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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.12.2021, RV/7400123/2014

Vergnügungssteuer - Erlöschen der Gesamtschuld

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Angela Paulus in der Beschwerdesache "Bf.", Adr1, vertreten durch Rechtsanwälte XY, Adr2, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Rechnungs- und Abgabenwesen, MA6/xy vom zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die AB, Adr3, veranstaltete im Jahr 2012 mehrmals vergnügungssteuerpflichtige Clubbings in Adr4 (Veranstaltungsort Clubbing...).

Laut Niederschrift vom über das Ergebnis einer Außenprüfung wurde die Vergnügungssteuer für Oktober 2012 mit EUR 2.886,88, für November 2012 mit EUR 2.136,12 und für Dezember 2012 mit EUR 884,87 ermittelt.

Mit Bescheid MA6/xy vom wurde dem "Bf." (idF.: Bf.) als Mitunternehmer für die von AB durchgeführten Publikumstanzveranstaltungen mit dem Hinweis, dass EUR 1.062,41 bereits bezahlt wurden, Vergnügungssteuer im Gesamtbetrag von EUR 5.907,86 vorgeschrieben.

Der Mitunternehmerbegriff iSd VGSG sei weit auszulegen (siehe Erläuternde Bemerkungen zum VGSG 2005). Er sei nicht damit begrenzt, dass die vereinnahmten Entgelte im Namen oder auf Rechnung von mehreren Personen gemeinsam gefordert werden müssen, sondern umfasse auch das gemeinsame Durchführen von Veranstaltungen, unabhängig davon, wer im Einzelnen die jeweiligen Entgelte gefordert hat. Der Mitunternehmerbegriff knüpfe daher an die Veranstaltung an. Im gegenständlichen Fall der Publikumstanzveranstaltung umfasse diese die Tanz- und Konsumationsmöglichkeiten für die Besucher als Einheit.

Die Veranstaltungen von Oktober bis Dezember 2012 seien von AB und dem Bf. durchgeführt worden, wobei die Konsumation im Namen und auf Rechnung des Bf. und das Eintrittsgeld von AB vereinnahmt worden seien.

Somit sei ein Gesamtschuldverhältnis gemäß § 13 Abs. 1 iVm § 1 Abs. 1 Z 5 VGSG vorgelegen. Im Rahmen des der Abgabenbehörde bei Vorliegen eines Gesamtschuldverhältnisses eingeräumten Ermessens, nach welchem sie einen Abgabenbescheid wahlweise an einen oder an alle Gesamtschuldner richten kann, sei die Festsetzung der Vergnügungssteuer für den Erlös aus dem Verkauf der Eintrittskarten auch gegenüber dem Bf. erfolgt, nachdem dieser Abgabenanspruch beim primär Zahlungspflichtigen uneinbringlich sei.

Mit Beschwerde vom (Datum der Postaufgabe) beantragte der Bf. die ersatzlose Aufhebung des Bescheides und führte aus:

Richtig sei, dass der Bf. im Zusammenhang mit den durch AB erfolgten Veranstaltungen an Nutzer dieser Veranstaltungen Getränke verkauft hat und diese auch im Rahmen der vom Bf. abgegebenen Vergnügungssteuererklärungen in den Bemessungsgrundlagen enthalten sind und damit für den vom Bf. erzielten Umsatz Vergnügungssteuer abgeführt wurde.

Beim Bf. handle es sich aber nicht um einen Mitunternehmer, auch nicht in dem angeblich weit auszulegenden Sinn, da die Konsumation von Getränken durch Nutzer der Veranstaltung nicht direkt im Rahmen der Veranstaltung erfolgt sei. Der Bf. sei weder am Gewinn noch am Verlust der Veranstaltungen beteiligt, noch in irgendeiner Form organisatorisch eingebunden (gewesen).

Die Veranstaltungen hätten auf dem "Clubbing... - Gelände" stattgefunden, dessen Eigentümer die Stadt Wien sei, bzw. handle es sich bei dem Bf. nur um einen unter mehreren Nutzungsberechtigten.

