Die genannten Kriterien gelten grundsätzlich auch im VStG.

Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung gehört es zum Wesen des Notstandes, dass der Beschuldigte einer unmittelbar drohenden Gefahr für das Leben, die Gesundheit, die Freiheit oder das Vermögen ausgesetzt ist und diese Gefahr zumutbarerweise nicht in anderer Art als durch die Begehung der objektiv strafbaren Handlung behoben werden kann (vgl. zB ).

Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist streng und lässt eine Entschuldigung kraft Notstands nur in Ausnahmefällen zu, insbesondere bei akuten Erkrankungen. So etwa, wenn (und soweit) der Täter einer mit Bescheid verfügten Ausweisung (aus dem Bundesgebiet) wegen akuter Erkrankung nicht entsprechen kann (vgl. ).

Rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes:

Wann genau (Zeitpunkt) der Bf. das gegenständliche Fahrzeug in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone (nahe an seiner Wohnadresse) abgestellt hatte, ist nicht aktenkundig. Erwiesenermaßen war der Bf. im Zeitraum bis in den vorgenannten Krankenhäusern stationär aufgenommen. Da der Beanstandungstag der war, der Bf. am mit der Rettung in das Krankenhaus eingeliefert wurde und dort bis stationär aufgenommen war, ist es denklogisch, dass er das Fahrzeug vor dem abgestellt hatte. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Bf. erwiesenermaßen eine gültige Ausnahmebewilligung von der im 19. Wiener Gemeindebezirk geltenden höchstzulässigen Parkdauer in der flächendeckend kundgemachten Kurzparkzone.

Diese Ausnahmebewilligung, die auch den im 18. Wiener Gemeindebezirk gelegenen Abstellort des Fahrzeuges umfasste, hatte eine Gültigkeit von bis . Da jedoch mit Ablauf dieser Ausnahmebewilligung und mangels Entwertung von Parkscheinen das gegenständliche Fahrzeug ohne Entrichtung der Parkometerabgabe in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt war (ab ), ist die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der ihm mit dem angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegten Verwaltungsübertretung gegeben.

Die Ereignisse, die zur Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der Verkürzung der Parkometerabgabe geführt haben, wurden vom Bf. schlüssig und nachvollziehbar dargelegt.

Durch die vorgelegten Entlassungsbescheinigungen ist zudem belegt, dass der Bf. vom bis in den vorgenannten Krankenhäusern stationär behandelt wurde.

Angesichts der glaubwürdigen Angaben des Bf. zum Ablauf des Geschehens am mit der unplanmäßigen Einlieferung in das Allgemeine Krankenhaus der Stadt Wien bedarf es keiner Beibringung eines Beweismittels für den Rettungstransport.

Es kann nicht ernsthaft bezweifelt werden, dass im Hinblick auf den (im Sachverhalt angeführten) Patientenbrief vom Krankenhaus der Barmherzigen Brüder eine umgehende medizinische Behandlung in einem Krankenhaus unumgänglich war.

In Anbetracht der vorliegenden Sachverhaltskonstellation ist zu beurteilen, ob ein entschuldigender Notstand iSd § 6 VStG vorliegt.

Es besteht kein Zweifel daran, dass der Bf. krankheitsbedingt nicht in der Lage war, das Fahrzeug persönlich aus der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1180 Wien, Heinz-Holecek-Platz, Parkplatz Reihe 1, zu bewegen.

Bei der Beurteilung der Frage, ob es dem Bf. möglich gewesen wäre, eine andere Person mit der Entfernung seines Fahrzeuges vom Tatort zu beauftragen (oder die Verlängerung der Ausnahmebewilligung zu beantragen), kann die Lebenssituation des Bf. nicht unberücksichtigt bleiben: Gemäß seinem Einspruch gegen die vorangegangene Strafverfügung vom brachte der Bf. glaubwürdig vor, seine Lebensgefährtin habe sich aus gesundheitlichen Gründen nicht kümmern können. Sie sei ab Ende Juli im Spital aufgenommen und ist gemäß Beschwerdevorbringen am verstorben. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass es dem Bf. nach seiner Aufnahme im Krankenhaus nicht möglich war, eine geeignete Person zu organisieren, die mit seinem Fahrzeug aus der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1180 Wien, Heinz-Holecek-Platz, Parkplatz Reihe 1, hätte wegfahren können oder eine Verlängerung der Ausnahmebewilligung beantragt.

Dem Bf. wurde mit Bescheid vom eine Ausnahmebewilligung von der Parkzeitbeschränkung im 19. Wiener Gemeindebezirk für das gegenständliche Fahrzeug mit der Gültigkeit bis erteilt. Seine Entlassung aus dem Krankenhaus war am . Zu berücksichtigen ist daher zugunsten des Bf., dass er unmittelbar nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus die neue Ausnahmebewilligung beantragt hat.

Die Abwägung der Umstände des Falles führt zur Überzeugung, dass vom Vorliegen eines entschuldigenden Notstandes iSd § 6 VStG auszugehen ist.

Somit ergibt die rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes, dass im gegenständlichen Fall der subjektive Tatbestand der Verkürzung der Parkometerabgabe nicht verwirklicht wurde, weil dem Bf. kein Verschulden zugerechnet werden kann.

Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Kostenentscheidung

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 6 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 10 StGB, Strafgesetzbuch, BGBl. Nr. 60/1974
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7500668.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at