Der Verkauf von Getränken am Gelände der "Clubbing..." könne nicht nur als eine den Besuchern der Veranstaltungen zuzuzählende Leistung angesehen werden, da der Verkauf in Einrichtungen stattfinde, die nicht direkt in Verbindung mit der Veranstaltung stünden. Der Bf. habe aber, soweit er durch Pausen- und Beginnzeiten feststellen konnte, die Konsumation der sich für die Veranstaltung einfindenden Gäste am Clubbing...-Gelände erfasst und dafür die entsprechende Steuer abgeführt. Daraus ergebe sich aber in keinem Fall eine Mitunternehmerschaft, da der Bf. keinerlei Einfluss auf die Programmgestaltung, Preisgestaltung des Eintrittes zur Veranstaltung, dessen Inkasso, noch hinsichtlich deren Verwendung gehabt hätte. Hier liege die einzig und alleinige Unternehmereigenschaft und Unternehmerverantwortung bei der AB

Auch würden im angefochtenen Bescheid keinerlei Angaben dazu gemacht, warum die Forderungen beim primär Zahlungsverpflichteten uneinbringlich sind. Der Rückgriff auf einen angeblichen Mitunternehmer erscheine dem Bf. in diesem Fall weder gerechtfertigt noch notwendig.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Dass im Rahmen der von Oktober bis Dezember 2012 durchgeführten Veranstaltungen die Eintrittsgelder von AB, und die Erlöse aus der Konsumation vom Bf. vereinnahmt wurden, sei unbestritten. Somit sei ein Gesamtschuldverhältnis gemäß § 13 VGSG vorgelegen. Im Rahmen des der Abgabenbehörde eingeräumten Ermessens sei die Festsetzung der Vergnügungssteuer auch an den Bf. erfolgt, nachdem der Abgabenanspruch bei der AB uneinbringlich sei, da der Inhaber der Firma, Herr BB, am ein Vermögensverzeichnis abgegeben habe.

Mit Vorlageantrag vom beantragte der Bf. die Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht, ersatzlose Aufhebung des Bescheides sowie Einstellung des Verfahrens und führte begründend aus:

Sämtliche Veranstaltungen seien ausschließlich im Namen und auf Rechnung der AB durchgeführt worden. Ebenso seien die Eintrittsgelder ausschließlich im Namen und auf Rechnung der AB eingehoben worden. Der Bf. sei weder organisatorisch noch finanziell an den gegenständlichen Publikumstanzveranstaltungen beteiligt gewesen, er habe keinerlei Unternehmerrisiko für diese Veranstaltungen zu tragen gehabt. Unternehmer der gegenständlichen Veranstaltungen sei einzig und allein die AB gewesen, weswegen keine Mitunternehmerschaft vorliege.

Das Veranstaltungsgelände in Adr4, allgemein bekannt als Clubbing..., befinde sich im Eigentum der Gemeinde Wien und sei von dieser u.A. dem gemeinnützigen Verein-Clubbing (idF.: Verein Clubbing...) prekaristisch zur Nutzung überlassen worden. Dieser Verein organisiere teils im eigenen Namen Veranstaltungen. Darüber hinaus werde das Vereinsgelände vom Verein teilweise Fremdveranstaltern zur Durchführung von Kulturveranstaltungen überlassen. Der Verein Clubbing... verrechne den jeweiligen Fremdveranstaltern jeweils für die Betreuung der Veranstaltung in den Bereichen Technik, Lichttechnik und Sicherheit sowie Equipment Beträge in jeweils vereinbarter Höhe. Das wirtschaftliche und finanzielle Risiko der Durchführung der jeweiligen Veranstaltung, die Entlohnung der auftretenden Künstler sowie das Inkasso des Eintrittsgeldes liege bei den jeweiligen Fremdveranstaltern, jedenfalls aber nicht beim Bf.

Der Bf. habe aufgrund eines Übereinkommens mit dem Verein Clubbing... die Aufgabe übernommen, im Sinne seines Vereinszweckes - der Förderung und Unterstützung der Clubbing... als Kultur- und Kommunikationszentrum, auf dem Vereinsgelände der Clubbing... bei Veranstaltungen, ungeachtet der Frage, von wem diese veranstaltet werden, aber bei Bedarf auch ohne dass Veranstaltungen stattfinden, die Betreuung anwesender Gäste oder Vereinsmitglieder durch die Abgabe von Getränken zu besorgen.

Der Verkauf von Getränken sei am Gelände der sogenannten Clubbing... und somit nicht direkt im Rahmen der Veranstaltungen selbst erfolgt. Der Bf. sei lediglich einer unter mehreren Nutzungsberechtigten dieses "Arenageländes" und stehe in keinerlei Vertragsverhältnis mit den jeweiligen Fremdveranstaltern. Sofern der Bf. aus Anlass der Veranstaltung in geringem Umfang (von wenigen hundert Euro) Dienstleistungen für die jeweiligen Fremdveranstalter erbringt, etwa die Abgabe von Getränken an Mitarbeiter der Veranstalter, würden diese Dienstleistungen nach Umsatz dem Veranstalter in Rechnung gestellt.

Eine darüberhinausgehende Vertragsbeziehung zwischen dem Bf. und Fremdveranstaltern, insbesondere eine Vertragsbeziehung, welche eine Mitunternehmerschaft iSd § 13 VGSG 2005 nahelegen könnte, bestehe nicht. Der Bf. habe weder Einfluss auf die Entscheidung, ob, gegebenenfalls wann der Verein Clubbing... am Vereinsgelände Veranstaltungen selbst durchführt oder das Vereinsgelände Dritten zur Durchführung von Veranstaltungen überlässt, noch auf die Auswahl des Veranstalters oder die Art der Veranstaltung.

Folgerichtig würden etwa vom Verein Clubbing... selbst durchgeführte Veranstaltungen von diesem behördlich angemeldet und in der Folge der Besteuerung nach dem VGSG 2005 unterzogen. Fremdveranstaltungen werden hingegen von den jeweiligen Fremdveranstaltern behördlich angemeldet. In keinem Fall komme jedoch dem Bf. eine Veranstaltereigenschaft zu.

Die Eintrittskarten seien von AB in eigenem Namen und auf eigene Rechnung - etwa über den Vertrieb "Ö-Ticket" oder die sogenannte "Jugendinfo" vertrieben und die Eintrittserlöse ausschließlich von diesem vereinnahmt worden.

Demgemäß nehme der Bf. in keiner Weise am Erfolg oder Misserfolg der jeweiligen Veranstaltung teil und sei weder an den Kosten der Veranstaltung noch an den Erlösen beteiligt. Ob und gegebenenfalls wie viel Mitarbeiter der Bf. beschäftigt und ob und gegebenenfalls welche Getränke er zu welchen Preisen an Anwesende verabreicht, sei allein seine Sache und unterliege allenfalls der Absprache mit dem Verein Clubbing..., nicht jedoch mit dem jeweiligen Fremdveranstalter.

Der Bf. sei also ebensowenig Mitunternehmer des Veranstalters AB wie dies etwa ein Zeitungsverkäufer am Vereinsgelände - oder die Stadt Wien als Liegenschaftseigentümer - wäre.

Eine Vereinbarung zur Nutzung von Teilen der Einrichtungen auf dem Clubbing...-Gelände zum Zweck der Durchführung der gegenständlichen Veranstaltungen sei ausschliesslich zwischen dem Verein Clubbing... und der AB getroffen worden; der Bf. habe hierauf keinerlei Einflussmöglichkeit gehabt.

Auch die Voraussetzungen des Mitunternehmers iSd § 23 Z 2 EStG (vgl. Bergmann, Der neue Mitunternehmerbegriff seit dem UGB, GesRZ 2009,22) seien im Verhältnis zwischen der Bf. und der AB in keiner Weise gegeben. Das Vorliegen eines Gesamtschuldverhältnisses gemäß § 13 Abs. 1 iVm § 1 Abs. 1 Z 5 VGSG 2005 werde daher ausdrücklich bestritten.

Letztlich werde die vorgeschriebene Vergnügungssteuer auch der Höhe nach bestritten. Nach Informationsstand des Bf. leiste die AB regelmäßige Ratenzahlungen, sodass eine Aushaftung in der im angefochtenen Bescheid festgesetzten Höhe nicht mehr gegeben sei.

Die belangte Behörde verwies im Vorlagebericht vom auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid und in der Beschwerdevorentscheidung.

Über Ersuchen des Bundesfinanzgerichtes teilte die belangte Behörde jedoch mit Email vom mit, dass zwischenzeitig von der AB am Vergnügungssteuer in Höhe EUR 3.585,89 und am Vergnügungssteuer iHv EUR 1.350,00 überwiesen wurden, sodass der strittige Rückstand von EUR 4.845,45 von der AB zur Gänze entrichtet wurde.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 1 (1) des Vergnügungssteuergesetzes 2005 in der für den Beschwerdezeitraum geltenden Fassung unterliegen folgende im Gebiet der Stadt Wien veranstaltete Vergnügungen einer Steuer nach Maßgabe dieses Gesetzes:

5. Publikumstanz, Masken- und Kostümfeste (§ 8).

Gemäß § 8 (1) beträgt die Steuer 15 vH. des Entgeltes, mindestens jedoch 0,10 Euro je Eintrittskarte. Die Pauschsteuer nach § 3 Abs. 8 ist mit der Hälfte des dort genannten Satzes zu entrichten.

Gemäß § 13 (1) ist der Unternehmer der Veranstaltung steuerpflichtig. Unternehmer der Veranstaltung im Sinne dieses Gesetzes ist jeder, in dessen Namen oder auf dessen Rechnung die Veranstaltung durchgeführt wird oder die Entgelte gefordert werden. Sind zwei oder mehrere Unternehmer (Mitunternehmer) vorhanden, so sind sie als Gesamtschuldner steuerpflichtig.

Gemäß § 6 Abs. 1 BAO sind Personen, die nach Abgabenvorschriften dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden, Gesamtschuldner (Mitschuldner zur ungeteilten Hand, § 891 ABGB).

Das Wesen der Gesamtschuld ist es, dass der Gläubiger die Mitschuldner nicht nur anteilsmäßig in Anspruch nehmen darf, sondern es ihm auch frei steht, die gesamte Schuld gegenüber nur einem einzigen, einigen oder allen Gesamtschuldnern geltend zu machen.

Dem Gläubiger steht jedoch insgesamt nur einmal die Befriedigung seiner Ansprüche zu. Ist die gesamte Schuld durch einen der Gesamtschuldner entrichtet, so erlischt das Gesamtschuldverhältnis (). Daher kommt im Abgabenrecht nach vollständiger Entrichtung der Abgabe die Erlassung eines Abgabenbescheides an einen vorher zur Abgabenentrichtung nicht herangezogenen Gesamtschuldner nicht mehr in Betracht (vgl. Ritz, BAO, 6. Aufl., § 6 Tz 2).

Für den Beschwerdefall bedeutet dies:

Dass gegenständlich vergnügungssteuerpflichtige Publikumstanzveranstaltungen vorliegen, sowie die Höhe der darauf entfallenden Vergnügungssteuer sind unbestritten.

Selbst falls die Annahme der belangten Behörde zunächst zutreffend war, dass dem Bf. als Gesamtschuldner iSd § 13 VGSG im Rahmen des Ermessens der bei AB uneinbringliche Rückstand an Vergnügungssteuer vorgeschrieben werden konnte, so trifft diese Annahme nicht mehr zu, wurde doch laut Mitteilung der belangten Behörde der strittige Abgabenbetrag zwischenzeitig durch AB zur Gänze entrichtet, sodass das Gesamtschuldverhältnis erloschen ist.

Der beschwerdegegenständliche Bescheid war somit ersatzlos aufzuheben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit der Revision

Gegen das vorliegende Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision nicht zulässig, da sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil das Erkenntnis weder von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, noch eine solche Rechtsprechung fehlt oder eine Rechtsfrage zu lösen war, die in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 13 Abs. 1 VGSG, Wiener Vergnügungssteuergesetz 2005, LGBl. Nr. 56/2005
§ 8 Abs. 1 VGSG, Wiener Vergnügungssteuergesetz 2005, LGBl. Nr. 56/2005
§ 1 Abs. 1 Z 5 VGSG, Wiener Vergnügungssteuergesetz 2005, LGBl. Nr. 56/2005
§ 6 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7400123.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at